„Wine of the Year Award“ der Bx-Runde Frankfurt – the winner is Lynch Bages 1990
Am Samstag trafen wir uns in einem unserer Stammrestaurants, um Teil eins einer ganz besonderen Probe zu zelebrieren: nämlich die Besten der Besten, d.h. die jeweiligen „Wine of the Night“s unserer bisherigen kleineren und größeren Proben, mit- bzw. gegeneinander zu verkosten. graves, diesmal leider nicht mit dabei, hatte für dieses Vorhaben den Titel „Wine of the Year Award“ erdacht, obwohl wir das Line Up natürlich nicht wirklich jahresbezogen beabsichtigt hatten. Wir hatten sieben Weine vom linken Ufer am Start (diese Info war bekannt), die wir blind verkostet haben (nach jedem Flight wurde aufgedeckt). Als Ausrichter der Probe hatte ich den Nachteil, zu wissen, welche Weine sich hinter den aufgeklebten Mouton Rothschild-Etiketten verbargen. Wobei ich mir erfreulicherweise bei Flight 2 und 3 nicht mehr sicher war...
Dass ich letztlich doch ein alter Etikettentrinker bin, zeigt sich daran, dass „Mouton 82“ und „Mouton 86“ tatsächlich meine Favoriten wurden!
Der erste „Flight“ war ein Solist nach dem Apero, nämlich
Rausan (damals noch ohne z im Namen)
Segla 1986 (seinerzeit Sieger unserer 86er-Probe, u.a. gegen Mouton und Lafite!). Nase und Gaumen unglaublich betörend, eher Pauillac als Margaux. Ganz leicht körniges Tannin, aber sonst wirklich mega-harmonisch. Helle Beeren, vor allem Walderdbeeren, wäre für mich auch als ein großer 90er Pauillac durchgegangen. Nahe der Perfektion, 19-20 P.
Für den nächsten Flight verbargen sich hinter „Mouton 86“ und „Mouton 89“ dann Lynch Bages 1990 und Mouton Rothschild 1983.
Lynch Bages 1990 mit einer laktischen Sahne-/Beeren-Nase und Tabaknoten. Am Gaumen Cabernet-Paprika, rote Beerenfrüchte und eine leichte Pfeffernote. Wunderbar und für mich nur einen kleinen Ticken hinter dem ersten Wein, 19+ P. Der
Mouton Rothschild 1983 zeigte eine gänzlich andere Nase mit sich rasch wandelnden Eindrücken von Kräutern, einer medizinalen Note, Lakritze und viel Erde. Am Gaumen eher dezente Sauerkirsche und Peru-Balsam, wurde mit Luft laktischer, baute aber leider auch etwas ab. Vielleicht eine etwas wärmer gelagerte Flasche erwischt? Immer noch sehr schöne 19 P. dennoch.
Das dritte Pärchen bildeten dann Pichon Baron 2000 und Duhart Milon 2003.
Pichon Baron 2000 mit einer ganz tiefen Nase mit Blut/Eisen und Lakritz, am Gaumen dann voll und mit untypischen Marzipannoten. Sehr lang im Abgang, aber irgendwie nicht „voll da“. Sicher ein Manko für ihn, dass wir alle Weine „pop and pour“ verkosteten. Einer der Teilnehmer hatte gegen Ende der Probe noch ein Restschlückchen im Glas und berichtete davon Besseres. Diesen Wein habe ich aus gleicher Quelle (nämlich noch aus Subskription) mehrfach als perfekt/nahezu perfekt genossen, diesmal nur knappe 19 P. von mir.
Duhart Milon 2003 mit ganz typischer Nase, Cabernet-Paprika und Hitze/Alkohol. Auch am Gaumen der Jahrgangstypizität entsprechend, massiv, fleischig, beerig, aber eben auch etwas alkoholischer und heißer als die Weine zuvor. Ich habe diesen Wein schon oft genossen und fast immer geliebt, aber bei der Konkurrenz... – 18-19 P.
Bevor wir uns dann noch einer Auslese zum Dessert hingaben, standen sich im letzten Flight zwei weitere 2003er gegenüber.
Pape Clement 2003 wirkte etwas undefiniert, die Nase würzig und mit etwas Eisen, am Gaumen ebenfalls würzig und etwas Tee(?). Ein absoluter Trinkgenuss, aber irgendwie schwer zu greifen – das ging einigen anderen Probenteilnehmern auch so. Knapp 19 P.(?).
Pontet Canet 2003 – „tausendmal“ getrunken, immer geliebt – mit einer massiven Nase voller Veilchen und Paprika, sehr jung und kräftig wirkend, war wie immer purer Pauillac-Hedonismus am Gaumen, voll und massiv. Fehlte nur noch das entsprechende Steak dazu!! Souveräne 19 P. und jetzt sooo schön zu genießen!
Dass es doch einige 2003er ins Line Up geschafft hatten zeigt die hedonistischen Qualitäten des Jahrgangs. In der Gesamtabstimmung lag Lynch Bages 1990 zwar fast einstimmig vorne, aber Pontet Canet und Duhart Milon 2003 (die neben dem Pape Clement aus gleichem Jahrgang die kostengünstigsten Flaschen darstellen) wurden oft auf dem zweiten und dritten Platz genannt. Sehr schön, denn ich bin bekennender Fan dieses Jahrgangs und letztlich schließt sich damit gewissermaßen auch der Kreis wieder, denn Pauillac 2003 war vor vier Jahren auch Thema unserer Auftaktrunde.
Danke allen Teilnehmern, dass sie sich auf das unbekannte Line Up eingelassen haben – in fünf Wochen folgt Teil zwei – soviel sei verraten: ohne das diesmal so überrepräsentierte Pauillac und auch mit Weinen vom rechten Ufer.
Gruß