Gerald hat geschrieben:[...] aber immerhin doch auch ein Mosaikstein in einem Gesamtkonzept?
Gesamtkonzept? Was für ein Gesamtkonzept?
Wer sollte denn eines erstellen? Der Bund kann das nicht, weil er damit in die Planungsrechte von Land, Kreis und Gemeinden eingreift, und die können nur dann in individuelle Besitzrechte eingreifen, wenn es dafür jeweils eine gesetzliche Grundlage des Bundes gibt - und die gibt es in den meisten Fällen nicht.
Überlegenswert wäre es z.B., in den Kernzonen des Hochwassers - dort, wo Häuser massiv beschädigt bzw. zerstört worden sind - ein Bebauungsverbot zu verhängen. Dafür gibt es aber in Gebieten, die jahrzehntelang legal bebaut waren, überhaupt keine Rechtsgrundlage - abgesehen von außerordentlich komplizierten Entschädigungsfragen, die das aufwerfen würde.
Eingriffe in die Landschaft (z.B. Bau von Regenrückhaltebecken) sind zwar prinzpiell möglich, dauern aber lange. Im Kreis Biberach, in dem ich lebe, hat es im Jahr 2016 in kurzem Abstand zwei ziemlich massive Hochwassereignisse gegeben (von der Dimension allerdings nicht mit dem an der Ahr vergleichbar). Dieses Jahr im Juni war es dann wieder so weit - ein Toter, ein paar Verletzte, Schäden im zweistelligen Millionenbereich. Seit 2016 (und zum Teil schon davor) wird die Verantwortung für den Hochwasserschutz zwischen Landkreis und Gemeinden hin und her geschoben, und die Gemeinden, die die Sache dann selber in die Hand genommen haben, durften dann erleben, dass schon der Bau eines (kleinen) Regenwasserrückhaltebeckens umfangreiche wasserrechtliche und ökologische Gutachten zur Genehmigung benötigt, die schnell einen sechsstelligen Betrag kosten und Jahre bis zur Erstellung brauchen. Sind dann noch Enteignungen nötig, liegt zwischen Planung und Realisierung mal ganz locker ein Jahrzent und mehr.
Und ob man Landwirten (Winzer sind solche) überhaupt die Änderung einer Bewirtschaftungsform vorschreiben kann, ist erst recht fraglich. Hier in der Gegend gibt es eine breite Diskussion über den umfangreichen Maisanbau, der wegen der Anbaumethoden einerseits zur Bodenverdichtung führt und die Wasseraufnahmefähigkeit der Böden reduziert, andererseits bei Starkegenereignissen wegen des fehlenden Unterwuchses zu massiver Erosion führt. Zumindest bislang heißt es, dass man den Bauern nicht vorschreiben kann, was sie anbauen, und wie sie das tun. Ich glaube kaum, dass man den schwer mitgenommenen Ahrwinzern verordnen kann, die Bewirtschaftungsform ihrer Weinberge zu verändern.
Die Schäden an der Ahr und in NRW sind zwar massiv, direkt betroffen sind davon aber nur einige zehntausend Personen. Dafür schnürt man kein komplexes Bündel von neuen Gesetzen. Lieber macht man den Geldsack auf (das erhöht die Staatsverschuldung ja nur minimal) und überlässt Kreis und Gemeinden, was sie konkret mit dem Geld machen. Und da ist das (durchaus verständliche) unmittelbare Interesse, den ursprünglichen Zustand so schnell wie möglich wieder herzustellen. Auch wenn das vielleicht nicht die sinnvollste Lösung ist.
Gruß
Ulli