Hallo zusammen,
zur Unterstützung der Entscheidungsfindung für die 2015er Einkäufe mussten mal (eigentlich zur Unzeit) zwei 2010er dran glauben, die ein Händler damals wärmstens empfohlen hatte. Wie es eben so ist - ein Treffer, eine Niete... super gefallen hat mir Domaine de l'A. Klar, moderne Ausrichtung mit hoher Reife und Konzentration, aber in dieser Richtung fantastisch gelungen, und trotz der Wucht trinkanimierend. "Deep, medium to full-bodied, opulent and fleshy, this is hedonism at its finest" sprach Bob seinerzeit, und recht hat er. Die Derenoncourt-Stilistik gefällt mir manchmal bei diesem Wein besser als bei den höherpreisigen Chateaux, die er berät, weil die dort manchmal anzutreffenden Übertreibungen beim de l'A nicht so vorkommen. Man merkt schon die Ambition, aber eben keine Überambition. Irritierend finde ich dagegen Chateau Seguin. Der riecht erstmal wie eine in haufenweise Heftpflaster eingewickelte Schnapspraline. Im Mund tut er im erstem Moment so, als sei er ein frischer, süffiger Wein, aber je länger er im Mund ist, desto unangenehmer wird er bis zum alkoholisch-bitteren Abgang. Das Glas will nicht recht leer werden, dieser Wein ist nix für mich.
VG Jürgen
Bordeaux 2010
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Re: Bordeaux 2010
Ganz ähnlich empfand ich den Wein nach seiner Auslieferung. Hat sich in den vier Jahren scheinbar nicht viel getan. Da hilft nur Zuwarten.Trinkfreude hat geschrieben:Irritierend finde ich dagegen Chateau Seguin. Der riecht erstmal wie eine in haufenweise Heftpflaster eingewickelte Schnapspraline. Im Mund tut er im erstem Moment so, als sei er ein frischer, süffiger Wein, aber je länger er im Mund ist, desto unangenehmer wird er bis zum alkoholisch-bitteren Abgang. Das Glas will nicht recht leer werden, dieser Wein ist nix für mich.
VG Jürgen
Grüße,
Wolf
„Es war viel mehr.“
Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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Re: Bordeaux 2010
Vielleicht hilft Zuwarten wirklich wenigstens in Teilen. Am zweiten und dritten Tag hat sich immerhin der Pflastergeruch weitgehend verzogen, so dass man eine ungetrübte Fruchtnase genießen konnte, und der Wein hat sich insgesamt etwas besser integriert. Nicht verbessert hat sich allerdings der Abgang. 

Re: Bordeaux 2010
Chateau Fontenil 2010 (undekantiert)
Gedecktes dunkles, fast schwarzes Rubinrot, edle brillante, visköse Anmutung
mittelkräftiges eher zurückhaltendes harmonisches Bukett, dunkle frische Frucht
am Gaumen Kirschen, noch deutliches Tannin, aber schön balanciert, 10er Struktur und Frische sind prototypisch ausgeprägt, Frucht hält sich insgesamt zurück, nicht vordergründig, Eiche kommt über dunkle Schokolade durch, eher maskuliner Einschlag, nicht so schmeichelnd, wie der einst getrunkene Haut Ballet 10 und irgendwie ernsthafter in der Prägung. Der Abgang ist mittellang, nicht beschwerend, auch wenn der Alkohol doch in einer leichten Wärme nachklingt.
Fazit: Ein seriöser Wein, der sich noch etwas distanziert zeigt, aber sicher gutes Entwicklungspotential besitzt. Ich denke in 5 Jahren ist dies ein äußerst gediegener Trinkgenuss. Ich stelle ihn mir dann mit weniger reibenden Tanninen, mit einer schmelzigen Extraktsüße und gutem Trinkfluss vor. Auch wenn ich nicht wirklich weiß, was ein typischer M. Rolland- Wein ist, stelle ich mir ihn so nicht vor… Der Wein wirkt nicht gemacht und gekünstelt, sondern in sich stimmig und eigentlich fast unscheinbar in sich ruhend. Er zeigt sich aktuell knochentrocken. (90P)
PS: Nachdem ich insg. 3 Flaschen Fontenil 10 im Keller hatte, ist die Auswahl heute auf diesen Wein gefallen. Den Clos Puy Arnaud 2012 hab ich wieder zurückgestellt.
In meinem Umfeld wird Bordeaux nicht sonderlich geschätzt, „B. ist teuer und überschätzt“, „wir haben ohnehin bessere Sachen“ ist das allgemeine Credo. Ich lasse das so stehen, muss aber persönlich immer mehr zur Kenntnis nehmen: Bordeaux ist keineswegs teuer, wenn man weiß, was man kaufen muss (Chateau/Jahrgangs-Kombination), ich hab in der letzten Zeit 5 Bordeaux(du Redout 09, Clos Manu 12, Haut Ballet 10, de Pressac 09, jetzt Fontenil 10) und 1 einheimischen Rotwein (bleibt anonym) aufgemacht, wobei ich die B. alle in einem Sitz wegtrinken hätte können(Stichwort Trinkfluss), keine einzige Enttäuschung. Ich hab den einheimischen 94P – Wein, der als eleganter Vertreter mit 13% Alk. gilt, seit fast 2 Wochen im Kühlschrank zu 1/2 voll…
Gruß, Reinhard
Gedecktes dunkles, fast schwarzes Rubinrot, edle brillante, visköse Anmutung
mittelkräftiges eher zurückhaltendes harmonisches Bukett, dunkle frische Frucht
am Gaumen Kirschen, noch deutliches Tannin, aber schön balanciert, 10er Struktur und Frische sind prototypisch ausgeprägt, Frucht hält sich insgesamt zurück, nicht vordergründig, Eiche kommt über dunkle Schokolade durch, eher maskuliner Einschlag, nicht so schmeichelnd, wie der einst getrunkene Haut Ballet 10 und irgendwie ernsthafter in der Prägung. Der Abgang ist mittellang, nicht beschwerend, auch wenn der Alkohol doch in einer leichten Wärme nachklingt.
Fazit: Ein seriöser Wein, der sich noch etwas distanziert zeigt, aber sicher gutes Entwicklungspotential besitzt. Ich denke in 5 Jahren ist dies ein äußerst gediegener Trinkgenuss. Ich stelle ihn mir dann mit weniger reibenden Tanninen, mit einer schmelzigen Extraktsüße und gutem Trinkfluss vor. Auch wenn ich nicht wirklich weiß, was ein typischer M. Rolland- Wein ist, stelle ich mir ihn so nicht vor… Der Wein wirkt nicht gemacht und gekünstelt, sondern in sich stimmig und eigentlich fast unscheinbar in sich ruhend. Er zeigt sich aktuell knochentrocken. (90P)
PS: Nachdem ich insg. 3 Flaschen Fontenil 10 im Keller hatte, ist die Auswahl heute auf diesen Wein gefallen. Den Clos Puy Arnaud 2012 hab ich wieder zurückgestellt.
In meinem Umfeld wird Bordeaux nicht sonderlich geschätzt, „B. ist teuer und überschätzt“, „wir haben ohnehin bessere Sachen“ ist das allgemeine Credo. Ich lasse das so stehen, muss aber persönlich immer mehr zur Kenntnis nehmen: Bordeaux ist keineswegs teuer, wenn man weiß, was man kaufen muss (Chateau/Jahrgangs-Kombination), ich hab in der letzten Zeit 5 Bordeaux(du Redout 09, Clos Manu 12, Haut Ballet 10, de Pressac 09, jetzt Fontenil 10) und 1 einheimischen Rotwein (bleibt anonym) aufgemacht, wobei ich die B. alle in einem Sitz wegtrinken hätte können(Stichwort Trinkfluss), keine einzige Enttäuschung. Ich hab den einheimischen 94P – Wein, der als eleganter Vertreter mit 13% Alk. gilt, seit fast 2 Wochen im Kühlschrank zu 1/2 voll…
Gruß, Reinhard
Re: Bordeaux 2010
Guter Start !toska hat geschrieben:..., wobei ich die B. alle in einem Sitz wegtrinken hätte können(Stichwort Trinkfluss), keine einzige Enttäuschung. Ich hab den einheimischen 94P – Wein, der als eleganter Vertreter mit 13% Alk. gilt, seit fast 2 Wochen im Kühlschrank zu 1/2 voll…
Gruß, Reinhard
Grüße und Danke für die Notiz,
Wolf
„Es war viel mehr.“
Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
Re: Bordeaux 2010
Danke für die Ermutigung! Freud mich besonders, da ich deine Beiträge schon lange mit viel Interesse lese.
Gruß, Reinhard
Gruß, Reinhard
Re: Bordeaux 2010
War etwas erschrocken über den Seguin Beitrag da ich selbst ein Kiste im Keller habe.
Hab dann gleich eine geöffnet und über drei Tage bin ich jetzt dran.
Aber ich bin sehr zufrieden. Das mit dem Heftpflaster und der Mon Cherie Kirsch kann ich nachvollziehen.
Hätte ich aber ohne Vorbeschreibung so nicht erfasst.
Meine Frau meinte etwas von Luberon Erinnerungen. Parker schreibt was von sweet kirsch liqueur, licorice and an almost Provencal-like lavender character usw
Nach der Arrivage fand ich den nicht so gut und zu holzig. Aber das ist nicht mehr so.
Schöne Würze, tiefgründig, sukkulent und üppig. Damals die 20 Sub Preis gehen voll in Ordnung.
Etwas erleichterte Grüße
Rainer
Hab dann gleich eine geöffnet und über drei Tage bin ich jetzt dran.
Aber ich bin sehr zufrieden. Das mit dem Heftpflaster und der Mon Cherie Kirsch kann ich nachvollziehen.
Hätte ich aber ohne Vorbeschreibung so nicht erfasst.
Meine Frau meinte etwas von Luberon Erinnerungen. Parker schreibt was von sweet kirsch liqueur, licorice and an almost Provencal-like lavender character usw
Nach der Arrivage fand ich den nicht so gut und zu holzig. Aber das ist nicht mehr so.
Schöne Würze, tiefgründig, sukkulent und üppig. Damals die 20 Sub Preis gehen voll in Ordnung.
Etwas erleichterte Grüße
Rainer
Viele Grüße
Rainer
"Nein, Alkohol trinke ich nicht. Ich trinke hier einen Schoppen Winzerwein!"
Rainer
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Re: Bordeaux 2010
Und schon wieder ein 2010er, der mich etwas ratlos lässt: Rol Valentin. Ohne ins Detail gehen zu wollen: Tolle Nase, schon mit erstaunlicher Tiefe und Komplexität, Intro im Mund auch sehr schön mit mittlerer Fülle, aaaaaaber der Abgang... Auch hier eindeutig bitter und mit spürbarem Alkohol. Nicht dass gleich wieder einer erschrickt - das ist keine Katastrophe, der Wein ist schon in Summe anständig. Dennoch ist er nicht so, wie ich ihn mir gewünscht hätte. Klar ist 2010 ein strukturierter Jahrgang, aber es gibt eben einen Unterschied zwischen "viel Gerbstoff" (der adstringierend ist, aber über die Jahre mürbe wird und dennoch eine gewisse Süßewahrnehmung erzeugt, wenn er reif ist) und "bitterem Gerbstoff" (der aus mangelnder Reife kommt, und diese Bitterkeit baut sich eben über die Jahre nicht ab). Meine Befürchtung ist, dass der RV eine kräftige Ladung von zweiterem abbekommen hat. Mal sehen, wie der Rest sich morgen abend präsentiert.
Re: Bordeaux 2010
auch eine Überzahl an Gerbstoffen wirken sensorisch bitter und 2010 hat Massen an Tannin. Aber selbst bitterer Gerbstoff kann sich noch abbauen. Diese Erfahrung mache ich derzeit mit vielen 1998ern vom linken Ufer. Vor fünf Jahren war da noch viel ungehobeltes Tannin. Mittlerweile trinken sich etwa die Weine aus Margaux sehr schön.
Grüße,
wolf
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Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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Re: Bordeaux 2010
Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube...
Wolf, auf Dich ist wenigstens Verlass...
Ich hatte schon mit einer Antwort von Dir in diesem Sinne gerechnet. Die sensorische Wirkung von einfach nur (zu) viel Tannin kenne ich schon auch, und ganz konkret auch von 98ern. Die trocknen massiv den Mund aus, machen das pelzige Gefühl und überlagern damit alles andere. Das ist aber nicht das gleiche, was ich hier im RV schmecke - dieses grünlich-bittere ist für mich was anderes. Denk mal an den Effekt zerkauter unreifer Traubenkerne.
Aber jedem das Recht auf seine eigenen Papillen - Wiedervorlage zum neuerlichen Tannin-Perzeptions-Mail-Battle in 2020!
Wolf, auf Dich ist wenigstens Verlass...

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