Wein zu Wein - perfect match?
Verfasst: Di 23. Apr 2013, 14:25
Liebes Forum
Seit geraumer Zeit trinke ich wenn möglich Weiss- und Rotweine parallel. Zum einen haben alle Weine dann mehr Zeit, zum anderen scheinen mir sowohl die Weiss- als auch die Rotweine – geeignete Kombinationen vorausgesetzt – sehr davon zu profitieren, sie werden klarer, präziser, idealtypischer, sie scheinen offener zu sein.
Diese Erfahrung habe ich nun bereits sehr oft gemacht, und in der Zwischenzeit suche ich sie. Zunächst darf der Weisswein für sich sein, doch dann stelle ich ihm noch jemand zur Seite. Besonders gut gehen für mich Riesling und Pinot zusammen, wobei nicht nur der Riesling (bzw. der Weisswein), sondern ganz entschieden und meist auch der Pinot (bzw. Rotwein) profitieren. Beide Weine präsentieren sich viel klarer, frischer, die Aromen reiner und präsenter. Was allerdings nicht funktioniert scheint mir die Paarung von süssen oder nahezu restsüssen Weinen mit trockenen Weinen, auch die Säure scheint mir ein wichtiger Parameter zu sein und sollte nicht zu weit auseinanderliegen. Und nicht zuletzt zu hohe Gerbstoffe sollte man meiden. Was allerdings jeweils nur das Trinken beeinflusst.
Nun die Frage: Wie handhabt ihr die Weinfolgen? Trinkt Ihr Weiss- und Rotweine aufeinanderfolgend oder parallel? Macht Ihr die gleichen Erfahrungen oder meidet Ihr diese – Täuschungen? – bewusst?
Es folgt nur noch ein geschwätziges Beispiel zur Illustration – man muss also nicht weiterlesen.
Ich freue mich auf Eure Antworten.
Schöne Grüsse
Klaus
Emrich-Schönleber, Monzinger Halenberg, 2009, trocken (Zweitwein), Nahe.
Ein seriöse Persönlichkeit, hochgewachsen, angekommen, in den besten Jahren, besonnen, muss nicht mehr zeigen, was sie alles kann oder ist. Eine Führungspersönlichkeit, die nach jahrelanger Erfahrung mit souveräner Gelassenheit die Geschicke lenkt, wohlwollend, bereits etwas nachsichtig und nicht aus der Ruhe zu bringen. Die Autorität wird nicht in Frage gestellt. Auch privat: angekommen, zufrieden, kein Zweifel, kein Zank, kein Zaudern. Das war allerdings nicht immer so, der Wein hat auch eine dunkle Seite. Der Weg zum beruflichen Erfolg und privaten Glück war steinig (z.B. Anfang 2012), der Preis hoch. Ehrgeizig, der Beruf bestimmte alles, die beruflichen Erfolge stellten jedoch nur kurz zufrieden (Struktur/Mineralität). Unruhe, aufbrausend und oft auch ungerecht. Das blieb nicht ohne Folgen, Unzufriedenheit auch zuhause, die gemeinsame Muse fehlte (kaum Frucht), stattdessen Vorwürfe und lästige Streitereien, keine Harmonie, ein Gegeneinander. Scheidung. Neue, glückliche Liaison. Und nur vor dem Hintergrund dieser unruhigen Vergangenheit ist die jetzige Gelassenheit und Muse des Weins zu verstehen.
Der Wein hat jetzt eine beeindruckende Harmonie, alles wirkt sehr selbstverständlich, nicht gemacht und nicht gewollt, sondern: gekonnt. Sehr feine, aber nie vordergründige Säure, die den ganzen Gaumen mit einem Film überzieht und dem Wein Gelassenheit und eine sanfte Leichtigkeit verleiht, jedoch mit sehr guter Struktur, Substanz, genug dicht aber nicht stoffig. Die 12.5% stehen ihm gut, mehr sollte es nicht sein. Die Restsüsse ist im Vergleich zu letztem Jahr wieder etwas in den Hintergrund getreten, schmeichelt, aber stört nicht. Der Auftakt ist würzig, geht jedoch fliessend ins gelbfruchtige (angetrocknete Mango) und zu Cox Orange über, recht langer wieder würziger Abgang, leicht bitter, zuletzt versöhnlich mit einer milden, dezent süssen Frische. Das Bukett zeigt eine schöne Tiefe, die kräuterige Würze geht eine spannende und gelungene Verbindung mit der Frucht ein, mal tritt das eine, mal das andere deutlicher in Erscheinung. Alles ist so stimmig, dass wir gar nicht auf die Idee kommen, das Ganze wieder in seine Einzelteile zu zerlegen, jetzt, wo es so schön zusammengesetzt ist.
Wir stellen dem Wein einen Spätburgunder zur Seite. Es folgt die Verwandlung – die von den beiden Mittrinkern zweifelsfrei bestätigt wird. Der Wein besitzt jetzt eine vorher ungeahnte Frische und Jugendlichkeit, ein reiner und strahlender Duft nach frischer Passionsfrucht, nur Passionsfrucht. Am Gaumen wirkt der Wein jetzt deutlicher heller, gelber, frischer und schlanker. Trinkanimierender, die Schlucke werden grösser. Er besitzt einen gänzlichen anderen Charakter, er wirkt sehr jugendlich, naiv, eine privilegierte, sorglose Jugend. Das ist jemand, für den die Zukunft noch ein Ort der unbegrenzten Möglichkeiten ist, und nicht der Ort von Sorgen, Ängsten, und Zumutungen, nicht der Ort an dem Lohn nicht als Belohnung, sondern als Entschädigung aufgefasst wird, nicht der Ort an dem hochbewertete Weine so viel wie hochbewertete Waschmaschinen kosten, und hochbewertete Waschmaschinen so viel wie hochbewertete Weine, und schliesslich, ohne Leidenschaft und nicht ohne äussere Zwänge, die Entscheidung für die Waschmaschine fällt.
Wo ist er auf einmal hin, dieser seriöse und gestandene Herr Halenberg, wo kommt er plötzlich her, dieser junge, naive Prinz?
P.s.: Der - oder muss man sagen: beide - Halenberg ist bereits jetzt wunderbar zu trinken. Eile ist zwar nicht angesagt, gewiss nicht. Aber warum noch warten, wenn er bereits jetzt so köstlich ist?
Seit geraumer Zeit trinke ich wenn möglich Weiss- und Rotweine parallel. Zum einen haben alle Weine dann mehr Zeit, zum anderen scheinen mir sowohl die Weiss- als auch die Rotweine – geeignete Kombinationen vorausgesetzt – sehr davon zu profitieren, sie werden klarer, präziser, idealtypischer, sie scheinen offener zu sein.
Diese Erfahrung habe ich nun bereits sehr oft gemacht, und in der Zwischenzeit suche ich sie. Zunächst darf der Weisswein für sich sein, doch dann stelle ich ihm noch jemand zur Seite. Besonders gut gehen für mich Riesling und Pinot zusammen, wobei nicht nur der Riesling (bzw. der Weisswein), sondern ganz entschieden und meist auch der Pinot (bzw. Rotwein) profitieren. Beide Weine präsentieren sich viel klarer, frischer, die Aromen reiner und präsenter. Was allerdings nicht funktioniert scheint mir die Paarung von süssen oder nahezu restsüssen Weinen mit trockenen Weinen, auch die Säure scheint mir ein wichtiger Parameter zu sein und sollte nicht zu weit auseinanderliegen. Und nicht zuletzt zu hohe Gerbstoffe sollte man meiden. Was allerdings jeweils nur das Trinken beeinflusst.
Nun die Frage: Wie handhabt ihr die Weinfolgen? Trinkt Ihr Weiss- und Rotweine aufeinanderfolgend oder parallel? Macht Ihr die gleichen Erfahrungen oder meidet Ihr diese – Täuschungen? – bewusst?
Es folgt nur noch ein geschwätziges Beispiel zur Illustration – man muss also nicht weiterlesen.
Ich freue mich auf Eure Antworten.
Schöne Grüsse
Klaus
Emrich-Schönleber, Monzinger Halenberg, 2009, trocken (Zweitwein), Nahe.
Ein seriöse Persönlichkeit, hochgewachsen, angekommen, in den besten Jahren, besonnen, muss nicht mehr zeigen, was sie alles kann oder ist. Eine Führungspersönlichkeit, die nach jahrelanger Erfahrung mit souveräner Gelassenheit die Geschicke lenkt, wohlwollend, bereits etwas nachsichtig und nicht aus der Ruhe zu bringen. Die Autorität wird nicht in Frage gestellt. Auch privat: angekommen, zufrieden, kein Zweifel, kein Zank, kein Zaudern. Das war allerdings nicht immer so, der Wein hat auch eine dunkle Seite. Der Weg zum beruflichen Erfolg und privaten Glück war steinig (z.B. Anfang 2012), der Preis hoch. Ehrgeizig, der Beruf bestimmte alles, die beruflichen Erfolge stellten jedoch nur kurz zufrieden (Struktur/Mineralität). Unruhe, aufbrausend und oft auch ungerecht. Das blieb nicht ohne Folgen, Unzufriedenheit auch zuhause, die gemeinsame Muse fehlte (kaum Frucht), stattdessen Vorwürfe und lästige Streitereien, keine Harmonie, ein Gegeneinander. Scheidung. Neue, glückliche Liaison. Und nur vor dem Hintergrund dieser unruhigen Vergangenheit ist die jetzige Gelassenheit und Muse des Weins zu verstehen.
Der Wein hat jetzt eine beeindruckende Harmonie, alles wirkt sehr selbstverständlich, nicht gemacht und nicht gewollt, sondern: gekonnt. Sehr feine, aber nie vordergründige Säure, die den ganzen Gaumen mit einem Film überzieht und dem Wein Gelassenheit und eine sanfte Leichtigkeit verleiht, jedoch mit sehr guter Struktur, Substanz, genug dicht aber nicht stoffig. Die 12.5% stehen ihm gut, mehr sollte es nicht sein. Die Restsüsse ist im Vergleich zu letztem Jahr wieder etwas in den Hintergrund getreten, schmeichelt, aber stört nicht. Der Auftakt ist würzig, geht jedoch fliessend ins gelbfruchtige (angetrocknete Mango) und zu Cox Orange über, recht langer wieder würziger Abgang, leicht bitter, zuletzt versöhnlich mit einer milden, dezent süssen Frische. Das Bukett zeigt eine schöne Tiefe, die kräuterige Würze geht eine spannende und gelungene Verbindung mit der Frucht ein, mal tritt das eine, mal das andere deutlicher in Erscheinung. Alles ist so stimmig, dass wir gar nicht auf die Idee kommen, das Ganze wieder in seine Einzelteile zu zerlegen, jetzt, wo es so schön zusammengesetzt ist.
Wir stellen dem Wein einen Spätburgunder zur Seite. Es folgt die Verwandlung – die von den beiden Mittrinkern zweifelsfrei bestätigt wird. Der Wein besitzt jetzt eine vorher ungeahnte Frische und Jugendlichkeit, ein reiner und strahlender Duft nach frischer Passionsfrucht, nur Passionsfrucht. Am Gaumen wirkt der Wein jetzt deutlicher heller, gelber, frischer und schlanker. Trinkanimierender, die Schlucke werden grösser. Er besitzt einen gänzlichen anderen Charakter, er wirkt sehr jugendlich, naiv, eine privilegierte, sorglose Jugend. Das ist jemand, für den die Zukunft noch ein Ort der unbegrenzten Möglichkeiten ist, und nicht der Ort von Sorgen, Ängsten, und Zumutungen, nicht der Ort an dem Lohn nicht als Belohnung, sondern als Entschädigung aufgefasst wird, nicht der Ort an dem hochbewertete Weine so viel wie hochbewertete Waschmaschinen kosten, und hochbewertete Waschmaschinen so viel wie hochbewertete Weine, und schliesslich, ohne Leidenschaft und nicht ohne äussere Zwänge, die Entscheidung für die Waschmaschine fällt.
Wo ist er auf einmal hin, dieser seriöse und gestandene Herr Halenberg, wo kommt er plötzlich her, dieser junge, naive Prinz?
P.s.: Der - oder muss man sagen: beide - Halenberg ist bereits jetzt wunderbar zu trinken. Eile ist zwar nicht angesagt, gewiss nicht. Aber warum noch warten, wenn er bereits jetzt so köstlich ist?