welcher Wein zu welchem Essen

Rezepte, Erfahrungsberichte, "the perfect match"
Grenache
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Re: welcher Wein zu welchem Essen

Beitrag von Grenache »

Bei mir oder bei uns an jedem Freitag als kleine Klitsche, die erfolgreich während der abgelaufenen Woche war, stellt sich niemals die Frage, welcher Wein zu Austern, sondern welcher Champagner zu welchen Austen.
Fin de Claires als unterste Ebene für einen Steh.C. sind kommunikativ mit fast allen Winzerchampagnern, interessanter wird es schon in der Kombination mit Belons, GIllardeaus oder Marennes, da ist man geschmacklich an die eigenen Vorlieben gebunden, zitrusbehaftet, nussig, rassig trocken, knüppeltrocken, sans dosage etc.
Allenfalls, als Notbehelf, gilt ein Muscadet de Sevre et Maine sur Lie, aber nur dann, wenn jemand tierischen Durst verspürt. Die Austern dazu natürlich pur!
Die recht große pazifische Auster chinesischer Art als gedämpfte Variante mit Knoblauch, Reisnudeln und Schnittlauch ist eine Köstlichkeit, zu der man besser ein Tsingtao trinkt, meist wird auch nichts besseres angeboten. Ich mache sie für diejenigen, die keine rohen Austern mögen, gerne im Dampfgarer bei 4min, dann Schnittlauch darüber und einen Hauch von Parmesan. Damit überzeuge ich auch öfters Gegner von Meeresfrüchten.
There are 2 reasons for drinking: one is when you are thirsty to cure it, the other, when you are not thirsty to prevent it...prevention is better than cure.
Thomas Love Peacock
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octopussy
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Re: welcher Wein zu welchem Essen

Beitrag von octopussy »

Das hatte ich ganz übersehen hier. Vielen Dank, Ole, für die kurze Zusammenfassung. Eine etwas längere Zusammenfassung von mir, gibt es hier zu lesen: http://www.originalverkorkt.de/2015/10/ ... -gefunden/

Champagner, Chablis und Muscadet sind eigentlich meine drei sicheren Favoriten, wenn es um Austern geht. An dem Abend wollten sie aber nicht so recht begeistern. Alle drei waren schon gut, aber so richtig begeisternd dann auch nicht. Die Fines de Claire waren für den Anfang m.E. schon ok, sie waren in jedem Fall auch sehr schön frisch, aber beim nächsten Mal sollten wir vielleicht tatsächlich mal Belons oder gleich Gillardeaus ausprobieren. Die Wein-Austern-Kombinationen dürften da deutlich anders ausfallen. Da unsere Austern sehr stark auf der Salzigkeit und dem Meergeschmack aufbauten, war vielleicht der sehr kreidige Veuve Fourny eher + und + = -, wohingegen er bei etwas nussigeren, fetteren Austern besser zur Geltung kommt.

Tatsächlich hatten wir ja noch einen restsüßen Moselaner, nämlich einen 98er Schloss Lieser Niederberg Helden Spätlese Versteigerung, aber der war für meinen Geschmack zu süß und zu dominant für die Auster. Als Restsüßen Moselaner stelle ich mir einen Grünhäuser, den erwähnten Karthäuserhof, einen JJ Prüm, o.ä., als Kabinett oder leichte Spätlese schon grds. passend vor, aber das werden wir bei der nächsten Ausgabe nächstes Jahre ausprobieren.

Meine "Entdeckung" war der Albarino und beim nächsten Mal Austern werde ich einen Vinho Verde Alvarinho trinken.
Beste Grüße, Stephan
Einzelflaschenfreund
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Re: welcher Wein zu welchem Essen

Beitrag von Einzelflaschenfreund »

Ein paar eigene Eindrücke möchte ich zu Oles und Stephans Ausführungen noch ergänzen:

Ich habe mal versucht, anhand meiner jeweils für den Wein solo und für die Kombi Wein/Auster notierten Punkte fünf Gruppen zu bilden:

1 - Wein solo signifikant* besser als in der Kombi
2 - Wein solo etwas besser als in der Kombi
3 - Solo und in der Kombi auf etwa gleichem Niveau
4 - Wein in der Kombi etwas besser als solo
5 - Wein in der Kombi signifikant* besser als solo

*nicht im quantitativen Sinne, hier geht es nur um meine Einschätzung

Die Ergebnisse:

1 - Champagner, Vouvray (92 zu 82!)
2 - Chablis 1er Cru, Riesling
3 - PX trocken, Chablis Village, Barsac (die Barsac-Kombi gefiel mir durchaus viel besser als die Chablis-Kombi, aber es war halt in ähnlichem Maße konsistent zur Solo-Weineinschätzung)
4 - Sancerre
5 - Sake, Albarino, Muscadet, Graves (87 zu 94!)

Die Extreme waren somit der Vouvray, der sehr stark abfiel. Auch dem Champagner schadete die Auster, er schmeckte metallisch und der Blubber störte. Hingegen war der Sake solo überhaupt nicht mein Fall, die Kombi funktionierte für mich aber besser als für die meisten übrigen Teilnehmer. Wie ich überhaupt sagen muss, dass die meisten Weine der Gruppen 4 und 5 von Haus aus nicht unbedingt zu meinen Favoriten zählen, aber mit der Auster wirklich exzellent harmonierten. Der Gesamtsieger Barsac war bei mir auch in der erweiterten Spitze, aber nicht ganz vorn. Mein Favorit war die Kombi mit dem Graves, gefolgt von Sancerre und Muscadet. Sancerre ist deshalb in Gruppe 4 und nicht 5, weil er solo schon wirklich sehr klasse war.

Den Austern selbst (wirklich gute Qualität, topfrisch und aromatisch wie von Stephan beschrieben) schadete übrigens keiner der Kandidaten wirklich, die konnten sich in allen Kombis behaupten. Zumindest für diese Kombifrage lässt sich also die Suche nach dem Perfect Match dann doch noch relativ einfach beantworten, denn es genügt der Blick darauf, wie der Wein mit der Speise klar kommt, die andere Richtung spielt praktisch keine Rolle.

Ein paar Schlussfolgerungen und Thesen:

- Grundsätzlich passen jüngere, tendenziell rustikalere und leichtere (aber nicht zarte) Weine. Der Barsac ist hier die schwer erklärbare Ausnahme von der Regel.
- Zumindest an diesem Abend erschloss sich die vermeintliche Güte der klassischen Kombi mit Champagner oder (womöglich auch noch hochkarätigem) Chablis nicht. Vielleicht ist es - ähnlich wie beim Kaviar - so eine Logik der Luxusprodukte (jedenfalls außerhalb der Austern-Regionen), nach der zu einer teuren Speise auch ein teurer Wein zu gehören habe? "Wenn ich schon Bentley fahre, muss ich auch Pelz tragen."
- Was oft geraten wird, nämlich erst mal zu schauen, ob sich bei den persönlichen Weinfavoriten nicht etwas zum Essen Passendes findet, kann hier eher in die Irre führen. Oder anders: Wenn der Wein solo schon dem persönlichen Geschmack in hohem Maße entspricht, wird er sich vielleicht schwer tun, in der Kombi noch mal signifikant zuzulegen.

Viele Grüße
Guido

PS: Ja, ich schreibe gern auch auf Facebook über Wein. Aber dann tendenziell nicht unbedingt Berichte dieser Art. Und auf einen drei Tage alten Beitrag wäre ich vermutlich auch nicht mehr eingegangen. Trotzdem ist FB für deutlich mehr zu gebrauchen als für "Damn' good" oder "Kaufen!" Lassen wir doch mal diese allzu simplen Gegenüberstellungen der jeweiligen Plattformen. Peinliche Entblößungen über persönliche Emp- und Befindlichkeiten gibt es übrigens hier wie dort.
Ole
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Re: welcher Wein zu welchem Essen

Beitrag von Ole »

Das ist ein hochinteressanter und aussagekräftiger und nachdenklich machender Beitrag, Guido, (also das vor dem PS Geschriebene)! Ole
olifant
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Re: welcher Wein zu welchem Essen

Beitrag von olifant »

Einzelflaschenfreund hat geschrieben: Ein paar Schlussfolgerungen und Thesen:

- Grundsätzlich passen jüngere, tendenziell rustikalere und leichtere (aber nicht zarte) Weine. ...
- Zumindest an diesem Abend erschloss sich die vermeintliche Güte der klassischen Kombi mit Champagner oder (womöglich auch noch hochkarätigem) Chablis nicht. Vielleicht ist es - ähnlich wie beim Kaviar - so eine Logik der Luxusprodukte (jedenfalls außerhalb der Austern-Regionen), nach der zu einer teuren Speise auch ein teurer Wein zu gehören habe? ...."
Dies würde ich grundsätzlich unterschreiben ... :mrgreen:
Einzelflaschenfreund hat geschrieben: - ... . Oder anders: Wenn der Wein solo schon dem persönlichen Geschmack in hohem Maße entspricht, wird er sich vielleicht schwer tun, in der Kombi noch mal signifikant zuzulegen.
Selbst wenn man schon einmal eine perfekte Marriage gefunden hatte, heißt dies noch lange nicht, dass dies beim nächsten mal genauso perfekt funktioniert. Ansonsten gilt m.E. was für den einen harmoniert, muss für den anderen nicht stimmig sein ... was letztlich 'eh deiner Zusammenfassung entspricht, wenn ich dass mal so interpretieren darf.
Grüsse

Ralf

Die Zukunft war früher auch besser.
Karl Valentin
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Re: welcher Wein zu welchem Essen

Beitrag von Einzelflaschenfreund »

olifant hat geschrieben:
Einzelflaschenfreund hat geschrieben: - ... . Oder anders: Wenn der Wein solo schon dem persönlichen Geschmack in hohem Maße entspricht, wird er sich vielleicht schwer tun, in der Kombi noch mal signifikant zuzulegen.
Selbst wenn man schon einmal eine perfekte Marriage gefunden hatte, heißt dies noch lange nicht, dass dies beim nächsten mal genauso perfekt funktioniert. Ansonsten gilt m.E. was für den einen harmoniert, muss für den anderen nicht stimmig sein ... was letztlich 'eh deiner Zusammenfassung entspricht, wenn ich dass mal so interpretieren darf.
Zustimmung. Wobei wir uns als Runde doch in den groben Tendenzen ziemlich einig waren. Exemplare wie der Sake oder auch der OVNI polarisieren vermutlich auch wegen ihrer Andersartigkeit stärker (und gar nicht in erster Linie wegen ihrer Austern-Eignung). Nicht ganz leugnen lässt sich vermutlich auch der Effekt, dass bei einer Probe, zu der jeder eine Flasche mitbringt, die Teilnehmer eine gewisse Tendenz haben, "ihre" Weine zu verteidigen (auch wenn sie gar nicht mit der Grundeinstellung ausgewählt wurden, ganz bestimmt die beste Paarung zu erzeugen).

Und ganz anders sieht das sicherlich wieder bei Speisen aus, die weniger robust im Nehmen sind und eine zartere Aromatik mitbringen.

Ach ja, aus dem Gesamtsieger Climens nun eine pauschale Sauternes/Barsac-Empfehlung abzuleiten, wäre sicherlich auch riskant. Dieser war ja "jungreif" und eher etwas leichter, mit nicht so arg viel Botrytis. Da hatte Stephan schon den richtigen Riecher für einen geeigneten Vertreter.

Viele Grüße
Guido
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octopussy
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Re: welcher Wein zu welchem Essen

Beitrag von octopussy »

Einzelflaschenfreund hat geschrieben:Nicht ganz leugnen lässt sich vermutlich auch der Effekt, dass bei einer Probe, zu der jeder eine Flasche mitbringt, die Teilnehmer eine gewisse Tendenz haben, "ihre" Weine zu verteidigen (auch wenn sie gar nicht mit der Grundeinstellung ausgewählt wurden, ganz bestimmt die beste Paarung zu erzeugen).
Das ist sicher nicht ganz falsch. Ich fand, in unserer Runde waren aber alle hart im Nehmen, was auch erforderlich war :lol:. Am schlimmsten hat's wahrscheinlich Rainer mit dem Clos Naudin und Kle mit dem Sake erwischt.

Zum Sauternes: ich werde ganz sicher nicht in den nächsten Jahren für Frau octo und mich 24 Austern kaufen und dazu eine Flasche Sauternes aufmachen. Insofern ist diese - an unserem Austernabend sehr schöne - Kombination für mich auch eine etwas akademische. Am öftesten esse ich Austern im Restaurant und dann meist auch nur drei bis sechs. Da gibt's dann halt meist ein Glas von dem, was gerade da ist.
Beste Grüße, Stephan
Ole
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Re: welcher Wein zu welchem Essen

Beitrag von Ole »

"Da gibt's dann halt meist ein Glas von dem, was gerade da ist", schreibt Stephan – ergänzen müßte man noch: "und es paßt praktisch immer". So erlebte ich es mit Chablis, Sancerre, Entre-deux-mers – alles zumeist von der einfacheren Sorte: Es paßte prima, zumindest ab dem zweiten Schluck, in härteren Fällen ab der zweiten Auster. Irgendwie scheinen die Austern eine Flexibilität zu entwickeln, sich den "Klassikern" – wenn sie jung und stramm sind – zu fügen bzw. letztere sich den Austern anzupassen.
Komisch, einen 1997er Climens – hätte ich einen – würde ich auch nicht zu Austern öffnen, obwohl auch ich zu denen gehörte, die von der Kombination überzeugt und beglückt waren. Aber was ist mit einem jungen halbtrockenen Riesling? Ginge da vielleicht die Hand spontan zum Korkenzieher, stünde er mit anderen Weinen neben einer Platte lachender Austern? Ich werde es bei Gelegenheit probieren.
Ole
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dylan
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Re: welcher Wein zu welchem Essen

Beitrag von dylan »

Ole hat geschrieben: Komisch, einen 1997er Climens – hätte ich einen – würde ich auch nicht zu Austern öffnen, obwohl auch ich zu denen gehörte, die von der Kombination überzeugt und beglückt waren. Aber was ist mit einem jungen halbtrockenen Riesling? Ginge da vielleicht die Hand spontan zum Korkenzieher, stünde er mit anderen Weinen neben einer Platte lachender Austern? Ich werde es bei Gelegenheit probieren.
Nur zu, das Leben steckt voller Überraschungen. Ich selbst war vor einiger Zeit überrascht und auch entzückt über die Kombination von Kaviar mit einer gereiften Saarburger Rausch Auslese (93 oder 94) von Zilliken.

Grüße

dylan
Maubeuge
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Re: welcher Wein zu welchem Essen

Beitrag von Maubeuge »

Guten Tag Zusammen,

angefixt durch die lebendige Diskussion um Austern und Sauternes wollte ich das gestern auch mal probieren. Dass süß und salzig gut zusammenpassen, kenne ich von der Kombination Blauschimmel-Käse mit Süßweinen

Bei mir waren‘s Fines de Claire und ein 1997 Doisy Daene.

Zum Wein:

Die Farbe ist ein helleres Altgold; im Geruch Honig, Karamell, Butter und deutliche Botrytis, im Mund ölig und fett, auch im Geschmack die Botrytis und Honig-Karamell, tropische Früchte wie Lychees, Mango und etwas Akazienton; deutlich spürbare Säure, aber sehr elegant, auch die Süße ist fein und harmoniert schön mit der Säure, balanciert.

Zum Versuch mit den Austern: Ja, das ist nicht uninteressant, aber letztlich überdeckt dieser Sauternes die Austern dann doch deutlich, so dass sich die richtige Harmonie – in meinem Mund – nicht einstellen will. Letztlich bleibe ich dann doch eher bei was Prickelndem oder trockenem Weißen – Pfälzer Rieslinge hatte ich schon öfter mit großem Genuss zu Austern.

Und wenn ich schon dabei bin, zum Hauptgang gab´s Hirschfilet mit Selleriepüree und Thymianbutter-Soße dazu einen 1997 Mormoreto von Frescobaldi. Den Hirsch kurz angebraten mit Rosmarin und etwas Knoblauch in der Pfanne und anschließend 20 min im Ofen fertig gegart

Der Wein zeigt sich Rubinrot und riecht nach Nelke, Tabak, Leder, Zeder; im Geschmack sehr würzig und dunkel, reife schwarze Beeren, sehr intensiver langer Abgang.

Nach dem Öffnen ist der Wein recht schnell da, auch im Dekanter tut sich nicht viel, er ist da und bleibt auch. Er ist m.E. jetzt perfekt reif, kann sich vermutlich auch noch etwas halten, wird aber nicht mehr besser werden.

Dieser insgesamt doch recht würzige Wein hat gut zum ebenfalls würzigen Selleriepüree und zum dunklen und intensiven Fleisch vom Hirsch und dem Thymian gepasst.

Vom Hirsch ist noch was da, mal sehen was da noch passen könnte…

Bis dahin beste Grüße
Markus
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