Eine kleine Horizontale vom linken Ufer, die unter anderem die beiden 100-Parker-Punkte-Weine
Montrose und
Pontet-Canet umfasste:
Montrose: die beiden Begriffe, die diesen Wein für mich am ehesten beschreiben, sind
Klarheit und
Präzision. Fast schon extreme Konzentration, ohne aber ins Dicke oder gar Überreife abzugleiten, bleibt durchweg kühl und diszipliniert, klassischer Bordeaux vom linken Ufer eben. Enorme innere Spannung; gewaltiges, aber nicht gewalttätiges, extem feinkörniges Tannin; sehr, sehr lang. Eindeutig
premier cru - Qualität und mit dem Potential, eine veritable Bordeaux-Legende zu werden, wenn er seine volle Trinkreife erreicht - was wohl irgendwann nach 2040 der Fall sein dürfte
Während der Montrose seine Herkunft nicht eine Sekunde lang verleugnete, sah das bei
Pontet-Canet ganz anders aus: zunächst fast stumm, machte er mit Luft schnell auf, dann aber --- das soll Bordeaux sein? Irritierter Blick auf das Etikett; doch, es soll. Riecht und schmeckt wie eine hypothetische Cuvée aus einem
grand cru von der Cote de Nuits mit erstklassigem Syrah von der Nordrhone, abgerundet mit einem ordentlichen Schuss garrigue-würzigem Südfranzosen. Himbeeren, Blaubeeren, intensive Kräutertöne, feuchte Erde, dann Chateauneuf-artige Walderdbeere; irritierend vielschichtig, spielt gewissermaßen mit dem Verkoster und bietet laufend neue Facetten - gelegentlich auch mal solche, die an Pauillac erinnern. Wirkt etwas leichtgewichtiger als der Montrose. Ein großer Wein? Ja, sicher. Ein typischer Bordeaux, ein Pauillac gar? Im Moment nicht. Ich bin unsicher, wohin sich der einmal entwickeln wird, einen oberen Platz auf der Rangliste der interessantesten Weine des Jahres hat er aber schon mal sicher.
Die anderen Weine:
Leoville Barton für das Gut ganz ungewöhnlich opulent-fruchtig, im Moment völlig offen, ein Spaßwein auf höchstem Niveau, was vermutlich nicht mehr lange so bleiben wird; der Wein macht mit Luft zunehmend dicht. Wer davon hat, sollte möglichst bald eine Flasche aufmachen.
Duhart-Milon von allen Weinen des Abends am deutlichsten vom Neuholz geprägt, sehr dicht und enorm gepflegt; sehr gut, aber für mich der am wenigsten interessante Wein des Abends. Schließlich
Lynch Bages: ein Fruchtkonzentrat der Extraklasse, dicht und feinmaschig, geht stilistisch klar in Richtung des Montrose, ohne diesen qualitativ ganz zu erreichen. Dennoch, ein großer LB.
Mit Ausnahme des im Moment völlig offenen Léoville Barton sind das alles Weine für die fernere Zukunft.
Gruß
Ulli