Naturkork vs. Schraubverschluss

Von Korken, Kapseln, Kellermessern
Bernd Schulz
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Re: Naturkork vs. Schraubverschluss

Beitrag von Bernd Schulz »

Kle hat geschrieben: Fr 15. Aug 2025, 22:15 ...Als Marketinginstrument ist es für Winzer und ihr Auskommen wahrscheinlich rational. Genau wie für Sportschuhhersteller zu welchen Kosten auch immer ordinäre Markensymbole auf ihre Produkte zu pappen....
Für mich als Konsument besteht der große Unterschied darin, dass die Markensymbole den Sportschuh nicht ruinieren, während der Naturkorken immer wieder mal den einen oder anderen Wein hinrichtet (der Schrauber kann das angeblich auch, aber nach all meinen Erfahrungen kommt das bei ihm extrem viel seltener vor als beim Naturkorken). Im schlimmsten Fall handelt es sich um eine extrem rare und/oder sehr teure Flasche, deren Inhalt dem sturen Beharren auf einem suboptimalen Verschluss zum Opfer fällt, und obwohl ich kein großer Rationalist bin, finde ich den Preis, der am Ende für das grandiose Vergnügen, ein Stück originale Baumrinde aus dem Flaschenhals prokeln zu können, zu zahlen ist, schlichtweg viel zu hoch.

Die hier diskutierten ökologischen Aspekte interessieren mich ehrlich gesagt wenig bis gar nicht. Ich halte sie für weitgehend ungeklärt sowie gegenüber anderen ökologischen Fragen für völlig nebensächlich.

Herzliche Grüße

Bernd
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Udo2009
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Re: Naturkork vs. Schraubverschluss

Beitrag von Udo2009 »

EThC hat geschrieben: ↑Fr 15. Aug 2025, 18:50
Und eine Ausweitung des im Weinbereich aktuell nur marginalen Pfandflascheneinsatzes wäre hier aus meiner Sicht auch sehr wünschenswert...

Ich kenne einen Winzer, der hat in den Anfängen seine Flaschen zurückgenommen. Irgendwann hat er das eingestellt, da die Flaschenreinigung aufgrund der überbordenden Hygienebestimmungen zu aufwendig wurde.

Es war für den Winzer erheblich (!) billiger einfach neue Flaschen zu kaufen, als alte zu reinigen....
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EThC
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Re: Naturkork vs. Schraubverschluss

Beitrag von EThC »

...in klein-klein funktioniert das sicher nicht, so eine Flaschenreinigungsanlage ist recht aufwendig und rechnet sich vermutlich nur, wenn sie im Jahr wenigstens 5.000 Betriebsstunden auf den Zähler bringt. Das ist mit eigener Anlage also nur was für Große, die einen entsprechend hohen und vor allem einigermaßen regelmäßigen Durchsatz haben. Für kleinere Unternehmen bliebe da nur eine Pool-Lösung. Also müßten die Großen vorangehen, aber solche Firmen wie Mertes etc. im Verbund mit den Discountern tun sowas in der Regel ja nur unter Druck von außen. Dabei wär's in diesem Segment noch am einfachsten aus meiner Sicht, den allergrößten Teil der Weine könnte man in Bordeaux-Flaschen gleicher Farbe mit Schraubverschluß abfüllen, wenn man sich bei der Gestaltung auf Etikett und Kapsel beschränken würde...
Viele Grüße
Erich

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Rieslingfan
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Re: Naturkork vs. Schraubverschluss

Beitrag von Rieslingfan »

amateur des vins hat geschrieben: Fr 15. Aug 2025, 22:38 Ein riesengroßes Problem dabei ist, daß den allermeisten Winzern nicht bewußt zu sein scheint, daß die Permeabilität von Schraubern heutzutage gewählt werden kann.
Es wird wohl Gründe geben weshalb Winzer diese Art von Schraubverschlüssen so gut wie nicht einsetzen.
Als mögliche Gründe könnte ich mir vorstellen: Teurer als Naturkork, dem Kundenkreis nahezu unbekannt, wirkt weniger edel, sondern mehr wie ein High­tech­pro­dukt.
Gruß Markus
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EThC
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Re: Naturkork vs. Schraubverschluss

Beitrag von EThC »

Rieslingfan hat geschrieben: Sa 16. Aug 2025, 14:23 Es wird wohl Gründe geben weshalb Winzer diese Art von Schraubverschlüssen so gut wie nicht einsetzen.
...fast immer, wenn ich bei verkorkenden Weingütern bin und ich auch die Möglichkeit habe, dort mit jemand Verantwortlichem zu reden und nicht nur mit einer Ausschenkhilfskraft, bringe ich das zur Sprache. Dabei stelle ich immer wieder fest, daß die Unwissenheit hinsichtlich der Möglichkeiten der Steuerung der OTR beim Schrauber sehr ausgeprägt ist. Nach Gründen gefragt, warum Korken verwendet werden, kommen zuallermeist nur Ausflüchte oder Allgemeinplätze. Nicht wenige haben eingeräumt, bei den höherhierarchischen Weinen Korken zu verwenden, weil die Gastro-Kunden drauf drängen; es gibt auch Güter, die genau aus diesem Grund den schon mal eingeführten Schrauber wieder durch Korken ersetzt haben. :(
Rieslingfan hat geschrieben: Sa 16. Aug 2025, 14:23 Als mögliche Gründe könnte ich mir vorstellen: Teurer als Naturkork
...auch ein exclusiverer Schrauber ist weit billiger als ein zumindest einigermaßen qualitativer Naturkork, der kostet nämlich je nach Ausführung und Qualitätskontrolle zwischen 0,80 und 1,70 Euronen je Stück, die Schrauber (Stelvin) schlagen in etwa mit 0,10...0,25 Euronen je Stück zu...
Viele Grüße
Erich

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Gerald
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Re: Naturkork vs. Schraubverschluss

Beitrag von Gerald »

EThC hat geschrieben: Sa 16. Aug 2025, 15:24Nicht wenige haben eingeräumt, bei den höherhierarchischen Weinen Korken zu verwenden, weil die Gastro-Kunden drauf drängen; es gibt auch Güter, die genau aus diesem Grund den schon mal eingeführten Schrauber wieder durch Korken ersetzt haben. :(
Ja, ich denke, das wird der Hauptgrund sein. Mir fällt wieder der Fall der Domäne Wachau ein, die mindestens 5-6 Jahre mit dem Schrauber ausführlich experimentiert haben, ihn dann - also nicht gerade kurzentschlossen - 2010 für die Smaragde eingeführt haben, um ihn dann 5 Jahre später wieder durch NK zu ersetzen. Offiziell begründet mit der besseren Alterung der Weine. ;)

Rotweine unter Schrauber gibt es ja leider selten, ich habe aber mit dem Solitaire von Feiler-Artinger hier sehr gute Erfahrungen gemacht, altert langsamer als unter dem durchschnittlichen NK und meiner Ansicht nach auch sauberer. Also - wie bei den Weißweinen - dass der gereifte Wein viel mehr Ähnlichkeit mit dem Jungwein hat als mit NK. Bei letzterem mag das Ergebnis auch ansprechend sein, hat aber mit dem Jungwein nur mehr wenig gemeinsam, vermutlich durch die vielen im Kork enthaltenen und in den Wein abgegebenen Substanzen.

Kann man natürlich akzeptieren, dann darf man sich aber eigentlich über Wein mit Aromazusätzen nicht wirklich empören. ;)

Grüße
Gerald
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Re: Naturkork vs. Schraubverschluss

Beitrag von EThC »

Gerald hat geschrieben: Sa 16. Aug 2025, 15:31 vermutlich durch die vielen im Kork enthaltenen und in den Wein abgegebenen Substanzen.
...ein Grund, der mal von Hans-Josef Becker vom Rheingauer Weingut J.B. Becker geäußert wurde, er will keine Gerbstoffe aus dem Korken im Riesling haben und setzt diesen Verschluß u.a. auch deshalb schon recht lange nicht mehr ein und verwendet in erster Linie Vinolok (oder komplett?). Aber auch seine Spätburgunder sind schon seit längerer Zeit korkfrei soweit ich weiß, obwohl der Gerbstoffeintrag da weniger auffallen würde. Den Beckerschen Weinen wird ja generell ein hohes Reifepotential zugesprochen, trotz oder gerade wegen der Korkfreiheit?
Viele Grüße
Erich

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Rieslingfan
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Re: Naturkork vs. Schraubverschluss

Beitrag von Rieslingfan »

EThC hat geschrieben: Sa 16. Aug 2025, 15:24 ..auch ein exclusiverer Schrauber ist weit billiger als ein zumindest einigermaßen qualitativer Naturkork, der kostet nämlich je nach Ausführung und Qualitätskontrolle zwischen 0,80 und 1,70 Euronen je Stück, die Schrauber (Stelvin) schlagen in etwa mit 0,10...0,25 Euronen je Stück zu...
Danke, somit scheidet das von mir ins Spiel gebrachte Preisniveau vermutlich aus.
Gruß Markus
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Re: Naturkork vs. Schraubverschluss

Beitrag von Rieslingfan »

EThC hat geschrieben: Sa 16. Aug 2025, 15:24 Dabei stelle ich immer wieder fest, daß die Unwissenheit hinsichtlich der Möglichkeiten der Steuerung der OTR beim Schrauber sehr ausgeprägt ist.
Ich kann mir aber ebenso gut vorstellen, dass die meisten Winzer Schraubverschlüsse mit integrierter OTR Steuerung größtenteils aus welchen Gründen auch immer ablehnen.

Dass hier eine ausgeprägte Unwissenheit hinsichtlich der Winzer vorhanden ist kann ich mir nicht vorstellen, denn Hersteller mit diesen Verschlüssen wie dem STELVIN® Inside, werden sicherlich bei bekannten Winzern vorsprechen und versuchen sich ins Spiel zu bringen.
Gruß Markus
Kle
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Re: Naturkork vs. Schraubverschluss

Beitrag von Kle »

Gerald hat geschrieben: Sa 16. Aug 2025, 15:31 Rotweine unter Schrauber gibt es ja leider selten, ich habe aber mit dem Solitaire von Feiler-Artinger hier sehr gute Erfahrungen gemacht, altert langsamer als unter dem durchschnittlichen NK und meiner Ansicht nach auch sauberer. Also - wie bei den Weißweinen - dass der gereifte Wein viel mehr Ähnlichkeit mit dem Jungwein hat als mit NK. Bei letzterem mag das Ergebnis auch ansprechend sein, hat aber mit dem Jungwein nur mehr wenig gemeinsam, vermutlich durch die vielen im Kork enthaltenen und in den Wein abgegebenen Substanzen.

Kann man natürlich akzeptieren, dann darf man sich aber eigentlich über Wein mit Aromazusätzen nicht wirklich empören. ;)

Grüße
Gerald
…aber dass sich manch gereifter Wein vom jungen Stadium deutlich emanzipiert, galt ja bislang als erstrebenswert. Und ich hatte gravierende Veränderungen bislang im Normalfall nicht auf den Korken zurückgeführt. Insofern beschreibst du eine mögliche neue Qualitätsphilosophie für eine korkfreie Zukunft: Die mehr konservierenden Eigenschaften des Schraubers zur Tugend machen, den Geschmack eines Weines mehr fixieren und lange erhalten. Wenn das die Zukunft ist, bräuchten sich Winzer auch keine Gedanken machen, wie durchlässig sie ihre Schrauber machen wollen. Für mich keine akademischen Fragen… Wenn, was ich als Reifung betrachte, zugunsten des Konservierenden abgedrängt wird, trudel ich in eine neue Weinwelt.

Gruß, Kle
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