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Re: BORDEAUX 2012
Verfasst: Di 11. Apr 2017, 08:57
von Sauternes
Und was nun machen mit den 2012er Gewächsen

.
Ja klar trinken, aber die Fruchtphase ist nun schon vorbei, Verschlußphase dürfte bei vielen Weinen derzeit überwiegen.
Ein Wein, Chateau La Chapelle Aux Moines St. Emilion hat mir als 2010er gut gefallen, aber der 2012er kam mir beim probieren etwas dünn und unausgeprägt vor, heute würde ich sagen Struktur etwas unausgewogen.
Lege ihn weg und teste paar Jahre später wieder, aber wenn da nichts mehr kommt und der Wein zerfällt war es damit wohl nichts.
Re: BORDEAUX 2012
Verfasst: Di 11. Apr 2017, 10:17
von UlliB
Sauternes hat geschrieben:Ja klar trinken, aber die Fruchtphase ist nun schon vorbei, Verschlußphase dürfte bei vielen Weinen derzeit überwiegen.
Nein, bei weitem nicht bei allen. Von den von mir zuletzt erwähnten Weinen waren VCC, Las Cases und Brane Cantenac ganz klar (noch?) offen; nur Rauzan Ségla war ebenso klar zu, beim Beau-Sejour Bécot würde ich mal ein dickes Fragezeichen machen.
Wo noch eine Verschlussphase eintritt bzw. schon eingetreten ist, wird die wie bei kleineren Jahrgängen üblich nicht sehr lange andauern, da muss man halt hin und wieder eine Flasche antesten. Wenn die Weine wieder auftauchen, sollte man sie dann innerhalb nicht allzu langer Zeit austrinken. Ein paar Jahre werden die besseren Exemplare dann schon noch machen, aber es werden halt immer "gastronomische Weine" bleiben - hier mal im nicht allzu positiv gemeintem Sinn.
Gruß
Ulli
Re: BORDEAUX 2012
Verfasst: Di 11. Apr 2017, 10:47
von octopussy
UlliB hat geschrieben:
Wo noch eine Verschlussphase eintritt bzw. schon eingetreten ist, wird die wie bei kleineren Jahrgängen üblich nicht sehr lange andauern, da muss man halt hin und wieder eine Flasche antesten. Wenn die Weine wieder auftauchen, sollte man sie dann innerhalb nicht allzu langer Zeit austrinken. Ein paar Jahre werden die besseren Exemplare dann schon noch machen, aber es werden halt immer "gastronomische Weine" bleiben - hier mal im nicht allzu positiv gemeintem Sinn.
Da legst du dich aber sehr früh sehr definitiv fest...
Re: BORDEAUX 2012
Verfasst: Di 11. Apr 2017, 13:31
von UlliB
octopussy hat geschrieben:Da legst du dich aber sehr früh sehr definitiv fest...
Naja, nach bald 35 Jahren Umgang mit Bordeaux traue ich mich mal... Irrtum natürlich vorbehalten. Auch Profis haben sich schon mehr als einmal bei der Einschätzung eines Jahrgangs geirrt
Aber ganz im Ernst: zumindest nach der Jahrtausendwende ist für mich 2012 ganz klar einer der schwächsten Jahrgänge. Im Laufe der Entwicklung eines Weines können aromatische Defizite durchaus ausgeglichen werden, aber keine strukturellen. Von wo sollen die Weine denn ihre fehlende Substanz nehmen?
Klar, niemand muss mich prügeln, um Weine wie die oben erwähnten VCC und Las Cases zu trinken, isoliert betrachtet machen die schon viel Spaß. Ob ich aber den Preis für das Gebotene lustig finde, ist eine andere Frage. Und ich bin mir
sehr sicher, wie die Weine abschneiden werden, wenn man sie in einigen Jahren parallel zu den 2010ern, 2009ern und wahrscheinlich auch den 2008ern, 2006ern und 2005ern der gleichen Erzeuger aufmacht. Ziemlich schwach nämlich.
Gruß
Ulli
Re: BORDEAUX 2012
Verfasst: Di 11. Apr 2017, 15:38
von Olaf Nikolai
Der 12er Jahrgang erinnert mich qualitativ sehr an 2004, 1999 und 1985...nur besser. Margaux und Pessac Leognan links, Pomerol rechts waren erfolgreich, trinkig und durchaus gut.
Cherry picking halt

Empfehlungen:
Haut Batailley
Rauzan Segla
Labegorce
Haut Bailly
DDC
Eglise Clinet
VCC
La Croix
Jean Faure
Beausejour Duffau
Best
Re: BORDEAUX 2012
Verfasst: Di 11. Apr 2017, 16:32
von UlliB
Olaf Nikolai hat geschrieben:Der 12er Jahrgang erinnert mich qualitativ sehr an 2004, 1999 und 1985...nur besser.
2004 und 1999 als qualitativer "Benchmark" für 2012 passt aus meiner Sicht recht gut; stilistisch gibt es da aber ein paar Unterschiede - sowohl '99 als auch '04 waren von eher knapper Reife geprägt, und das scheint in '12 nicht das Problem zu sein. Was man da nun besser findet oder nicht, ist wohl eine Frage persönlicher Präferenzen.
1985 habe ich in ziemlich guter Erinnerung, auch im Kontext der allgemein sehr erfreulichen 80er. Aber zugegebenermaßen hatte ich eine gefühlte Ewigkeit keinen 85er mehr im Glas, und möglicherweise ist meine Erinnerung an diesen mittlerweile doch weit zurückliegenden Jahrgang ein wenig "rosa eingefärbt".
Als ein stilistisch und auch qualitativ in etwa vergleichbarer Jahrgang zu 2012 fällt mir da eher noch 1997 ein.
Gruß
Ulli
Re: BORDEAUX 2012
Verfasst: Di 11. Apr 2017, 16:35
von Olaf Nikolai
@ullib
M.e. waren 2002, 2007, aber auch 2011 sowie mglw. 2006 nicht besser, sondern schlechter.
2012 bietet für erschwinglichen Tarif Trinkgenuss, aktuell und für die kommenden 10-20 Jahre.....was die Prognose anbetrifft bin ich mir bei den meisten 2003 da nicht so sicher....wobei dann tatsächlich der 12er Jahrgang qualitativ eher im mittlere Drittel anzusieden wäre.....ist auch durchaus Konsens bei den meisten renommierten Weinkritikern.....

Re: BORDEAUX 2012
Verfasst: Di 11. Apr 2017, 16:49
von harti
Hallo miteinander,
wie ich schon direkt nach den Primeur-Verkostungen geschrieben habe, halte auch ich den Jahrgang für eher mittelmäßig (
http://www.dasweinforum.de/viewtopic.ph ... 450#p56124). Ob man 2011 besser oder schlechter sieht, hängt vielleicht auch von den persönlichen Gebiets-Präferenzen ab.
Eins steht für mich aber fest: 2007 und 2013 rangieren deutlich hinter 2012.
Grüße
Hartmut
Re: BORDEAUX 2012
Verfasst: Di 11. Apr 2017, 20:28
von Sauternes
So schlecht habe ich den 2012 Jahrgang gar nicht auf dem Schirm gehabt.
Der Clos Louie hat mir sehr gut gefallen, keine Spur einer strukturellen Schwäche, wobei dieser Wein eine Ausnahme sein kann. Einen schlechten Jahrgang habe ich da noch nicht im Glas gehabt, ist halt mein Favorit

.
Jean Faure 2012 hat mir auch sehr gut geschmeckt.
Re: BORDEAUX 2012
Verfasst: Di 11. Apr 2017, 20:54
von UlliB
Sauternes hat geschrieben:So schlecht habe ich den 2012 Jahrgang gar nicht auf dem Schirm gehabt.
Zunächst einmal: ein Urteil über einen Jahrgang ist immer ein Pauschalurteil, das auf der Ebene eines individuellen Weins auch durchaus mal völlig unzutreffend sein kann. In
jedem Jahrgang gibt es
overperformer und
underachiever; darüber hinaus gibt es Jahrgänge, die in einem größerem Anbaugebiet wie dem Bordelais dermaßen heterogen ausfallen, dass sich ein Gesamturteil darüber eigentlich verbietet (was ich aber bei 2012 bislang nicht sehe).
Außerdem: im Topsegment beherrschen die Erzeuger im Bordelais ihr Handwerk mittlerweile so gut, dass "ziemlich schwach" oder "mittelmäßig" nur noch im Binnenkontext zu verstehen ist. Ein Bordeaux eines absoluten Top-Erzeugers kann deshalb auch aus einem wirklich schwachen Jahr noch ein echter Genuss sein, wie vor kurzem in kleiner Runde eine absolut bezaubernde Pichon Comtesse 2013 gezeigt hat (und 2013 ist nun ein wirklich schwaches Jahr, wie schon ein Vorredner angemerkt hat).
Ich habe vor einiger Zeit aufgehört, Weine zu bepunkten, aber sowohl der VCC 2012 als auch der Las Cases 2012 verdienen sicher über 90 Punkte, und sind ohne wenn und aber herausragend gute Weine (aber eben nicht groß). "Herausragend gut" sollte man aber bei Primeurpreisen von über 100 Euro auch erwarten dürfen.
Abschließend: zur Einordnung von Jahrgängen und zur Schulung des eigenen Gaumens gibt es ein extrem probates Mittel, nämlich
Vertikalverkostungen, und die am besten blind. Die Unterschiede zwischen einzelnen Jahrgängen sind im Bordelais immer noch verblüffend groß, und nie erkennt man sie besser als im direkten Vergleich von Weinen des selben Erzeugers.
Gruß
Ulli