Bordeaux 1994

Vielleicht aber war auch das ein fataler Grundfehler - ich habe damals gedacht, dass so langlebige Weine einst dazu bestimmt sind, dass man sich beim Blick auf die Jahreszahl auf dem Etikett und dem Angesprochen-werden durch den in Würde gereiften Wein mit dem Genuss dessselben wunderbar an damalige Zeiten erinnern könnte - und nun ist das nicht der Fall, einfach, weil die Weine nicht wie erwartet "sprechen"...

du wirst lachen, so ging's mir damals auch bei den ersten subskr. bdx-jahrgängen um 2003 rum. ...die vorstellung damals, dass man sich später in 20-30 jahren hinsetzt, den wein öffnet und den jahrgang des weines revue passieren lässt - also z.b. wie beim 86'er mit tschernobyl oder die challenger katastrophe. aber irgendwie war das "idealistisch" bzw. romantisiert. letztlich ist's ja doch etwas profaner beim trinken. ausser vielleicht beim 89' mouton rothschild - da muss ich schon des etikett wegens an den fall der mauer und die emotionale zeit damals denken.

aber es ist doch spannend, dass mit einem eingelagerten wein/jahrgang manchmal mehr verbunden wird, als "nur" der genuss oder die wertsteigerung. ...die zeiten des betreffenden jahres zu konservieren (oder auch seine eigene jugend oder entwicklungsphase bzw. die der liebsten um einen rum zu konservieren).

cheers, martin

ps: werd am we mal wieder in den cora in forbach

Vielleicht ist das dann wirklich so etwas wie verschmähte Liebe, ich mit meinen lustvollen Erinnerungen an dieses schöne Jahr und Weine, die mechanisch küssen, bestenfalls - und schlimmstenfalls völlig frigide wirken...

Hallo Torsten,

es gibt so tolle Weine aus diesem Jahr, aber leider nicht aus Bordeaux. Rational handeln und seine eigenen Gefühle trotzdem nicht verleugnen hieße, die sperrigen Bordeaux via Ebay tauschen in wunderbare Mosel-Auslesen und/oder charaktervolle Rotweine aus Rioja und Ribera del Duero (über Priorat schreibe ich jetzt mal nichts ). Ich habe meine 94er Bdx bis auf wenige Restbestände schon lange abgestoßen (oder klaglos getrunken), dafür aber immer wieder von meinem Lieblingswein, dem 94er Alion, nachgekauft. Ich habe es nicht bereut .

Grüße

Hartmut

[thvins]

Manchmal kann unbelehrbare Sturheit auch zu Erfolgserlebnissen führen...
Meine Neugier verhindert es, mich von den Weinen einfach so aus monetären Gründen zu trennen, gekauft für mein privates Vergnügen, sollen sie auch durch meine Kehle - irgendwann...

Und so jetzt auch meine Einzelflasche vom 1994er Cos d´ Estournel; St. Estephe; 2eme Grand cru Classé - sonderliche Erwartungen hatte ich jetzt nicht mehr nach einigen relativen Enttäuschungen und auch zu Cos ist je hier eher Widersprüchliches zu lesen gewesen. Ich habe mir nichts dazu notiert, nur als die Flasche leer war, war klar:
Das ist mein Wein gewesen... Schon die Nase sprach mich gewaltig an, am Gaumen dann ausgewogen zwischen Kraft, Tiefe, Komplexität auf der einen Seite und Eleganz und Sinnlichkeit auf der anderen. Fehlt dem 1993er der Druck zu einem großen Wein und entwickelt er eine leichte Schieflage hin zur Eleganz und dabei ein leichtes Manko an Kraft, so tanzt der 1994er hier tadellos. Hervorragend zu einem Steak Bordelaiser Art, aber auch danach mit großem Genuss zu trinken. Nach etwa vier, fünf Stunden allerdings schien er härter werden zu wollen und das Tannin drängte sich wieder in den Vordergrund - da könnte sie dann wieder kommen, die Kantigkeit des Jahrgangs. Aber so wie getrunken (Flasche auf und ohne dekantieren nach ca. 30 Minuten ins erste Glas) war das schon ein für mich großer Wein. Da bin ich bereit für 95/100 Th. Das letzte Glas nach Stunden war aber maximal noch 91/100 Th. wert gewesen. Also durchaus schneller trinken bei solchen Weinen. Auch wenn es am Ende mal einen leichten Rausch macht, den es beim Priorato so nicht gibt (weil man die Flasche nicht zwingend in einem Zug leeren muss, aus Angst, der Wein bricht weg...).

Den Wein hatte ich erst später nachgekauft zu um die 50 € - am Ende hat er aber auch gezeigt, dass er das Geld wert war. Es relativiert sich dann etwas bei Weinen mit so gutem Preis-Genuus verhältnis wie Maucaillou 1996 / 1999, die nicht mal die Hälfte kosteten, aber vergleichsweise sich nicht schlechter zeigten. Aber auch da steckt man nicht drin...

Hallo zusammen,

gestern offensichtlich eine optimale Flasche des folgenden "Lecker-Schmecker"-Bordeaux erwischt:




Grüsse
Bodo

Trotz des als eher schwach geltenden Jahrgangs hätte ich mir von diesem Wein deutlich mehr erwartet:



Für absolute Hardcore-BDX-Trinker wäre das vielleicht noch ein Genuss gewesen. Mich hat es erst einmal geschüttelt, ich habe den Zapfen wieder in die Flasche geschoben und mir einen Reparaturriesling aufgezogen.

Vielleicht lag es aber auch etwas an meiner Tagesform...

Viele Grüße

Bernd

"ohne Charme, karg und irgendwie freudlos"

Hallo Bernd,

damit hast du die Grundcharakteristik des Jahrgangs aus meiner Sicht sehr gut zusammengefasst, und diese Charakteristik gilt durchaus auch bis in den cru classé - Bereich. Natürlich gibt es positive Ausnahmen (in welchem Jahr gäbe es die nicht?), aber im Großen und Ganzen trifft deine Beschreibung schon auf den ganzen Jahrgang zu.

Es gibt zwar ein paar Optimisten, die meinen, da kommt noch was, aber nach mittlerweile 20 Jahren würde mich eine positive Entwicklung bei den meisten Weinen doch ziemlich überraschen. Die werden jetzt nicht gleich sterben, aber die weitaus meisten werden als zähe und uncharmante alte Knochen irgendwann austrocknen. Und in der Klasse von Poujeaux würde ich die Hoffnung definitiv aufgeben.

Für absolute Hardcore-BDX-Trinker wäre das vielleicht noch ein Genuss gewesen.

Tja, stimmt schon, es gibt ein paar Leute, die meinen, dass Bordeaux unhedonistisch zu sein hat. Die hassen dann im Gegenzug die 2009er

Gruß
Ulli

Hallo Ulli,

nach wie vor habe ich nur wenig Ahnung von Bordeaux, aber so extrem schlecht waren meine bisherigen (sicher vergleichsweise spärlichen) Erfahrungen mit 1994ern bislang nicht. In der Datenbank habe ich 5 entsprechende VKNs gefunden; ein Marquis de Terme trank sich vor ein paar Monaten ziemlich schön:



Das Schlusslicht bildete bislang ein Chateau Tour Haut-Caussan 1994 mit immerhin noch 86 Punkten. Aber der Poujeaux hat sich jetzt souverän ans Ende gesetzt.

Herzliche Grüße

Bernd

Hallo,

dass sich die 1994er langsam verabschieden, höre ich auch an anderer Stelle. Zu Anfang hätte ich das gar nicht für möglich gehalten. Wie sollen diese Weine bei so viel Tannin überhaupt sterblich sein? Doch was ich mir dann zuletzt selbst in Glas geschüttet habe, zeigte, dass auch Untote sterben können. Sie trocknen einfach aus. Fruchtlos. Freudlos.

Grüße,

wolf

Trotz des als eher schwach geltenden Jahrgangs hätte ich mir von diesem Wein deutlich mehr erwartet:



Für absolute Hardcore-BDX-Trinker wäre das vielleicht noch ein Genuss gewesen. Mich hat es erst einmal geschüttelt, ich habe den Zapfen wieder in die Flasche geschoben und mir einen Reparaturriesling aufgezogen.

Vielleicht lag es aber auch etwas an meiner Tagesform...

Viele Grüße

Bernd

Hallo Bernd,

das muss aber auch etwas an deiner Tagesform gelegen haben. Poujeaux war für den Jahrgang sehr gut gelungen, lässt sicher langsam nach, aber so schlecht ist er sicher nicht...wobei die Kombination Bordeaux,1994 und nachlassende Aromatik mit zunehmender Kargheit zzgl. ( oder abzüglich) Tagesform lt. meiner Erfahrung nicht wirklich kompatibel mit dir ist..

Gruß

Ralf

irgendwie freudlos

diese VKN-Fomulierung merke ich mir. Ich kann mir den Verkoster so wunderbar vorstellen.

Für absolute Hardcore-BDX-Trinker wäre das vielleicht noch ein Genuss gewesen.

ohne einer zu sein, hat dieser Satz etwas von einem genialen Werbespruch.

Gruß, Kle