Über die Sprache der Weinbeschreibung wird sich ja auch allenthalben ausgelassen, über ihre manchmal schon verquaste Lyrik, ihre Pseudowissenschaftlichkeit oder ihre Banalität. Besondere Beachtung findet dabei in Weinverkosterkreisen das Wort "lecker", ein Wein ist nicht lecker! … es sei denn, er ist … eben … lecker.
Mir persönlich gefällt das Wort in einer Weinbeschreibung auch nicht sonderlich, was ebenso für das sich immer stärker einbürgende "trinkig" gilt. Was wäre denn das Gegenteil von trinkig? Essig? (der Kalauer musste gerade sein
Was spricht eigentlich gegen lecker? Wenn man mit gutem Appetit bei Muttern ordentlich zulangt und auf die Frage der Köchin, wie es denn schmecke, strahlend und begeistert antwortet: "Lecker!" dann erfreut das die Urheberin der Köstlichkeiten und gilt als großes Kompliment. Wobei mir gerade so auffällt, dass ich die Vokabel auch nie benutze, wenn ich im Sternerestaurant vom hoch dekorierten Küchenchef beim Defilee gefragt werde, ob denn alles recht gewesen sei. "Köstlich" sage ich dann "ganz hervorragend, wunderbar ….." aber "lecker", irgendwie beschleicht mich da eine Ahnung, "lecker" würde der Meister als kleinen Affront werten oder meine gastrosophische Bildung ernsthaft in Zweifel ziehen.
"Lecker", so können wir also feststellen, "lecker" ist eher auf einfache Genüsse anzuwenden, "lecker" scheint undifferenziert in der Aussage und nicht geeignet hoch komplexe aromatische Wahrnehmungen zu beschreiben, "lecker" ist ein Kinderwort und Weingenuss ist nun mal eine Erwachsenenspielerei, schon wegen des Jugendschutzgesetzes. " …Zugleich bietet er … eine etwas schrullige Komplexität. Dies schafft nicht jeder Wein…" habe ich letztens irgendwo gelesen, der so beschriebene Wein war gewiss nicht "lecker" aber "interessant" (die Universalvokabel, wenn man niemandem mit einem harschen Urteil vor den Kopf stoßen will).
Es spräche gar nichts gegen "lecker", so war dann allenthalben zu lesen, wenn es denn dann noch weiter ausgeführt und erklärt würde. "Der Wein war lecker, denn …" mit anschließender weiterer Erläuterung, das sei vollkommen in Ordnung. Ja klar doch, das gilt aber für alle anderen Vokabeln gleichermaßen, eine Einwortbeschreibung ist nie sehr hilf- oder aufschlussreich.
Und noch etwas, ein Wein, der gut ist, muss nicht zwangsläufig lecker sein und ein leckerer Wein nicht zwangsläufig gut. Das macht die Sache jetzt auch nicht einfacher.
Und nun überlege ich, ob der
2009 Weißburgunder Basalt
Weingut Odinstal, Pfalz
"lecker" gewesen ist. Seine Macher würden sich diese Vokabel sicher strengstens verbitten, "lecker" ist wirklich das letzte, was man diesem ambitionierten und engagierten Projekt eines Frankfurter Geschäftsmannes zubilligen darf, der sich dank entsprechender Mittel seinen Traum vom eigenen Weingut auf der höchsten Pfälzer Einzellage (daher auch der Name einiger Weine) erfüllt hat. Alles nur vom besten und feinsten, inklusive Hans-Günther Schwarz als Berater, der früher bei Müller-Catoir für die Weinbereitung verantwortlich zeichnete.
Der wurde gemeinsam getrunken mit seinem Siebeldinger Kollegen, dem Weißburgunder trocken S Spätlese von Rebholz im Rahmen eines Abendessens mit dem Thema "Pfalz" zur Vorspeise, es gab zweierlei Suppen, und zwar einmal eine Maronensuppe mit Weißbrotwürfeln (Käschtesupp) und Kartoffelsuppe mit Pfifferlingen (Grumbeeresupp).
Am Abend des Geschehens wurde der Odinstal von allen Beteiligten als der eindeutig bessere Weine gewertet, feiner Duft nach grünen Äpfeln und Zitrusfrüchten, am Gaumen von sanfter Eleganz, süßliche Frucht, zarte Mineralität, feines Säurespiel, etwas nussig, harmonisch, mittellanger Abgang.
Im Vergleich dazu stellte sich der Rebholzsche Weißburgunder als ein wenig plumper dar, weniger zarte Fruchtaromen, eher kraftvoll-wuchtig, der Abgang dafür ein wenig länger.
Interessanterweise sah es am Folgetag, als wir uns an die Reste machten, ganz anders aus. Der Rebholzsche Wein hatte kaum verloren, er wirkte fast ein wenig straffer als am Vortag, der Odinstal dagegen war auf ein etwas süßliches Zitronensaftaroma mit Alkoholbegleitung zusammengefallen, jetzt war er noch nicht mal mehr lecker.
Nun muss ein Wein nicht zwangsläufig über 12 und mehr Stunden seine aromatische Qualität halten, wenn er einen Abend lang Trinkvergnügen bereitet, dann ist das doch gut so. Der nächste Tag (oder die nächsten Tage, aber so lange hält bei uns eine Flasche Wein sowieso in den seltensten Fällen) ist eine unverhoffte dafür aber besonders erfreuliche Zugabe.
Prost!