Auf ein Glas ..... 2001 Château Gazin
Verfasst: Di 10. Apr 2012, 08:35
Es ist verdächtig ruhig an der Bordeauxfront.
Wenn ich da an vergangene Jahre denke, vor allem als der 2009er in die Verkostungen kam, wie haben wir alle gebannt vor den Geräten gehangen, jede neue Notiz gierig in uns aufgesogen, Budgets rauf- und runtergerechnet, bestellt, mehr als wir eigentlich vorhatten (von sehr disziplinierten Charakteren vielleicht abgesehen).
2010 haben wir uns dann geärgert, nix da, dass 2009 einmalig herausragend war, nein 2010 war genauso groß oder noch besser. Aber ich habe meinen Vorsatz, das was ich in 2009 zu viel ausgegeben habe, in 2010 wieder einzusparen, gnadenlos wahr gemacht. Als ob bei der Arrivage kein Wein mehr da wäre und ob der da noch mal teurer wird, das bleibt erst mal abzuwarten. Und andere Mütter haben auch schöne Söhne bzw. andere Gebiete haben auch feine Weine, ich hab mich doch letztens sogar sehr intensiv mit dem Thema Italien befasst.
Und jetzt haben wir 2011. Dank Internet konnten wir das ganze Jahr über die Wetterverläufe im Bordelais verfolgen und mit den Vorjahren vergleichen und wenn das wieder ein niemals geahnter hervorragender Jahrgang werden würde, so war jedem klar, dann stimmt doch was nicht. Und wenn ihnen gar nichts mehr einfällt, dann rufen sie eben ein Sauternesjahr aus. Sollen sie uns mal, langsam wird's lächerlich. Und die sind auf unsereins sowieso nicht angewiesen. Pffff!
Natürlich kreist dennoch mindestens an jedem zweiten Tag die altbekannte Diskussion hier im Hause mit verteilten Rollen:
Herr susa: Nee, ich mach das nicht mehr mit mit den Bordeaux, die soll ein anderer kaufen, überleg mal was man an der Rhône für 50€/Flasche noch alles kriegt, – nichts mach ich dieses Jahr, GAR NICHTS!
susa: Hast ja recht, aber vielleicht wenigstens EINE Kiste, so 4x3 Werte
Herr susa: das ist doch kein Wein der Welt mehr wert, damals haben wir nen Pontet Canet noch für 25€/Flasche bekommen
susa: aber ein Léoville Barton sollte doch noch drin sein, oder Poyferré (wagt erst gar nicht, das Wort Figeac auszusprechen)
Herr susa: Nein, das geht mir jetzt ums Prinzip und irgendwann muss die Blase doch mal platzen, das geht doch so nicht weiter
susa: hast ja recht (denkt: Gar nichts? Wirklich gar nichts? Keine eine Flasche? Wirklich?)
Herr susa: Vielleicht kauf ich bei der Arrivage was, aber dieses Jahr setz ich aus
susa: Gute Idee, ich glaub eh nicht, dass die bei der Arrivage noch mal teurer werden, also lass uns einfach abwarten
Herr susa: vielleicht ein paar Flaschen Großformate
susa: damit können wir doch auch warten, oder?
Herr susa: lies mal bei ... (hier beliebigen Namen einsetzen), rechte Seite soll ja doch ganz gut sein und Pontet Canet sowieso, wobei die auch nicht wissen, was sie wollen, rechte Seite soll gut sein, aber es ist eindeutig kein Merlotjahr
susa: ja dann können wir ja vielleicht eine Kiste... Figeac hat ja nie so viel Merlot drin
Herr susa:.. und außerdem haben wir noch 1500 Flaschen Bordeaux im Keller, überleg mal, wann wir die alle trinken sollen, wir werden auch nicht jünger …..
*seufz
Hat ein bisschen was vom Ende einer langjährigen glücklichen Beziehung. So richtig mag man es noch nicht glauben, dass die/der Geliebte sich einem anderen Partner zuwendet, dass man nicht wichtig ist. Man soll "gute Freunde" bleiben, aber jetzt braucht der Partner erst mal Abstand, will etwas Neues probieren, das Neue ist erfolgversprechend, sexy und wichtig - und eben ..... neu! Die treuen alten Kunden sind ungefähr so spannend wie der hüftlahme Vorstehhund, der für die Jagd nicht mehr taugt und der noch freundlicherweise ein Gnadenbrot bekommt und nun mit sehnsüchtigem Blick hinterher schaut, wenn Herrchen nun mit dem jungen knackigen Kollegen in den Wald zieht. Und er nagt wehmütig am alten Knochen.
Aber Bangemachen gilt nicht und sich über verschüttete Milch aufzuregen macht den Becher auch nicht mehr voll.
Ostern sind wir in den Keller gestiegen und haben mal in den alten Schätzen gesucht. Wer will schon einen fragwürdigen 2011 subskribieren, wenn er den hier findet
2001 Château Gazin
Pomerol
eindeutig einer der besten Jahrgänge, den das Château herausgebracht hat. Schon der Duft, der beim Korkenziehen in die Nase steigt, betört und man möchte erst mal gar nicht trinken sondern nur weiter schnuppern und alle diese feinen Aromen aufnehmen, diese feinwürzige Holznote, die nach edler Zigarrenkiste duftet, Cassis, Kirsche, Vanille, Sojasauce, Schokolade, Gewürze, es scheint als ob es gar nicht aufhören will. Und dann der erste Schluck, seidig elegant, feines Tannin, nun auch Raucharomen, wiederum zarte Beerenfrucht, Bitterschokolade, ein wenig Teer, und dann der Abgang, lang und fein schwingend, mehr filigran als kraftvoll. So was muss der 2011er erst mal bringen.
Prost!
Wenn ich da an vergangene Jahre denke, vor allem als der 2009er in die Verkostungen kam, wie haben wir alle gebannt vor den Geräten gehangen, jede neue Notiz gierig in uns aufgesogen, Budgets rauf- und runtergerechnet, bestellt, mehr als wir eigentlich vorhatten (von sehr disziplinierten Charakteren vielleicht abgesehen).
2010 haben wir uns dann geärgert, nix da, dass 2009 einmalig herausragend war, nein 2010 war genauso groß oder noch besser. Aber ich habe meinen Vorsatz, das was ich in 2009 zu viel ausgegeben habe, in 2010 wieder einzusparen, gnadenlos wahr gemacht. Als ob bei der Arrivage kein Wein mehr da wäre und ob der da noch mal teurer wird, das bleibt erst mal abzuwarten. Und andere Mütter haben auch schöne Söhne bzw. andere Gebiete haben auch feine Weine, ich hab mich doch letztens sogar sehr intensiv mit dem Thema Italien befasst.
Und jetzt haben wir 2011. Dank Internet konnten wir das ganze Jahr über die Wetterverläufe im Bordelais verfolgen und mit den Vorjahren vergleichen und wenn das wieder ein niemals geahnter hervorragender Jahrgang werden würde, so war jedem klar, dann stimmt doch was nicht. Und wenn ihnen gar nichts mehr einfällt, dann rufen sie eben ein Sauternesjahr aus. Sollen sie uns mal, langsam wird's lächerlich. Und die sind auf unsereins sowieso nicht angewiesen. Pffff!
Natürlich kreist dennoch mindestens an jedem zweiten Tag die altbekannte Diskussion hier im Hause mit verteilten Rollen:
Herr susa: Nee, ich mach das nicht mehr mit mit den Bordeaux, die soll ein anderer kaufen, überleg mal was man an der Rhône für 50€/Flasche noch alles kriegt, – nichts mach ich dieses Jahr, GAR NICHTS!
susa: Hast ja recht, aber vielleicht wenigstens EINE Kiste, so 4x3 Werte
Herr susa: das ist doch kein Wein der Welt mehr wert, damals haben wir nen Pontet Canet noch für 25€/Flasche bekommen
susa: aber ein Léoville Barton sollte doch noch drin sein, oder Poyferré (wagt erst gar nicht, das Wort Figeac auszusprechen)
Herr susa: Nein, das geht mir jetzt ums Prinzip und irgendwann muss die Blase doch mal platzen, das geht doch so nicht weiter
susa: hast ja recht (denkt: Gar nichts? Wirklich gar nichts? Keine eine Flasche? Wirklich?)
Herr susa: Vielleicht kauf ich bei der Arrivage was, aber dieses Jahr setz ich aus
susa: Gute Idee, ich glaub eh nicht, dass die bei der Arrivage noch mal teurer werden, also lass uns einfach abwarten
Herr susa: vielleicht ein paar Flaschen Großformate
susa: damit können wir doch auch warten, oder?
Herr susa: lies mal bei ... (hier beliebigen Namen einsetzen), rechte Seite soll ja doch ganz gut sein und Pontet Canet sowieso, wobei die auch nicht wissen, was sie wollen, rechte Seite soll gut sein, aber es ist eindeutig kein Merlotjahr
susa: ja dann können wir ja vielleicht eine Kiste... Figeac hat ja nie so viel Merlot drin
Herr susa:.. und außerdem haben wir noch 1500 Flaschen Bordeaux im Keller, überleg mal, wann wir die alle trinken sollen, wir werden auch nicht jünger …..
*seufz
Hat ein bisschen was vom Ende einer langjährigen glücklichen Beziehung. So richtig mag man es noch nicht glauben, dass die/der Geliebte sich einem anderen Partner zuwendet, dass man nicht wichtig ist. Man soll "gute Freunde" bleiben, aber jetzt braucht der Partner erst mal Abstand, will etwas Neues probieren, das Neue ist erfolgversprechend, sexy und wichtig - und eben ..... neu! Die treuen alten Kunden sind ungefähr so spannend wie der hüftlahme Vorstehhund, der für die Jagd nicht mehr taugt und der noch freundlicherweise ein Gnadenbrot bekommt und nun mit sehnsüchtigem Blick hinterher schaut, wenn Herrchen nun mit dem jungen knackigen Kollegen in den Wald zieht. Und er nagt wehmütig am alten Knochen.
Aber Bangemachen gilt nicht und sich über verschüttete Milch aufzuregen macht den Becher auch nicht mehr voll.
Ostern sind wir in den Keller gestiegen und haben mal in den alten Schätzen gesucht. Wer will schon einen fragwürdigen 2011 subskribieren, wenn er den hier findet
2001 Château Gazin
Pomerol
eindeutig einer der besten Jahrgänge, den das Château herausgebracht hat. Schon der Duft, der beim Korkenziehen in die Nase steigt, betört und man möchte erst mal gar nicht trinken sondern nur weiter schnuppern und alle diese feinen Aromen aufnehmen, diese feinwürzige Holznote, die nach edler Zigarrenkiste duftet, Cassis, Kirsche, Vanille, Sojasauce, Schokolade, Gewürze, es scheint als ob es gar nicht aufhören will. Und dann der erste Schluck, seidig elegant, feines Tannin, nun auch Raucharomen, wiederum zarte Beerenfrucht, Bitterschokolade, ein wenig Teer, und dann der Abgang, lang und fein schwingend, mehr filigran als kraftvoll. So was muss der 2011er erst mal bringen.
Prost!