Bernd Schulz hat geschrieben: oder ist es eine größere Sünde wider den Geist des *Terroirs*?
Hallo Bernd,
aus Sicht eines orthodoxen Einzellagen-Riesling-Trinkers oder noch viel mehr aus der eines Burgund-Liebhabers (die sind gewissermaßen die Großayatollas unter den Terroiristen

) ist das, was Du gemacht hast, natürlich schon eine üble Sünde.
Für denjenigen, der gewohnt ist, dass seine Weine in aller Regel
Cuvées sind, ist die Sünde zumindest deutlich lässlicher. Beispiel Bordeaux - so gut wie jeder Bdx ist eine Cuvée aus mindestens zwei, meistens mehreren Rebsorten, je nach Jahrgang wechseln die Mengenverhältnisse der einzelnen Komponenten; die großen Erzeuger (und viele bekannte Erzeuger sind sehr groß) verfügen über Parzellen mit völlig unterschiedlichen Bodenstrukturen, und gar nicht so selten liegen die Parzellen innerhalb der AOC auch noch weit auseinander: ich würde zwar nicht so weit gehen wie ein bekannter (natürlich burgundischer

) Önologe, der mal geäußert hat, dass es so etwas wie Terroir im Bordelais überhaupt nicht gibt, aber zumindest muss der Begriff hier schon deutlich weiter und lockerer gefasst werden als im Burgund.
In Australien werden manche durchaus bekannte und hoch geschätzte Weine aus Traubenmaterial cuveetiert, das aus mehreren tausend (!) Kilometern Umkreis zusammengekarrt wurde. Ist das Endprodukt nun "authentisch" (wenn ja, für was?), oder gerade nicht? Und falls nicht, was macht das?
Wenn man die historische Perspektive hinzuzieht, wird das Bild auch in Europa deutlich bunter. Sowohl im Bordelais als auch im Burgund war es in Vor-AOC-Zeiten durchaus üblich, schwachen Jahrgängen mit einem Schuss Wein von der Rhone aufzuhelfen; es gab hierfür sogar die hübsche Verbform "hermitager". Und im Bordelais gibt es glaubwürdige Berichte, dass in ganz schlimmen Jahren zum Verbessern auch mal das Produkt von der anderen Gironde-Seite (...ähem, Cognac...) zum Einsatz kam. In Deutschland wurden Pfälzer zum "Verstärken" von Mosel eingesetzt etc. pp.
Ich denke, Dein schlechtes Gewissen hängt mit einer typisch deutschen Abneigung gegen jede Form von Cuvée zusammen -
verschneiden wird immer mit
panschen gleichgesetzt. Dass das eine mit dem anderen nicht notwendigerweise zu tun hat, wird ignoriert. Wir haben hier halt einen sehr engen Begriff von
Reinheit und
Authentizität.
Gruß
Ulli