Elsass: Besuch der Domaine Albert Mann

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Budi
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Elsass: Besuch der Domaine Albert Mann

Beitrag von Budi »

Ein Artikel zu einem weiteren Weingut, dem ich im Elsass einen Besuch abstatten durfte:

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http://budisfoodblog.wordpress.com/2012 ... bert-mann/
Nachdem Josmeyer und Zind-Humbrecht ein ausführlicher Besuch abgestattet wurde, ging es weiter zu einem kleineren Weingut nach Wettolsheim.

Die Domaine Albert Mann selbst versprüht den typischsten Charme eines Weinguts, ja vielleicht handelt es sich hierbei um ein Paradeweingut, so wie jeder Tourist es im Kopf hat, wenn er an einen französischen Winzer denkt.

In einer verwinkelten Straße befindet sich das kleine Weingut, das romantisch bäuerlich wirkt und den sympathischen und natürlichen Charakter des Winzers Maurice Barthelmé unterstreicht.



Albert Mann beherbergt zur Zeit 21ha in den verschiedensten Lagen. Davon sind fünf Grand Crus und ein Clos in Monopolbesitz.

Daraus stammt der größte Teil, etwa ein Drittel, aus Rieslingtrauben. Es werden noch in etwa gleichen Anteilen Pinot Blanc Auxerrois, Pinot Gris und Gewürztraminer angebaut. Ein Zehntel der Produktion macht Pinot Noir aus.

Auch die Domaine Albert Mann geht die letzten Jahre traditionellere Wege. Im Jahr 2000 erhielt die Domaine die Ecocert-Auszeichnung und seit 2010 wird der biodynamische Status angestrebt, nachdem Jahr für Jahr jede Lage biodynamisch bewirtschaftet wurde.

Bei all der Rückbesinnung, verschließt man sich trotzdem nicht der Moderne. So werden bei Albert Mann seit 2004 diejenigen Weine, die innerhalb weniger Jahre wegen ihrer Frische und Fruchtigkeit getrunken werden sollten, mit Screwcaps ausgestattet.


Der Verkostungsraum erinnert etwas an einen Partykeller und wer Maurice Barthelmé kennenlernen durfte, kann sich auch gut vorstellen, dass hier schon ordentlich gefeiert wurde und der Wein in größeren Mengen floss.
Denn dem Elsässer, der problemlos auf Deutsch seine Weine näherbringen kann, merkt man mit jedem Wort und jeder Bewegung an, dass er aus purster Leidenschaft Weinbau betreibt und Wein genießt. Maurice Barthelmé ist sozusagen das Gegenstück zu Olivier Humbrecht, der dagegen wie eine Mischung aus Taktiker, Architekt und Wissenschaftler erscheint.




Den Beginn macht ein Pinot Noir Clos de la Faille 2010. Die etwa 1ha große Lage befindet sich im Monopolbesitz.

In der Nase hat der Wein eine leichte Rauchigkeit und Erdigkeit, die sich mit Kirscharomen mischt. Im Mund wirkt der Wein füllig und hat eine angenehme Frucht. Im Abgang erscheint mir der Wein jedoch ein wenig zu einfach. Laut Maurice kann man den jungen Wein so etwas in einem halben Jahr antrinken.

Der Pinot Noir Pfersigberg 2009 hat im Vergleich etwas mehr Fleischigkeit und einer kraftvolleren Abgang.

Beide Weine haben eine andere Stilistik als Burgunder und wollen auch gar nicht verglichen werden. Das ist gut so. Albert Mann bevorzugt bei Rotwein eine fruchtige Seite des Pinot Noirs zu zeigen und mehr Finesse ins Glas zu zaubern.



Was nach den Pinot Noirs kommt, gefällt mir schon sehr viel besser. Der Pinot Blanc Auxerrois aus 2011.

Der liebliche Wein hat Aromen von Stachelbeere, Apfel und kommt fruchtig-leicht daher. Hinzu kommt eine feine Cremigkeit. Ein idealer Sommerwein!

Mit dem Riesling Albert 2011 will uns Maurice einen Einblick ins Jahr 2011 geben, wobei er etwas zögert den Wein zu präsentieren.

Der Wein braucht ungemein Luft und wurde erst vor weniger als drei Wochen abgefüllt. Der Wein wirkt “gestresst”- hier muss man einfach noch abwarten!

Weitere Weine sind der Riesling Fürstentum (GC) 2010, der Restsüße besitzt und der Pinot Gris Fürstentum 2010.

Letzterer kann es mit exotisch-orientalisch angehauchten Gerichten, wie einer Sommer-Tajine gut aufnehmen!

Der Pinot Gris Hengst (GC) 2010 riecht nach weißem Trüffel und reifen Früchten und ist ein sehr intensiver Wein. Er besitzt eine gute Balance aus Süße und Säure, wodurch er anregend wirkt.

Mit dem Gewürztraminer Steingrubler (GC) 2008 geht es weiter mit einem Wein, der ebenfalls zu exotischen Gerichten Spaß macht. Dieser Wein passt sehr schön zu Curry mit Safran und allgemein indischer Küche. Der Wein ist rund und hat eine gut eingebundene Säure.

Noch feiner wird es, als uns der Winzer einen Gewürztraminer Fürstentum (GC) Vieilles Vignes aus 2008 ausschenkt.

Ein äußerst delikater Wein. Dabei wirkt der Wein elegant anstatt massiv. Er fällt nicht zu breit aus und hat in der Nase feinere florale Noten und eine satte Würzigkeit.

Süßweintraum Riesling Altenbourg Vendanges Tardives 2004 zaubert einen karamelligen und komplexen Wein daher, der in der Nase nach Orangeat und Zitronat riecht.Dabei bleibt das Bild frisch und lädt dazu ein, mehrere Gläser zu verkosten.

Die Lage Altenbourg befindet sich unterhalb des Grand Crus Fürstenturm.



Mit dem Riesling Schlossberg zeigt Albert Mann mein persönliches Highlight und ein wahres Kunstwerk.

Der 2010er Grand Cru Riesling Schlossberg verströmt einen feinen Duft, der zuerst an Petrol erinnert, jedoch eher einen steinigen Charakter hat und wirkt in der Nase damit noch verschlossen. Der Wein ist leicht und delikat, wirklich sehr fein und in fünf Jahren würde ich ihn sehr gerne noch einmal verkosten. Das ist übrigens ein Wein, bei dem meiner Meinung nach die Liebhaber der Großen Gewächse aus Deutschland voll auf ihre Kosten kommen.

Wo diese Reise hingehen kann, zeigt Barthelmé mit einer Flasche aus 2000.

Hier kommt eine Wucht Silex hinzu, tiefe Aromatik, Spannung. Das ergibt eine harmonisches Gesamtkonzept. Fantastisch!



Domaine Albert Mann/ 13 rue du Château / 68920 Wettolsheim/ France
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Charlie
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Re: Elsass: Besuch der Domaine Albert Mann

Beitrag von Charlie »

Habe zwar keinen aktuellen Einblick, aber es ist alles so beschrieben wie ich es auch kenne. Der Riesling Schlossberg kann tatsächlich in der Liga der großen, trockenen Rieslinge mitspielen, dort wo man sonst eher Smaragde, GGs und Saumägen vermutet. Der Gewürtztraminer Furtenthum VV ist tatsächlich eine Refrenz. Du hast mir gerade Durst auf Albert Mann gemacht. Übrigens die Lagen:
http://weinlagen-info.de/#lage_id=2197
http://weinlagen-info.de/#lage_id=2167
http://weinlagen-info.de/#lage_id=2221

Und ja, Maurice kann feiern!
C9dP
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Re: Elsass: Besuch der Domaine Albert Mann

Beitrag von C9dP »

Ich hatte den Schlossberg 2010 vor einigen Wochen gegen GG und Smaragde aus 2010 getrunken. Ich fand den auch gut, aber gegen den 2010er Schlossberg von Breuer, das Halenberg GG von E-S und Keller Hubacker GG sowie Hochrain Smaragd von Rudi Pichler und den Achleiten von Prager konnte der definitiv nicht an. Gerade mit Luft bauten die deutschen und österreichischen Rieslinge deutlich mehr aus und entwickelten allesamt sauberere Aromen und mehr Klarheit, während der Schlossberg von Mann doch etwas diffus wurde.

Ich würde den eher neben den Zweitweinen der Spitzenerzeuger einordnen.
Viele Grüße

Aloys
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Herr S.
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Re: Elsass: Besuch der Domaine Albert Mann

Beitrag von Herr S. »

Hallo zusammen,

Auch wenn der Bericht ein wenig spät kommt wollte ich doch noch ein wenig zu unserem diesjährigen Besuch bei der Domaine Albert Mann erzählen. Auf dem Weg ins Jura lag die Domaine Albert Mann nämlich rein zufällig auf unserem Weg. Dort habe ich mich eingedeckt um zwei Wochen gutes Wetter mit den entsprechenden Weißweinen zu verbringen. Für den einen, eingeplanten, kalten Tag wurde zudem eine halbe Flasche Pinot Noir Grand H aus 2008 erworben.
Wie das Leben so spielt waren die ersten 4 tage des Zeltens aber verregnet, was meine Lust auf Weißwein ungemein minderte. Stattdessen hielt ich mich an diverse regionale Biere der Brasserie Terra Comtix, Brasserie La Rouget de L'isle sowie diversen belgischen Erzeugnissen. Aber irgendwann wurde das Wetter besser und spätestens am ersten Nachmittag am See musste die erste Flasche dran glauben. Praktischerweise fungierte der See gleichzeitig als Weinkühler. Vom Wanderweg aus ist die Flasche nicht zu sehen ...

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... doch liegt sie gut gekühlt und normalerweise unter Steinen im Wasser.

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Es gibt schlimmere Plätzchen für ein Glas Wein.

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Auf dem Foto haben wir den Pinot blanc Auxerrois aus 2011. So lieblich wie Du, Budi, habe ich den Wein nicht gesehen. Klar, bedingungslos trocken geht anders aber wirklich süß wirkte der Wien auf mich auch nicht. Und ja, der Wein ist klasse, fein cremig mit Aromen von reifem Apfel, Johannisbeerstrauch und Stachelbeere. Einfach saugut zu trinken.
Ebenfalls gut der Muscat aus 2011 mit seinen typischen Muscat-Aromen. Hatte am Gaumen eben genug Säure um nicht laff zu wirken. Allerdings gibt es trockenen Muscat gleicher Qualität ebenfalls in der pfälzischen Wahlheimat bei Zelt oder Wageck-Pfaffmann und das z.T. deutlich billiger.

Ein echter Kracher war aber der Riesling Schlossberg GC aus 2007 aus der halben Flasche. Dieser Wein zeigte sich in einem ersten Reifestadium und zwar offen wie ein Scheunentor. Alleine die Nase war Weltklasse mit reifer Aprikosenfrucht, etwas trockenem Heu, frisch geschnittenen Wiesenkräutern und regenfeuchten Kieselsteinen. Am Gaumen dann ebenso großes Kino. Zu den o.g. Aromen gesellten sich ein feine Mineralität und Säure. Dadurch wirkte der Wein immer noch ungemein frisch aber trotzdem cremig. 94 Punkte habe ich für dieses Tolle Weinerlebnis vergeben. Da konnte die halbe Flasche des Pinot noir Grand H aus 2008 nicht ganz mithalten. Klar ist, daß dieser Wein einen der besten elsässischen Pinots darstellt. 91 Punkte waren hier im Glas. Allerdings hätte dem Wein ein Jahr mehr Reife bestimmt gut getan. Die feine Beerenfrucht war schon sehr schön da und auch Unterholz ließ grüßen. Am Gaumen war die Säure zwar schon gut integriert aber zusammen mit dem minimal galligen Nachgeschmack zeigte sich auch noch ein gewisses Entwicklungspotential hinsichtlich der Aromatik. Nichtsdestotrotz, auch dieser Wein wusste zu überzeugen.

Fazit: Gelungener Urlaub mit mehr Bier als Wein und die Domaine Albert Mann ist immer wieder einen Besuch wert. Mit Maurice Barthelme habe ich wunderbar über biodynamischen Weinbau philosophiert, seine Einstellung zu dieser Bewirtschaftungsweise ist klasse, pragmatisch ohne jeden Hokuspokus oder esotherischen Firlefanz.
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UlliB
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Re: Elsass: Besuch der Domaine Albert Mann

Beitrag von UlliB »

Herr S. hat geschrieben: Ein echter Kracher war aber der Riesling Schlossberg GC aus 2007 aus der halben Flasche. Dieser Wein zeigte sich in einem ersten Reifestadium und zwar offen wie ein Scheunentor. Alleine die Nase war Weltklasse mit reifer Aprikosenfrucht, etwas trockenem Heu, frisch geschnittenen Wiesenkräutern und regenfeuchten Kieselsteinen. Am Gaumen dann ebenso großes Kino. Zu den o.g. Aromen gesellten sich ein feine Mineralität und Säure. Dadurch wirkte der Wein immer noch ungemein frisch aber trotzdem cremig. 94 Punkte habe ich für dieses Tolle Weinerlebnis vergeben.
Ha, witzig. Ich hatte genau diesen Wein vor rund zwei Stunden bei einem größeren Geschäftsessen im Glas, allerdings aus Normalflaschen. Von "offen wie ein Scheunentor" konnte man da nicht einmal annähernd reden; in der Nase sehr zurückhaltend, im Gaumen straff, herb, fest, eher abweisend. Zum Essen durchaus ok, ansonsten ziemlich unbeeindruckend. Vermutlich zum falschen Zeitpunkt erwischt.

Gruß
Ulli
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Herr S.
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Re: Elsass: Besuch der Domaine Albert Mann

Beitrag von Herr S. »

Hallo Ulli,

das ist wirklich interessant. Ich hatte einen kleinen Dekanter etc. bereitgestellt und früh entkorkt denn auch ich dachte, daß der Wein zumindest viel Luft braucht. Pustekuchen. Schade, daß Du ihn nicht so gut im Glas hattest.

Viele Grüße,
Björn
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UlliB
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Re: Elsass: Besuch der Domaine Albert Mann

Beitrag von UlliB »

Herr S. hat geschrieben: das ist wirklich interessant. Ich hatte einen kleinen Dekanter etc. bereitgestellt und früh entkorkt denn auch ich dachte, daß der Wein zumindest viel Luft braucht. Pustekuchen. Schade, daß Du ihn nicht so gut im Glas hattest.
Macht nichts, ich habe ihn ja nicht bezahlt :D

Vielleicht wäre der Wein auch besser geworden, wenn er länger Zeit gehabt hätte. Hier war es nur für die Dauer von Vorspeise und erstem Gang, danach gab es Rotwein. Dass es sich um ein Flaschenproblem handelt, kann ich aber ausschließen - es wurden mehrere Flaschen aufgemacht, und mein zweites Glas kam aus einer anderen Flasche als das erste, zeigte sich aber ansonsten gleich.

Vielleicht war es tatsächlich das Phänomen Halbflasche vs. ganze Flasche?

Gruß
Ulli
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