Auf ein Glas ..... 2008 Beaujolais Villages AOC, Jadot
Verfasst: Di 23. Okt 2012, 09:20
Der Herbst wird ja allenthalben als schönste Jahreszeit gepriesen und wenn ich durch die Laubwälder gehe und die Sonne durch die gelben und roten Blätter strahlend scheint, die letzten zarten Nebelschwaden verzehrend und noch Tautropfen an den Spinnweben glänzen, dann kann ich mir auch nichts Schöneres vorstellen. Ich kann erste Tannenzapfen und Zweige für Herbstdekorationen sammeln und meine derzeit etwas erkälteten Lungen mit viel frischer Luft vollsaugen.
Aber natürlich hat der Herbst auch seine Schattenseiten.
Als da wäre als allererstes das Laubfegen. Da sind die nachbarschaftlichen Belastungsgrenzen doch sehr unterschiedlich verteilt und die Herrschaften, die jedes herunterschwebende Blatt, jeden Luftwirbel als persönlichen Angriff auf die exakte Ordnung ihres Anwesens verstehen, bekommen schon beim Anblick der Gärten eher lässiger Zeitgenossen den Herbstherzkasper. Und so wird gefegt, geschimpft, laubgesaugt und –geblasen, dass es eine wahre Pracht ist.
Bei uns kommt dann als zweites noch "die Kampagne" hinzu. Das hat nichts mit Wahlkampf zu tun (gleichwohl natürlich die Verschandelung der Landschaft mit Konterfeis unserer präsumtiven Volksvertreter, plus deren nur zögerlicher Abtransport nach vollendeter Wahl, auch so ein allerdings jahreszeitunabhängiges Ärgernis ist), nein das meint am Niederrhein die Rübenkampagne. In einem Zuckerrübenanbaugebiet wohnend, fährt man von September bis Anfang Dezember auf unseren Landstraßen gefühltermaßen immer hinter einem Rübentrecker her, der laut Heckaufkleber 25 km fahren darf und das auch tut. Überholen geht auch nicht, denn auf der Gegenfahrbahn fährt der Kollege, der seine süße Fracht bereits an der Zuckerfabrik abgeladen hat. Man rechne also für alle Strecken mit der doppelten bis dreifachen Zeit (dies als Hinweis für alle ortsunkundigen Besucher im Herbst).
In Weinbaugebieten wird es wahrscheinlich der Traubenernter oder Traubentrecker sein, der dem regionalen Individualverkehr zu schaffen macht.
Und dann blühen sie auf, die Herbstmärkte; eigentlich eine nette Idee, aber uneigentlich ist das die immer gleiche Karawane von Anbietern unansehnlicher Waren und Dienstleistungen und immer gleicher Imbissangebote, Flammkuchen, Pizza, gefüllte Champignons, Bratwurst. Versuche der örtlichen Gastronomie, auch mal was anderes anzubieten, scheitern oft. Kennt man einen, kennt man alle.
Auch kann man nach der dritten Woche keinen Kürbis mehr sehen, so sehr man sich auf die ersten Herbstgenüsse gefreut hat. Kürbissuppe, Kürbiskuchen, Kürbismuffins, Kürbisbrot, Kürbisgemüse und – mein persönlicher Erzfeind – süß-sauer eingelegter Kürbis. Dazu noch tönerne Kürbisteelichthalter, mehr oder weniger kunstvoll geschnitzte Halloweenkürbisse, Kürbisdekorationen an Haustüren und auf Fensterbänken. Manchmal kann ich Menschen sogar verstehen, die sich im Oktober nach Spargel sehnen.
Kürbis stellt mich auch weintechnisch oft genug vor Herausforderungen, wenn er die geschmackliche Hauptkomponente in einem Essen darstellt. Meistens muss man da ja etwas kräftig gegenwürzen, um die Sache spannend zu machen, und das geht dann gerne in die Richtung scharf, asiatisch. Dazu nimmt man ja gerne leicht süße Weißweine, eine feine Rieslingsspätlese, einen Gewürztraminer (inzwischen meine weiße Geheimwaffe bei komplizierten Essenbegleitungen), je nach Zubereitung kann ich mich auch mit Viognier und grünem Veltiner anfreunden.
Nur mit Rotwein wird es schwer. Ich stell mir ein Kürbiscurry vor mit Komponenten wie Currypulver, Zitronengras, vielleicht auch noch Koriander (Samen und Kraut) und Kardamom. Und einen eingefleischten Rotweintrinker am Tisch.
Als gute Begleitung hat sich da erwiesen
2008 Beaujolais Villages
Louis Jadot, Beaujolais Villages AOC
Der zugegebenermaßen jetzt auch bald ausgetrunken werden sollte, so was wird ja nicht für die Ewigkeit gemacht und ich glaube nicht, dass die folgenden Jahrgänge so sehr unterschiedlich sein werden.
Grundsätzlich sind die etwas leichten Gamays für derartige Gerichte meist eine gute Idee, eher fruchtbetont, aber doch ein wenig Tannin und – wie man so sagt, auch wenn man es nicht sollte/dürfte – angenehm süffig, d.h. man philosophiert nicht stundenlang über Komplexität, Dichte, Tiefe und ein Aromenbündel, man erfreut sich an eindeutigen Kirsch- und Johannisbeeraromen, einer manchmal etwas zu intensiven Sanftheit, ein wenig Tannin und nimmt dann beherzt den nächsten Schluck.
Der Jadot ist recht trocken, das mag ich persönlich lieber, auch wenn das genannte Gericht durchaus ein wenig Süße auch beim begleitenden Rotwein vertragen könnte. Da er aber von eher leichter Struktur ist trotz seiner 12.5 vol%, ist die Verbindung dennoch gut. Ich serviere den Wein durchaus kühl, d.h. mit etwa 12°C und erfreue mich daran, wie er im Mund langsam wärmer wird, das weiche reife Kirscharoma sich entfaltet und die fruchtigen Aromen sich mit der süßen Schärfe des Gemüses verbinden.
Das mit dem erst mal etwas kühler mit trinken anfangen, ist inzwischen so eine Marotte von mir, die derzeit zu intensiven häuslichen Fachgesprächen Anlass gibt. Nicht, dass das der erste Schritt zum Zweittemperierschrank wird.
Und wenn es dann an der Zeit ist und man das Glück hat, inmitten der Unmengen süßklebriger Beujolais Primeurs (deren Verbreitung wahrscheinlich von allen Herstellern von Kopfschmerztabletten wenigstens moralisch unterstützt wird) einen feinen zu finden, einen der etwas Würze mitbringt und ein bisschen Statur hat, dann ist das fast schon ein kleines Festmahl.
Alles in allem: lecker!
Aber natürlich hat der Herbst auch seine Schattenseiten.
Als da wäre als allererstes das Laubfegen. Da sind die nachbarschaftlichen Belastungsgrenzen doch sehr unterschiedlich verteilt und die Herrschaften, die jedes herunterschwebende Blatt, jeden Luftwirbel als persönlichen Angriff auf die exakte Ordnung ihres Anwesens verstehen, bekommen schon beim Anblick der Gärten eher lässiger Zeitgenossen den Herbstherzkasper. Und so wird gefegt, geschimpft, laubgesaugt und –geblasen, dass es eine wahre Pracht ist.
Bei uns kommt dann als zweites noch "die Kampagne" hinzu. Das hat nichts mit Wahlkampf zu tun (gleichwohl natürlich die Verschandelung der Landschaft mit Konterfeis unserer präsumtiven Volksvertreter, plus deren nur zögerlicher Abtransport nach vollendeter Wahl, auch so ein allerdings jahreszeitunabhängiges Ärgernis ist), nein das meint am Niederrhein die Rübenkampagne. In einem Zuckerrübenanbaugebiet wohnend, fährt man von September bis Anfang Dezember auf unseren Landstraßen gefühltermaßen immer hinter einem Rübentrecker her, der laut Heckaufkleber 25 km fahren darf und das auch tut. Überholen geht auch nicht, denn auf der Gegenfahrbahn fährt der Kollege, der seine süße Fracht bereits an der Zuckerfabrik abgeladen hat. Man rechne also für alle Strecken mit der doppelten bis dreifachen Zeit (dies als Hinweis für alle ortsunkundigen Besucher im Herbst).
In Weinbaugebieten wird es wahrscheinlich der Traubenernter oder Traubentrecker sein, der dem regionalen Individualverkehr zu schaffen macht.
Und dann blühen sie auf, die Herbstmärkte; eigentlich eine nette Idee, aber uneigentlich ist das die immer gleiche Karawane von Anbietern unansehnlicher Waren und Dienstleistungen und immer gleicher Imbissangebote, Flammkuchen, Pizza, gefüllte Champignons, Bratwurst. Versuche der örtlichen Gastronomie, auch mal was anderes anzubieten, scheitern oft. Kennt man einen, kennt man alle.
Auch kann man nach der dritten Woche keinen Kürbis mehr sehen, so sehr man sich auf die ersten Herbstgenüsse gefreut hat. Kürbissuppe, Kürbiskuchen, Kürbismuffins, Kürbisbrot, Kürbisgemüse und – mein persönlicher Erzfeind – süß-sauer eingelegter Kürbis. Dazu noch tönerne Kürbisteelichthalter, mehr oder weniger kunstvoll geschnitzte Halloweenkürbisse, Kürbisdekorationen an Haustüren und auf Fensterbänken. Manchmal kann ich Menschen sogar verstehen, die sich im Oktober nach Spargel sehnen.
Kürbis stellt mich auch weintechnisch oft genug vor Herausforderungen, wenn er die geschmackliche Hauptkomponente in einem Essen darstellt. Meistens muss man da ja etwas kräftig gegenwürzen, um die Sache spannend zu machen, und das geht dann gerne in die Richtung scharf, asiatisch. Dazu nimmt man ja gerne leicht süße Weißweine, eine feine Rieslingsspätlese, einen Gewürztraminer (inzwischen meine weiße Geheimwaffe bei komplizierten Essenbegleitungen), je nach Zubereitung kann ich mich auch mit Viognier und grünem Veltiner anfreunden.
Nur mit Rotwein wird es schwer. Ich stell mir ein Kürbiscurry vor mit Komponenten wie Currypulver, Zitronengras, vielleicht auch noch Koriander (Samen und Kraut) und Kardamom. Und einen eingefleischten Rotweintrinker am Tisch.
Als gute Begleitung hat sich da erwiesen
2008 Beaujolais Villages
Louis Jadot, Beaujolais Villages AOC
Der zugegebenermaßen jetzt auch bald ausgetrunken werden sollte, so was wird ja nicht für die Ewigkeit gemacht und ich glaube nicht, dass die folgenden Jahrgänge so sehr unterschiedlich sein werden.
Grundsätzlich sind die etwas leichten Gamays für derartige Gerichte meist eine gute Idee, eher fruchtbetont, aber doch ein wenig Tannin und – wie man so sagt, auch wenn man es nicht sollte/dürfte – angenehm süffig, d.h. man philosophiert nicht stundenlang über Komplexität, Dichte, Tiefe und ein Aromenbündel, man erfreut sich an eindeutigen Kirsch- und Johannisbeeraromen, einer manchmal etwas zu intensiven Sanftheit, ein wenig Tannin und nimmt dann beherzt den nächsten Schluck.
Der Jadot ist recht trocken, das mag ich persönlich lieber, auch wenn das genannte Gericht durchaus ein wenig Süße auch beim begleitenden Rotwein vertragen könnte. Da er aber von eher leichter Struktur ist trotz seiner 12.5 vol%, ist die Verbindung dennoch gut. Ich serviere den Wein durchaus kühl, d.h. mit etwa 12°C und erfreue mich daran, wie er im Mund langsam wärmer wird, das weiche reife Kirscharoma sich entfaltet und die fruchtigen Aromen sich mit der süßen Schärfe des Gemüses verbinden.
Das mit dem erst mal etwas kühler mit trinken anfangen, ist inzwischen so eine Marotte von mir, die derzeit zu intensiven häuslichen Fachgesprächen Anlass gibt. Nicht, dass das der erste Schritt zum Zweittemperierschrank wird.
Und wenn es dann an der Zeit ist und man das Glück hat, inmitten der Unmengen süßklebriger Beujolais Primeurs (deren Verbreitung wahrscheinlich von allen Herstellern von Kopfschmerztabletten wenigstens moralisch unterstützt wird) einen feinen zu finden, einen der etwas Würze mitbringt und ein bisschen Statur hat, dann ist das fast schon ein kleines Festmahl.
Alles in allem: lecker!