Bordeaux 2009

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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UlliB
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Re: Bordeaux 2009

Beitrag von UlliB »

nougat hat geschrieben:Was mir wahrscheinlicher erscheint: Weinjournalisten/Verkoster sind auch Getriebene. Oder nüchterner, es ist ein Markt. Es herrscht einfach eine Nachfrage seitens der Konsumenten, sei es aus Unsicherheit als Orientierungs- oder Kaufhilfe. Oder schlichtweg Neugierde von Weinfreaks, wie uns. JR wollte beispielsweise keine Primeur-Verkostungen durchführen, überzeugt von deren Fragwürdigkeit. Erst auf Druck Ihrer Leser hat sie sich breitschlagen lassen. Die Verkoster geben dem Affen Zucker, so what.
Martin,

das sehe ich wirklich ganz genauso wie Du. Hier wird ein Marktbedürfnis bedient. Das macht die Sache an sich aber keinen Tick besser.

Der Ablauf der Veranstaltung, die ja nicht das erste Mal stattfindet, lässt sich aus den Blogs der vorwiegend britischen Teilnehmer in etwa rekonstruieren. Die oben aufgeführten rund 120 Weine vom linken Ufer wurden an einem Nachmittag verkostet. Die persönlichen Fähigkeiten von JR hin oder her - wer bitteschön glaubt, dass unter diesen Bedingungen irgendein Verkoster ein auch nur annähernd qualifiziertes Urteil abgeben kann?

Ich wiederhole meine Frage von oben: Wie groß darf denn der Bär eigentlich sein, den wir uns von den "Profis" aufbinden lassen?

Gruß
Ulli


PS. Ebenso verräterisch wie bezeichnend ist die Aussage "We are not the only ones to do this". Mit der Argumentationslinie sind schon wesentlich schlimmere Dinge gerechtfertigt worden. :evil:
Frankie Wilberforce
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Re: Bordeaux 2009

Beitrag von Frankie Wilberforce »

Was mir bei JR auffällt, ist die Inkonsistenz Ihrer VKN und Bewertungen En Primeur vs solche Veranstaltungen wie jetzt veröffentlicht werden. Heute "hüh und morgen hott", andere mögen schreiben "gewürfelt".
Von einem Profiverkoster, erwarte ich, dass er/sie in der Lage ist, das Potenzial des Weines, auch wenn der Wein sich "in einer schwierigen Phase" oder in einer "Verschlußphase"befindet, besser einzuschätzen als Privatkonsumenten, wie ich selbst einer bin.
Leider ist das m.E. nur bei Suckling, Parker, Gabriel und Tanzer gegeben. Bei anderen bekannten Verkostern habe ich nicht den Eindruck gehabt, dass die dazu in der Lage sind/waren.

Aber ich vertraue in erster Linie auf meinen eigenen Gaumen, der weiß immer noch am besten was ihm gefällt.
Grüße Armin

Sie fragen mich nach den besten Wein, den ich getrunken habe? Der ist wahrscheinlich im nächsten Glas ...
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Mr. Tinte
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Re: Bordeaux 2009

Beitrag von Mr. Tinte »

octopussy hat geschrieben:
Mr. Tinte hat geschrieben:Da wurden die Bewertungen definitiv gewürfelt :D :lol:

Es deckt sich fast keine einzige Bewertung mit meinen Erfahrungen aus der Primeur und der Arrivage
Aha :idea: Logisch ergibt sich für mich daraus Folgendes:

1. Es decken sich fast keine Bewertungen von Jancis Robinson mit denen von Mr. Tinte aus der Primeur und der Arrivage.
2. Mr. Tinte folgert: Die Bewertungen von Jancis Robinson wurden definitiv gewürfelt.
3. Ipso facto: Die Bewertungen von Mr. Tinte aus der Primeur und der Arrivage sind verlässlicher als die von Jancis Robinson. Denn ihre sind gewürfelt.

Ich habe verstanden ;).
Absolut falsch verstanden, die richtige Schlüsse gezogen. :lol: ;)
Sprich Anfang Witz, danach Vergleich mit meinen persönlichen Erfahrungen, sprich kein Zusammenhang zwischen erstem und zweitem Satz. ABER: ja meine Bewertungen sind angesichts der obigen Bewertungen sicherlich verlässlicher, FÜR MICH UND MEINEM KELLER ;)


Off Topic1:Deine Logik stimmt nicht: der Syllogismus (wohl deine hier verwendete Logik geht nicht ganz auf: alle Bäume sind blau, Carsten ist auch blau, also ist er ein Baum: hat's "klick" gemacht? :mrgreen: )

Off Topic2: jetzt könnte man wieder eine so richtig philosophisch-angriffige Diskussion starten, aber ich lasse es sein.
Liebe Grüsse,

Goce
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nougat
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Re: Bordeaux 2009

Beitrag von nougat »

Mr. Tinte hat geschrieben:Da wurden die Bewertungen definitiv gewürfelt :D :lol:

Es deckt sich fast keine einzige Bewertung mit meinen Erfahrungen aus der Primeur und der Arrivage
Ach Mr. Tinte, Ihr Schweizer ja noch langsamer als man Euch nachsagt ;) Zw. GCC Arrivage und Heute ist eine Menge Zeit und Entwicklung auf der Flasche vergangen. Ihr könnt Eure Zwiebel jetzt ein dreiviertel Jahr vordrehen :lol:

Im ernst. Ich sehe keinen Widerspruch zu Deinen Erfahrungen und den momentanen Bewertungen. Oder wie sagt die hier allseits beliebte und geschätzte Dame einleitend zu den VKN
I'm afraid all I can do is report candidly on how the individual bottles shown in this tasting presented themselves to me. I do not want to go down the slippery path of altering scores to take account of properties' status or reputation. I think all of us Purple Pages are experienced enough to know that wines do not present a single face consistently throughout their lives, and of course bottles vary.
Grüße
Martin

Military justice is to justice what military music is to music [Groucho Marx]
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Mr. Tinte
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Re: Bordeaux 2009

Beitrag von Mr. Tinte »

In der Ruhe liegt die Kraft....Wir Schweizer arbeiten halt nebenbei noch ein bisschen :D .
So wird das jetzt ein Bit**fight à la TAW?

Auf der sachlichen Ebene: hast nicht gerade du ein Zitat hineingestellt betreffend man habe nicht die Fruchtausstrahlung bewertet, sondern die allgemeine Tanninqualität? Widerspruch: für mich ja...Zudem steht es mir zu meine Bewertungen als allgemein-gültiger anzusehen als die von irgendeiner Frau J.R, die einen Titel XY trägt und eine gewisse Karriere hinter sich als ABC hat....

Wie stand es bei uns Gründern: wir pflegen ein offenes Forum, welches unterschiedliche Meinungen respektiert? :idea:
Liebe Grüsse,

Goce
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octopussy
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Re: Bordeaux 2009

Beitrag von octopussy »

Mr. Tinte hat geschrieben:Zudem steht es mir zu meine Bewertungen als allgemein-gültiger anzusehen als die von irgendeiner Frau J.R, die einen Titel XY trägt und eine gewisse Karriere hinter sich als ABC hat....

Wie stand es bei uns Gründern: wir pflegen ein offenes Forum, welches unterschiedliche Meinungen respektiert? :idea:
Nimm es nicht persönlich. Deine Aussage lud einfach dazu ein, sie ein bisschen ernster zu nehmen als sie wahrscheinlich gemeint war ;).

Ich bin halt (generell, auf niemanden persönlich bezogen) etwas erstaunt darüber, wie ernst und allgemeingültig doch die eigenen Eindrücke gerade bei Bordeaux genommen werden. Leute, wenn ich ständig meine eigenen Eindrücke von Weinen mit den Notizen der Profiverkoster abgleichen würde, dann gäbe es da bei JEDEM Übereinstimmungen und Differenzen, bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger. Und wenn Allen Meadows bei einem Wein Kirschen riecht und ich Holz, dann heißt das für mich trotzdem nicht, dass seine Notiz oder Punktzahl nicht nachvollziehbar ist. Objektivität beim Weingenuss ist und bleibt für mich hauptsächlich Illusion.
Beste Grüße, Stephan
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Mr. Tinte
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Re: Bordeaux 2009

Beitrag von Mr. Tinte »

octopussy hat geschrieben:Objektivität beim Weingenuss ist und bleibt für mich hauptsächlich Illusion.
WORD
Liebe Grüsse,

Goce
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UlliB
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Re: Bordeaux 2009

Beitrag von UlliB »

octopussy hat geschrieben: Objektivität beim Weingenuss ist und bleibt für mich hauptsächlich Illusion.
Stephan,

man muss überhaupt nicht so weit gehen, von Objektivität zu reden. Schalten wir einen Gang zurück, und reden erst einmal von Übereinstimmung bei der Beurteilung. Und da gibt es durchaus erstaunliches zu Tage zu fördern.

Bordeaux hat den Vorteil, dass hierüber mehr als über jedes andere Gebiet wirkliche Unmassen von VKN veröffentlicht werden, und die meisten davon sind mit irgendeiner Art von Bepunktung versehen. Das lädt geradezu dazu ein, diese Bewertungen statistisch aufzuarbeiten. Und so gibt es ein paar enorm fleißige Leute, die sich die Mühe machen, die Unmassen aufzuarbeiten, die Benotungen in eine Tabellenkalkulation zu übertragen, die Bewertungen über die verschiedenen Skalen hinweg zu normieren, und anschließen diverse statistische Auswertungen über die Daten laufen zu lassen.

Das Ergebnis hiervon ist über Jahre hinweg konstant: praktisch alle veröffentlichen Bewertungen korrelieren miteinander positiv, und das statistisch hochsignifikant. Bei den meisten Verkosterpaaren ist der Korrelationskoeffizient für ein nicht objektivierbares Werturteil sogar verblüffend hoch; deutlich höher z.B. als bei Deutschlehrern, die dieselben Deutschaufsätze inhaltlich und sprachlich bewerten sollen. Es bleibt also jenseits einer Diskussion um "Objektivität" festzuhalten: es gibt durchaus ein hohes Maß an Übereinstimmung in der Bewertung. Warum das so ist, würde eine weitere interessante Metadiskussion ergeben, die hier jetzt zu sehr ins off führt.

Übrigens gilt die hochsignifikant positive Korrelation auch für das Verkosterpaar Jancis Robinson vs. Robert Parker - auch wenn sie bei einzelnen Weinen weit auseinanderliegen. Einzelne Ausreißer beschädigen eine positive Korrelation nur wenig, wenn das allgemeine Maß an Übereinstimmung nur einigermaßen hoch ist - und das ist es hier durchaus.

Das vorweg geschickt: einzelne, auch massive Abweichungen wird es immer geben, und es ist falsch, hieran irgend etwas festmachen zu wollen. Bei der oben zitierten JR-Bewertung zu St. Emilion stimmt aber das ganze Gefüge mit meinen eigenen Eindrücken nicht überein, da sind die Verhältnisse gleich bei einem reichlichen halben Dutzend Weinen auf den Kopf gestellt. Und das führe ich zunächst mal nicht auf die Verkosterfähigkeit von Frau Robinson zurück, sondern auf den Zeitpunkt und das unbrauchbare Setting der Probe.

Gruß
Ulli
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harti
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Re: Bordeaux 2009

Beitrag von harti »

Das Thema Bdx-Bwertungen von Jancis Robinson im Allgemeinen und En Primeur im Besonderen wurde ja bereits mehrfach diskutiert. Zwei meiner Beiträge zu diesem Thema, die zu der aktuellen Diskussion ebenfalls passen:

http://www.dasweinforum.de/viewtopic.ph ... son#p38013

http://www.dasweinforum.de/viewtopic.ph ... son#p27780

Grüße

Hartmut
Ingo
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Re: Bordeaux 2009

Beitrag von Ingo »

In den vergangenen Wochen hatte ich immer mal wieder den Capbern Gasqueton 09 im Glas. Ein Wein, der mir gut gefallen hat, für 14 Euro habe ich fast noch nie etwas besseres getrunken. Robinson gibt immerhin 17 bzw. 17,5 points. Und jetzt kommt R. Parker und bewertet den Wein mit 85-87. Jedem sein Gaumen, Geschmack und Recht, aber dieses Mal, bei dieser Bewertung, liege ich mit ihm über Kreuz.
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