Additive Önologie

Was Sie schon immer über Wein wissen wollten, aber nie zu fragen wagten
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Gerald
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Re: Additive Önologie

Beitrag von Gerald »

Eine Deklarierungspflicht wäre aber sinnvoll.
ja, durchaus. Stellt sich aber die Frage, ob man da nur Zusätze deklarieren muss, oder auch (physikalische) Verfahren, die aber möglicherweise am Charakter des Weines noch mehr ändern, z.B. Mostkonzentration.
Und die Vergleiche mit Wildäpfel und Wildrebe wirken schon etwas überzogen.
Das finde ich wiederum ganz und gar nicht. Ich verstehe überhaupt nicht, warum Reinzuchthefen als "unnatürlich" abgelehnt werden, "Reinzucht-Reben" aber nicht. OK, man kann natürlich der Ansicht sein, dass Spontangärung zu besseren Weinen führt (genauso wie manche Winzer meinen, dass ein gemischter Satz aus teilweise gar nicht bekannten Rebsorten in einem alten Weinberg die Herkunft besser ausdrückt als sortenreine Weine). Aber "unnatürlich" oder so ähnlich sind Reinzuchthefen genauso viel oder wenig wie Riesling, Pinot & Co.

Grüße,
Gerald
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VillaGemma
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Re: Additive Önologie

Beitrag von VillaGemma »

Ich muss sagen, dass ich mit Reinzuchthefen auch kein Problem habe, auch wenn ich den Vergleich mit Wildäpfeln zwar nachvollziehen kann, aber ... ;) Es geht hier in der Tat wohl eher um das Thema authentischer Wein. Spontanvergärung wäre da die wohl nachvollziehbarste Variante (und ja durchaus auch von vielen Wintern praktiziert).
Aber dass es dann Hefen gibt, die viel Kirsch, viel Schoko oder viel Dingsbumsgeschmack reinmachen, ist für mich "naja", aber definitiv kein großes Drama. Mit den anderen Zusatzstoffen/Enzymen habe ich persönlich ein sehr großes Problem, muss ich sagen.
Da möchte ich, dass das auf der Flasche drauf steht. Warum? Weil ich das Zeug dann nicht kaufe. Ich fürchte, dass ich mich auch so imme rmehr auf ein paar ganz wenige Winzer zurückziehe, die mit so einem Kram nicht arbeiten, sondern "ehrliche" Weine machen. Das mit den Holzschnipseln für Billig-Rioja-Weine ist ja ein alter Hut. Nur war klar, dass es dabei nicht bleibt. Lang lebe die Lebensmittelchemie :roll: ...an sich auch alles ok, wenn es nur auf dem Produkt draufsteht. So wie die ca. 150 Zusatzstoffe für Billigbrötchen auch nicht draufstehen :evil: ...so was macht micht sehr böse und ganz eigentlich sollte man da auch gerichtlich gegen vorgehen! Meine Meinung.
"wine is sunlight held together by water" (Galileo Galilei)

Auch eine Enttäuschung, wenn sie nur gründlich und endgültig ist, bedeutet einen Schritt vorwärts. (Max Planck)
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Gerald
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Re: Additive Önologie

Beitrag von Gerald »

Das mit den Holzschnipseln für Billig-Rioja-Weine ist ja ein alter Hut.
ja, das ist auch so ein Thema. Klar, das ist eigentlich eine Art "Aromatisierung" des Weins (wenn ein Winzer Kirschsirup, Zimtstangen oder Vanilleschoten zusetzt, ist das ja auch zu Recht verboten).

Nur machen neue Barriquefässer genau dasselbe, sie sorgen auch für einen mit Fremdaromen aromatisierten Wein.

Allerdings sind Barriquefässer "Tradition" und daher sakrosankt. :o

Grüße,
Gerald
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VillaGemma
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Re: Additive Önologie

Beitrag von VillaGemma »

Gerald hat geschrieben:
Allerdings sind Barriquefässer "Tradition" und daher sakrosankt. :o
Ähm, nein. Das ist nicht das Problem. Selbstverständlich verändert das Barrique den Wein (stark). Sind wir uns voll einig. Nein, dass soll es sogar ;) .

Der Betrug liegt hier, dass ein (teurer) Barrique-Ausbau vergegaukelt wird! Das ist das Problem. Wiederum das einfach draufzuschreiben, ist dann (für mich) absolut ok. Ich trinke diesen Krams ohnehin nicht, bin aber trotzdem dafür, dass jeder sehen kann, was er kauft/trinkt.

Solange ich drauf schreibe, dass ist ein "Aromatisiertes Alkoholgetränkt, dem Weingeschmack ähnlich", so habe ich auch kein Problem mit den Billig-Ami-Zentrifugen-Weinen (außer das ich sowas heutzutage echt nicht mehr durch den Hals bekommen würde, geschweige denn kaufen). Nur wenn einer dann per Gesetz sagen darf: Das ist Wein, traditonell gemacht, ist das für mich Betrug am Kunden. So einfach.

Ich will einfach wissen, was ich kaufe! Ob es mir dann schmeckt oder nicht ist erstmal sekundär. Nur finde ich es ein absolutes Unding, das wir Konsumenten ständig irgendein Kunstprodukt vorgesetzt bekommen, wo noch nicht mal draufsteht, wieviel Zusatzstoffe und was da eingeflossen sind.

Bringt einen dann einfach stark in die BIO-Ecke ...und da zu Bioland und Demeter bzw. in diesem Fall zu dem Winzer Deines Vertrauens ;) .
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Gerald
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Re: Additive Önologie

Beitrag von Gerald »

Billig-Ami-Zentrifugen-Weinen
wenn du damit die SCC (spinning cone column) meinst: die würde bei der Forderung nach einer Deklaration der Inhaltstoffe gar nicht deklarationspflichtig sein, da ja hier nichts zugesetzt wird, sondern nur selektiv bestimmte Komponenten nach ihrem Siedepunkt abgetrennt und entfernt werden (z.B. Alkohol). Genauso wie bei der Mostkonzentration nur Wasser entfernt, aber nichts zugesetzt wird.

Grüße,
Gerald
MichaelWagner
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Re: Additive Önologie

Beitrag von MichaelWagner »

Bringt einen dann einfach....zu dem Winzer Deines Vertrauens
Gute Wahl, denn der Gang zum Winzer Deines Vertrauens spart dem Winzer (und damit auch Dir): Zertifizierungen, Extra-Kosten fürs Rückenetikett, Einträge in Weinführer, Handgelder, Weinwettbewerbe, Fotoshootings, aufwändige Websites und ne ganze Menge diverses sinnfreies Gedöns, das nix mit dem Flascheninhalt zu tun hat...

...OKOKOK, Zeit aufzuwachen...es könnte so einfach sein, isses aber nicht...

Weiter geht's, Michael
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
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VillaGemma
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Re: Additive Önologie

Beitrag von VillaGemma »

MichaelWagner hat geschrieben: Zertifizierungen, Extra-Kosten fürs Rückenetikett, Einträge in Weinführer, Handgelder, Weinwettbewerbe, Fotoshootings, aufwändige Websites und ne ganze Menge diverses sinnfreies Gedöns, das nix mit dem Flascheninhalt zu tun hat...
Alles davon spart man nicht ein. Einiges aber wahrscheinlich. Jetzt bin ich durchaus als Exot/Sonderling/Irrer unterwegs. Wees ick und merke ich immer wieder, wie sehr man aneckt, wenn man zB erklären muss (ggü. Kollegen), warum man das "Hähnfleisch" jetzt nicht isst, weil man den antibiotisch+bakteriell verseuchten Dreck seinem Magen/Körper nicht antun mag. Hähnchen, aber auch Schwein rausgegriffen, weil es da doch sehr krass ausschaut im Vergleich zu Bioland/Demeter.
Aber zurück zum Punkt. Zertifizierung kann man mMn nicht zwingend einsparen, es sei denn, man ist wirklich eng mit dem Winzer befreundet und vertraut ihm voll und ganz. Ok, ich schrieb: Winzer Deines Vertrauens. Von daher ja, dann würde man konsequenterweise auch das Zertifikat net brauchen. Aber da nunmal nicht alle Käufer sich so genau mit der Sache befassen können und wollen, hilft das Zertifikat doch schon mit. Es wird den Kundenkreis durchaus noch erweitern und schafft (zusätzliches) Vertrauen. Mir gefällt es, wenn ein Wein ein Bio-Siegel hat. Sagen wir es mal so. Aber Wein ist eines der letzten Lebensmittel, bei denen ich/wir noch nicht 100% auf Siegel achten, sondern 100% auf Geschmack ;)

MichaelWagner hat geschrieben: ...OKOKOK, Zeit aufzuwachen...es könnte so einfach sein, isses aber nicht...
Es ist nicht einfach, da es zuviele Menschen gibt, die sich an der Ignoranz/Dummheit oder Naivität des Käufers bereichern wollen und das auch tagtäglich tun, sprich Minderwertiges für Qualität verkaufen. Das ist ein absolut menschliches Problem und wird auch nie aus der Welt geschaffen werden. Zudem haben wir einen Verbraucherschutz, der die Industrie vor den Verbrauchern schützt und damit mMn etwas grundsätzlich mißverstanden hat, wobei nein :twisted: , natürlich hat er nix mißverstanden. Die Lobbyisten regeln daß schon, damit da nix "mißverstanden" wird...
ERGO: Bleibt schwierig. Und solche nicht zu deklarierenden Zusätze, sei es Wein, seien es Brötchen, helfen nicht, auch nur einen Funken Vertrauen zurückzubringen. Aber zum Glück ist 90% der Deutschen das Auto wesentlich wichtiger als alles andere und Essen nur ein Mittel zum Zweck. Glück gehabt Regierung + Lobbytum.
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C9dP
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Re: Additive Önologie

Beitrag von C9dP »

Hallo Robert,

die Einstellung ist mir viel zu fanatisch. Viele Zusätze sind doch völlig harmlos. Und Biosiegel sind zu einem nicht unwesentlichen Teil genauso Volksverars.... :evil:

Die Mengen, die wir mit Biolabeln konsumieren erfordern mittlerweile genauso industrielle Produktionen. Und die Zusätze sind andere jedoch genauso vorhanden. Siehe Kupferpräparate im Weinberg. Da schadet die Bioproduktion der Umwelt teilweise genauso, wie die konventionelle Landwirtschaft auch.

Ich habe gar nicht die Erwartung, dass alle Inhaltsstoffe angegeben werden. Viele davon sind unbedenklich, wenn man sich ausgewogen ernährt. Und deshalb braucht es auch nicht nur das Biohuhn. Ich hab auch ab und zu mal Bock auf nen Cheeseburger und den "gönn" ich mir dann auch sogar ohne schlechtes Gewissen. Das hat mit Naivität oder Ignoranz gar nichts zu tun. Bei Allergenen und/oder bedenklichen Stoffen bin ich klar für eine Deklarationspflicht.

Wenn du dich über jegliche nicht natürlichen Inhaltsstoffe aufregst, dann solltest du aufhören, Wein oder Alkohol generell zu konsumieren.
Viele Grüße

Aloys
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VillaGemma
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Re: Additive Önologie

Beitrag von VillaGemma »

C9dP hat geschrieben: die Einstellung ist mir viel zu fanatisch. Viele Zusätze sind doch völlig harmlos. Und Biosiegel sind zu einem nicht unwesentlichen Teil genauso Volksverars.... :evil:
Hallo Aloys,

das ist mir an der Stelle zu Allgemein ausgedrückt. Ich spreche von Bioland und Demeter. Sind die einzigen beiden Siegel, die ich ernst nehme. Wenn dort Schmuh gemacht wird, dann bitte den Fall nennen. Mir ist da bislang wenig bekannt, außer ja: Kupfer.
C9dP hat geschrieben: Und die Zusätze sind andere jedoch genauso vorhanden. Siehe Kupferpräparate im Weinberg.
Kupfer ist ein umstrittened Spritzmittel. Korrekt. Kann ich leider nicht ändern.
Aber Zusätze bei einem Brötchen wird man bei Bioland+Demeter so nicht finden wie bei der Billig-Schrippe. Ganz sicher nicht. Beim Wein bin ich mir ehrlich nicht sicher, muss ich mich reinlesen.
C9dP hat geschrieben: Viele davon sind unbedenklich, wenn man sich ausgewogen ernährt.
Diese Aussage kann ich so nicht stehen lassen. Denn ich behaupte: Bei vielen Zusätzen weiß man gar nicht, wie der Mensch/die Umwelt da langfristig mit umgeht.
Ich möchte ja auch nicht mehr, als das es draufsteht! Es soll verdammt nochmal draufstehen, was der "Bäcker" da alles reingekippt hat. Und nicht...ach ist unkritisch, glaub mir. Nein, glaub ich nicht und kauf ich somit nicht.
C9dP hat geschrieben: Und deshalb braucht es auch nicht nur das Biohuhn. Ich hab auch ab und zu mal Bock auf nen Cheeseburger und den "gönn" ich mir dann auch sogar ohne schlechtes Gewissen. Das hat mit Naivität oder Ignoranz gar nichts zu tun.
Auch wenn es so klingen mag. Ich wollte "Dir" auch keinen direkten Vorwurf machen. Ich störe mich nur daran, wenn man mir vorwirft, etwas nicht zu essen weil ich da nunmal kein Vertrauen habe und Wert drauf lege. Ich ess dann lieber nix. Das mag man durchaus als fanatisch sehen. Ich sage dazu: Konsequent ;)
C9dP hat geschrieben: Bei Allergenen und/oder bedenklichen Stoffen bin ich klar für eine Deklarationspflicht.
Da hört der Spass auch total auf, weil es lebensgefährlich für den Allergiker werden kann. Aber auch da findet man leider nicht alles.
C9dP hat geschrieben: Wenn du dich über jegliche nicht natürlichen Inhaltsstoffe aufregst, dann solltest du aufhören, Wein oder Alkohol generell zu konsumieren.
Nun ja, ich habe bei dem Wein, den ich so trinke, ein recht gutes Gefühl, dass da nicht "alle Tricks" angewandt wurden. Aber letzten Endes vertraut man dann auch wieder auf die Aussagen der Weinmacher, wenn man sie bei einem Besuch auf solche Inhaltsstoffe hin anspricht, das sie die Wahrheit sagen. Und was die Siegel beim Thema Wein bedeuten (bei Nahrung habe ich es mir mal durchgelesen und war davon ziemlich angetan), wes ick noch nitt ;) ...muss ich mich in der Tat noch aufschlauen. Weiß nur, dass der Einsatz von Schwefel geregelt ist, jedoch nicht mehr.
"wine is sunlight held together by water" (Galileo Galilei)

Auch eine Enttäuschung, wenn sie nur gründlich und endgültig ist, bedeutet einen Schritt vorwärts. (Max Planck)
JDW2309
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Re: Additive Önologie

Beitrag von JDW2309 »

Only my 2 cents to this topic:

Hier wurde auf Seite 5 des Themas eine Flasche gezeigt, die ja viele Angaben drauf stehen hat! Habt ihr euch das mal genau angesehen? Ich meine hier wird ein Thema rauf und runter diskutiert und keiner hat bemerkt, dass diese Flasche 1,57g flüchtige Säure aufweist! Wisst ihr was 1,57g flüchtige Säure bedeuten? Das Zeug ist eigentlich schon Essig bei so einem hohen Wert!
Also dann würde ich noch einen Aspekt hinzu fügen, wenn ihr schon so viel Kraft und Zeit in diese Diskussion hinein hängt und zwar:

Selbst wenn da alles offen und ehrlich steht, wer würde denn verstehen was das alles bedeutet?

Auch dieses Gerede mit den Enzymen......als ob ich es mit Enzymen schaffe gezielte Aromen herbeizuzaubern! So etwas geht einfach nicht! Diese Aromen sind schon vorhanden im Most, kurz und banal beschrieben sind sie glykosidisch gebunden und dadurch inaktiv oder werden nur nach einer gewissen Dauer freigesetzt, Enzyme können diesen Effekt der Freisetzung verstärken, was auch bei Weinen gemacht wird, die schnell getrunken werden sollen, aber so wie sich das für mich hier anhört (und korrigiert mich wenn ich falsch liege) wird hier angenommen, dass ich Enzyme in jeden noch so beschissenen Most rein hauen kann und auf wundersame Weise bekomme ich wunderbare Aromen heraus! Wo nichts ist kann auch nichts heraus kommen!
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