Haut Batailley (Pauillac 5e GCC) 13%Vol. Dunkles Kirschrot. Offen, reife rote Früchte, das Holz sehr gut eingebunden, ansprechend. Im Gaumen mit nicht allzu dichter Struktur, immer noch reife rote Frucht, wirkt aber etwas grobmaschig und lose geknüpft, "easy drinking". Alles andere als schlecht, bleibt aber doch unter den Möglichkeiten des Jahrgangs. Ich werde bei Haut Batailley das Gefühl nicht los, dass sich aus diesem Betrieb deutlich mehr herausholen lassen sollte.
Völlig anders und die Tischrunde polarisierend zeigte sich Langoa Barton (St. Julien 3e GCC). Langoa kommt mir eher selten ins Glas . Ebenfalls 13% Vol, aber völlig anders gestrickt: die Farbe dunkler, schwarzfruchtig, im Gaumen wesentlich dichter, straff und fest, an der Grenze zur Härte; viel Säure, viel Tannin. Im langen Abgang ein wunderbares, komplexes Rückaroma. Mir gefällt der Wein außerordentlich gut, andere monieren die Kombination aus auffallend hoher Säure und harschem, leicht bitterem Tannin. Erinnert mich irgendwie an manche junge 1986er. Dürfte sehr lange brauchen, um wirklich trinkreif zu werden.
Im gleichen Besitz wie Haut Batailley, aber ein paar Gewichtsklassen höher kämpfend: Grand Puy Lacoste (Pauillac 5e GCC) 13,5%. Fast schwarz. Deutlich weicher als der Langoa, und mit absolut enormer Konzentration aller Komponenten - sämtliche Regler am oberen Anschlag: dunkle Frucht, sattes, aber feinkörniges, fast süßes Tannin, aber auch ordentlich Säure. Ungemein beeindruckend, aber mir schon fast zu viel; der Wein sättigt schnell. Muss sich finden, was wohl lange dauern wird. Eine echte Granate.
Dann kam mein persönlicher Wein des Abends: Léoville Barton (St. Julien 2e GCC) 13,5%Vol. Etwas heller als der GPL. Schon in der Nase wesentlich transparenter, was sich Gaumen trotz hoher Konzentration fortsetzt; völlig klar, vielschichtig, neben roter und blauer Frucht auch Blütennoten, frische Säure gibt dem Ganzen viel Schwung, macht ungemein Spaß. Für LB etwas ungewöhnlich diesmal ganz auf der superfeinen Seite. Sehr lang.
Ich habe in meinem Leben schon sehr, sehr viele Leo Bartons im Glas gehabt, aber noch keinen in dieser wirklich erstklassigen Qualität - und das Wort erstklassig darf man hier schon wörtlich nehmen. Sehr viel besser geht es in Bordeaux nicht mehr.
Zum Schluss gab es dann noch den mit 100 Parker-Punkten versehenen Pontet Canet (Pauillac 5e GCC). Hier fällt zunächst einmal der Alkoholgehalt auf - der ist mit 14,5% Vol. einen vollen Prozentpunkt höher als beim GPL und LB. Ich dachte, Biodynamie reduziert den Alkoholgehalt im Vergleich zur konventionellen Arbeitweise? - Ansonsten ist der Wein genauso rätselhaft wie der 2009er: für Pauillac völlig ungewöhnliche Aromatik, die zunächst wieder an die Rhone erinnert, dann auch an Burgund, schleßlich an südfranzösische Grenache - am wenigsten aber an Bordeaux. Der Wein hat außerordentlich hohe Qualität, keine Frage, da sitzt alles wohlproportioniert an der richtigen Stelle, aber für mich ist er schlicht atypisch. Ich verstehe ihn einfach nicht.
Die Biodynamiker beanspruchen für sich, dass ihre Arbeitweise das Terroir am klarsten und unverstellt herausarbeitet. Wenn das so ist, scheint das Terroir von Pauillac etwas völlig anderes zu sein als das, was sämtliche Nachbarn in den letzten 40 Jahren daraus interpretiert haben

Gruß
Ulli