Auf ein Glas ..... 2006 Vall Llach, Priorat

eingeschenkt von: susa – Plaudereien über Gott und die Welt und auch über Wein
Antworten
Benutzeravatar
susa
Beiträge: 4163
Registriert: Mo 6. Dez 2010, 15:33
Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
Wohnort: Niederrhein
Kontaktdaten:

Auf ein Glas ..... 2006 Vall Llach, Priorat

Beitrag von susa »

Die Vorweihnachtszeit ist eine Zeit der Traditionen. Da beisst die Maus kein Faden ab.

Selbst eingefleischte Weihnachtsgegner, bei denen man aber auch nicht den allerkleinsten Vanillekipf oder Tannenzweig im Hause findet, haben ihre Rituale, die wenigstens teilweise freie Zeit an den Feiertagen zu gestalten.

Bei allen anderen sind es vor allem die Erinnerungen an die Kindheit, die die (Vor)Weihnachtszeit so besonders macht: an den Zauber und das Geheimnis um Christkind und Weihnachtsbaum, die Adventskalender, bei denen man jeden Tag ein Türchen öffnete (in dem sich allerdings noch keine Schokolade oder gar kleine Geschenke befanden), die mit Spannung erwarteten Geschenke.

Einen besonderen Platz nehmen die weihnachtlichen Köstlichkeiten ein, ob eine ganze bestimmte Sorte Plätzchen oder das traditionelle Weihnachtsessen unabhängig ob Würstchen mit Kartoffelsalat, Gänsebraten, Fondue oder das ganz große Menü. An Weihnachten möchte man den Kindheitserinnerungen nachschmecken, noch einmal ein wenig Kind sein. Weihnachten ist ein denkbar schlechter Moment für kulinarische Experimente oder Novitäten. Über die unterschiedlichen Weihnachtsess-Typen hat mein alter Weggefährte Matthias übrigens eingehend geforscht ;).

Schwierig wird es allerdings, wenn im Zuge der weiteren Lebensgestaltung sehr unterschiedliche Weihnachtstraditionalisten eine Lebenspartnerschaft eingehen, wenn der Würstchen-mit-Kartoffelsalat-Typ auf einmal mit einem Gänsebraten-Typ zusammenlebt oder der Erst-Bescherung-dann-Essen-Typ zum Erst-Kirche-dann-Essen-dann-Bescherung-Typ in Liebe fällt. Und erst die Einbindung der jeweiligen Familien, wann besuchen wir welche Eltern bzw. wann laden wir sie zu uns ein. Es braucht erfahrungsgemäß etwa sieben Jahre bis eine junge Familie eigene Weihnachtsrituale und Traditionen entwickelt, die dann wiederum an die nächste Generation weitergegeben werden. Bis dahin ist der Weg durchaus auch mit Tränen gepflastert ("nein der Baum steht NICHT_SCHIEF!!!" - "Dein Vater mal wieder" – "dann geh doch zu Deiner Mutter" – "für wen racker ich mich eigentlich ab" – "Du liebst mich nicht" – "Heul doch!"…..).

Es ist allerdings die Kraft und der besondere Zauber der Weihnacht, dass irgendwann in den Bergen zerknüllten Geschenkpapiers, nach einem beruhigenden Schluck Champagner und dem gnadenlosen Herauspicken aller Nougattaler aus dem bunten Teller, nach Fondue oder Karpfen, ein weihnachtlicher Friede einkehrt. Und dass am Ende alle meinen, das sei aber doch das allerschönste Weihnachtsfest gewesen, aber im nächsten Jahr mache man sich doch weniger Stress.

Und wenn die Kinder im Bett, und die Schwieger/Eltern ins Taxi verfrachtet sind, mit ein paar Handgriffen das Wohnzimmer wieder halbwegs begehbar ist und die zum sofortigen Ausprobieren aufgebaute elektrische Eisenbahn Material schonend in eine Ecke verfrachtet wurde, dann sollte der liebevolle Hausherr eine ganz besondere Flasche Wein hervorholen (bzw. je nach Wein bereits am Nachmittag karaffiert haben) und zu seiner Herzallerliebsten sagen "So, nu hol mal die guten Gläser raus, jetzt trinken wir nur für uns was ganz Besonderes! Und ein frohes Fest, meine Liebste!".

Vorher sollte man allerdings zusehen, dass man alle noch in den Mundwinkeln haftenden Schokoladenreste gründlich entfernt, sonst geht es einem wie Robert und Frau L. .

Ein richtig weihnachtstauglicher Wein, weil der kann auch ganz prima mit Schokolade, ist der

2006 Vall Llach, Priorat

eine Cuvée aus Cariñena, Cabernet Sauvignon und Merlot, 14 Monate in neuer französischer Eiche gereift. Im Glas geheimnisvoll funkelnd schwarzrot, Duft von dunklen Beeren, Pflaume, Schokolade, Mineral und Holzwürze. Die besondere Faszination entsteht, wenn man den ersten Schluck im Mund spürt, konzentrierte Würze, edle Bitterschokolade, Rauch und ein fast endlos langer Abgang. Man schmeckt, Wucht, Extrakt, nicht die gezähmte Eleganz der Bordeaux sondern eine ungezügeltes Bündel von Aromen und Texturen, eine durchaus erotische Ausstrahlung.

Einige von Euch haben danach gefragt, was einen großen Wein ausmacht.

Ein großer Wein eröffnet mir neue Aspekte, er gräbt sich in mein Weingedächtnis und nimmt mich mit all seinen Aromen und Texturen mit auf eine Reise in neue Dimensionen. So einer ist der Vall Llach und mit seinem wunderbaren Schokoladenaroma perfekt für die Weihnachtszeit.

In diesem Sinne: Macht Euch keinen Stress!

susa
Red wine with fish. Well, that should have told me something.
James Bond in From Russia with Love
Benutzeravatar
thvins
Administrator
Beiträge: 5109
Registriert: Mo 28. Jun 2010, 15:29
Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
Wohnort: Coswig /Anhalt, Sachsen-Anhalt
Kontaktdaten:

Re: Auf ein Glas ..... 2006 Vall Llach, Priorat

Beitrag von thvins »

Hallom Susa,

ein für mich sehr nachdenkenswerter Post kombiniert mit einem ohne Umschweife zu empfehlenden Wein...

Ich möchte bei Weihnachten lieber nicht an meine Kindheit erinnert werden, die fand eher sehr trist statt - ich als einziges Kind unter johlenden, trinkenden und vor allem rauchenden Erwachsenen - "nun freu dich doch endlich mal über deine vielen schönen Geschenke"; "Misch dich nicht in die Gespräche Erwachsener ein, setz dich in die Ecke und spiel mit deinen Geschenken" - ich war damals immer froh, wenn es vorbei war, ich endlich wieder meine Freunde besuchen konnte oder mich wenigstens in mein rauchfreies Kinderzimmer verziehen konnte. Nicht mal Flucht in die Kirche blieb mir, schließlich wuchs ich unter den Bedingungen des real existierenden Sozialismus auf, in der Weihnachten für die meisten ein reines Konsumfest war...

Ich hab zwei Dinge aus diesen Kindheitserlebnissen mitgenommen - ich habe bis heute nicht angefangen mit rauchen - sollte ich einst dennoch an Lungenkrebs sterben, lags definitiv an der Kindheit und Tagen wie Weihnachten...

Ich habe bis heute keinen richtigen Bezug zum Weihnachtsfest und versuche mich irgendwie darein zu finden, wie ich es grad so erlebe durch diejenigen, die mich dorthin mitnehmen - meist fühl ich mich aber dennoch etwas hilflos als Beobachter von außerhalb. Meist empfinde ich den Streß, den sich viele machen als besonders schlimm und denke, da wird oft etwas heile Welt auf Zeit gespielt - und wenn ich das so fühle, geht es mir auch irgendwie wieder wie früher und ich bin froh, wenn es vorbei ist. Dabei will ich nicht jenen die Freude nehmen, die es wahrhaftig friedlich zu zelebrieren wissen. Auch solche durfte ich glücklicherweise kennenlernen.

Auch wenn ich es in Jahren wie diesen am Liebsten eher komplett streichen möchte, denn aufgrund der Selbstständigkeit kann man Feste nur so feiern, wie sie fallen - und sie sollten nur fallen, wenn Geld dafür übrig ist... :lol: :?
In solchen Momenten kann dann eher nur eine lästige Verpflichtung übrigbleiben, frei machen von durch die Entwicklungen der letzten Wochen wieder hoch kommenden Existenzängsten kann ich mich da nur schwer. Und die Zahlen sprechen seit etwa Oktober, seit die Ängsteschürer in den Medien wieder Oberwasser haben, leider eine eindeutige Sprache, der Aufschwung der Monate davor ist jäh gebremst. Also Durchhaltetaktiken statt laute Freude...


Andererseits beschreibst du wunderschön einen Wein aus Porrera, den ich ja auch unlängst bei einer Verkostung von 18 Weinen aus diesem Dorf - allesamt aus 2006 - im Glase hatte.
Das ist das Markenzeichen der Großen aus Porrera, diese positive Weihnachtsstimmung, die diesen Traum von Weihnachten aufkommen lassen, auch dass sie selbst zu Schokolade wunderbar passen... - eines der passendsten Gerichte zu den besten unter ihnen wäre Wachtel oder Rebhuhn in Schokosoße.

Ob man sich an einem 50 € Vall Llach oder an einem nur 30 € Terra d´Hom dabei erfreut, ob man den raren Trosset de Porrera oder den ebenso raren Nit de Nin, den noch rareren Roquers de Samsó oder die in größeren Mengen verfügbaren Mas dén Compte, Coranya, Roquers de Porrera dahernimmt - ich hab längst nicht alle empfehlenswerten Großen hier genannt, das bleibt Gusto, Kellervorrat oder Einkaufsquellenkenntnis, sicher bei den raren auch Glück, dort ran zu kommen.

Aber selbst für kleineres Geld kann man sich ein Stück vom Porrera - Kuchen abschneiden, wie meine Verkostung bewiesen hat - nicht alle der 18 Weine waren exzellent, groß oder gar Weltklasse, aber nicht ein Einziger war "nur gut" oder schlechter.

Hier der link zum Endranking dieser Probe, beim weiteren Zurückblättern gibt es dann auch die Notizen zu den einzelnen Weinen. Wer seinen Weihnachtswein noch nicht hat, der findet ihn möglicherweise hier unter den Weinen aus Porrera im Priorat...

http://www.torsten-hammer-priorat-guide ... er/?p=2618
Beste Grüße

Torsten

http://www.torsten-hammer-priorat-guide.com
jetzt mit richtiger Startseite...
Benutzeravatar
Dick
Beiträge: 326
Registriert: Fr 3. Dez 2010, 13:01
Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
Wohnort: Niederlande

Re: Auf ein Glas ..... 2006 Vall Llach, Priorat

Beitrag von Dick »

Hallo Susa,

Danke fur deine wunderschöne verkostungnotiz dieser wein.
Einer meiner Lieblings-Weine aus dem Priorat
Mit freundlichen Grüßen aus Holland,
Dick
Benutzeravatar
Dick
Beiträge: 326
Registriert: Fr 3. Dez 2010, 13:01
Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
Wohnort: Niederlande

Re: Auf ein Glas ..... 2006 Vall Llach, Priorat

Beitrag von Dick »

Vall Llach 2006 :

VINTAGE The year 2006 was marked by contrasts. The winter was cold and humid, with temperatures reaching 7 ºC below zero. Spring was a flash in the pan as a result of a spectacular thermal leap, from cold days to considerable heat and drought. The months of April, May and June were marked by record temperatures, causing rapid, accelerated growth in the vineyards. The lack of rainfall left the new shoots in good health and benefited the setting of the berries. The summer was unusual: quite bright, but with low temperatures. This combination allowed the plants to bear the prolonged absence of rainfall and milder conditions due to August's moderate temperatures and some cool nights. September was the most normal month, with a sharp contrast in temperatures between day and night which led to the stocks regaining an optimum level of development, and causing moderate maturing in the grape. The clusters were the best of the vinifications in the Priorat, the drought causing small berries with fairly high sugar levels, good phenolic maturity and exceptional concentration. A year full of contrasts.

ANALYSIS Alcohol content.......... 15,85%
Total tartaric acidity.......................... 5,0 gr/l
Total polyphenol index............... 58 UA
Volatile acidity.......... 0,87 gr/l

VINIFICATION Fermentation of the destalked grape in 225 and 500 litre wooden barriques and 1000 and 2500 litre stainless steel tanks. 3 days of cold pre-fermentation maceration, 19 days of fermentation at a temperature limited to between 25 and 29 ºC with daily pigeage. 14 days of post-fermentation maceration, followed by gentle pressing. Malolactic fermentation, 50% in stainless steel tanks and 50% in barriques.


AGEING The wine was transferred to 225 and 300 litre barriques of light- and medium-toasted fine-grained new French oak. The wine was moved twice during the ageing period of 14 months.

BOTTLING May 2008.

VARIETIES 65% Cariñena (finca Cabacés, Mas de la Rosa and Sentius).
20% Merlot (finca Mas del Porrerà and Garranxa).
15% Cabernet Sauvignon (finca Devesa and Mas del Porrerà).

N. BOTTLES 14,250 0.750 litre bottles in cases of 6.
300 1.5 litre Magnums.
Mit freundlichen Grüßen aus Holland,
Dick
Antworten

Zurück zu „Auf ein Glas ...“