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Gereifte spanische Weine und Ports in Würzburg

Verfasst: Do 19. Jun 2025, 14:06
von weinaffe
Hallo zusammen,

gestern konnte ich an einer Weinprobe beim hiesigen Weinhändler (rotweissrose) teilnehmen, bei der gereifte Weine aus Spanien und ebensolche Ports ins Glas kamen.
Als Begrüssungstrunk gab es etwas Schäumendes aus deutschen Landen:
Blanc et Noir Brut (Eppelmann)-Rheinhessen-
Interessanter Betrieb mit Schwerpunkt Burgundersorten und eigener Sektproduktion. Sehr solide Schaumweine zu verbraucherfreundlichen Preisen.

Dann kam der einzige spanische Weisswein des Abends:
2013er Viognier (Val Llach) -Priorat-
vielleicht schon etwas über dem Punkt, leichte Oxidation in der Nase, am Gaumen besser, Karamell, nussig, mineralisch, ganz dezente Frucht, gute Länge. Wer Sherries mag, kann diesem Wein sicherlich viel abgewinnen.

Ab jetzt nur noch rot:

2003er Santa Cruz de Artazu (Artadi-Artazu) -Navarra-
100% Garnacha--noch sehr gut in Form, reife Kirsche, etwas Himbeere, sehr saftig, noch etwas Resttannin, sehr stimmiger Wein mit gutem Trinkfluss.

1996er Terreus (Bodegas Mauro) -Castilla y Leon-
bordeaux-like Nase, Hauch Bret, Tabak Leder, komplexer Eindruck, Zwetschge, Brombeere, recht dicht und lang, sehr typischer Ribera del Duero mit Kraft, gewisser Eleganz und noch sehr viel "Leben".

1996er Remelluri -Rioja-
keine Reserva oder Gran Reserva, aber in bester Verfassung, Tabak, Graphit, dunkle Beeren, passende Säure, ordentliche Länge. Toller Wein, der damals wahrscheinlich nicht teuer war.

1990er Remelluri Gran Reserva -Rioja-
ein Mitbringsel eines Teilnehmers, das aber schon deutlich über dem Höhepunkt war. Optisch trüb, deutlich oxidativ in der Nase, dito im Geschmack, muss man nicht mehr trinken :)

1993er Clos Mogador (Rene Barbier) -Priorat-
zunächst ein Hauch von Oxidation in der Nase, der sich jedoch mit Belüftung auflöste, ebenfalls noch in guter Verfassung, satte Frucht, etwas erhöhte Säure, macht jetzt Spass, sollte aber jetzt getrunken werden.

1994er Les Terrasses (Alvaro Palacios) -Priorat-
sehr komplexe Nase, kräutrig, saftige Dunkelfrucht, wirkt jünger als der Mogador, sollte aber auch jetzt getrunken werden.

1993er Finca Dofi (Alvaro Palacios) -Priorat-
ganz zarte Oxidationnote in der Nase, am Gaumen frischer, intakte Frucht mit leichter Schiefermineralik, macht sehr viel Spass, wird aber wahrscheinlich auch nicht mehr besser.

1983er Don Pascual El Dorado -Navarra-
ein No-Name-Wein, der aber noch erstaunlich vital daherkommt, durschscheinendes Rubin, etwas laktisch in der Nase, reife Erdbeere, etwas Vanille vom Holz, ohne Fehl und Tadel, aber auch ohne den großen Anspruch. Auf jeden Fall eine positive Überraschung.

1973er Senorio de Sarria Reserva -Navarra-
erstaunlich dunkle Farbe, vermutlich viel Cabernet Sauvignon, sogar noch dunkelfruchtig, stützendes Tannin, passende Säure, keinerlei Oxidation, lediglich eine dezent dumpfe Altersnote im Abgang, die aber nicht besonders stört. Erstaunlich agiler Altwein, den man immer noch mit viel Genuss trinken kann.

1996er L'Ermita (Alvaro Palacios) -Priorat-
auf diesen Wein waren alle sehr gespannt, da er zu den berühmtesten und teuersten Rotweinen der iberischen Halbinsel gehört. Einzellagenwein mit sehr viel Garnacha und etwas Carinena aus uralten Reben. Bei solch einem Wein sind die Erwartungen natürlich riesig... und im Grunde kann ein solcher Wein diese höchsten Erwartungen auch nicht erfüllen. Der Wein ist allerdings großartig und eigentlich noch viel zu jung. Sehr vitales Rubinrot, komplexe Würze in der Nase, kräutrig-ätherisch, saftige Kirschfrucht, etwas Himbeere, Holz nur ganz im Hintergrund, saftige Säure, der Wein hat noch einiges an feinkörnigem Tannin, am Gaumen passen die Elemente noch nicht ganz zusammen, aber der Wein hat deutliches Potential... und das bei einem schon fast 30-jährigem Wein. Mich hat der Wein nicht enttäuscht, er bräuchte sicherlich noch einmal 10 Jahre mehr Reife. Es wird aber aufgrund des Preises bei einer einmaligen Bekanntschaft mit diesem Monument bleiben.

1982er Valbuena "3" (Vega Sicilia) -Ribera del Duero-
bis einschließlich 1988 wurde der Valbuena mit 3-jähriger Fasslagerung produziert-- kein Blockbuster, sondern durchaus mit Eleganz ausgestattet, Kirsche, Himbeere vermischt mit dezenten Holznoten, anfangs ein Hauch Reduktion (Zündholz), der aber mit Belüftung komplett verschwand, saftiger Wein mit leicht stumpfen Tannin, macht sehr viel Trinkspass, wird aber nicht mehr besser.

Zum Abschluss gab es noch 3-mal Port:

10 years-Tawny (bottles 1972) (Taylor's)
bildhübscher, sehr lebendiger und komplexer Tawny mit nussigen, schokoladigen Aspekten, Kardamon, sogar etwas Kräuter, perfekt abgstimmte Süsse, ein Hochgenuss zum Edelpilzkäse.

1980er Vintage Port (Graham's)
diese Vintage-Ports sind fast unzerstörbar. Auch nach 45 Jahren Reifung ist das ein Hochgenuss. Sehr elegant, noch deutliche Dunkelfrucht, die von viel Würze begleitet wird, der Alkohol ist perfekt integriert, große Länge. Ein zeitloser Wein.

Zum Abschluss noch eine echte Rarität:
1878er Garrafeira Particular
das ist wohl der älteste Wein, den ich jemals getrunken habe. Der Port reifte bis in die 50-er Jahre im Fass und wurde dann auf Flaschen gefüllt. Der Korken sieht authentisch aus, die Angaben auf dem Etikett sind natürlich nicht mehr exakt überprüfbar. Der Port ist jedenfalls eine Wucht: unheimlich komplex schon in der Nase, eine echte Explosion an gedörrter Frucht und würzigen Noten (Kakao, Walnuss, Kardamon), dank der stringenten Säure und der passenden Süsse ein ultra-stimmiges Gesamterlebnis. Der Gastgeber hat sich -auch zu Recht- eine Weile zurückgezogen, um sich mit diesem monumentalen Port eingehend zu beschäftigen. Ein echter, völlig unkaputtbarer Meditationswein erster Klasse.

Wer noch wollte, konnte noch ein Bierchen vom Pax-Bräu trinken oder sich an gereiften "Kabis" von der Mosel erfreuen. Nach diesem fulminanten Abschluss habe ich mich dann doch etwas zurückgehalten.

Wie immer, eine sehr gelungene Probe mit angenehmen Mitstreitern, die sogar extra deswegen angereist sind. Fachliche Kompetenz (Rudi May vom gleichnamigen VDP-Weingut) war ebenfalls zugegen. Der hatte diese Probe von seiner Ehefrau zum Geburtstag geschenkt bekommen. Da sagt man doch nicht nein...:)

LG
Bodo

Re: Gereifte spanische Weine und Ports in Würzburg

Verfasst: Do 19. Jun 2025, 14:45
von amateur des vins
Danke, Bodo, daß Du uns an diesen spannen Runden teilhaben läßt.

Aber ganz ehrlich: Ein Wein, der im Alter von 30 Jahren "viel zu jung" ist... bei dem ist gewaltig 'was schiefgelaufen, meine ich.

Re: Gereifte spanische Weine und Ports in Würzburg

Verfasst: Do 19. Jun 2025, 20:26
von weinaffe
Hallo Karsten,

für diesen Ermita braucht man tatsächlich schon noch eine gewisse "Restlaufzeit" :lol: Es hätte mich tatsächlich interessiert, wie dieser Wein in seiner Jugend geschmeckt hat. Aber alle in der Runde hatten das Gefühl, dass bei diesem Wein die Handbremse noch nicht gelöst war. Das Potential war aber deutlich schmeckbar. Aber mangels Erfahrung mit diesem Wein kann ich natürlich keine fundierte Prognose abgeben. Im besten Fall könnte das aber in einigen Jahren richtig groß werden.

LG
Bodo