Bordeaux 2015

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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innauen
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von innauen »

Hallo,

wie schon mehrfach gesagt. Das Jammern über zu hohe Preise gibt es jedes Jahr - sogar 2008 gab es das, jedenfalls so lange bis Parker mit seinen Bewertungen rauskam :mrgreen:

Das Suchen nach alten Jahrgängen (genau das ist die Reaktion, die die Chateau provozieren wollen) und das Ausweichen auf qualitative Alternativen gab es auch schon immer. Batailley zeigt mit seinem Preis und der Einführung eines Zweitweins, das sie nicht länger ein Ausweichwein für diejenigen sein wollen, die sich zB einen Clerc Milon nicht mehr leisten können.

Was mir aber dann doch auffällt, ist die Spreizung der Preise zwischen linken und rechten Ufer. Rechts gibt es sehr spannende Weine, die sowohl gut bepunktet sind, als auch nicht allzuviel kosten. Bellefont-Belcier (92-94 NM), Fleur Cardinale (90-92 NM), Fonbel (90-92 NM), Confession (92-94 Jeffe Leve), Tour Saint Christoph (92-94 NM), Pressac (17 Punkte JR). Diese Weine kosten alle unter 40 Euro EVP, teilweise unter 30. Und wenn man mehr Geld ausgeben will, findet man mit Gazin oder gar den sehr nett bepreisten Fleur Morange tolle Möglichkeiten.

Wenn 2015 ein Jahr des rechten Ufers sein soll, müssten dann die Preissteigerungen nicht auch rechts höher ausfallen? :?

Grüße,

Wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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octopussy
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von octopussy »

Die UK-Händler und die Presse sind übrigens ziemlich zufrieden mit dem Pricing bisher und alle gut optimistisch.

Siehe: http://www.wine-searcher.com/magazine-a ... ts-smiling

Oder: https://www.thedrinksbusiness.com/2016/ ... -nails-it/

Ich persönlich habe am linken Ufer noch nicht einen Wein gesehen, der mich wirklich interessiert mit Ausnahme von kleineren Weinen, die sich preislich alle von Jahr zu Jahr eh nicht viel geben. Ich denke, das wird so auch weitergehen.

Hier übrigens die liv-ex Analyse zu Batailley 2015. Es werden Referenzpreise für andere Jahrgänge angegeben, z.B. 2009 oder 2012 beide deutlich günstiger als 2015. Ich persönlich habe keinen Grund, daran zu zweifeln: http://www.blog.liv-ex.com/2016/05/bata ... lease.html
Beste Grüße, Stephan
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octopussy
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von octopussy »

Hier übrigens noch die gesammelten Notizen von Lobenberg. Viel Mühe steckt dahinter, aber die Ergebnisse finde ich maßlos übertrieben. 29 x 100 Punkte oder Potenzialwertung bis 100 Punkte, inkl. Ch. Seguin. Das kann man echt nicht ernst nehmen.

http://www.gute-weine.de/media/booklets ... ux2015.pdf
Beste Grüße, Stephan
la-vita
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von la-vita »

Trinkfreude hat geschrieben: Naja, irgendwer wird das schon alles kaufen...
Das kann ich mir durchaus noch vorstellen. Was ich mich aber frage: Werden diese Weine zu diesen hohen Preisen seit 2005 auch letztendlich getrunken werden oder baut sich da ein Spekulationsberg an Weinen auf die irgendwann mal in den Markt müssen?

Gruß
Detlef
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octopussy
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von octopussy »

la-vita hat geschrieben: Das kann ich mir durchaus noch vorstellen. Was ich mich aber frage: Werden diese Weine zu diesen hohen Preisen seit 2005 auch letztendlich getrunken werden oder baut sich da ein Spekulationsberg an Weinen auf die irgendwann mal in den Markt müssen?
Das würde mich auch interessieren. Ich vermute tatsächlich einen relativ großen Spekulationsberg. Ich glaube allerdings nicht, dass der Abbau des Spekulationsberges nenneswert die Preise für uns Endverbraucher beeinflussen wird. Eher schon wird er diskret abgebaut werden. Weine in Flugzeugen, Airline-Lounges, vielleicht mal ein paar Schnäppchen auf den Foires aux Vins in Frankreich, Sonderaktionen in Supermärkten, Restaurants von Hotelketten, usw. Die Bordelaiser und ihre Händler werden schon dafür sorgen, dass da keine großen Mengen zu solchen Preisen auf den Markt kommen, die das Preisprestige kaputt machen. Vor allem nicht im Internet verfügbar und somit für jeden einsehbar.
Beste Grüße, Stephan
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UlliB
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von UlliB »

Die Frage nach dem "Spekulationsberg" treibt die Internetszene spätestens seit 2005, eher noch seit 2003 um. Ob da nun ein solcher Berg existiert oder nicht, weiß aber wohl außer ein paar Insidern wirklich niemand. Die bis vor einigen Jahren noch aktiven Weinfonds haben sich auf der Käuferseite fast völlig verabschiedet - und auf welchen Beständen die noch sitzen, wissen nur die Fondsmanager. Und sonst? Wer kauft denn auch noch bei diesen Preisen in spekulativer Absicht, ohne mit dem Klammerbeutel gepudert zu sein? Mit Ausnahme des absoluten Spitzensegments (1ers vom linken Ufer und ihre Pendants vom rechten), wo trotz (oder wohl eher: wegen) der schon extrem hohen Preise immer noch was geht, ist die Luft aus meiner Sicht doch ziemlich raus.

Aber bitte, das ist nur meine Sichtweise. In Zeiten von Null- und Negativzins treibt es die Leute in immer spekulativere und damit riskantere Geschäfte, und renditesuchendes Kapital gibt es bis zum Abwinken. Es könnte also schon sein, dass da immer noch Spekulanten unterwegs sind - denen wünsche ich dann viel Glück.

Gruß
Ulli
Trinkfreude
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Trinkfreude »

innauen hat geschrieben:Was mir aber dann doch auffällt, ist die Spreizung der Preise zwischen linken und rechten Ufer. Rechts gibt es sehr spannende Weine, die sowohl gut bepunktet sind, als auch nicht allzuviel kosten.
Genau, und so gehört sich das auch in der Subskription!
innauen hat geschrieben:Wenn 2015 ein Jahr des rechten Ufers sein soll, müssten dann die Preissteigerungen nicht auch rechts höher ausfallen?
Nope - die am linken Ufer müssten niedriger ausfallen! :mrgreen:
Trinkfreude
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Trinkfreude »

UlliB hat geschrieben:Aber bitte, das ist nur meine Sichtweise.
Nö... da gibt's schon noch mehr Leute, die so denken...
UlliB hat geschrieben:In Zeiten von Null- und Negativzins treibt es die Leute in immer spekulativere und damit riskantere Geschäfte, und renditesuchendes Kapital gibt es bis zum Abwinken. Es könnte also schon sein, dass da immer noch Spekulanten unterwegs sind - denen wünsche ich dann viel Glück.
Ich kann mir schon vorstellen, dass auch beim heutigen Preisniveau noch viel Wein als Anlage- oder Spekulationsobjekt gekauft wird. Das mag bei einem Teil des Marktes sogar noch funktionieren. Aber was wird denn unter diesem Blickwinkel gekauft?
- die 1ers, Petrus etc - einfach weil's absolute Luxusartikel sind, die keinen rationalen Kriterien mehr gehorchen müssen
- die hervorragenden Weine mit besonders niedrigen Produktionsmengen, wie die Top 10 in Pomerol etc
- die Chateaux, die entweder in einem Jahrgang durch ein besonders gutes PLV aufgefallen sind und/oder die sich über lange Jahre eine Reputation für "good value" aufgebaut haben.
Das dürfte es aber dann auch gewesen sein. Am Großteil des Marktes dürfte das Spekulationsthema vorbeigehen, und die Weine dieser Erzeuger müssen dann - falls sich da Bestände aufgebaut haben - irgendwann möglichst geräuschlos auf Umwegen in den Markt kanalisiert werden.
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ledexter
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von ledexter »

octopussy hat geschrieben:Hier übrigens noch die gesammelten Notizen von Lobenberg. Viel Mühe steckt dahinter, aber die Ergebnisse finde ich maßlos übertrieben. 29 x 100 Punkte oder Potenzialwertung bis 100 Punkte, inkl. Ch. Seguin. Das kann man echt nicht ernst nehmen.

http://www.gute-weine.de/media/booklets ... ux2015.pdf
Wobei man schon auch sagen muss, dass sich James Suckling auch punktemäßig sehr weit aus dem Fenster gelehnt hat. Dieser Stil scheint genau Lobenbergs und Sucklings Geschmack zu treffen. Wo 2010 wohl eher ein Parker Jahrgang war. Mal abgesehen vom Ch. Seguin, wo wohl ein anderer Gedanke dahinter steckt. Lobenberg beschreibt den Jahrgang folgendermaßen:

„Der Jahrgang ist nicht besser als die so genannten Jahrhundertjahrgänge 2009 und 2010.
Nur genauso gut. Dabei ganz ganz anders. 2010 und 2015 sind für mich die Gegensätze
schlechthin und haben doch beide 100 Punkte. Nordpol und Südpol der Qualität. Power,
Mineralität und unendliche Kraft in zuvor nicht vorstellbarem Ausmaß gab es 2010. Jetzt in
2015 folgt das denkbar zarteste Erlebnis im Wein schlechthin. Für mich war diese Feinheit
und schiere Trinkfreude zuvor nicht vorstellbar. Zwischen diesen beiden Extremjahrgängen
der Qualität kann alles andere der bisherigen Weingeschichte irgendwo eingeordnet
werden. Zweimal Bordeaux Benchmark für mein ganzes Leben.“
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sorgenbrecher
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von sorgenbrecher »

Mit der Absicht auf Spekulationsgewinne zu kaufen macht auf diesem Preisniveau nur dann Sinn, wenn man trotz aktuell schon Null- und Negativzins davon ausgeht, dass weiter noch mehr kostenloses Geld in den Markt gepumpt wird und das Ganze über viele Jahre hinweg. Jeder der davon ausgeht, dass es sich mit negativen Zinsen nicht um den neuen Dauerzustand handelt muss sich bewusst sein, dass selbst bei geringen Zinsanhebungen Alternativanlagen wieder deutlich attraktiver werden und viel Geld versenkt wird. (Mal abgesehen davon, dass dies in der Vergangenheit bis auf ganz wenige Ausnahmen bei Anlagen in Wein meist der Fall war...)
Gruß, Marko.
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