Nachts um halb zwei klingelt das Telefon...
"Ich sitze grad über dem Montsalvat Selectvm 2001 aus der Magnum. Ganz geniales Teil... Wieviel sind denn davon noch da?", mit dieser Frage wurde ich vom wichtigen Schlaf in der letzten Nacht vor dem Losfahren zur Fira 2014 abgehalten.
"Sieben", antworte ich, unter diese mürrische Knappheit meiner Antwort mischt sich ein hoffnungsvoller Unterton.
"Gut, ich nehm sie alle - nicht, dass noch wer anders auf die Idee kommt, was davon zu bestellen, während du jetzt weg bist... - will sie bloß sicher stellen, mit der Lieferung, das machen wir, wenn du wieder zurück bist, kommt eh noch bissel was mehr dazu..."
Bereits bevor das Gespräch beendet war, waren auch die letzten weißen Clos Les Fites aus 2005 weg und das letzte Paket von Marc Ripoll mit dem Roncavall 2009, der im Oktober letzten Jahres zwischen 99 und 100 Punkten bewertet wurde und der damit als Sieger einer der gigantischsten Proben durchging, die ich bislang je gemacht habe.
Dafür wird die Nacht deutlich kürzer und auch das Packen am Tag zieht sich hin... Immer wieder kommt noch irgendwas Unvorhergesehenes dazwischen und verzögert sich mein Loskommen.
Dann endlich doch der finale rettende Anruf bei Leon im Kaiserstuhl:" Ich mach mich jetzt los..."
Leon ist mein Mitfahrer für diese Tour, kurz vor Ostern orderte er als Neukunde 12 Flaschen Clos Penat 2009 bei mir, ein Wein, den ich erst seit kurzem im Programm habe - von einem Winzer, der erst letztes Jahr offiziell erstmals Weine zur Fira anstellte. Es ist ungewöhnlich, wenn jemand bei einem solchen Newcomer gleich derart zuschlägt, ich denke an meine kletternden Kunden, die sich öfter vor Ort "rumtreiben" und so das Eine oder Andere entdecken, was normal noch nicht so im Fokus gelandet ist...
Nein - Leon war noch nie vor Ort im Priorat, aber er würde da gern mal hin, nur wisse er nicht wie... - per Bahn zu kompliziert, per Auto zu waghalsig, hat er doch nur ein uraltes Gefährt... Er gehe gern zum Wandern in die Pyrenäen und so, trage den schweren Rucksack durch die Berge und schlafe draußen... Ich erzähle ihm von meiner Firatour und davon, dass auch Klaus-Peter und ich in aller Regel draußen schlafen bei diesen Touren. Zwei Tage später hat er seinen Urlaubsantrag genehmigt bekommen und nach Ostern planen wir die nun gemeinsame Tour.
Ich sitze kaum im Auto, der Motor ist beim Auffahren auf die A9 noch gar nicht richtig heißgelaufen, schon stehe ich wieder - im Stau... Erst denke ich an ein Hindernis auf der Elbbrücke, dann an einen eventuellen Unfall an der Abfahrt Vockerode... - dann, dass irgend was an der Abfahrt Dessau-Ost sein könnte... Geht es bis kurz nach der Abfahrt Vockerode noch im Stopp und Go, so tut sich dann nachdem diese Abfahrt passiert ist, gar nichts mehr.
Für die paar Kilometer bis zur Abfahrt Dessau-Ost benötige ich etwa anderthalb Stunden. Ich will dort sowieso runter, noch ein paar Kleinigkeiten bei Kaufland besorgen, nun höre ich, dass sich auch bis Dessau Süd nichts tut und das Problem irgendwo zwischen Dessau - Süd und Wolfen - Nord liegen soll. Ich vermeide das Wiederauffahren in den Stau und fahre einen Schleichweg nach Raguhn und will von dort auf die Bundesstraße und dann bei Wolfen Nord wieder auf die A9. Bis zur Bundesstraße rollt es auch prima, aber dann werde ich von der Polizei am Auffahren auf diese gehindert und gradeaus ins Hinterland geschickt - mitten rein in die endlose Karawane, die sich von Salzfurt-Kapelle Richtung Zörbig und dann wieder zur A9 zieht...
Als ich wieder auf die A9 gelange, bin ich vier Stunden unterwegs (die geplante Einkaufspause nicht mitgerechnet) - für einen Abschnitt, den ich per Rad bequem mit Pausen in zwei Stunden hätte schaffen können.
(Später erfahre ich, dass irgendwelche schlauen Verkehrsplaner die A9 zwischen Dessau Süd und Wolfen Nord wegen einer Beton-Krebs Baustelle komplett dicht gemacht hatten, wohlwissentlich, dass Osterferienhauptreisezeit ist... Diese schlauen Superökonomen haben das hier eingetretene Super-Chaos bewußt provoziert, was interessieren schon ein paar Tausend extrem genervte Autofahrer, denen man jeweils 4 bis 6 Stunden oder mehr Zeit stehlen kann... Da sind Leute am Werk, die von Verkehrsplanung ebenso viel Ahnung haben, wie der Elefant vom Selber-Fliegen...
http://www.mz-web.de/dessau-rosslau/vol ... 46316.html
http://www.mz-web.de/mitteldeutschland/ ... 24720.html )
Und so wird dann immer klarer, dass ich nicht wie geplant gegen 22.00 Uhr mein Etappenziel erreichen werde. Vor Nürnberg bereits klopft die Müdigkeit erstmals an, ich rufe Leon an und bitte ihn, ins Bett zu gehen - ich werde erst am Samstagvormittag im Breisgau landen. Mit etwas Kaffee putsche ich mich noch einmal etwas auf und so hangele ich mich noch bis irgendwo bei Heilbronn, um dann ein paar Stunden im Auto zu nächtigen. Hunger und Dust auf irgendwelchen Wein sind mir diesmal komplett vergangen...