Sauternes hat geschrieben:So schlecht habe ich den 2012 Jahrgang gar nicht auf dem Schirm gehabt.
Zunächst einmal: ein Urteil über einen Jahrgang ist immer ein Pauschalurteil, das auf der Ebene eines individuellen Weins auch durchaus mal völlig unzutreffend sein kann. In
jedem Jahrgang gibt es
overperformer und
underachiever; darüber hinaus gibt es Jahrgänge, die in einem größerem Anbaugebiet wie dem Bordelais dermaßen heterogen ausfallen, dass sich ein Gesamturteil darüber eigentlich verbietet (was ich aber bei 2012 bislang nicht sehe).
Außerdem: im Topsegment beherrschen die Erzeuger im Bordelais ihr Handwerk mittlerweile so gut, dass "ziemlich schwach" oder "mittelmäßig" nur noch im Binnenkontext zu verstehen ist. Ein Bordeaux eines absoluten Top-Erzeugers kann deshalb auch aus einem wirklich schwachen Jahr noch ein echter Genuss sein, wie vor kurzem in kleiner Runde eine absolut bezaubernde Pichon Comtesse 2013 gezeigt hat (und 2013 ist nun ein wirklich schwaches Jahr, wie schon ein Vorredner angemerkt hat).
Ich habe vor einiger Zeit aufgehört, Weine zu bepunkten, aber sowohl der VCC 2012 als auch der Las Cases 2012 verdienen sicher über 90 Punkte, und sind ohne wenn und aber herausragend gute Weine (aber eben nicht groß). "Herausragend gut" sollte man aber bei Primeurpreisen von über 100 Euro auch erwarten dürfen.
Abschließend: zur Einordnung von Jahrgängen und zur Schulung des eigenen Gaumens gibt es ein extrem probates Mittel, nämlich
Vertikalverkostungen, und die am besten blind. Die Unterschiede zwischen einzelnen Jahrgängen sind im Bordelais immer noch verblüffend groß, und nie erkennt man sie besser als im direkten Vergleich von Weinen des selben Erzeugers.
Gruß
Ulli