Hallo zusammen,
die letzten Wochen gab es mal wieder den ein oder anderen Champagner zu trinken. Was sich in der Champagne im letzten Jahrzehnt getan hat, ist wirklich unglaublich. Da tut sich eine ganz neue Welt auf mit so vielen talentierten Winzern, dass einem vor Möglichkeiten fast schwindelig werden kann.
Ob ich nun Cuvées, Blanc de Noirs mit Pinot Meunier oder Pinot Noir oder Blanc de Blancs lieber mag, habe ich mich schon häufig gefragt, kann es aber nicht beantworten. Das kommt auch darauf an, wozu die Champagner getrunken werden. Im Zweifel würde ich sagen: je früher beim Essen (inkl. Apéritif) desto mehr Blanc, je später beim Essen desto mehr Noir.
Blanc de Noirs
Wirklich super finde ich den
Champagne Sève Blanc de Noirs "En Barmont" Brut Nature (100% Pinot Noir) von
Olivier Horiot, von dem wir letztes Jahr den Erstlingsjahrgang 2004 hatten und jetzt den 2008er, der für mich eine ganze Schippe zum 2004er drauflegt, da er einfach harmonischer und balancierter wirkt. Ich führe das auf steigende Erfahrung zurück.
Auch sehr gut, wenn auch total anders:
2009 Champagne Extra Brut "Les Vignes d'Autrefois" von
Lahèrte Frères aus 100% Pinot Meunier von alten Reben. Das ist ein diametral anderer Stil als der Horiot, viel weiniger, opulenter mit einer Frucht eher auf der rötlichen als auf der weißlichen Seite.
Nochmal 100% Pinot Noir:
NV Champagne Grand Cru Verzy Blanc de Noirs Brut von
Jean Hanotin, einem eher unbekannten Champagner-Winzer. Das ist wie der Lahèrte ein sehr fruchtbetonter und runder Typ, jedoch mit merkbar höherer Dosage, was ihm sehr gut steht. Zu einem Preis von unter 20 Euro finde ich diesen Champagner wirklich ausgezeichnet.
Eine Cuvée, in der der Meunier überwiegt, ist der
NV Champagne Blanc de Noirs Extra Brut "Les Murgiers" von
Francis Boulard, der mir ausgezeichnet gefallen hat und wie der Horiot für mich eher als Apéritif-Champagner taugt. Die Zitrusfruchtnoten mit sehr feiner Bitterkeit haben mir hier besonders gut gefallen. Auf der Watchlist, definitiv.
Vielleicht mein Favorit, auch wenn die Punkte das nicht ausdrücken (sorry, aber bei Champagnern muss ich mich erst noch kallibrieren):
Marie Courtin -
Champagne Blanc de Noir Extra Brut "Resonance", ein 100% Pinot Noir, der in der Nase unglaublich straff und karg ist, im Mund trotz Brut Zero jedoch schönen Schmelz bietet und mit wunderbaren Himbeer- und Orangennoten überzeugt.
Blanc de Blancs
Das erste Mal bewusst getrunken (das erste Mal war leider am Ende eines sehr langen und sehr weinreichen Abends, an dem ich nicht mehr allzu viel bewusst wahrnehmen konnte) hatten wir vor ein paar Wochen einen Champagner von
Jacques Selosse, hier den
NV Champagne Grand Cru Blanc des Blancs Extra Brut "Version Originale"
. Ich kann nur sagen, der wurde seinem Ruf gerecht. Toller Einsatz von oxidativen Noten, sehr weiniger Charakter, viel Tiefgang. Große Klasse.
Super typisch Blanc de Blancs für mich:
NV Champagne Extra Brut "Latitude" von
Larmandier Bernier, bestens zum Apéritif geeignet, kalkig, karg, straff, animierend. Ganz toll.
Ganz ähnlich vom Stil und ebenfalls hervorragend:
NV Champagne Grand Cru Blanc des Blancs Extra Brut von
Robert Moncuit, den ich in den letzten Monaten aus zwei verschiedenen Degorgements hatte, eine ca. um 2008/2009 und eine aus 2012 oder 2013. Auch der früh degorgierte war noch top-frisch, lebendig in der Perlage, ließ auch mit Luft nicht nach. Der Blanc des Blancs Extra Brut von Robert Moncuit wird immer mehr zu meinem Lieblings-Blanc des Blancs im günstigeren Segment.
Und dann noch ein sehr interessanter und kurioser Champagner:
NV Champagne Blanc des Quatres Blancs "Quattuor" von
Drappier, der neben Chardonnay (25%) auch jeweils 25% Arbanne, Petit Meslier und Blanc Vrai enthält. Nur Profis dürften die Eigenheiten dieser Rebsorten kennen, ich werde sie mal in Jancis Robinsons Buch "Wine Grapes" nachschlagen, habe mich aber nur darauf konzentriert, wie der Champagner an sich schmeckt. Ganz hervorragend, eher nicht auf der Fruchtseite, sondern auf der Nuss- und Trockenfrucht-Seite, aber auch mit frischen, blütigen Anklängen. Der kann eine ganze Menge.
Cuvées
Sehr gut:
Champagne Brut Carte d'Or von
Fresnet-Juillet, von denen ich neulich einen tollen 2000er Brut Millésime hatte. Das ist ein sehr zugänglicher, fruchtiger Stil mit etwas höherer Dosage, ohne große Ecken und Kanten, aber mit schönem Trinkfluss und feiner Perlage.
Dann der sehr experimentelle Typ:
Champagne Brut Grande Réserve von
Jêrome Dehours, ein 100% Pinot Meunier, der im Solera Verfahren erzeugt wird (Start: 1998). Der war mir anfangs etwas zu experimentell mit deutlich mostigen Noten (wirkte auf mich ein wenig wie vin naturel), brauchte aber einfach nur Luft. Dann wurde er immer feiner und überzeugte vor allem mit seiner ganz extrem feinen Perlage.
