Hallo zusammen,
als ursprünglichen Mittelrheiner interessiert mich dieses Thema natürlich sehr. Ich habe zum ersten Mal von Josten und Klein gehört, als sie im letzten Gaullt-Millau Entdeckung des Jahres waren und war auch mehr als beeindruckt über die geforderten Kurse.
Bernd Schulz hat geschrieben:
aus der Perspektive einer "übersehenen" Region sind solche Projekte vielleicht gar nicht so schlecht, die Aufmerksamkeit, die das Weingut erregt, strahlt ja unter Umständen auf das Weinbaugebiet als solches ab
Das glaube ich nicht wirklich. Die Probleme, die der Mittelrhein hat (und die ja nicht aus einer großen Anti-Mittelrhein-Verschwörung, sondern aus einer über Jahrzehnte verfehlten Qualitätspolitik der meisten Winzer herrühren), lassen sich nicht durch ein Renommierweingut mit Apothekenpreisen lösen.
Bernd
Natürlich gibt es am Mittelrhein genügend Beispiele für eine verfehlte Qualitätspolitik, aber das niedrige Preisniveau mag schon auch ein Problem sein. Wenn ich meine Spätlesen für 5,50 vermarkten muss, bleibt vielleicht nicht so viel Luft für qualitätssteigernde Maßnahmen und wenn ich die Preise erhöhe, müssen das die Kunden eben auch mitmachen oder ich muss neue gewinnen. Weingart und Müller, die wir hier zu Recht als preiswert erwähnen, werden vor Ort z.T. schon als teuer wahrgenommen und ich halte es für ziemlich wahrscheinlich, dass es bei beiden Betrieben in den letzten zehn Jahren deutliche Kundenverschiebungen gegeben hat. Gerade vor diesem Hintergrund bleibt es interessant zu sehen, ob J+K sich mit diesen Preisen wirklich halten können.
Im übrigen ist nach meiner Wahrnehmung die Qualtätssituation am Mittelrhein auch nicht generell schlechter als in vielen anderen Anbaugebieten. Natürlich gibt es an der Mosel mehr Spitzenbetriebe und in Rheinhessen derzeit mehr Dynamik (auch hier erstaunen mich die sportlichen Preise mancher Newcomer immer wieder), aber der Mittelrhein ist halt auch eines der kleinsten Gebiete und wenn ich mir z.B. die Bergstrasse oder die ostdeutschen Gebiete anschaue, bezweifle ich, dass es dort besser ist. Speziell unter Preis-Leistungs-Gesichtspunkten gibt es am Mittelrhein einige beachtenswerte Betriebe.
Aber trotzdem....wenn ich mir z.b. den Weinhof Herrenberg anschaue, so sind die Lochs trotz sehr geringer Mengen und Erträge ganz anders in den Markt eingestiegen - und befinden sich heute noch nach über 15 Jahren mit immer wieder hochkarätigen Rieslingen preislich noch nicht dort, wo Josten & Klein frisch und fromm beginnen.
Bernd, auch mir sind die Lochs sympathisch, aber hier muss ich Dir widersprechen. Die Lochs sind preislich inzwischen in der Oberliga angekommen. Aktuell verlangt unser saarländischer Weinhändler z.B. für den Gutsriesling knapp 13 Öre und für die Lagen 37 (Bockstein) bzw. 45 (Schlangengraben). Das Mittelfeld liegt zwischen 19 und 25. Auch wenn die Ab-Hof Preise vermutlich 10 - 20 Prozent niedriger sind, als Beispiel für günstige Kurse taugt der Herrenberg nicht mehr.
Beste Grüße
Christopher