Auf ein Glas ..... 2009 Weißburgunder Basalt, Odinstal

eingeschenkt von: susa – Plaudereien über Gott und die Welt und auch über Wein
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susa
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Auf ein Glas ..... 2009 Weißburgunder Basalt, Odinstal

Beitrag von susa »

Die Sprache, so ist die allgemeine Auffassung, sei dem Menschen gegeben, um sich mitzuteilen. Dabei wird Sprache mindestens ebenso oft eingesetzt, um die Wahrheit unter einem undurchdringlichen Wortgebirge zu verstecken oder um zu verschleiern, dass man eigentlich gar nichts zu sagen hat. "When you have nothing to say, say nothing" wird wahlweise Mark Twain oder dem mir vollkommen unbekannten Charles Caleb Colton zugeschrieben und leider viel zu selten befolgt.

Über die Sprache der Weinbeschreibung wird sich ja auch allenthalben ausgelassen, über ihre manchmal schon verquaste Lyrik, ihre Pseudowissenschaftlichkeit oder ihre Banalität. Besondere Beachtung findet dabei in Weinverkosterkreisen das Wort "lecker", ein Wein ist nicht lecker! … es sei denn, er ist … eben … lecker.

Mir persönlich gefällt das Wort in einer Weinbeschreibung auch nicht sonderlich, was ebenso für das sich immer stärker einbürgende "trinkig" gilt. Was wäre denn das Gegenteil von trinkig? Essig? (der Kalauer musste gerade sein ;)).

Was spricht eigentlich gegen lecker? Wenn man mit gutem Appetit bei Muttern ordentlich zulangt und auf die Frage der Köchin, wie es denn schmecke, strahlend und begeistert antwortet: "Lecker!" dann erfreut das die Urheberin der Köstlichkeiten und gilt als großes Kompliment. Wobei mir gerade so auffällt, dass ich die Vokabel auch nie benutze, wenn ich im Sternerestaurant vom hoch dekorierten Küchenchef beim Defilee gefragt werde, ob denn alles recht gewesen sei. "Köstlich" sage ich dann "ganz hervorragend, wunderbar ….." aber "lecker", irgendwie beschleicht mich da eine Ahnung, "lecker" würde der Meister als kleinen Affront werten oder meine gastrosophische Bildung ernsthaft in Zweifel ziehen.

"Lecker", so können wir also feststellen, "lecker" ist eher auf einfache Genüsse anzuwenden, "lecker" scheint undifferenziert in der Aussage und nicht geeignet hoch komplexe aromatische Wahrnehmungen zu beschreiben, "lecker" ist ein Kinderwort und Weingenuss ist nun mal eine Erwachsenenspielerei, schon wegen des Jugendschutzgesetzes. " …Zugleich bietet er … eine etwas schrullige Komplexität. Dies schafft nicht jeder Wein…" habe ich letztens irgendwo gelesen, der so beschriebene Wein war gewiss nicht "lecker" aber "interessant" (die Universalvokabel, wenn man niemandem mit einem harschen Urteil vor den Kopf stoßen will).

Es spräche gar nichts gegen "lecker", so war dann allenthalben zu lesen, wenn es denn dann noch weiter ausgeführt und erklärt würde. "Der Wein war lecker, denn …" mit anschließender weiterer Erläuterung, das sei vollkommen in Ordnung. Ja klar doch, das gilt aber für alle anderen Vokabeln gleichermaßen, eine Einwortbeschreibung ist nie sehr hilf- oder aufschlussreich.

Und noch etwas, ein Wein, der gut ist, muss nicht zwangsläufig lecker sein und ein leckerer Wein nicht zwangsläufig gut. Das macht die Sache jetzt auch nicht einfacher.

Und nun überlege ich, ob der

2009 Weißburgunder Basalt
Weingut Odinstal, Pfalz


"lecker" gewesen ist. Seine Macher würden sich diese Vokabel sicher strengstens verbitten, "lecker" ist wirklich das letzte, was man diesem ambitionierten und engagierten Projekt eines Frankfurter Geschäftsmannes zubilligen darf, der sich dank entsprechender Mittel seinen Traum vom eigenen Weingut auf der höchsten Pfälzer Einzellage (daher auch der Name einiger Weine) erfüllt hat. Alles nur vom besten und feinsten, inklusive Hans-Günther Schwarz als Berater, der früher bei Müller-Catoir für die Weinbereitung verantwortlich zeichnete.

Der wurde gemeinsam getrunken mit seinem Siebeldinger Kollegen, dem Weißburgunder trocken S Spätlese von Rebholz im Rahmen eines Abendessens mit dem Thema "Pfalz" zur Vorspeise, es gab zweierlei Suppen, und zwar einmal eine Maronensuppe mit Weißbrotwürfeln (Käschtesupp) und Kartoffelsuppe mit Pfifferlingen (Grumbeeresupp).

Am Abend des Geschehens wurde der Odinstal von allen Beteiligten als der eindeutig bessere Weine gewertet, feiner Duft nach grünen Äpfeln und Zitrusfrüchten, am Gaumen von sanfter Eleganz, süßliche Frucht, zarte Mineralität, feines Säurespiel, etwas nussig, harmonisch, mittellanger Abgang.

Im Vergleich dazu stellte sich der Rebholzsche Weißburgunder als ein wenig plumper dar, weniger zarte Fruchtaromen, eher kraftvoll-wuchtig, der Abgang dafür ein wenig länger.

Interessanterweise sah es am Folgetag, als wir uns an die Reste machten, ganz anders aus. Der Rebholzsche Wein hatte kaum verloren, er wirkte fast ein wenig straffer als am Vortag, der Odinstal dagegen war auf ein etwas süßliches Zitronensaftaroma mit Alkoholbegleitung zusammengefallen, jetzt war er noch nicht mal mehr lecker.

Nun muss ein Wein nicht zwangsläufig über 12 und mehr Stunden seine aromatische Qualität halten, wenn er einen Abend lang Trinkvergnügen bereitet, dann ist das doch gut so. Der nächste Tag (oder die nächsten Tage, aber so lange hält bei uns eine Flasche Wein sowieso in den seltensten Fällen) ist eine unverhoffte dafür aber besonders erfreuliche Zugabe.

Prost!
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Bernd Schulz
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Re: Auf ein Glas ..... 2010 Weißburgunder 350 NN, Odinstal

Beitrag von Bernd Schulz »

was ebenso für das sich immer stärker einbürgende "trinkig" gilt. Was wäre denn das Gegenteil von trinkig? Essig?
Vor kurzem war ich drauf und dran, genau diese Kalauerfrage zu stellen! Denn das Modewörtchen "trinkig" geht einem einem doch etwas sprachsensiblen Menschen wie mir inzwischen gewaltig auf den Senkel!

"Lecker" ist dagegen ein Wort mit alten Rechten; "lecker" haben wir alle schon mit 5 Jahren gesagt. Aber fanden wir unsere Kaba damals auch "trinkig" :mrgreen: ?

Beste Grüße

Bernd
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susa
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Re: Auf ein Glas ..... 2009 Weißburgunder Basalt, Odinstal

Beitrag von susa »

Ich musste eine kleine Korrektur durchführen, wir hatten von 350 NN Linie den Riesling 2010, nicht den Weißburgunder.

Habe es eben auf dem Beweisfoto (mein Album) entdeckt.

sorry
susa
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Re: Auf ein Glas ..... 2009 Weißburgunder Basalt, Odinstal

Beitrag von Weinschlumpf »

Hallo Susa,

sehr schöner Bericht, vielen Dank. Ich wäre echt gespannt, wie die restlichen Weine des Abends angeschnitten haben, "typische Pfälzer" waren da zwar klar in der Minderheit, aber mich würde insbesondere Deine Meinung zum Spätburgunder Rädling 2007 interessieren. Den fand ich zuletzt Anfang 2010 klasse und habe zwei Flaschen gekauft. Jetzt liegt er da und ich frage mich wie lange er denn noch liegen soll :?:

Viele Grüße

Nikolai

PS: Bezüglich Deiner "Korrektur": Auf dem Foto ist doch auch der Weissburgunder Basalt zu sehen, oder habe ich da etwas an anderer Stelle überlesen??
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susa
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Re: Auf ein Glas ..... 2009 Weißburgunder Basalt, Odinstal

Beitrag von susa »

Ich hatte hier im Titel zunächst 2010 350 NN stehen, das war aber der Riesling, der ist schon wieder ne andere Hausnummer, aber da muss ich auch noch ein bisschen drüber nachdenken

Was den Rädling angeht, so war es schon lustig. Eine Gruppe der Tischgesellschaft ist recht Burgund affin und meinte als erstes "der riecht wie ein deutscher Spätburgunder", was der unvorhergenommene Beobachter ja jetzt nicht weiter auffällig finden wird, immerhin IST es ein deutscher Spätburgunder. Allerdings ist das in diesem Zusammenhang nicht unbedingt als Kompliment gemeint.

Ich fand die Aromen durchaus Pinot typisch Kirsche, rote Beeren, ein wenig Mineral und Holz, sehr angenehm und am Gaumen übertrag der Wein seine Nase eindeutig, straff, kraftvoll, elegant, Kirsche, Lakritz, Rauch, Holz, Mineral, sehr abgerundet, guter Abgang.

Als Bordeauxliebhaberin tu ich mich auch mit vielen vor allem deutschen Pinot noirs recht schwer, aber der ging mir runter wie Öl, sehr feiner Wein. Im Gegensatz zu den Pinots von Bernharts Nachbar Becker, da komm ich gar nicht mit klar.

lg
s
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Re: Auf ein Glas ..... 2009 Weißburgunder Basalt, Odinstal

Beitrag von kreutzer »

susa hat geschrieben:Mir persönlich gefällt das Wort in einer Weinbeschreibung auch nicht sonderlich, was ebenso für das sich immer stärker einbürgende "trinkig" gilt. Was wäre denn das Gegenteil von trinkig? Essig? (der Kalauer musste gerade sein ;)).

Prost!
Hallo Susa,

mmh. Essig ist bestimmt nicht das gemeinte Gegenteil. Wie wäre es mit dem typischen Fall eines großen Weins, der entweder vor Mineralität nur so strotzt (mir fallen sofort Beispiele von Clemens Busch oder von Kees-Kieren ein) die mich nach einem Glas so satt gemacht haben, das ich nach einem Glas nichts mehr wollte. Im Rotweinbereich würde mir so mancher Amarone oder ein südafrikanischer Pinotage einfallen. Alles nicht trinkig, also Weine die keinen wirklichen Trinkspass machen. Auch wenn die Weine mit 90 oder mehr Punkten bewertet werden. Hat also mit Essig oder mit Weinfehlern nichts zu tun. Das Kees-Kieren aber auch ungemein trinkige Weine machen kann, muss hier vorsichtshalber festgestellt werden. Einer meiner Trinkfavoriten und der meiner Wera ist ein 2010 Graache Domprobst Riesling Spätlese trocken "S" mit Glasverschluss. Enorm trinkig.................. :D

Trotz des Kalauers, mach weiter so.

Gruß aus Oberhausen
Norbert
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susa
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Re: Auf ein Glas ..... 2009 Weißburgunder Basalt, Odinstal

Beitrag von susa »

Mich inspririerte eher die Analogie von Essen und Trinken/essig und trinkig zu diesem Kalauer und genau so ein Wein wäre doch ess-ig, weil man auf ihm mehr kaut als man ihn trinkt, oder?
;)

lieben Gruß
susa
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Re: Auf ein Glas ..... 2009 Weißburgunder Basalt, Odinstal

Beitrag von Bernd Schulz »

Das Adjektiv "trinkig" existiert im Deutschen eigentlich nicht. Jedenfalls liefert der Duden (http://www.duden.de) bei einer entsprechenden Suchanfrage kein Ergebnis.

"Süffig" :mrgreen: als Eigenschaftswort gibt es hingegen schon lange.

Sprachpedantische Grüße

Bernd
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Re: Auf ein Glas ..... 2009 Weißburgunder Basalt, Odinstal

Beitrag von susa »

..... nee der Duden fragt: Oder meinten Sie etwa ...... stinkig? :lol:
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Re: Auf ein Glas ..... 2009 Weißburgunder Basalt, Odinstal

Beitrag von kreutzer »

susa hat geschrieben:Mich inspririerte eher die Analogie von Essen und Trinken/essig und trinkig zu diesem Kalauer und genau so ein Wein wäre doch ess-ig, weil man auf ihm mehr kaut als man ihn trinkt, oder?
;)

lieben Gruß
susa
Wow, diese Fantasie fehlte mir nach einer Flasche Pfälzer Riesling. :lol:

Gruß
Norbert
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