Auf ein Glas ..... 2009 La Source, Ferraton, St. Joseph
Verfasst: Di 14. Aug 2012, 08:58
So, nun haben wir doch noch Sommer! Ist das nicht schön? Dieser wunderschöne blaue Himmel, nur ein paar kleine Wölkchen drauf getupft, manchmal geht ein kleiner kühler Hauch, bevor die Sonne zu drückend wird. Und es ist wohlig warm, aber nicht zu heiß (und noch nicht schwül).
Jaaaa, aber… höre ich schon. Im Büro ist es stickig drückend und man darf über Nacht das Fenster nicht gekippt lassen, wegen der Versicherung. Und im Zug, im Zug ist es unerträglich, Raubtiertransport! Und dann erst die Mücken. Kein Auge tut man zu, wenn so ein ekelhaftes Biest kurz über dem Ohr sirrt. Und andauernd rennt einer mit dem Rasenmäher durch den Garten, immer dann, wenn man sich mal für ein halbes Stündchen in die Sonne legen will. Und im Freibad ist es zu voll und im Supermarkt ist das Mineralwasser ausverkauft.
Woran liegt es nur, dass so gerne gejammert wird? Wobei ich gar nicht in Abrede stellen will, dass jeder einzelne Grund seine Berechtigung hat. Aber: Jammern wir wirklich so gerne? Glauben wir, dass es sich nicht schickt, einfach mal etwas schön zu finden, zu genießen? oder anderen ihre Freude herzlich zu gönnen? Damit es einem nicht so geht, wie diesem Polykrates? Damit man am Ende nicht an all dem Glück und dem Spaß untergeht? Und damit der, der sich an etwas erfreut, sich gefälligst schämt, dass es ihm gut geht, während andere Menschen in überhitzen Büros schwitzen müssen, in überfüllten Bussen eingezwängt sind und nachts um ihre so bitter notwendige Nachtruhe gebracht werden. Von den Kindern in Afrika ganz zu schweigen.
Die Nörgler und Jammerer gerieren sich gerne als die überlegenen Geister. Freude, Spaß, das hat so etwas Kindliches, Naives. Kritik setzt die Fähigkeit zur Auseinandersetzung voraus, Kritik ist eine eindeutig erkennbare eigene intellektuelle Leistung und schafft es sofort, den Kritiker in den Fokus zu rücken und den simplen Freuer als naiven Geist abzustempeln, der sich nur deswegen so freut, weil er eben die gesamte Bandbreite des Problems noch nicht erfasst hat. Sonst würde er niemals einfach so begeistert und vergnügt berichten. Merke: freuen kann sich jeder ohne jede intellektuelle Anstrengung, dazu muss man nur beide Mundwinkel langsam in Richtung Ohr bewegen.
Da sitzt man abends auf der inzwischen wunderbar temperierten Terrasse und trinkt ein Glas Wein, ein richtig feines, und berichtet freudig drüber z.B. auf facebook oder google+, in Foren oder Chats. Und was kommt als Reaktion? "Ach Bordeaux, na ja, Bordeaux ist doch vollkommen überbewertet, aber wer's sich leisten kann. Und bei dem Wetter doch eher Riesling. Überhaupt passt zu allem eh am besten Riesling, da kommen die anderen Weine doch gar nicht dran. Und nur ein fünfter Cru?" Ja, nee, is klar – wie konnte man nur (wobei im Falle Riesling die Reaktionen ja nur in der Form nicht aber in der grundsätzlichen Aussage unterschiedlich gewesen wären).
Zu diesem Thema gibt es wunderbare Betrachtungen des Amerikaners Eric T. Hansen "Die deutsche Lust am Nörgeln", die er unter der lakonischen Feststellung subsumiert "Nobody nörgels better!"
Und damit mir jetzt niemand kommt und mir meine Freude an dem wunderbaren Wein, den ich letztens unter dem großen Fliederbaum genossen hab, kaputt macht, mach ich das in voraus eilendem Gehorsam selber, nicht dass man mich für naiv und leicht zu beeindrucken hält.
2009 La Source
Ferraton Père et Fils, St. Joseph
oh Mann, schon wieder Frankreich. Kannst Du nicht mal was anderes trinken, immer Frankreich. Die sind vollkommen überschätzt und überteuert sowieso. Für das Geld bekommst Du in der Pfalz schon richtig tolle Spätlesen.
Also da wäre ein Riesling wirklich angemessener, so eine Rieslingmineralik an diese Vielschichtigkeit da kommt doch sowieso kein anderer Wein ran. Ja und dann diese Pfirsicharomatik, wenn ein Wein nach Pfirsich duften und schmecken darf, dann ist das ja wohl ein Riesling und der hat dann noch so fein ziselierte Noten von Birne, vielleicht Apfel und frischen Wiesenkräutern? Aber der hier? Nix Birne. Stachelbeere! Und Stachelbeere, bitte gerne bei Sauvignons, aber doch nicht bei Rhôneweinen (die ja bekanntermaßen sowieso vollkommen überschätzt sind, im allgemeinen, Ferraton im Besonderen sowieso), da hat Stachelbeere nichts verloren. Und dann auch noch diese exotischen Fruchtnoten, Mango, Litchi – was soll das denn?
Und was sind das für Rebsorten? Roussane und Marsanne? Ah ja, na ja wer's braucht. Vanille? Klar, natürlich, wahrscheinlich vollkommen überholztes Zeugs, aber damit kann man die Leute eben beeindrucken. Wohingegen Riesling, der hat das nicht nötig, aber der erschließt sich eben auch nicht jedem – aber liebe susa, das lernst Du auch noch. Einen guten, recht langen Abgang hat der? so so, wenn Du meinst…
Besser so? Wenig genug gefreut? Schlecht genug gemacht? Dann ist's ja gut. Obwohl gut? Gut sollte man eher nicht sagen, das klingt so positiv, so unreflektiert.
Jaaaa, aber… höre ich schon. Im Büro ist es stickig drückend und man darf über Nacht das Fenster nicht gekippt lassen, wegen der Versicherung. Und im Zug, im Zug ist es unerträglich, Raubtiertransport! Und dann erst die Mücken. Kein Auge tut man zu, wenn so ein ekelhaftes Biest kurz über dem Ohr sirrt. Und andauernd rennt einer mit dem Rasenmäher durch den Garten, immer dann, wenn man sich mal für ein halbes Stündchen in die Sonne legen will. Und im Freibad ist es zu voll und im Supermarkt ist das Mineralwasser ausverkauft.
Woran liegt es nur, dass so gerne gejammert wird? Wobei ich gar nicht in Abrede stellen will, dass jeder einzelne Grund seine Berechtigung hat. Aber: Jammern wir wirklich so gerne? Glauben wir, dass es sich nicht schickt, einfach mal etwas schön zu finden, zu genießen? oder anderen ihre Freude herzlich zu gönnen? Damit es einem nicht so geht, wie diesem Polykrates? Damit man am Ende nicht an all dem Glück und dem Spaß untergeht? Und damit der, der sich an etwas erfreut, sich gefälligst schämt, dass es ihm gut geht, während andere Menschen in überhitzen Büros schwitzen müssen, in überfüllten Bussen eingezwängt sind und nachts um ihre so bitter notwendige Nachtruhe gebracht werden. Von den Kindern in Afrika ganz zu schweigen.
Die Nörgler und Jammerer gerieren sich gerne als die überlegenen Geister. Freude, Spaß, das hat so etwas Kindliches, Naives. Kritik setzt die Fähigkeit zur Auseinandersetzung voraus, Kritik ist eine eindeutig erkennbare eigene intellektuelle Leistung und schafft es sofort, den Kritiker in den Fokus zu rücken und den simplen Freuer als naiven Geist abzustempeln, der sich nur deswegen so freut, weil er eben die gesamte Bandbreite des Problems noch nicht erfasst hat. Sonst würde er niemals einfach so begeistert und vergnügt berichten. Merke: freuen kann sich jeder ohne jede intellektuelle Anstrengung, dazu muss man nur beide Mundwinkel langsam in Richtung Ohr bewegen.
Da sitzt man abends auf der inzwischen wunderbar temperierten Terrasse und trinkt ein Glas Wein, ein richtig feines, und berichtet freudig drüber z.B. auf facebook oder google+, in Foren oder Chats. Und was kommt als Reaktion? "Ach Bordeaux, na ja, Bordeaux ist doch vollkommen überbewertet, aber wer's sich leisten kann. Und bei dem Wetter doch eher Riesling. Überhaupt passt zu allem eh am besten Riesling, da kommen die anderen Weine doch gar nicht dran. Und nur ein fünfter Cru?" Ja, nee, is klar – wie konnte man nur (wobei im Falle Riesling die Reaktionen ja nur in der Form nicht aber in der grundsätzlichen Aussage unterschiedlich gewesen wären).
Zu diesem Thema gibt es wunderbare Betrachtungen des Amerikaners Eric T. Hansen "Die deutsche Lust am Nörgeln", die er unter der lakonischen Feststellung subsumiert "Nobody nörgels better!"
Und damit mir jetzt niemand kommt und mir meine Freude an dem wunderbaren Wein, den ich letztens unter dem großen Fliederbaum genossen hab, kaputt macht, mach ich das in voraus eilendem Gehorsam selber, nicht dass man mich für naiv und leicht zu beeindrucken hält.
2009 La Source
Ferraton Père et Fils, St. Joseph
oh Mann, schon wieder Frankreich. Kannst Du nicht mal was anderes trinken, immer Frankreich. Die sind vollkommen überschätzt und überteuert sowieso. Für das Geld bekommst Du in der Pfalz schon richtig tolle Spätlesen.
Also da wäre ein Riesling wirklich angemessener, so eine Rieslingmineralik an diese Vielschichtigkeit da kommt doch sowieso kein anderer Wein ran. Ja und dann diese Pfirsicharomatik, wenn ein Wein nach Pfirsich duften und schmecken darf, dann ist das ja wohl ein Riesling und der hat dann noch so fein ziselierte Noten von Birne, vielleicht Apfel und frischen Wiesenkräutern? Aber der hier? Nix Birne. Stachelbeere! Und Stachelbeere, bitte gerne bei Sauvignons, aber doch nicht bei Rhôneweinen (die ja bekanntermaßen sowieso vollkommen überschätzt sind, im allgemeinen, Ferraton im Besonderen sowieso), da hat Stachelbeere nichts verloren. Und dann auch noch diese exotischen Fruchtnoten, Mango, Litchi – was soll das denn?
Und was sind das für Rebsorten? Roussane und Marsanne? Ah ja, na ja wer's braucht. Vanille? Klar, natürlich, wahrscheinlich vollkommen überholztes Zeugs, aber damit kann man die Leute eben beeindrucken. Wohingegen Riesling, der hat das nicht nötig, aber der erschließt sich eben auch nicht jedem – aber liebe susa, das lernst Du auch noch. Einen guten, recht langen Abgang hat der? so so, wenn Du meinst…
Besser so? Wenig genug gefreut? Schlecht genug gemacht? Dann ist's ja gut. Obwohl gut? Gut sollte man eher nicht sagen, das klingt so positiv, so unreflektiert.