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Wiener Weißwein
Verfasst: Di 30. Apr 2019, 21:13
von Gaston
Ein Mitbringsel-Flascherl von meinem letzten Wien-Besuch:
Als Essensbegleiter zu einer Wachtelbrust mit kräftiger Weißwein-Kräutersoße funktioniert das ganz gut, solo macht das deutlich weniger Spaß, dem Wein fehlt es deutlich an Schliff und Feinheit, er wirkt ein wenig schwer und plump, entwickelt keinerlei Zug, ein eher mäßiges Vergnügen. Die Veltliner von Mayer haben mir doch deutlich besser gefallen.
Re: Wiener Weißwein
Verfasst: Mi 4. Dez 2024, 00:08
von Bernd Schulz
Dieser Grüne Veltliner war ein Beifang zu meiner letzten Bestellung beim Bremer Weinkolleg:
Offenbar handelt es sich um einen Basiswein des Hauses Wieninger; insofern finde ich den Preis von knapp 14 Euro (dank der jüngsten Rabattaktion des Händlers habe ich weniger bezahlt) schon recht deftig, aber so gerade konnte ich mich noch für die Unterbringung in der Kategorie "akzeptabel/angemessen" entscheiden. Auf jeden Fall handelt es sich um in einem recht strengen Stil gehaltene Kammermusik; der Wein hat wenig Fleisch auf den Knochen und wirkt tendenziell etwas spartanisch. Trotzdem gefällt er mir in seiner überhaupt nicht sich anbiedernden Art ziemlich gut.
Wenn ich es recht bedenke, ist das wohl der erste Wiener Wein, den ich jemals in meinem Leben gekauft/ getrunken habe....
Herzliche Grüße
Bernd
Re: Wiener Weißwein
Verfasst: Mi 4. Dez 2024, 20:35
von Bernd Schulz
Nach einem Tag in der knapp zur Hälfte geleerten Flasche hat sich der Veltliner von Wieninger auf eine von mir bislang selten erlebte Art verändert; er wirkt jetzt viel zugänglicher und zeigt sogar ein gewisses Zuckerschwänzchen - man könnte fast sagen, dass er eine Mutation in Richtung Gefälligkeit durchlaufen hat. Ob er mir so, wie er sich jetzt präsentiert, besser gefällt als gestern, weiß ich gar nicht....
Ist euch bei einem kleinen Weißwein auch schon etwas Vergleichbares untergekommen?
Herzliche Grüße
Bernd
Re: Wiener Weißwein
Verfasst: Mi 4. Dez 2024, 21:54
von EThC
Bernd Schulz hat geschrieben: ↑Mi 4. Dez 2024, 20:35
Ist euch bei einem kleinen Weißwein auch schon etwas Vergleichbares untergekommen?
...oft genug, auch was die Intensivierung des Süßeeindrucks aus vorhandenem Restzucker und / oder Extrakt angeht, allerdings ist's bei mir dann meist so gewesen, daß die Weine dadurch anstrengender wurden.
Re: Wiener Weißwein
Verfasst: Mi 4. Dez 2024, 22:07
von Bernd Schulz
Danke für deine Rückmeldung, Erich!
Du hast offenkundig weit größere Probleme mit von dir so genanntem "freien" Restzucker als ich (jeder Jeck ist anders). Für mich ist der Wein nicht in eine Richtung mutiert, die ich anstrengender nennen würde, sondern vielmehr gefälliger. Aber wenn ich Wein trinke oder Musik höre, ist die völlige Anstrengungslosigkeit nun mal überhaupt nicht mein Ziel - ganz im Gegenteil: Ein wenig möchte ich schon gefordert werden (wenn auch nicht immer zu sehr).
Wobei ich es am Ende auch extrem anstrengend finden würde, wenn ich am laufenden Meter Trivialmusik hören müsste - insofern beißt sich die Schlange dann doch in den Schwanz...
Herzliche Grüße
Bernd
Re: Wiener Weißwein
Verfasst: Mi 4. Dez 2024, 22:20
von EThC
...zum Einen bin ich tatsächlich recht empfindlich bezüglich "freier Süße", insbesondere bei an sich trockenen Weinen, andererseits kann ich bei nicht wenigen > 200 g/l-Auslesen auch ziemlich ins Schwärmen kommen. Aber gerade im halbtrockenen Bereich muß ein Winzer schon ordentlich was auf der Pfanne haben, um mich da abholen zu können.
Und: wenn ein Wein fordernd ist, heißt das nicht automatisch, daß er mich anstrengt, fordernde Weine beleben mich in vielen Fällen eher...
Re: Wiener Weißwein
Verfasst: Do 5. Dez 2024, 00:22
von Bernd Schulz
EThC hat geschrieben: ↑Mi 4. Dez 2024, 22:20
Und: wenn ein Wein fordernd ist, heißt das nicht automatisch, daß er mich anstrengt, fordernde Weine beleben mich in vielen Fällen eher...
Ja, auch mich beleben fordernde Weine in vielen Fällen (wie gerade schon gesagt), aber nur bis zu einer gewissen Grenze, die blöderweise auch noch fließend ist.
An unserem kurzen Dialog erkennt man sehr schön die generell große
Unschärfe von Sprache, sobald es um ästhetische Phänomene geht. Wo hört fordernd im Sinne von belebend auf, und wo fängt fordernd im Sinne von anstrengend an? Dieser Punkt lässt sich meiner Meinung nach noch nicht einmal subjektiv genauer eingrenzen geschweige denn objektiv festmachen...
Aber zurück zum konkreten Veltliner: Im Gegensatz zu dir habe ich es bislang kaum erfahren, dass ein zunächst straff und knalltrocken wirkender Basiswein am nächsten Tag fast schon in eine halbtrockene und locker gefügte Richtung ging. Dieser Veltliner von Wieninger stellt da schon eine klare Ausnahme dar.
Herzliche Grüße
Bernd
Re: Wiener Weißwein
Verfasst: Do 5. Dez 2024, 06:59
von EThC
Bernd Schulz hat geschrieben: ↑Do 5. Dez 2024, 00:22
An unserem kurzen Dialog erkennt man sehr schön die generell große Unschärfe von Sprache
...was mehrere Ursachen hat, denn zum einen ist insbesondere unsere Sprache relativ wortreich, was eine höhere Differenzierung zwar möglich macht, aber eben auch die Möglichkeit bzw. Freiheit bietet, die Bedeutungsgrenzen recht individuell zu gestalten, bewußt oder unbewußt. Dann der ständige Wandel des Sprachgebrauchs, regions- und generationsabhängig. Verbunden mit dem generellen Trend zur Sprachbanalisierung, in dessen Folge Wörter mehr und mehr unbedacht für irgendwas verwendet werden...