Bernd Schulz hat geschrieben: Das gilt selbst im hochgelobten Frankreich, wo die ganze Angelegenheit sicherlich noch einmal anders gewachsen und in die Weinkultur eingebettet ist: Der Aufdruck AOC auf dem Etikett garantiert mir noch lange nicht, dass ich einen Wein blind kaufen kann....
Das hat das AOC-System auch nie geleistet, und kein Bezeichnungssystem wird das jemals leisten können.
Es ist aber vielleicht ganz interessant, hier einmal die Ausgangssituation zu beleuchten, vor deren Hintergrund Mitte der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts das INAO gegründet wurde und das AOC-System in Frankreich ins Leben gerufen wurde. Vorher herrschte nämlich in Teilen der Weinerzeugung, insbesondere aber im Weinhandel blanke Anarchie: die Händler kauften irgendetwas, verschnitten es bei Bedarf mit etwas anderem, füllten das dann in Flaschen, etikettierten es mit einem gut klingenden Namen (meistens eine bekannte und berühmte Herkunft) und verkauften es so. Nicht umsonst gibt es im Burgund Erzählungen über Weinhändler, die zu einem beträchtlichen Vermögen dadurch gekommen sind, dass sie "immer Burgunder verkauft, aber nie welchen eingekauft oder selber erzeugt" haben. Die Handhabe dagegen war praktisch Null, da es keinerlei rechtlich definierten Rahmen für die Verwendung einer Herkunftsbezeichnung gab.
Das AOC-System wurde mit dem vorrangigen Ziel geschaffen, genau diesen rechtlichen Rahmen zu schaffen, d.h. Herkünfte geographisch zu definieren und abzugrenzen, und gleichzeitig elementare Rahmenbedingungen der Produktion in der jeweiligen lokalen Tradition abzustecken und damit dem Konsumenten eine konkrete Chance auf Authentizität des Produktes zu geben (und die Basis zu schaffen, um Händler und ggf. auch Erzeuger bei Verstößen vor den Kadi ziehen zu können).
Mit der Etablierung des Systems hat man logischerweise mit den besten und berühmtesten Gebieten angefangen, wo der Handlungsdruck am Größten war. Das hat erheblich zu dem Ruf beigetragen, dass AOC-Weine qualitativ höherwertig sind - weil eben die besten und berühmtesten Weine Frankreichs als erstes den AOC-Status bekamen. Die primäre Zielsetzung war aber gar nicht Qualität (dazu waren und sind die Standards zu weit gefasst), sondern Authentizität der Herkunft. Es ging um Verrechtlichung eines weitgehend rechtsfreien Raumes. Den Qualitätsaspekt hat man erst
ex post dem System zugeschrieben (bzw. zum Teil auch nur angedichtet).
Die Ausgangssituation in Österreich bei Einführung des DAC-Systems war aber eine völlig andere: Österreich hatte schon vorher ein durchaus stringentes Weingesetz, das auch in brauchbarem Umfang kontrolliert wurde, die allgemeinen Qualitätsstandards waren hoch, und das Bezeichnungswesen war klar und in dem Rahmen, in dem ein Bezeichnungswesen überhaupt aussagekräftig sein kann, auch aussagekräftig. Es gab also aus rechtlicher Sicht und auch aus Sicht des Konsumenten eigentlich keinerlei wirklichen Handlungsbedarf.
Man kann es nur immer wieder betonen: die Bezeichnung DAC ist
nicht wie die AOC als ein seinerzeit notwendiges Ordnungselement geschaffen worden, sondern einem durchaus funktionierenden System als Marketinginstrument übergestülpt bzw. angeflanscht worden. Und das Ergebnis davon ist hier zu besichtigen: wirklich benötigen tut das kein Mensch - der orientierte Konsument nicht, der uninteressierte auch nicht, und die guten Winzer ganz offensichtlich auch nicht. Die Frage, was das Ganze denn überhaupt soll, ist mehr als berechtigt.
Gruß
Ulli