Bottlebinder hat geschrieben:In einem schlechten Jahrgang bringt mir die qualitative Spitzennähe wenig. Hartmuts Notizen halte ich für glaubwürdiger als Händlernotizen und die sind doch sehr entzaubernd.
Für mich kommt eine Subskritption nicht in Frage. Wenn, dann wären es aus 2012 wohl Rauzan Segla, Canon und Petit Eglise. Ich warte mal die Arrivage ab. Selbst wenn dann Petit Eglise nicht mehr zu haben sein sollte, dann brauche ich einen 91-Punkte-Wein selbst für 30 € nicht. Da gab es in den vergangenen Jahren trotz der hohen Preise ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis im Bereich 90 bis 96 Punkte. Gerade das von 2009 und 2010 ist womöglich schwer zu toppen.
Ehrlich gesagt habe ich immer Probleme mit der ausschließlichen Relation von Kritikerpunkten und Preisen. Stil ist für mich viel wichtiger. Was bringen mir zum Beispiel 100 Parker Punkte Châteauneuf du Papes aus 2003, 2007 und 2010, wenn ich die Weine allenfalls löffelweise runterkriege oder in einer Wichtigtuerprobe anstellen kann (100 Parker Punkte !)?
Wenn man Parker-Punkte kaufen und trinken will, ist man sicher aus 2009 und 2010 bestens bedient. Ich habe jedenfalls auch bezüglich 2009 keine Zweifel, dass man auch abseits von Parker-Punkten wirklich gut mit den Weinen fährt. Aus 2010? Mal sehen, ich habe noch nichts probiert, werde das aber in den nächsten Wochen und Monaten selektiv tun. Bei den kleineren Weinen in der Preisklasse bis ca. 35 Euro lohnt es sich im Zweifel auf jeden Fall, die besseren Jahrgänge wie 2005, 2009 oder 2010 zu kaufen. Denn die Preisunterschiede zwischen den Jahrgängen sind ja absolut gesehen nicht so groß. Und bei gut gemachten Weinen droht vielleicht auch nicht der Intensitäts-Overkill.
Nicht vergessen darf man aber, was in 2010 der gehobene Mittel- und Oberbau aus 2010 kostete. Zur Erinnerung:
http://www.bordoverview.com/?year=2010&bank=left. Jedenfalls für mich war und ist das ein klassischer Fall von "
outpricing" bei vielen Weinen (abgesehen davon, dass mich die Alkoholwerte und Kritikernotizen wirklich abschreckten).
Für mich ist aus 2012 Pontet Canet zur Subskription nicht interessant, man sollte sich aber die Parker-Notiz auch außerhalb der für manche offenbar ausschließlich entscheidenden "Bottomline" (der Punkte) ansehen.
The 2012 is certainly outstanding and, in fact, many readers may prefer it to the blockbuster, out-of-this-world, over-sized 2010, 2009 and 2008. Medium-bodied, pure and expressive, this classic Pauillac...
Jedenfalls ich zähle mich zu den Lesern, die es gerne "outstanding", "pure", "expressive" und "classic Pauillac" haben. Ob da nun 91-94 Punkte oder 96-100 Punkte drunterstehen, ist mir dann völlig egal.
Lese ich dagegen die Notiz von Parker zum 100 Punkte Pontet Canet 2010, so kommen darin zugegeben auch Worte wie "classic Pauillac nose" oder "freshness" vor. Aber einige Aspekte klingen für mich so, als würde ich den Wein gerne mal probieren, müsste davon aber keine 6er oder 12er Kiste im Keller haben (im Folgenden fett):
An absolutely amazing wine, from grapes harvested between the end of September and October 17, this blend of 65% Cabernet Sauvignon, 30% Merlot and the rest Cabernet Franc and Petit Verdot has close to 15% natural alcohol. [...] An astounding, compelling wine with the classic Pauillac nose more often associated with its cross-street neighbor, Mouton-Rothschild, creme de cassis, there are also some violets and other assorted floral notes. The wine has off-the-charts massiveness and intensity but never comes across as heavy, overbearing or astringent. The freshness, laser-like precision, and full-bodied, massive richness and extract are simply remarkable to behold and experience. It is very easy, to become jaded tasting such great wines from a great vintage, but it is really a privilege to taste something as amazing as this. Unfortunately, it needs a good decade of cellaring, and that’s assuming it doesn’t close down over the next few years. This is a 50- to 75-year wine from one of the half-dozen or so most compulsive and obsessive proprietors in all of Bordeaux. [...] Pontet-Canet’s 2010 is a more structured, tannic and restrained version of their most recent perfect wine, the 2009. Kudos to Pontet-Canet!
(100 Robert Parker- Wine Advocate- Feb 2013)
Was ich damit sagen will? Aus preislichen Gesichtspunkten ist es - anders als 2008 - im Zweifel nicht vernünftig oder geboten, 2012er Bordeaux zu subskribieren. Später kaufen ist im Zweifel die vernünftigere Lösung. Gleichwohl scheint der Jahrgang auf vielen Châteaux - so wie auch schon 2011, aber jetzt noch mal etwas preislich bodenständiger - in den Alkoholwerten moderat zu sein und von eher klassischer Bordeaux-Charakteristik, was für mich erst einmal attraktiv klingt. Die Wahrheit liegt am Ende natürlich im Glas.