Es war eine wunderbare Probe, die Uli initiiert und ausgerichtet hat. Und es war ein toller Pilot der Frankfurter Bordeaux-Runde, die zu gegebener Zeit wohl auch mal "ein Stock, ein Hut, ein Regenschirm" spielen, und andere Weine zum Thema machen wird. Es macht Spaß auf (viel) mehr.duhart09 hat geschrieben:Gestern nun Auftakt unserer Frankfurter Bordeaux-Runde mit Schwerpunkt Pauillac 2003.
Siehe auch
http://www.dasweinforum.de/viewtopic.ph ... 6&start=10
bzw. im einzelnen:
Die Weine hatten wir eine Stunde vor Beginn der Runde geöffnet (d.h. waren ca. ein bis fünf Stunden vor Genuss geöffnet worden), sie aber nicht dekantiert oder doppelt dekantiert. Bei manchen war das auch ganz gut, andere hätten mehr Luft vertragen.
Batailley 2003:
Klassischer Pauillac, vielleicht noch etwas jung, aber durchaus schön zu trinken, leicht mineralische Noten (17 P.)
Grand Puy Lacoste 2003:
Hier half schon etwas Luft im Glas, der Wein öffnete sich, wirkte harmonisch, rund und zeigte etwas Süße, aber (noch?) vergleichsweise wenig Komplexität (18 P.).
Clerc Milon 2003:
Seeehr spannender Wein! Animalische Nase, filigraner und in Andeutungen Komplexität versprechender Genuß, derzeit aber noch etwas zu. Jetzt 18 P., aber was da durch schimmerte, spricht für deutlich mehr (Potentialwertung 19 P.)
Duhart Milon 2003:
Was für ein hedonistischer Tropfen! Begeisterte mich ungemein. Eine absolut betörendes Parfüm, hier konnte man erst mal eine Viertelstunde lang glücklich nur schnuppern: Kaffee, Schokolade, Korinthen. Am Gaumen dann schon ordentliche, ins Marzipanige reichende Süße, Reife, aber auch Teer und ganz ordentlich Power. Hier muß man mit dem Genuß sicher nicht mehr unbedingt warten – einfach geiles Zeug ! (19 P.)
Pontet Canet 2003:
Schade, hier habe ich auch zu wenig aufgeschrieben. Nase leicht alkoholisch, Lakritz. Ein bulliger Wein, mit solidem, aber auch jetzt nicht störendem Tanningerüst, der ein ungleich längeres Leben vor sich haben dürfte. Beeren, Teer, sehr konzentriert (19 P.)
Lynch Bages 2003:
Hier hätte Dekantieren vermutlich am ehesten gelohnt. Klassische, Cabernet-betonte Nase und erst nach einiger Zeit im Glas Anzeichen von Tabak, Würze und Komplexität, sonst doch recht zu (18+ P.?)
Pichon Baron 2003:
Massive Beerennase. Am Gaumen komplex und füllig, vieles allerdings nur andeutend, hier fehlt definitiv Luft. Teer und dunkle Beeren, massiv und bestimmt noch viiiiel Zeit vor sich habend (mit Potential 19-20 P.). War wohl für die Meisten "Wine of the Night".
Fazit: für den sofortigen Genuß ist der Duhart kaum zu schlagen, die meisten anderen Kandidaten sprechen nicht für die These, dass 2003er mit der Hitze nicht fertig würden, austrocknen und einen frühen Tod erleiden könnten sprich schnell getrunken werden müssten. Auch der teils kritisierte Mangel an Frucht bzw. die Dominanz von Hitze und Alkohol hat sich für mich nicht bestätigt.
Doch zum Thema des Abends und dieses Unterforums: Bordeaux 2003 - zehn Jahre danach
Wie Uli schon beschrieben hat, waren sich alle 6 Verkoster (darunter 3 Vollblut- und zwei Halbblut-Laien) recht einig. Aber es gab Nuancen in der Wertschätzung der Kandidaten, weshalb ich auch meine Einschätzung beitragen möchte. Anbei zunächst die Kandidaten in der Übersicht:
[album]1233[/album]
Batailley 2003:
Der Wein gefiel mir gut, erfüllte jedoch nicht meine Erwartung ohne sie jedoch zu enttäuschen. Die Farbe hat zum Rand hin schon etwas nachgelassen. Präsente Tannine lassen aber auf weiteres Alterungspotential schließen. Kräftiger Antritt am Gaumen, kernig. Aber mit einer Süße ausgestattet, die ich gemeinhin nicht so schätze. 16 Punkte
Grand Puy Lacoste 2003:
Ganz anders. Tiefe Farbe. Bereits schön eingebundene Tannine. Vielleicht auch von vornherein eher auf der tannin-armen Seite. Sehr intensive Nase. Fleischiges, rotfruchtiges Mundgefühl, dass den Wein jung anmuten lässt und alles zusammenführt. Schön aber nicht groß. 17 Punkte
Clerc Milon 2003:
Filigranes Bouquet. Auch am Gaumen zurückhaltend. Insgesamt auf leisen Sohlen unterwegs. Assoziation von blauen Beeren. Gegen Ende des Abends an Vielschichtigkeit und Intensität zunehmend und einen kleinen Vorgeschmack auf die Zukunft zeigend. Für mich derzeit 17 Punkte, kann aber 18 Punkte erreichen
Duhart Milon 2003:
Wunderbare Nase mit einer ausgeprägten Graphit-Note. Ebenfalls die Assoziation Marzipan wahrnehmend. Mit intensiver Geschmacksfülle Druck am Gaumen machend aber dabei eine Klarheit aufweisend, dass der Wein nicht satt macht. Derzeit so viel Freude bereitend, dass es schwer fallen wird, den kleinen Bestand zu schonen. 18 Punkte
Pontet Canet 2003:
Wunderbarer Wein mit einer die Klassik pointierenden Nase. Sehr intensiv in jeder Beziehung. In Aroma, Tannin aber auch im Alkohol jenseits der Masse. Dabei keineswegs plump oder derb, sondern auch Finesse zeigend. Von den degustierten Kandidaten der ungestüme und am jüngsten wirkende. Sehr vielversprechend aber angesichts des Tanninlevels für mich derzeit noch nicht in der Genussphase. 18 Punkte
Lynch Bages 2003:
Interessante Nase von grüner Paprika und leichter Chilli-Note. Am Gaumen eher schlapp. Der Wein zeigte sich kaum, enttäuschte fast ein wenig. Daher kaum Notizen. Kein Flaschenfehler erkennbar. Er scheint eher in einer schwachen Phase und verschlossen zu sein. Keine Bewertung.
Pichon Baron 2003:
Best of Show. Wunderbare Aromatik. Sehr lecker, trinkig und dabei ungemein elegant. Präsente aber dennoch sehr bekömmliche, weiche Tannine. Schönes Tannin-Säure-Süße-Spiel. Mundfüllend. Im Nachhinein schade, dass es der letzte Wein war. Die eine oder andere Nuance ist sicherlich etwas untergegangen. Wäre da nicht der dreistellige Preis, müsste man ihn Kistenweise einlagern. 19 Punkte.
Insgesamt eine sehr gelungene Probe, deren hohe Durchschnittspunktzahl von 17/18 Punkten sowohl für das Niveau des Jahrgangs bzw. der Jahrgangsvertreter also auch die Qualität der Flaschen spricht.