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Re: Bordeaux 2024
Verfasst: Sa 10. Mai 2025, 18:15
von Matthias Hilse
Gruaud Larose ist ein Deuxième Cru, der in den letzten Jahren nur eine eher periphere Bedeutung in der Subskription hatte. Wer jedoch Begegnungen mit den grandiosen GL's aus den 80ern im Erfahrungsfundus trägt, könnte an folgender, alternativer Befassung mit dem Gruand Larose 2024 interessiert sein.
Wenn Pierre-Olivier Clouet, der Direktor und "Weinmacher" von Cheval Blanc den dortigen Jahrgang so einordnet "A vintage from the 1970s vinified with 21st century techniques", dann gilt dies genauso für Gruaud-Larose.
Château Gruaud Larose 2024
Während die anderen großen Saint Juliens bereits beim smalltalkchillen der Nonchalance frönen, verweilt der Gruaud Larose noch in der Garderobe, denn das Haar liegt noch nicht schön.
Abermals in 2024 wirft sich der Gruaud Larose als altera pars von Saint-Julien auf und verbarrikadiert sich zunächst hinter einer Aufwallung an Widerborstigkeit und dezentem Desinteresse an entgegenkommender Aufwartung.
Dann aber, wenn der erbetenen Hemmung der Eile entsprochen wird, flaniert dieser Deuxième Cru mit der Leichtigkeit einer Feder in den Gaumengefilden und prägt eine kristallklare und in erhabene Reinheit eingelassene Beerenfrucht aus, die im Rückaroma eine pointiert legere Eukalyptus-Anmutung den Flieder- und Graphitnoten zur Begleitung sendet.
Dabei verblüfft der aromenintensive Saft mit einer Transparenz im Gaumenschwung, die dem seiner intelligiblen Seite Zugewandten den delikaten Stolz eröffnet, mit dem der Gruaud-Larose seine feine und noble Adstringenz zum Scheinen bringt.
Matthias Hilse 93-95 Punkte
Re: Bordeaux 2024
Verfasst: Mo 12. Mai 2025, 13:19
von Sauternes
Leoville Barton für etwas 68€, zählt wohl in St. Julien zur Jahrgangsspitze.
Re: Bordeaux 2024
Verfasst: Mo 12. Mai 2025, 13:50
von Ollie
Sauternes hat geschrieben: ↑Mo 12. Mai 2025, 13:19
Leoville Barton für etwas 68€, zählt wohl in St. Julien zur Jahrgangsspitze.
Für den (besser bewerteten) 2021er habe ich neulich noch knapp 65 Euro gezahlt, aber bei einem fast reinen (94%) Cabernet aus St-Julien könnte ich schon schwach werden. Zur Arrivage - den möchte ich selber probieren.
Cheers,
Ollie
Re: Bordeaux 2024
Verfasst: Mo 12. Mai 2025, 15:55
von Sauternes
Ollie hat geschrieben: ↑Mo 12. Mai 2025, 13:50
aber bei einem fast reinen (94%) Cabernet aus St-Julien könnte ich schon schwach werden.
Genau das ist auch mein Gedanke, bin mittlerweile zum absoluten Cabernet Sauvignon Fan geworden, Merlot ist nicht mehr so mein Ding, nur in geringen Mengen in der Cuvee.
Beim 21 LB bin ich bislang noch nicht schwach geworden, aber vielleicht sollte ich da mal eine Testflasche ordern.
Gruß Heiko
Re: Bordeaux 2024
Verfasst: Mo 12. Mai 2025, 19:14
von Matthias Hilse
Bei der eklatanten Schar an Veröffentlichungen heute ragt nach meiner Einschätzung ein Wein heraus, den man, wenn es sich um ein Kunstwerk handeln würde, als das Alterswerk von Francois Mitjavile bezeichnen würde:
"Wer den Tertre Roteboeuf, jene letzte Enklave stiller Rebellion gegen das Allerlei der Windschlüpfrigkeit, in der Phase, in der der werdende Wein noch nicht seiner Fassbehausung entwachsen ist, probieren möchte, muss den Ort der Handlung aufsuchen. Wenn andernorts viel Bohei gemacht wird, um den neuen Wein, in der Art der Enthüllung eines Denkmals, dem öffentlichen Blick freizugeben, so darf man sich bei Francois Mitjavile noch der Wunderwelt eines Barriquekellers, der quasi „unplugged“ dunkel und muffig ist und so garnicht aseptisch anmutet wie sonst überall, anvertrauen, um gleich im Anbeginn zu verstehen, dass hier eine andere Welt zelebriert wird.
Verkostungsnotiz:
In erhabener, glanzgetränkter Opazität dokumentiert der Tertre Roteboeuf 2024 bereits bei seiner Anschau die Dimension seines idiosynkratischen Wurfs. Ohne Umstände, gerade so, als ob es über den Jahrgang viel zu erzählen gäbe, offenbart der aromatische Monolith in der olfaktorischen Annäherung eine sonst in diesem Jahrgang unerreichte konzertante Nasenflutung, in der Zimt, Tabak, Tee, natürlich allerlei reifes Beerengut, Rosenduft, Minze und Röstaromen sich zu einem Amalgam von wundersamer Exotik assemblieren.
In einer erotischen Druckwelle von geschmeidig-seidiger Wucht gleitet die sapide Fruchtwoge in rassigem Fluss den Gaumen aus und beeindruckt durch die dichte Abfolge alternierender Frucht- und Aromenkaskaden in der Art eines Schubert-Impromptu mit ihrer perlenden Leichtigkeit und assoziativen Weite.
In gewissem Sinn entwirft der Tertre Roteboeuf hier in stilistischer Opposition zum ebenfalls grandiosen Troplong Mondot die Skizze unerreichter Versiertheit im Spiel der barocken Form gegenüber asketischer Präzision dort. Bach gegen Philip Glass etwa."
MH 95-96 Punkte
Herzliche Grüße,
Matthias Hilse
Re: Bordeaux 2024
Verfasst: Di 13. Mai 2025, 12:52
von Zaccetti
Der Mouton Rothschild ist auch drausen für 308.- FR / 354 Euro
Re: Bordeaux 2024
Verfasst: Di 13. Mai 2025, 21:08
von Matthias Hilse
Morgen früh wird eines der Highlights des Jahrgangs an den Markt kommen: LCHB. Die Mengen sollen deutlichst reduziert sein, und es dürfte hier wie zuvor bei Montrose ein deutlich anziehendes Interesse geben.
"Den Mistral hat Guillaume Pouthier zwar nicht mit von der Nordrhône gebracht, dafür aber die Ganztraubenpressung, die bei Les Carmes Haut Brion, jener in der Entstehung befindlichen Inkunablen, die einstmals vom „Orden der Brüder der allerseligsten Jungfrau vom Berge Karmel“ vom Stapel gelassen wurde, den feinen Unterschied macht. Auch ohne den bekannten trockenen Fallwind fegt Guillaume durch die Gepflogenheiten des bordelaiser Establishments und hat ex minimo und in etwa einer Dekade einen Wein(stil) geschaffen, der ähnlich idiosynkratische Merkmale aufweist, wie landeinwärts der Tertre Roteboeuf von Francois Mitjavile.
Verkostungsnotiz:
Der feinsinnige, vor Frische beinahe berstende, in der Thematisierung asketischer Kühle konzise Assemblagesolitär zelebriert eine Nasenschau von frappanter Eindringlichkeit und pointierter Frische.
In ansatzlosem Momentum und begnadet mit gustatorischer Immanenz, nimmt dieser von einer feinen Aromenbrise durchzogene, dominant blaubeerige, würzbegabte, glasklare und präzise Pessac den Gaumen in Attacke und zeigt in seinem Kreiseltanz ein Bravourstück energischer Schwerelosigkeit und markanter Klasse.
Im Finale skizziert der Carmes Haut Brion ein an den Ausläufern der Zeitvergessenheit angesiedeltes Adieu von prägnantem Nachhall."
MH 95-96 Punkte
Herzliche Grüße,
Matthias Hilse
Re: Bordeaux 2024
Verfasst: Mi 14. Mai 2025, 08:14
von Matthias Hilse
LCHB ist mit 60% geringerer Menge am Markt @ € 61,20 ex negoce.
Herzliche Grüße,
Matthias Hilse
Re: Bordeaux 2024
Verfasst: Mi 14. Mai 2025, 09:06
von UlliB
Matthias Hilse hat geschrieben: ↑Mi 14. Mai 2025, 08:14
LCHB ist mit 60% geringerer Menge am Markt @ € 61,20 ex negoce.
Zu 83,80 € EVP u.a. bei Millesima. Mal sehen, ob sich da heute noch etwas mit dem Preis tut.
Insgesamt scheint bei LCHB doch etwas die Luft raus zu sein. Den höher bewerteten 23er kann man immer noch subskribieren, z.B. bei Lobenberg, da steht er mit 106,80 € für gerade mal 1,80 € mehr als bei der Kampagne vor einem Jahr.
Meine Vermutung, dass man da in absehbarer Zeit mit La Mission gleichziehen möchte, hat sich jedenfalls erstmal nicht bewahrheitet.
Gruß
Ulli
Re: Bordeaux 2024
Verfasst: Mi 14. Mai 2025, 10:56
von diogenes
Farr Vintners zur Preisveröffentlichung von Les Carmes Haut Brion:
"This morning saw the release of what most people would regard as being one of the best wines of the vintage - and without a doubt - the best value wine of the vintage.
Les Carmes Haut Brion is offered at a modest £354 per case of six bottles
Rave reviews include these ratings:
Thomas Parker MW – 95/97 - joint top-scoring red wine of the vintage
Neal Martin, Vinous – 94/96 – only 4 red wines are rated higher
Antonio Galloni, Vinous – 95/97 – only 3 red wines are rated higher
The Wine Advocate – 93/96 – scored above all the first growths and only 3 red wines are rated higher
James Suckling.com – 97/98 – “stunning” – only 3 red wines are rated higher"