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Re: Interessant: Spontanvergärung
Verfasst: Mo 15. Aug 2011, 16:11
von Bernd Schulz
Franks Posting schließe ich mich vollinhaltlich an, sowohl im Hinblick auf Bernhard Fiedlers gute, aber nicht sonderlich ausdrucksstarke Weine als auch in Bezug auf Niewos Statement.
Fast jeder hier weiß, dass ich überhaupt kein Niewo-Jünger bin, aber einen guten Schuss "Romantik" betrachte ich in einer extrem positivistischen, überrationalistischen und der Ökonomie als goldenem Kalb huldigenden Epoche durchaus mit einer gewissen Sympathie.
Beste Grüße
Bernd
Re: Interessant: Spontanvergärung
Verfasst: Mo 15. Aug 2011, 17:13
von T's Weinblog
Also ich meine ja, dass man für keinen der beiden Partei übernehmen kann. Beide haben Ihre guten Argumente.
@Wolfgang: Kannst du/ Können Sie mir Tipps geben, zu Weinen, die ich vergleichen könnte. Ich bin nämlich noch ein wenig unerfahren mit Vergleichs-Verkostungen. Wäre sehr nett. Danke
Re: Interessant: Spontanvergärung
Verfasst: Mo 15. Aug 2011, 18:14
von susa
Torsten, hier dutzen sich alle, also hab keine Scheu das auch zu tun, da musst Du nicht jedes Mal extra nachfragen. Oder sind wir solche Respektspersonen ..... *schwerinmichgehe
lieben Gruß
susa
Re: Interessant: Spontanvergärung
Verfasst: Mo 15. Aug 2011, 20:57
von T's Weinblog

Ok. Ich hab das nur noch nicht so richtig drin...
Re: Interessant: Spontanvergärung
Verfasst: Di 16. Aug 2011, 08:54
von Gerald
Also mir kommt vor, dass das Thema vor allem in Deutschland derart "ideologisch" diskutiert wird. Hier in Ö arbeitet durchaus ein Teil der Winzer mit Spontangärung, es wird aber meistens nicht so stark thematisiert. Manchmal ist es bei einer ausführlichen Weinbeschreibung erwähnt, manchmal muss man überhaupt erst beim Winzer nachfragen.
Ich denke auch, dass sich nach einiger Zeit ohnehin eine "kellereigene Reinzuchthefe" entwickelt hat, was dann letztendlich gar keinen großen Unterschied mehr zu kommerziellen Hefen macht. Wenn ich richtig informiert bin, stammen die "Sponti-Stinker" ja nicht von den Hefen, sondern von der Art der Gärungsführung, wie man sie - wenn man es darauf anlegt - mit Reinzuchthefen genauso erreichen und/oder bei Spontangärung vermeiden kann.
Einen interessanten Ansatz dazu gibt es übrigens von der Domäne Wachau: hier werden die Einzellagen bewusst mit speziell ausgewählten Reinzuchthefen (für jede Lage unterschiedlich) vergoren, um den besonderen Charakter der Lage richtig zum Ausdruck zu bringen. Mich erinnert das an den Terroirbegriff von H.O. Spanier in seinem Zeitungsartikel, wo er - wenn ich das richtig verstanden habe - das Terroir als Idee des Winzers über die Lage (nicht die "objektiven" Eigenschaften der Lage selbst) versteht. Da ist der Einsatz ausgewählter Reinzuchthefen je Lage eigentlich die logische Schlussfolgerung ...
Übrigens gab es von der Domäne Wachau auch schon spontan vergorene Weine, dramatische Unterschiede zu den RZ-Weinen sind mir aber nicht aufgefallen.
Grüße,
Gerald
Re: Interessant: Spontanvergärung
Verfasst: Di 16. Aug 2011, 09:15
von Bernd Schulz
Hallo Gerald,
Ich denke auch, dass sich nach einiger Zeit ohnehin eine "kellereigene Reinzuchthefe" entwickelt hat, was dann letztendlich gar keinen großen Unterschied mehr zu kommerziellen Hefen macht.....Übrigens gab es von der Domäne Wachau auch schon spontan vergorene Weine, dramatische Unterschiede zu den RZ-Weinen sind mir aber nicht aufgefallen....
ich befasse mich ja jetzt schon länger sehr intensiv mit Riesling, und meiner Erfahrung nach bestehen - kellereigene Hefen hin, weinbergseigene her - eben doch fundamentale Stilunterschiede zwischen deutlich ausgeprägten Spontis und Reinzuchtis. Oder anders ausgedrückt: Der Rieslingstil, der bei J.J. Prüm, Schloss Lieser, KaJo Christoffel oder auch Wittmann, Van Volxem. Kühn gepflegt wird, ist mit Reinzuchthefen absolut nicht zu erreichen.
Bei diesem Thema argumentiere ich inzwischen lieber empirisch, anstatt herumzutheoretisieren....
Beste Grüße
Bernd
Re: Interessant: Spontanvergärung
Verfasst: Di 16. Aug 2011, 09:24
von Gerald
Hallo Bernd,
Oder anders ausgedrückt: Der Rieslingstil, der bei J.J. Prüm, Schloss Lieser, KaJo Christoffel oder auch Wittmann, Van Volxem. Kühn gepflegt wird, ist mit Reinzuchthefen absolut nicht zu erreichen.
stellt sich nur eben die Frage, ob der unterschiedliche Stil der genannten Winzer wirklich auf die Gärführung (spontan <> RZ) zurückzuführen ist oder nicht von anderen Parametern abhängt.
(off-topic) ... So wie bei medizinischen Studien, wo man die Häufigkeit bestimmter Krankheiten zwischen unterschiedlichen Ländern vergleicht und sie ausschließlich auf einen Faktor zurückführt (z.B. Alkoholkonsum). In den meisten Wissenschaften würde man solche Studien niemals akzeptieren, in der Medizin auch nur deshalb, da andere Möglichkeiten u.a. aus ethischen Gründen stark eingeschränkt sind.
Richtig aussagekräftig wäre ein Vergleich nur, wenn ein Winzer genau denselben Wein parallel mit RZ-Hefen und spontan vergoren ausbauen würde. Gibt es so etwas?
Grüße,
Gerald
Re: Interessant: Spontanvergärung
Verfasst: Di 16. Aug 2011, 09:37
von pivu
Gerald hat geschrieben:Richtig aussagekräftig wäre ein Vergleich nur, wenn ein Winzer genau denselben Wein parallel mit RZ-Hefen und spontan vergoren ausbauen würde. Gibt es so etwas?
Klar gibt es das, aber vor allem als Fassprobe, wenn unterschiedliche Fässer des identischen Mosts auf die Spontangärung verschiedenartig oder gar nicht ansprechen und entsprechend nachgeimpft werden. Danach werden die Fässer aber meist verschnitten, da die sponatvergorenen IMMER besser waren. Ggfs. kommen diese dann als Sonderabfüllung XY des gleichen Weins auf dem Markt.
Im übrigen gibt's hier nicht nur A oder B, sondern ein weites Feld dazwischen, in dem sich auch viele angebliche "Spontis" bewegen.
Ciao
Peter
Re: Interessant: Spontanvergärung
Verfasst: Di 16. Aug 2011, 09:44
von Gerald
Hallo Peter,
Klar gibt es das, aber vor allem als Fassprobe, wenn unterschiedliche Fässer des identischen Mosts auf die Spontangärung verschiedenartig oder gar nicht ansprechen und entsprechend nachgeimpft werden.
ich bin mir nicht sicher, ob man das vergleichen kann. Denn wenn ein für Spontanvergärung vorgesehener Most nach ein paar Tagen erst mit RZ-Hefe beimpft wird, hat er eben diese Zeit mit Sauerstoffeinfluss verbracht, während bei sofort einsetzender Gärung aller Sauerstoff schnell verbraucht bzw. mit dem CO2 ausgetrieben ist. Dann wird vielleicht auch Sulfit nachdosiert werden müssen etc.
Richtig vergleichbar wären meiner Ansicht nach nur Weine, die parallel sofort mit Spontanvergärung starten würden, wobei ein Teil aber mit RZ-Hefe beimpft wird. Aber ich kann mir vorstellen, dass so etwas für den Winzer nur für eigene Studienzwecke Sinn hat und nicht in den Verkauf kommen wird ...
Grüße,
Gerald
Re: Interessant: Spontanvergärung
Verfasst: Di 16. Aug 2011, 09:46
von Birte
Im übrigen gibt's hier nicht nur A oder B, sondern ein weites Feld dazwischen, in dem sich auch viele angebliche "Spontis" bewegen.
Ja, das wurde hier auch schon kurz erwähnt. Ich finde diese Kombination, so lange es die Natur alleine richtet, lassen wir sie gewähren, und wenn nötig helfen wir nach, als Haltung gut. Alles andere ist mit zu zwanghaft ideologisch, auch wenn ich mich sehr über einen komplett spontan vergorenen Wein freue.