Seite 5 von 28

Re: Weingut Franz Weninger

Verfasst: Sa 27. Jun 2020, 22:08
von Ralf Gundlach
Hallo Ulli,

das freut mich sehr, das dir die Weine von Franz Weninger gefallen. Und irgendwie erinnern mich die Blaufränkischen in ihrer Individualität durchaus an die 80er Jahre in Bordeaux. Klar, andere Rebsorten, andere Stilistik. Aber man wagte was. Kleine Jahrgänge waren zugänglich, aber speziell 86 ( den ich liebe) brachte extrem individuelle Gewächse hervor, die es m.E. heute nicht mal ansatzweise gibt. Und das liegt sicher nicht nur am Klimawandel. Beurteilen kann ich die Preisklasse bis 20 Euro, in der ich mich bewege, bzw. bewegt habe. Da war nichts, was etwas besonderes hat. Uniform. Wenig individuell. Gewagt? Gar nichts. Deswegen bin ich so froh, das ich gerade in Österreich, speziell bei Weninger, aber auch am Eisenberg Winzer entdecke, die Mut haben und was wagen. Teilweise unterschiedliche Stilistiken, aber alles hat seine Daseiunsberechtigung und wirkt nicht ansatzweise uniform. Wenn mich überhaupt etwas an meiner Berufskarriere ärgert ist es, das ich nicht genügend Kohle hatte um mir eine Menge Bordeaux in den 80ern in den Keller zu legen. Damit ich heute noch was rausholen könnte.

Gruß

Ralf

Re: Weingut Franz Weninger

Verfasst: So 28. Jun 2020, 11:24
von UlliB
Hallo Ralf,

das ist zwar OT, trotzdem ein kurzer Exkurs: wirklich gewagt hat man in den 80er Jahren in Bordeaux eigentlich gar nichts - man hat den Wein ganz einfach so gemacht, wie man es für richtig hielt, und das weitestgehend unbeeinflusst von externen Beratern. Auch waren auf den Betrieben ausgebildete Önologen, die heute fast alle aus der selben Schule kommen (zumindest aus der gleichen Denkschule), eine Seltenheit. Insofern völlig richtig, die Weine waren dadurch individueller, als sie es heute sind. Es gab aber auch die Kehrseite der Medaille: sehr vieles, was damals produziert wurde, war schwach, technisch fehlerhaft, zum Teil wirklicher Murks - und das bis in den klassifizierten Bereich hinein. Es gibt da keinen Grund, etwas zu glorifizieren. Klar, was man in Erinnerung behält (und was heute noch in dem einen oder anderen Keller zu finden ist, zum Beispiel in meinem ;) ), sind die wirklich grandiosen Weine aus der Zeit. Den ganzen Schrott aber hat man gnädig vergessen.

Gruß
Ulli

Re: Weingut Franz Weninger

Verfasst: So 28. Jun 2020, 21:35
von Ralf Gundlach
Hallo Ulli,

mag durchaus sein, das ich die 80er Jahrgänge in Bordeaux etwas durch die rosarote Brille sehe. Ich bin ja sozusagen damit aufgewachsen. Aber ich habe schon ziemlich viele gute Sachen getrunken, die mir in ihrer Individualität sehr gefallen haben. Egal, zurück zum Thema:

2015 Pinot Noir vom Kalk

Animalische, wilde Nase. Am Gaumen ein schöner, anspruchsvoller Pinot Noir. Mit mineralischen Einschlag vom Kalk und kühler Kirschnote. Mittlerer Körper. Elegant und fein. Dreht mit Luft immer mehr auf und wird immer komplexer. Die anfangs leicht Spröde Note hat sich nach einer halben Stunde erledigt. Franz Weninger kann offensichtlich auch Pinot Noir. Und das richtig gut. Danach gab es aber keinen neuen Jahrgang mehr, warum auch immer.

91 Punkte. Kostet bei weinfurore 16,90 Euro.

Gruß

Ralf

Re: Weingut Franz Weninger

Verfasst: Mo 29. Jun 2020, 19:49
von Ralf Gundlach
Heute im Glas:

2018 Kekfrankos Balf

Eine der drei Flaschen aus dem Weinabo. Das hier ist zwar "nur" der Einstiegs-BF aus Ungarn, aber dafür ist das ein ganz feiner, eleganter Wein. Mit kühler Aromatik ( Sauerkirschen, etwas Brombeere). Die Säure verleiht dem Wein Lebendigkeit. Klar, das ist natürlich kein Komplexitätswunder. Aber für die Preisklasse ist das richtig gut, wenn man die feinere Klinge bevorzugt. Kommt mit 12,5% Alkohol aus.

89 Punkte. Kostet 10 Euro.

Gruß

Ralf

Re: Weingut Franz Weninger

Verfasst: So 12. Jul 2020, 22:25
von Ralf Gundlach
Ralf Gundlach hat geschrieben:Im Glas:

2017 Ried Hochäcker BF

In der Nase ätherische Noten. Am Gaumen macht der schon richtig Spaß, obwohl er noch zu jung ist. Brombeere, Kirsche, dezente Zedernholznoten. Deutet Komplexität an. Lebendige Säure. Die Frucht ist gerade sehr dominant. Der braucht noch etwas Zeit, Ich glaube die Hochäcker brauchen in der Regel mindestens 5 Jahre Zeit, um zu zeigen, was sie wirklich können.

90+ Punkte

Gruß

Ralf
Habe ihn heute nochmal im Glas. Er braucht noch Zeit. Hat eine richtig knackige Säure für einen Roten. Bzgl. der Bewertung war ich damals etwas euphorisch.
Im Moment sehe ich den Hochäcker bei 88+. Wobei der in zwei, drei Jahren die 90 Punkte überspringen kann (und wird). Da schlummert viel Potential. Aber faszinierend für das Mittelburgenland finde ich die eher kühle Stilistik, die mich an Nord-Rhone Syrahs erinnert. Aber auch etwas an den Eisenberg.

Gruß

Ralf

Re: Weingut Franz Weninger

Verfasst: So 19. Jul 2020, 21:10
von Bernd Schulz
Gestern habe ich mal wieder einen mehr als netten Weinabend mit Ralf verbracht. Im Gepäck hatte er neben einem Silvaner von Porzelt diesen schön gereiften Spätburgunder aus dem Hause Weninger:

Bild

Der Wein war wohl Bestandteil einer erst in diesem Jahr von Weninger verschickten Lieferung seines Weinabos. Und er zeigt eindrucksvoll, dass das Niveau des Weinguts auch vor mehr als 10 Jahren alles andere als niedrig war.

Herzliche Grüße

Bernd

Re: Weingut Franz Weninger

Verfasst: Mi 29. Jul 2020, 19:01
von EThC
...wieder so ein PLV-Wunder aus dem Hause Weninger:

Bild

Re: Weingut Franz Weninger

Verfasst: Mi 30. Sep 2020, 23:15
von Bernd Schulz
Im Glas befindet sich gerade ein Weißwein von Weninger:

Bild

Ich vermute, dass bei diesem Weißburgunder mit dem Schwefel sehr sparsam umgegangen wurde - sensorisch erinnert er mich nicht wenig an französische Produkte, die ich unter der Überschrift "vin naturel" kennengelernt habe. Mal abgesehen davon, dass ich blind nie auf die Rebsorte Weißburgunder getippt hätte, finde ich das Ergebnis aber unter dem Strich sehr gelungen. Ziemlich viel Ausdruck ohne jede Schminke.

Herzliche Grüße

Bernd

Re: Weingut Franz Weninger

Verfasst: Fr 2. Okt 2020, 21:25
von Bernd Schulz
Dieser interessante Rote (mit entsprechend abgefahrenem Etikett) heißt "Ponzichter", weil die Ungarn aus der Gegend von Sopron eine Minderheit von deutschstämmigen Winzern so nannten. Letztere zogen nämlich Bohnen zwischen zwischen ihren Rebzeilen:

Bild

Ich überlege gerade, wann ich zum letzten Mal einen Wein ohne Jahrgang und mit der Herkunftsangabe "Europäischer Wein" (es handelt sich um eine Cuvée aus in Österreich und in Ungarn gewachsenen Trauben) getrunken habe.... :?: :twisted:

Aber das Zeug ist gut!

Herzliche Grüße

Bernd

Re: Weingut Franz Weninger

Verfasst: Fr 2. Okt 2020, 22:12
von UlliB
Bernd Schulz hat geschrieben: Ich überlege gerade, wann ich zum letzten Mal einen Wein ohne Jahrgang und mit der Herkunftsangabe "Europäischer Wein" (es handelt sich um eine Cuvée aus in Österreich und in Ungarn gewachsenen Trauben) getrunken habe.... :?: :twisted:
Hallo Bernd,

bist Du sicher, dass der Wein "jahrgangslos" ist? - Auf manchen Weninger-Etiketten muss man ein wenig genauer hinsehen. Ich habe gerade mal im Keller geschaut: bei meiner Flasche Ponzichter steht direkt unter dem im Bogen aufgedruckten Begriff "Europäischer Wein" ganz klar MMXVIII - also 2018.

Beim weiter oben erwähnten "Rózsa Petsovits" mit ähnlichem Etikett musste ich auch erstmal nach dem Jahrgang suchen...

Gruß
Ulli