Seite 5 von 12

Re: 2013 Priorat Trip

Verfasst: So 15. Sep 2013, 19:35
von sociando
ansonsten war mein erster eindruck vom priorat der eines kleinen "verwunschenen" weinanbaugebietes, mit vielen kleinen schluchten und versteckten ecken, mit fast märchenhafter, uriger und wilder natur, prächtig eingerahmt vom hohen montsant-massiv, kaum touristisch erschlossen und irgendwie "abgelegen" (im positiven sinne). es gibt im grunde nur kleine dörfer in denen die uhren noch anders ticken. ich hatte (komischerweise) irgendwie vermutet, dass das gebiet viel mehr touristisch erschlossen ist - bevölkert mit amerikanischen touristen oder bergsteigern und wandersleuten oder dass es viel einfacher wäre, postkarten und briefmarken zu kaufen (vom wlan ganz zu schweigen ;-) ). aber all das war nicht der fall - da ist man im "berühmten" priorat und ist fast der einzige :-). kann aber auch sein dass ich durch die starke präsenz des themas hier im forum ein etwas "verzerrtes" bild entwickelt hatte. im grunde ist ja gut so dass alles dort (noch?) so natürlich, original und touristisch unberührt ist; passt ja in das bild vom priorat als spirituelles weinparadies das entdeckt werden muss.

Re: 2013 Priorat Trip

Verfasst: So 15. Sep 2013, 20:04
von sociando
und da habe ich doch glatt den ersten vollen tag im priorat unterschlagen - der also vor dem mas d'en gil tag kam. mea culpa. also der erste volle tag führte uns (nach dem abendlichen herzlichen empfang bei jordi und frau im celle aixalà alcait) am morgen erstmal zum ufo ins priorat: das weingut ferrer bobet http://www.ferrerbobet.com/ .

ufo deshalb weil die inhaber, finanzinvestoren die in der psychopharmaka-branche tätig sind, vor ca. 10 jahren ein futuristisch amutendes weingut auf halber höhre eines weinberghangs aus dem boden stampften (siehe foto).

das war nun ein krasser kontrast zu jordi's weingut - hier war nun großkapital mit dem klaren plan, das beste aus dem terroir herauszuholen egal was es koste an maschinen und techniken. das weingut wirkte auf mich wie eine (leere) kathedrale - schon irgendwie künstlich, fremd und "kalt" (es gab ja am anfang auch einen anschlag auf das weingut) aber irgendwie war es mir doch symphatisch weil man überall merken konnte, dass das terroir und nicht der betrieb oder die besitzer im vordergrund stehen und alles dafür getan wird, dass man sich an die natur und lokale kultur anpasst und nicht andersrum; selbst das ufo wirkt von weitem wie ein teil des berghangs.

grandios war natürlich die aussicht vom grossen verkostungsraum. das war schon ein privileg, dort die weine verkosten zu dürfen. da kam es dann auch zur brüderlichen geste (letztes foto) und die krise, ausgelöst durch den clos fonta "raub" am abend zuvor, war vergessen :) .

fazit bleibt für mich dass hier wohl alles perfekt gemacht wird ohne kosten, zeit und aufwand zu scheuen, um aus dem priorat die besten qualitäten herauszuholen die nur gehen. die technische suche nach dem prioratelixier?

Re: 2013 Priorat Trip

Verfasst: So 15. Sep 2013, 20:31
von sociando
...danach ging es nach porrera. das war ja nun das priorat-dorf von dem ich schon das meiste gehört hatte. unvergessen klaus-peter's oder torsten verdrehte augen wenn sie von porrera und den dort typischen licorella-schieferboden-noten schwärmen und ihre nasen in einen porrera-wein halten.

unser plan war eigentlich im dorf erst etwas zu schlendern um dann später im kult-restaurant "la cooperativa" zu speisen, aber als wir dann bei sangenis i vaque vorbeikamen hielt micht nichts mehr und wir schauten hinein. ...das ist ja das weingut mit diesen preis-leistung knallern wie der 2003 val por (diese weine waren schon öfter im forum thema - etwa als "gemeinsame flasche" beim coranya 2000). immer wenn ich bei david (steinmeister) übernachte blicke ich auf eine holzkiste sangenis i vaque, coranya 2000 auf dem kleiderschrank. sowas prägt :-).

wir hatten glück, es war jemand da und so machten wir, sozusagen ausserhalb des protokolls, einen erweiterten besuch bei sangenis i vaque http://www.sangenisivaque.com/ .

Re: 2013 Priorat Trip

Verfasst: Mo 16. Sep 2013, 20:33
von sociando
im weingut trafen wir dann auf eine der töchter der gründer des weingutes (pere sangenis und concha vaqué), ich glaube sie hiess maria. der empfang war wieder herzlich und wir wurden auf eine kleine verkostung eingeladen. wir probierten fast die ganze kollektion aus verschiedenen jahrgängen, z.b. aus 2000. mit dabei natürlich mein val por aber auch der coranya. der eindruck des weinguts und der menschen dort bestätigten mein bild des betriebes, den ich über all die jahre durch die weine bekam, nämlich als einen ehrlichen, sympathischen aber durchaus ambitionierten betrieb mit einer vielseitigen und spannenden kollektion von weinen bei sehr moderaten preisen. das ist eben sowas wie eine herzensache, der besuch dieses weinguts im priorat.

als wir dann ca. den 12. wein verkosteten kam dann der freund von maria (bestimmt auch um zu schauen mit welchen schniecken kerlen die maria da soviel spass hat) und so verabschiedeten wir uns dann auch bald - der besuch war ja eh ausserhalb des protokolls.

Re: 2013 Priorat Trip

Verfasst: Mo 16. Sep 2013, 21:13
von sociando
es ging weiter zu einem der nächsten höhepunkte der priorat-reise - dem mittagessen im kultrestaurant "la cooperativa" in porrera. das restaurant ist wie gemacht für einen weinfreak. die hauptdeko des ladens besteht aus ausgetrunkenen prioratflaschen - da ist wirklich alles dabei was rang und namen hat, farbenfroh aussieht oder sonst etwas hergibt. hinten in der ecke steht eine clos erasmus flasche, dort ein clos mogador und dort ein l'ermita - der "hochadel" des priorats also. da spürt man gleich, in diesem laden wurde schon viel spass gehabt...

wir bestellen ein leckeres drei-gänge-menue, dann gings es nur noch um den wein dazu. und jetzt kams, da schlägt torsten doch einen meiner lieblingsweine vor, den nit de nin, und der war auch gar nicht so teuer - fast schon billiger als beim händler in deutschland (bzw. deutlich billiger!). da war die wahl schnell gemacht - der kellner und inhaber kam dann zwar und wollte eine kleine weinberatung machen, aber als torsten in angrinste und sagte wir wüssten schon sagte der kellner gleich: "na bestimmt einen nit de nin" und verdrehte lachend die augen :-) (muss torsten hier wohl schon öfter geordert haben).

das essen war dann auch sehr lecker (unten sieht man die tageskarte - kann man auch vergrössern) - herrlich, in diesem stimmungsvollen ambiente. der wein war erwartungsgemäss weltklasse. es war ein nit de nin 2011. grandiose prioratnacht im glas - voller eleganz, licorella schiefer und power. feminin, würzig, herrlich. sah ihn so bei 96p. die leere flasche steht jetzt vor mir denn ich habe sie mir als deko mit nach hause genommen; ein bisschen möchte man ja auch zu hause ein la cooperative ambiente haben :).

überhaupt dieser nit de nin - immer wieder bin ich von diesem wein begeistert. gerne hätte ich die winzerin hinter diesem wein, esther nin, auch kennengelernt auf der reise aber es liess sich nicht einrichten. das wäre dann der nächste kultbetrieb gewesen, den wir besucht hätten. übrigens, wenn ich die story von torsten richtig verstanden habe ist die geschichte hinter diesem wein die, dass esther bei einem anderen weingut gearbeitet hat und dann ihr "eigenes ding" machen wollte und dann immer abends nach feierabend an ihrem eigenen wein gearbeitet hat - darum heisst der nit de nin - nit heisst nacht auf katalanisch (also die nacht der esther nin). und so dürfte sich auch der mond auf dem etikett erklären lassen. und dann schmeckt der wein auch wie eine rabenschwarze, geheimnisvolle nacht - gigantisch!

ach war das eine herrliche mittagsrast...sowohl vom restaurant und essen her als auch vom wein! hier bin ich mensch, hier... :)

Re: 2013 Priorat Trip

Verfasst: Mo 16. Sep 2013, 21:48
von sociando
dann hatten wir einen termin in gratallops, neben porrera wohl das berühmteste weindorf im priorat. wir trafen dort die jungwinzerin meritxell palleja und das war nun auch wieder eine sehr interessante erfahrung. hierbei handelt es sich sozusagen um einen garagenwein, den die junge winzerin ohne eigenen keller vinifiziert - etwa den nita, über den wohl zunehmend auf den weinmessen des priorat gesprochen wird.

meritxell war sehr symphatisch - fuhr mit uns gleich zu ihrem weinberg und erklärte uns, wie sie den wein produziert und wie sie den betrieb mit hilfe ihres freundes stemmt. im vordergrund ihres weins steht für sie die frische, wovon wir uns bei einer verkostung im weinberg auch selbst überzeugen konnte. eine vkn des nita weins stelle ich unter rein - das ist eine flasche die ich vor ort gekauft habe und dann zu hause in ruhe nachverkostet habe.

nochmal kompliment an torsten für die schöne, vielfältige auswahl der weingüter- und winzer/innen die wir besucht haben. das war eine sehr gelungene, vielseitige und erfrischende mischung - vom internationalem grossbetrieb mit ufo-weingut bis zur engagierten jungwinzerin ohne eigenen keller.

Bild

Re: 2013 Priorat Trip

Verfasst: Mo 16. Sep 2013, 21:54
von sociando
gratallops, von frank ob der schwierigkeit des namens immer "galladrops" genannt :) , hat seinen name von wölfen, die sich an bäumen reiben. das erklärte auch die wolfsstatue mitten im dorf...

Re: 2013 Priorat Trip

Verfasst: Mo 16. Sep 2013, 21:59
von sociando
damit nahm der fantastische tag dann ein ende...die katzen in torroja vor unserer ferienunterkunft schnurrten uns ihr "bona nit" zu und wir waren seelig.

Re: 2013 Priorat Trip

Verfasst: Di 17. Sep 2013, 11:21
von Markus Vahlefeld
Weitermachen, Martin! Ich kann es kaum erwarten, wo Ihr überall noch wart und welche Bilder Du noch für uns hast.

Danke und klasse!

Re: 2013 Priorat Trip

Verfasst: Mi 18. Sep 2013, 20:28
von sociando
...wir sind jetzt wieder an tag 2 - nach dem besuch bei mas d'en gil und dem mittagessen im restaurant. danach ging es zu einer "aktivstation", nämlich zu winzer mark ripoll in gratallops und einer e-bike tour durch die weinberge.

das war nun das nächste highlight. mark nahm sich viel zeit für uns und es ging in seine weinbere bei gratallops - vorbei an den clos mogador hängen. das fahren mit den e-bikes machte riesenspass, am liebsten hätte ich es gleich mitgenommen und so den rest des priorats erkundet.

er zeigte uns seine alten reben - zumeist carignan und grenache (garnatcha) - also die beiden "priorat"-rebensorten im roten bereich. hier lernte ich dann dass carignan viel sonne und hitze braucht/verträgt während der grenache es doch eher schattiger und kühler mag. ich dachte ja bislang immer carignan sei gar nicht eine so edle rebsorte aber im priorat zeigt sie was sie kann - einige führende spitzenweine bestehen gar zu 100% aus carignan. die bdx-sorten cabernet und merlot hingegen spielen fast keine rolle hier (mehr). während manche winzer vor 10-20 jahren noch stärker auf cabernet setzten, als eine führende internationale sorte von weltrang, ging man in letzter zeit vielmehr dazu über, die reben durch die standard prioratsorten zu ersetzen. sprich, so schnell wird es keine super-priorats als bdx-replik geben wie etwa ein ornellaia oder sasssicaia aus italien. das terrorit ist wohl nichts für die bdx sorten...seis drum.

mark führ mit uns auch zu seinem steilhang in torroja (wo er seinen vi de la villa herstellt). das war ein privileg, denn so viele kommen hier nicht her. und die aussicht war einmal mehr gigantisch.