Liebes Forum
Seit geraumer Zeit trinke ich wenn möglich Weiss- und Rotweine parallel. Zum einen haben alle Weine dann mehr Zeit, zum anderen scheinen mir sowohl die Weiss- als auch die Rotweine – geeignete Kombinationen vorausgesetzt – sehr davon zu profitieren, sie werden klarer, präziser, idealtypischer, sie scheinen offener zu sein.
Diese Erfahrung habe ich nun bereits sehr oft gemacht, und in der Zwischenzeit suche ich sie. Zunächst darf der Weisswein für sich sein, doch dann stelle ich ihm noch jemand zur Seite. Besonders gut gehen für mich Riesling und Pinot zusammen, wobei nicht nur der Riesling (bzw. der Weisswein), sondern ganz entschieden und meist auch der Pinot (bzw. Rotwein) profitieren. Beide Weine präsentieren sich viel klarer, frischer, die Aromen reiner und präsenter. Was allerdings nicht funktioniert scheint mir die Paarung von süssen oder nahezu restsüssen Weinen mit trockenen Weinen, auch die Säure scheint mir ein wichtiger Parameter zu sein und sollte nicht zu weit auseinanderliegen. Und nicht zuletzt zu hohe Gerbstoffe sollte man meiden. Was allerdings jeweils nur das Trinken beeinflusst.
Nun die Frage: Wie handhabt ihr die Weinfolgen? Trinkt Ihr Weiss- und Rotweine aufeinanderfolgend oder parallel? Macht Ihr die gleichen Erfahrungen oder meidet Ihr diese – Täuschungen? – bewusst?
Es folgt nur noch ein geschwätziges Beispiel zur Illustration – man muss also nicht weiterlesen.
Ich freue mich auf Eure Antworten.
Schöne Grüsse
Klaus
Emrich-Schönleber, Monzinger Halenberg, 2009, trocken (Zweitwein), Nahe.
Ein seriöse Persönlichkeit, hochgewachsen, angekommen, in den besten Jahren, besonnen, muss nicht mehr zeigen, was sie alles kann oder ist. Eine Führungspersönlichkeit, die nach jahrelanger Erfahrung mit souveräner Gelassenheit die Geschicke lenkt, wohlwollend, bereits etwas nachsichtig und nicht aus der Ruhe zu bringen. Die Autorität wird nicht in Frage gestellt. Auch privat: angekommen, zufrieden, kein Zweifel, kein Zank, kein Zaudern. Das war allerdings nicht immer so, der Wein hat auch eine dunkle Seite. Der Weg zum beruflichen Erfolg und privaten Glück war steinig (z.B. Anfang 2012), der Preis hoch. Ehrgeizig, der Beruf bestimmte alles, die beruflichen Erfolge stellten jedoch nur kurz zufrieden (Struktur/Mineralität). Unruhe, aufbrausend und oft auch ungerecht. Das blieb nicht ohne Folgen, Unzufriedenheit auch zuhause, die gemeinsame Muse fehlte (kaum Frucht), stattdessen Vorwürfe und lästige Streitereien, keine Harmonie, ein Gegeneinander. Scheidung. Neue, glückliche Liaison. Und nur vor dem Hintergrund dieser unruhigen Vergangenheit ist die jetzige Gelassenheit und Muse des Weins zu verstehen.
Der Wein hat jetzt eine beeindruckende Harmonie, alles wirkt sehr selbstverständlich, nicht gemacht und nicht gewollt, sondern: gekonnt. Sehr feine, aber nie vordergründige Säure, die den ganzen Gaumen mit einem Film überzieht und dem Wein Gelassenheit und eine sanfte Leichtigkeit verleiht, jedoch mit sehr guter Struktur, Substanz, genug dicht aber nicht stoffig. Die 12.5% stehen ihm gut, mehr sollte es nicht sein. Die Restsüsse ist im Vergleich zu letztem Jahr wieder etwas in den Hintergrund getreten, schmeichelt, aber stört nicht. Der Auftakt ist würzig, geht jedoch fliessend ins gelbfruchtige (angetrocknete Mango) und zu Cox Orange über, recht langer wieder würziger Abgang, leicht bitter, zuletzt versöhnlich mit einer milden, dezent süssen Frische. Das Bukett zeigt eine schöne Tiefe, die kräuterige Würze geht eine spannende und gelungene Verbindung mit der Frucht ein, mal tritt das eine, mal das andere deutlicher in Erscheinung. Alles ist so stimmig, dass wir gar nicht auf die Idee kommen, das Ganze wieder in seine Einzelteile zu zerlegen, jetzt, wo es so schön zusammengesetzt ist.
Wir stellen dem Wein einen Spätburgunder zur Seite. Es folgt die Verwandlung – die von den beiden Mittrinkern zweifelsfrei bestätigt wird. Der Wein besitzt jetzt eine vorher ungeahnte Frische und Jugendlichkeit, ein reiner und strahlender Duft nach frischer Passionsfrucht, nur Passionsfrucht. Am Gaumen wirkt der Wein jetzt deutlicher heller, gelber, frischer und schlanker. Trinkanimierender, die Schlucke werden grösser. Er besitzt einen gänzlichen anderen Charakter, er wirkt sehr jugendlich, naiv, eine privilegierte, sorglose Jugend. Das ist jemand, für den die Zukunft noch ein Ort der unbegrenzten Möglichkeiten ist, und nicht der Ort von Sorgen, Ängsten, und Zumutungen, nicht der Ort an dem Lohn nicht als Belohnung, sondern als Entschädigung aufgefasst wird, nicht der Ort an dem hochbewertete Weine so viel wie hochbewertete Waschmaschinen kosten, und hochbewertete Waschmaschinen so viel wie hochbewertete Weine, und schliesslich, ohne Leidenschaft und nicht ohne äussere Zwänge, die Entscheidung für die Waschmaschine fällt.
Wo ist er auf einmal hin, dieser seriöse und gestandene Herr Halenberg, wo kommt er plötzlich her, dieser junge, naive Prinz?
P.s.: Der - oder muss man sagen: beide - Halenberg ist bereits jetzt wunderbar zu trinken. Eile ist zwar nicht angesagt, gewiss nicht. Aber warum noch warten, wenn er bereits jetzt so köstlich ist?
Wein zu Wein - perfect match?
Re: Wein zu Wein - perfect match?
Ich habe das auf die Art und Weise bewusst noch nicht ausprobiert, aber die Geschichte ist animierend. Ich werde das auch mal versuchen.
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Re: Wein zu Wein - perfect match?
war das der Werbeblock oder ein neues Thema???
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
Re: Wein zu Wein - perfect match?
Hallo Michael
Nein, Werbung ist das nicht. Du kannst den Beitrag zwar auch als Weinempfehlung lesen, die Frage, wie sich Weine verändern, wenn man sie parallel verkostet, interessiert mich jedoch durchaus unabhängig vom genannten Beispiel. Proben sind ja meist so aufgebaut, dass es eine grosse Gemeinsamkeit gibt und dann eher um kleinere Unterschiede geht: Unterschiede innerhalb eines Jahrgangs, einer Region, einer Lage, oder Unterschiede bei einem Wein über die Jahre etc. Was ja durchaus sehr unterhaltsam und lehrreich sein kann. Das gleiche gilt jedoch auch für ein starke Konstrastierung, wie z.B. die paralle Verkostung von Rot- und Weissweinen. Das ist zwar kein systematischer Ansatz und somit ungeeignet, einen nützlichen Überblick über eine Region, einen Jahrgang, einen Wein zu gewinnen. Kurz: Der Fülle an Informationen Herr zu werden und eine Ordnung herzustellen. Persönlich finde ich es jedoch sehr aufschlussreich und gewinnbringend, sich einen einzelnen Wein auf diese Weise nochmals gänzlich neu zu erschliessen.
Viele Grüsse
Klaus
Nein, Werbung ist das nicht. Du kannst den Beitrag zwar auch als Weinempfehlung lesen, die Frage, wie sich Weine verändern, wenn man sie parallel verkostet, interessiert mich jedoch durchaus unabhängig vom genannten Beispiel. Proben sind ja meist so aufgebaut, dass es eine grosse Gemeinsamkeit gibt und dann eher um kleinere Unterschiede geht: Unterschiede innerhalb eines Jahrgangs, einer Region, einer Lage, oder Unterschiede bei einem Wein über die Jahre etc. Was ja durchaus sehr unterhaltsam und lehrreich sein kann. Das gleiche gilt jedoch auch für ein starke Konstrastierung, wie z.B. die paralle Verkostung von Rot- und Weissweinen. Das ist zwar kein systematischer Ansatz und somit ungeeignet, einen nützlichen Überblick über eine Region, einen Jahrgang, einen Wein zu gewinnen. Kurz: Der Fülle an Informationen Herr zu werden und eine Ordnung herzustellen. Persönlich finde ich es jedoch sehr aufschlussreich und gewinnbringend, sich einen einzelnen Wein auf diese Weise nochmals gänzlich neu zu erschliessen.
Viele Grüsse
Klaus
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Re: Wein zu Wein - perfect match?
Hallo Klaus,
das ist ein interessanter Ansatz, den ich auch mal verfolgen sollte. Deine Überschrift führt ja schon auf die richtige Fährte: Vom "perfect match" spricht man ja sonst bei der Paarung von Wein und Essen. Aber wenn es diese wechselseitige Beeinflussung dort gibt, ist es eigentlich logisch, dass es sie auch bei zwei Weinen geben sollte (auch eher ähnliche Weine können je nach Reihenfolge und Flightpartnern gravierend unterscheidlich wirken, weiß ja jeder hier).
Interessieren würde mich noch, welcher Rotwein mit dem Halenberg gepaart wurde. Wenn ich dich richtig verstehe, geht es ja um eine Paarung auf Augenhöhe und nicht nur um einen Hilfswein, der seinen Partner möglichst strahlen lassen, dabei aber selbst im Hintergrund bleiben soll.
Woher nun ausgerechnet bei diesem Beitrag die "Werbeblock"-Polemik kommt, erschließt sich mir nicht.
Viele Grüße,
Guido
das ist ein interessanter Ansatz, den ich auch mal verfolgen sollte. Deine Überschrift führt ja schon auf die richtige Fährte: Vom "perfect match" spricht man ja sonst bei der Paarung von Wein und Essen. Aber wenn es diese wechselseitige Beeinflussung dort gibt, ist es eigentlich logisch, dass es sie auch bei zwei Weinen geben sollte (auch eher ähnliche Weine können je nach Reihenfolge und Flightpartnern gravierend unterscheidlich wirken, weiß ja jeder hier).
Interessieren würde mich noch, welcher Rotwein mit dem Halenberg gepaart wurde. Wenn ich dich richtig verstehe, geht es ja um eine Paarung auf Augenhöhe und nicht nur um einen Hilfswein, der seinen Partner möglichst strahlen lassen, dabei aber selbst im Hintergrund bleiben soll.
Woher nun ausgerechnet bei diesem Beitrag die "Werbeblock"-Polemik kommt, erschließt sich mir nicht.
Viele Grüße,
Guido
Re: Wein zu Wein - perfect match?
Interessiert mich auch, wenn möglich noch mit Beschreibung des Roten in der Wechselbeziehung.Einzelflaschenfreund hat geschrieben: Interessieren würde mich noch, welcher Rotwein mit dem Halenberg gepaart wurde. Wenn ich dich richtig verstehe, geht es ja um eine Paarung auf Augenhöhe und nicht nur um einen Hilfswein, der seinen Partner möglichst strahlen lassen, dabei aber selbst im Hintergrund bleiben soll.
Habe ich hier auch gar nicht verstanden. Verstehe ich aber oft nicht.Woher nun ausgerechnet bei diesem Beitrag die "Werbeblock"-Polemik kommt, erschließt sich mir nicht.
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Re: Wein zu Wein - perfect match?
Ist mir schon klar, dass das Thema interessant ist, hätte es nur eher unter verkostingsnotizen eingeordnet;)
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
Re: Wein zu Wein - perfect match?
Ich kann die "Werbung" für den Halenberg nur unterstützen. Ist ein toller Wein und macht Lust auf das derzeit verschlossene GG aus selbiger Lage. Der wird auch wieder zu dem 98-Punkte-Riesling, den ich Anfang 2011 schon im Glas hatte.
Viele Grüße
Aloys
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Re: Wein zu Wein - perfect match?
Die Verkostungsnotiz würde sich natürlich in der Datenbank sehr gut machen, ansonsten kann ich weder am Thema noch an seiner Platzierung irgendwas aussetzen.
Aber der Rotwein interessiert mich auch brennend. Ich hoffe, die Information wird nachgereicht.
Wir trinken oft zwei Weine parallel, aber ich habe noch nie einen roten und weißen nebeneinander getrunken, obwohl die Idee eigentlich auf der Hand liegt.
lg
s
Aber der Rotwein interessiert mich auch brennend. Ich hoffe, die Information wird nachgereicht.
Wir trinken oft zwei Weine parallel, aber ich habe noch nie einen roten und weißen nebeneinander getrunken, obwohl die Idee eigentlich auf der Hand liegt.
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Red wine with fish. Well, that should have told me something.
James Bond in From Russia with Love
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Re: Wein zu Wein - perfect match?
Und zack ist Bewegung im Thema;)
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...