Auf ein Glas ..... 1985 Mouton Rothschild
Verfasst: Di 3. Jan 2012, 09:19
Es war ein wunderbarer Abend. Die Tischgesellschaft saß satt und zufrieden um den Tisch, Speisen und Getränke waren vorzüglich gewesen. Die Gastgeber hatten ein wunderbares Menü gezaubert, begleitet von exzellenten Weinen, Mocca und Konfekt. Nun wurden die kubanischen Zigarren ausgepackt begleitet von einem alten Single Malt oder wer es etwas lieblicher mochte, einer Chartreuse.
Leise Jazzmusik im Hintergrund, man begann das Philosophieren, der Alkohol beflügelte den Geist, die Bonmots wurden geistreicher, die Stimmung stieg.
Nach einer weiteren Stunde wurde der Zungenschlag etwas langsamer, dafür breitete sich ungezügelte Heiterkeit aus.
"Sag mal" begann Freund Frieder "Du hast doch so richtig teure Weine im Keller. So welche, die ein paar hundert Euro kosten!"
"Ja" in die Antwort des Gastgebers mischte sich Zurückhaltung mit Stolz.
"Und wie ist das? Schmeckt man den Unterschied? Schmecken die wirklich besser?"
Das hätte er besser nicht gefragt. Die als Wein vernarrt bekannten Gastgeber überschlugen sich fast, die Faszination eines großen Weines zu beschreiben und dass man sich irgendwann von der Relation Preis-Qualität lösen müsse und es eher darum ging, was es einem persönlich wert sei, derartige Preziosen zu besitzen und zu kosten.
"Würd ich ja auch mal gerne probieren, so was!"
Und so kam es, wie es kommen musste, der Gastgeber wollte sich nicht nachsagen lassen, dass er sich lumpen lasse. Also ab in den Keller und dann die Überlegung, was er denn als Beweis seiner Thesen anbieten könne. Gut, dann sollte es eben ein Mouton Rothschild sein, der Name zieht doch immer.
1985 Mouton Rothschild
Pauillac
Die Flasche wurde entkorkt, der Korken widersetzte sich den vielleicht dem vorangegangen Alkoholgenuss geschuldeten eher grobmotorischen Öffnungsversuchen und zerbröselte.
"Das scheint ja nun nicht gerade ein Qualitätskorken zu sein." tönte es aus dem Esszimmer.
Der Wein wurde durch ein Sieb in die Karaffe gegeben und ruhte majestätisch dunkel granatrot funkelnd mit ganz leicht bräunlichen Rand.
"Das ist also ein Mouton!"
Die Gastgeberin fühlte sich ein wenig wie in dem Märchen mit dem neuen Kleidern des Kaisers und erwartete jeden Moment, dass jemand aufsprang und sagte "nun, das ist doch nur ein Rotwein!" aber es breitete sich andächtiges Schweigen aus.
Der Bedeutung des Augenblicks geschuldet wurden frische Gläser ausgegeben und die Gastgeberin verbat sich jeden Gedanken daran, dass das nun weitere acht Gläser zum Handspülen wären.
Alle senkten andächtig ihre Nasen in die Gläser und versuchten den filigranen Aromen nachzuspüren.
"Hmm ja doch"
"Fein fein"
"Aaaa-ha!"
Ein objektiver Beobachter hätte als erstes angemerkt, dass der Wein erstens viel zu kalt war, aus dem 15° kalten Keller direkt in die Karaffe und dass man ihm zweitens so ein bisschen Luft und Zeit sicher hätte gönnen können. Und ob die Zungen nach vielerlei Weinen (Deutschland, Spanien, Rhône), Kaffee, Whisky, Likör und Zigarre noch in der Lage waren, überhaupt noch differenziert Aromen wahrzunehmen.
Aber der gute Wille stand für die Tat. Das war ein großer Wein, oder wenigstens ein berühmter, dem gebührte Aufmerksamkeit und Respekt.
Die Gläser wurden langsam und andächtig geleert, die Gespräche ebbten ab, es war schon spät, die Gäste erhoben sich, bedankten sich für einen wunderbaren Abend und bestiegen das wartende Taxi.
Die Gastgeber blieben allein zurück am abgegrasten Tisch, die meisten Kerzen heruntergebrannt, die Deckenlampe angezündet wie nach einem Konzert, wenn das das Saallicht hell und unbarmherzig brennt und die Künstler unwiderruflich in der Garderobe verschwunden sind, keine Chance auf ein weiteres da capo.
"Ich hätt's nicht machen sollen!" meinte der Gastgeber "der war zu kalt, der braucht noch Luft, das war eigentlich eine Schande!"
Gemeinsam wurde der Tisch angeräumt, die Spülmaschine gefüllt, Töpfe und Pfannen geputzt, die Gläser vorgespült und die Küche verbracht, das Esszimmer wieder in einen bewohnbaren Zustand gebracht, ordentlich gelüftet, um dem Zigarrenrauch Herr zu werden.
Und dann setzten sich Gastgeber und Gastgeberin noch zu einem letzten Glas zusammen (wieder zwei frische Gläser, aber da kommt es jetzt auch schon nicht mehr drauf an).
Der Wein hatte nun fast zwei Stunden in der Karaffe geruht und langsam etwas mehr Temperatur angenommen. Und die beiden waren fast schon wieder nüchtern.
Und nun konnten sie den Zauber des Weines erfahren.
"Jetzt hätten die den mal trinken sollen!"
"Der größten einer ist er sicher nicht, aber ein klassischer, ein feiner Mouton!"
Langsam stieg ein feiner Duft nach dunklen Beeren in die Nase, die klassische Graphitnote, die so typisch für diesen Wein ist, Kaffee, klare geschliffene Struktur, festes gut verwobenes Tannin, durchaus tiefgründig, elegant und ein recht langer Abgang. Ein wunderbarer klassischer Pauillac mit den festen erdig-mineralischen sehr maskulinen Noten, Gewürze, Leder, Rauch.
"Das kann man nicht erklären, das muss man fühlen!" sagte der Gastgeber. "Noch mal lass ich mich auf so was nicht ein!"
Leise Jazzmusik im Hintergrund, man begann das Philosophieren, der Alkohol beflügelte den Geist, die Bonmots wurden geistreicher, die Stimmung stieg.
Nach einer weiteren Stunde wurde der Zungenschlag etwas langsamer, dafür breitete sich ungezügelte Heiterkeit aus.
"Sag mal" begann Freund Frieder "Du hast doch so richtig teure Weine im Keller. So welche, die ein paar hundert Euro kosten!"
"Ja" in die Antwort des Gastgebers mischte sich Zurückhaltung mit Stolz.
"Und wie ist das? Schmeckt man den Unterschied? Schmecken die wirklich besser?"
Das hätte er besser nicht gefragt. Die als Wein vernarrt bekannten Gastgeber überschlugen sich fast, die Faszination eines großen Weines zu beschreiben und dass man sich irgendwann von der Relation Preis-Qualität lösen müsse und es eher darum ging, was es einem persönlich wert sei, derartige Preziosen zu besitzen und zu kosten.
"Würd ich ja auch mal gerne probieren, so was!"
Und so kam es, wie es kommen musste, der Gastgeber wollte sich nicht nachsagen lassen, dass er sich lumpen lasse. Also ab in den Keller und dann die Überlegung, was er denn als Beweis seiner Thesen anbieten könne. Gut, dann sollte es eben ein Mouton Rothschild sein, der Name zieht doch immer.
1985 Mouton Rothschild
Pauillac
Die Flasche wurde entkorkt, der Korken widersetzte sich den vielleicht dem vorangegangen Alkoholgenuss geschuldeten eher grobmotorischen Öffnungsversuchen und zerbröselte.
"Das scheint ja nun nicht gerade ein Qualitätskorken zu sein." tönte es aus dem Esszimmer.
Der Wein wurde durch ein Sieb in die Karaffe gegeben und ruhte majestätisch dunkel granatrot funkelnd mit ganz leicht bräunlichen Rand.
"Das ist also ein Mouton!"
Die Gastgeberin fühlte sich ein wenig wie in dem Märchen mit dem neuen Kleidern des Kaisers und erwartete jeden Moment, dass jemand aufsprang und sagte "nun, das ist doch nur ein Rotwein!" aber es breitete sich andächtiges Schweigen aus.
Der Bedeutung des Augenblicks geschuldet wurden frische Gläser ausgegeben und die Gastgeberin verbat sich jeden Gedanken daran, dass das nun weitere acht Gläser zum Handspülen wären.
Alle senkten andächtig ihre Nasen in die Gläser und versuchten den filigranen Aromen nachzuspüren.
"Hmm ja doch"
"Fein fein"
"Aaaa-ha!"
Ein objektiver Beobachter hätte als erstes angemerkt, dass der Wein erstens viel zu kalt war, aus dem 15° kalten Keller direkt in die Karaffe und dass man ihm zweitens so ein bisschen Luft und Zeit sicher hätte gönnen können. Und ob die Zungen nach vielerlei Weinen (Deutschland, Spanien, Rhône), Kaffee, Whisky, Likör und Zigarre noch in der Lage waren, überhaupt noch differenziert Aromen wahrzunehmen.
Aber der gute Wille stand für die Tat. Das war ein großer Wein, oder wenigstens ein berühmter, dem gebührte Aufmerksamkeit und Respekt.
Die Gläser wurden langsam und andächtig geleert, die Gespräche ebbten ab, es war schon spät, die Gäste erhoben sich, bedankten sich für einen wunderbaren Abend und bestiegen das wartende Taxi.
Die Gastgeber blieben allein zurück am abgegrasten Tisch, die meisten Kerzen heruntergebrannt, die Deckenlampe angezündet wie nach einem Konzert, wenn das das Saallicht hell und unbarmherzig brennt und die Künstler unwiderruflich in der Garderobe verschwunden sind, keine Chance auf ein weiteres da capo.
"Ich hätt's nicht machen sollen!" meinte der Gastgeber "der war zu kalt, der braucht noch Luft, das war eigentlich eine Schande!"
Gemeinsam wurde der Tisch angeräumt, die Spülmaschine gefüllt, Töpfe und Pfannen geputzt, die Gläser vorgespült und die Küche verbracht, das Esszimmer wieder in einen bewohnbaren Zustand gebracht, ordentlich gelüftet, um dem Zigarrenrauch Herr zu werden.
Und dann setzten sich Gastgeber und Gastgeberin noch zu einem letzten Glas zusammen (wieder zwei frische Gläser, aber da kommt es jetzt auch schon nicht mehr drauf an).
Der Wein hatte nun fast zwei Stunden in der Karaffe geruht und langsam etwas mehr Temperatur angenommen. Und die beiden waren fast schon wieder nüchtern.
Und nun konnten sie den Zauber des Weines erfahren.
"Jetzt hätten die den mal trinken sollen!"
"Der größten einer ist er sicher nicht, aber ein klassischer, ein feiner Mouton!"
Langsam stieg ein feiner Duft nach dunklen Beeren in die Nase, die klassische Graphitnote, die so typisch für diesen Wein ist, Kaffee, klare geschliffene Struktur, festes gut verwobenes Tannin, durchaus tiefgründig, elegant und ein recht langer Abgang. Ein wunderbarer klassischer Pauillac mit den festen erdig-mineralischen sehr maskulinen Noten, Gewürze, Leder, Rauch.
"Das kann man nicht erklären, das muss man fühlen!" sagte der Gastgeber. "Noch mal lass ich mich auf so was nicht ein!"