Ist der Wein gut? Keine Ahnung, hab ihn noch nicht getrunken, aber er hat 94 Parkerpunkte. Und wieso hat der Parker ihm so viele Parkerpunkte gegeben? Keine Ahnung, aber er kann ja schlecht Robinson- oder Gabrielpunkte verteilen, gelle?
Strategiemeeting in einem international agierenden Unternehmen, die unausgesprochene Regel besagt: Wer die erste Zahl auf den Tisch legt, hat gewonnen! Und sei sie noch so falsch, schlecht recherchiert oder auf einem simplen Rechenfehler basierend. Dem nächsten, der sich nach kurzer Schrecksekunde meldet "bei allem Respekt, Herr Kollege, aber das kann so nicht stimmen, weil Rhabarbersalbader ….", hat nur noch die undankbare Nebenrolle des nörgelnden Gesinnungskrokodils. Sollte die Argumentation des Krokodils allzu schlagend sein, kann der Erstzahlennenner noch schnell "Korrelationskoeffizient" und "Signifikanzbedingung" in den Raum werfen, alle schweigen betreten und der Chef kann nicht umhin, beeindruckt zu sein. Die Juniormanager googeln auf ihren Smartphones "Korrelationskoeffizient" und geben entnervt auf. Dabei kann man etwa 99% aller in der Betriebswirtschaft benötigten Zahlen mittels des einfachen Lösungsverfahrens für Proportionalaufgaben ermitteln, vulgo: Dreisatz.
Das Zahlennennen hat übrigens nur den einen Grund, nämlich eine (betriebswirtschaftliche) Entscheidung herbeizuführen oder eine These zu beweisen, für die keine rechte Begründung herbeigezaubert werden kann (die Sache mit den Fliegen, die nicht irren...). Logische, strategische Argumente, Mut zum unternehmerischen Risiko – damit kann man heutzutage kein Unternehmen mehr leiten, Zahlen müssen her, ohne ROI keine Investitionsentscheidung. Und dabei beherrscht jeder Junior Controller im ersten Praktikumsjahr schon das Ermitteln der Kapitalrendite von hinten nach vorne, also die Beantwortung der Frage: Welche Rahmenbedingungen müssen erfüllt sein, damit eine Investition im Wert von X innerhalb eines Zeitraumes Y eine Kapitalrendite von Z erwirtschaftet. Ob die Bedingungen eintreten, kann sowieso niemand voraussagen, man ist schließlich Manager und kein Hellseher.
In Weinkreisen sind natürlich Statistiken über den Weinkonsum sehr beliebt, z.B. die Untersuchung, in welchem Land der Welt der größte Weinkonsum vorliegt (hatten wir ja auch schon mal hier im Forum). Es ist der Vatikan, der übrigens auch in der Statistik über die Kleinkriminalität in Europa einen der vorderen Plätze belegt, also die heilige Stätte scheint Taschendiebe und Trickbetrüger nicht von ihrem unseligen Tun abzuhalten. Dafür ist nachgewiesenermaßen die Rate der Ehescheidungen eher vernachlässigbar. Ein gewiefter Statistiker verbindet diese Fakten nun elegant und weist nach, dass ein erhöhter Alkoholkonsum ehestabilisierend wirkt, den Hang zu Diebstählen aber beflügelt. Voilà – q.e.d. Wahrscheinlich ist für den unbesorgten Weinkonsum auch relevant, dass im Vatikan das Führen eines Fahrzeuges unter Alkoholeinfluss eine eher untergeordnete Rolle spielt, mit Ausnahme für den Fahrer des Papamobils, aber der fällt wohl statistisch nicht ins Gewicht. Und dass der Anteil an Kindern und Säuglingen, die ansonsten ja den statistischen Wert immer etwas nach unten korrigieren, auch nicht gerade dem globalen Durchschnitt entspricht.
Mindestens so interessant wie der Weinkonsum des Vatikanstaates ist der Platz zwei, die Norfolk Inseln, die immerhin zweiter beim Weintrinken sind. Wahrscheinlich ist der Bierkonsum dort auch nicht geringer, aber das habe ich jetzt auf die Schnelle nicht mehr recherchiert, mich aber gefragt wieso ausgerechnet so ein australisches Archipel ohne nennenswerten eigenen Weinbau dem Wein dermaßen zuspricht. Wahrscheinlich ist er dort weniger stark besteuert als andere Alkoholika.
Eine Analyse der überwiegend hier im Forum vorgestellten Weine zeigt übrigens eine eindeutige Vorherrschaft französischer und deutscher Weine, insbesondere deutscher Rieslinge und Bordeaux. Was das nun aussagt? Keine Ahnung! Aber diese Analyse wird mit Sicherheit die Anhänger der nicht favorisierten Weine auf den Plan rufen, um ihre bevorzugten Getränke in ein besonderes Licht zu rücken.
Dann will ich, obwohl eindeutig zur Frankreich-im-Allgemeinen-und-Bordeaux-im-Besonderen-Fraktion zuzurechnen heute mal eine Lanze für einen anderen Wein brechen und zwar einen Portugiesen. Immerhin steht Portugal mit Platz 7 auch noch unter den Top Ten der weinkonsumierenden Nationen und damit weit vor Deutschland, das es da nur auf einen eher enttäuschenden 27. Platz bringt, also Weltmeister im Weintrinken werden wir wohl nicht mehr.
Denn heute ist Frühlingsanfang, genau seit 6:17 Uhr MEZ, und der Tag scheint sich bisher anzustrengen, uns dazu auch das passende Wetter zu liefern. Da die Niederschlagsmengen im Monat März bisher unter den langjährigen Mittelwerten lagen, ist sicher davon auszugehen, dass sie das heute auch tun werden. Und da kann man, windgeschützte und sonnenzugeneigte Position vorausgesetzt, heute Nachmittag schon mal ein Gläschen im Freien wagen und die winterweiße Haut langsam an die Sonne gewöhnen.
Dazu trinke ich dann gerne einen Wein, der schon ein wenig an Urlaub, Sonne und seidige Luft denken lässt, zum Beispiel hier den
2010 Evel Branco
Real Companhia Velha, Douro
aus den autochthonen Rebsorten Moscatel Galego, Viosinho, Arinto und Fernao Fires. Er ist von hellgoldgelber Farbe und duftet zart floral und kräftig nach Zitrusfrüchten vor allem nach Grapefruit und Limette, aber auch Melone und Mango, am Gaumen saftig, sogar ein wenig Schmelz und angenehme leicht knackige Säure, mittellanger Abgang, mit 13.5 vol% Alkohol ein durchaus kräftiger Bursch, ein ordentlicher Aperitifwein. Dazu ein paar Oliven, ein paar Blätterteigstangen oder OLivenölcräcker, vielleicht noch ein paar Hartwurstscheiben, so kann man sich den Hunger bis zum Abendessen gut vertreiben. Auch zum gegrillten Fisch oder Pasta mit Meeresfrüchten ist er ein feiner Begleiter.
Alles in allem, ein einfacher frischer kräftiger Wein mit sehr ordentlichem Preis-Leistungs-Verhältnis, immerhin kostet er nur so zwischen 7.00 und 8.00 Euro (ja natürlich gibt es für diesen Preis auch sehr ordentliche Rieslinge

Prost!