Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Ralf Gundlach
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von Ralf Gundlach »

weinaffe hat geschrieben: Sa 7. Dez 2024, 16:17 Hallo zusammen,

auch im etwas behäbigeren "Mainviereck" um Klingenberg und Bürgstadt tut sich mittlerweile einiges.
Ich hatte heute die Möglichkeit, einige Weine von Philip Bernard aus Erlenbach zu probieren. Der junge Philip Bernard bewirtschaftet mit seiner Familie um die 2 ha in Erlenbach und in den Terrassen des Klingenberger Schlossbergs, natürlich alles in Handarbeit. Der Betrieb ist vor allem auf die Burgundersorten spezialisiert, vinifiziert aber auch einen Portugieser aus über 50 Jahre alten Reben.
Probiert wurden :

2021er Klingenberger Spätburgunder Rose
das ist ein verdammt guter und ernsthafter Rose,im Barrique ausgebaut und weitab von den normalen, fruchtbetonten Vertretern. Leichte Reduktion in der Nase, sehr straff und frisch, aber mit Gehalt,dennoch mit seinen 13 Vol% nicht zu wuchtig, sicherlich ein sehr guter Essensbegleiter (16 EURO).

2022er Erlenbacher Portugieser
durchscheinendes Kirschrot, unheimlich elegant für einen Portugieser (60 Jahre alte Anlage), zarte Kirschfrucht, sehr feines Tannin, Ausbau im gebrauchten Barrique, saftig, finessenreich, das ist richtig gut und kostet lediglich 12 EURO. Ein richtiges Schnäppchen.

Doch jetzt zu den beiden Schlossberg Spätburgundern:

2022er Schlossberg Spätburgunder vs.2022er Schlossberg Spätburgunder Fass 01
Der "normale" Schlossberg ist schon grosse Klasse: sehr feine, elegante Nase a la Paul Fürst, feine Kirsche, etwas Himbeere, seidiges Tannin, elegant und fein, feinfühliger Holzeinsatz, gute Länge. Das ist schon verdammt gut und mit 24 EURO absolut fair bepreist.
Bei dem Fass 01 handelt es sich nicht um eine Fassselektion, sondern der Wein speist sich aus aus anderen Teilstücken des Schlossbergs mit kleinbeerigeren Klonen. Der Fass 01 legt da auch noch eine Schippe drauf. Noch etwas verschlossene, aber tiefgründige Nase, einen Tick mehr auf der dunklen Seite, Schwarzkirschen, reife Brombeeren, absolut trocken, sehr feinkörniges Tannin, tolle Struktur, blind probiert könnte das ein sehr guter Gevrey Cru sein. Sehr überzeugend und deutliches Potential. Für 28 EURO ist das im Kontext dieser Rebsorte ein echtes Schnäppchen.

Wer Spätburgunder mit Eleganz, Struktur und Finesse liebt, sollte dieses noch junge Weingut im Auge behalten. Eine echte Entdeckung !

LG
Bodo
Hallo Bodo,

der Rose ist richtig , richtig gut. Danke für den Tipp. Ich habe mir für Bernd und mich noch den Schloßberg und das Fass 01 bestellt. Und natürlich den Portugieser. Ich bin mal sehr gespannt.

Gruß

Ralf
Bernd Schulz
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von Bernd Schulz »

Den 23er Bacchus von Florian Reus habe ich jetzt auch im Glas:

Bild

Faszinierend finde ich die enorme Substanz und damit die geschmackliche Intensität, die dieser "Landwein" zu gerade mal 7,50 bietet. Aber trotz der 88 Punkte, die ich am Ende vergeben habe, bin ich etwas hin- und hergerissen, denn in Ansätzen schmecke ich auch Aromen, die mir eher schwierig vorkommen, weil sie mich - ganz böse gesagt :twisted: :oops: - sehr entfernt an eine Mischung von nicht ganz frischen Socken mit etwas aufdringlichem Herrenparfüm erinnern, aber das wirklich nur sehr entfernt.... :oops: :oops:

Extrem gespannt bin ich jedenfalls auf die beiden anderen Weine von Florian Reus, die Ralf dankenswerterweise für mich mitbestellt hat!

Herzliche Grüße

Bernd
weinaffe
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von weinaffe »

Hallo Ralf, hallo Bernd,

der sympathische und ambitionierte Florian Reus ist noch ganz am Anfang und auf der Suche nach seinem endgültigen Weinstil. So gut die 2021er auch waren, hatte er mit den 2022er doch Probleme. Einige Weine hatten sehr viel flüchtige Säure, vor allem auch sein Top-Chardonnay. Die 2023er sollten jetzt wieder besser ausgefallen sein. Wenn man möglichst gar nichts am Wein macht und mit wenig Schwefel arbeiten will, sind solche Fehltöne natürlich immer eine Gefahr.

LG
Bodo
RainerJ
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von RainerJ »

weinaffe hat geschrieben: Sa 7. Dez 2024, 16:17 Hallo zusammen,

auch im etwas behäbigeren "Mainviereck" um Klingenberg und Bürgstadt tut sich mittlerweile einiges.
Ich hatte heute die Möglichkeit, einige Weine von Philip Bernard aus Erlenbach zu probieren. Der junge Philip Bernard bewirtschaftet mit seiner Familie um die 2 ha in Erlenbach und in den Terrassen des Klingenberger Schlossbergs, natürlich alles in Handarbeit. Der Betrieb ist vor allem auf die Burgundersorten spezialisiert, vinifiziert aber auch einen Portugieser aus über 50 Jahre alten Reben.
Probiert wurden :

2021er Klingenberger Spätburgunder Rose
das ist ein verdammt guter und ernsthafter Rose,im Barrique ausgebaut und weitab von den normalen, fruchtbetonten Vertretern. Leichte Reduktion in der Nase, sehr straff und frisch, aber mit Gehalt,dennoch mit seinen 13 Vol% nicht zu wuchtig, sicherlich ein sehr guter Essensbegleiter (16 EURO).

2022er Erlenbacher Portugieser
durchscheinendes Kirschrot, unheimlich elegant für einen Portugieser (60 Jahre alte Anlage), zarte Kirschfrucht, sehr feines Tannin, Ausbau im gebrauchten Barrique, saftig, finessenreich, das ist richtig gut und kostet lediglich 12 EURO. Ein richtiges Schnäppchen.

Doch jetzt zu den beiden Schlossberg Spätburgundern:

2022er Schlossberg Spätburgunder vs.2022er Schlossberg Spätburgunder Fass 01
Der "normale" Schlossberg ist schon grosse Klasse: sehr feine, elegante Nase a la Paul Fürst, feine Kirsche, etwas Himbeere, seidiges Tannin, elegant und fein, feinfühliger Holzeinsatz, gute Länge. Das ist schon verdammt gut und mit 24 EURO absolut fair bepreist.
Bei dem Fass 01 handelt es sich nicht um eine Fassselektion, sondern der Wein speist sich aus aus anderen Teilstücken des Schlossbergs mit kleinbeerigeren Klonen. Der Fass 01 legt da auch noch eine Schippe drauf. Noch etwas verschlossene, aber tiefgründige Nase, einen Tick mehr auf der dunklen Seite, Schwarzkirschen, reife Brombeeren, absolut trocken, sehr feinkörniges Tannin, tolle Struktur, blind probiert könnte das ein sehr guter Gevrey Cru sein. Sehr überzeugend und deutliches Potential. Für 28 EURO ist das im Kontext dieser Rebsorte ein echtes Schnäppchen.

Wer Spätburgunder mit Eleganz, Struktur und Finesse liebt, sollte dieses noch junge Weingut im Auge behalten. Eine echte Entdeckung !

LG
Bodo
Hallo Zusammen,
Ich kann Bodo voll und ganz zustimmen.
Das Weingut Philip Bernard kenne ich seid 2022 und habe es schon öfters besucht. Die Weine werden in Nebenerwerb mit viel Leidenschaft hergestellt. Der fachliche Austausch mit Sebastian Fürst und Benedigt Baltes ist in den Weinen zu erkennen.
Ich liebe feine elegante Spätburgunder und diese Weine treffen genau meinen Geschmack. Im Keller habe ich die Jahrgäne 2019, 2020, 2021 und den aktuellen 2022 vom Schlossberg und vom Jahrgang 2020 und 2022 den Wein Fass01.
Der 2019 ist vom Barrique her etwas dominanter würziger in der Nase und im Geschmack. Ab 2020 wurden mehr französische Barriquefässer eingesetzt, was die Weine weicher und runder macht.
Man kann die Weine jung trinken, aber die Flaschenreife tut den Weinen gut.
Die Preise für die Spätburgunder sind in den letzten zwei Jahren deutlich teurer geworden.
Aber es sind auch sehr gut gemachte Weine, die bei gleicher Qualität bei bekannten Weingütern deutlich mehr kosten.

LG
Rainer
Ralf Gundlach
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von Ralf Gundlach »

weinaffe hat geschrieben: So 16. Feb 2025, 00:55 Hallo Ralf, hallo Bernd,

der sympathische und ambitionierte Florian Reus ist noch ganz am Anfang und auf der Suche nach seinem endgültigen Weinstil. So gut die 2021er auch waren, hatte er mit den 2022er doch Probleme. Einige Weine hatten sehr viel flüchtige Säure, vor allem auch sein Top-Chardonnay. Die 2023er sollten jetzt wieder besser ausgefallen sein. Wenn man möglichst gar nichts am Wein macht und mit wenig Schwefel arbeiten will, sind solche Fehltöne natürlich immer eine Gefahr.

LG
Bodo
Hallo Bodo,

danke für die Info. Ich habe noch mehrere M-T und die Burgundercuvee aus 22 nachbestellt, die ich noch nicht probiert habe. Auch 2 Flaschen von dem 22er Silvaner habe ich in meiner Begeisterung über den Bacchus mitbestellt. Da bin ich mal gespannt.

Gruß
Ralf
Bernd Schulz
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von Bernd Schulz »

Den 23er Bacchus von Reus verkoste ich gerade nach. Ralf und ich liegen ja selten weit auseinander, aber das ist ein Wein, mit dem ich heute noch mehr Probleme als gestern habe, wobei es mir schwer fällt, genau zu beschreiben, womit meine Schwierigkeiten zusammenhängen. Ich glaube, dass es am Ende die Kombination der Rebsorte mit dem in die Naturweinrichtung gehenden Ausbau ist; die leicht "dreckigen" Noten beißen sich für mich mit der dann doch durchkommenden Parfümiertheit des Bacchus. Andere mögen das - gerade auch in Anbetracht der Dichte des Weins - als besonders spannend empfinden, aber für mich ergibt sich eine Dissonanz, die das Aufkommen eines wirklichen Genussgefühls verhindert (puh, habe ich gestern wirklich 88 Punkte vergeben? :o :oops: ). Um es ehrlich zu sagen: Ich kann den Wein nur mit Mühe trinken und werde den jetzt noch in der Flasche verbliebenen Rest wahrscheinlich verkochen.

Ich habe von Florian Reus jetzt noch den 22er Müller-Thurgau und den 22er Chardonnay+Weißburgunder. Schaun mer mal....

Herzliche Grüße

Bernd
Bernd Schulz
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von Bernd Schulz »

Ehrlich gesagt habe ich das Weingut Rudloff bislang gemieden, weil ich die Bezeichnungen der verschieden Linien unglaublich albern fand. Aber jetzt hat Ralf etwas bei Rudloff bestellt und dankenswerterweise drei Flaschen für mich mitgeordert - in meinem Glas befindet sich gerade der 23er Weißburgunder "Klassische Beere":

Bild

Das ist ein anständiger Weißburgunder, der das bietet, was man in seiner Preisklasse erwartet. Vorhin hatte ich nach einer Stunde Hausmusik bei in der Nähe wohnenden Bekannten den 23er Weißburgunder vom Seehof im Glas, und den fand ich in seiner leichtgewichtigeren sowie säurebetonteren Art eine Spur attraktiver. Der Rudloff-Weißburgunder zeigt dagegen mehr Kraft und auch mehr Mineralität; rein handwerklich gesehen ist er auf jeden Fall sehr gut gemacht, alle Komponenten stimmen bestens zusammen, was für einen ziemlich hohen Trinkfluss sorgt - wirklich moppern kann man da nicht...

Herzliche Grüße

Bernd
Bernd Schulz
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von Bernd Schulz »

Dankenswerterweise hatte Ralf Gundlach bei Philip Bernard den 22er Erlenbacher Portugieser für mich mitbestellt - der Wein bereitet mir gerade viel Freude :) :

Bild

Philip Bernard gehört zu den wenigen Winzern, die eindrucksvoll zeigen, was sich aus Portugieser machen lässt, wenn man es wirklich darauf anlegt.

Aus meiner Sicht völlig zu Recht wurde dieser Wein von Bodo sehr gelobt und als Schnäppchen empfohlen. Ganz nebenbei gefällt mir auch, dass der Winzer keinerlei Bezeichnungs- oder sonstiges Marketingtheater veranstaltet. "Erlenbach Hochberg Portugieser 2022" steht auf dem Etikett, und das reicht völlig aus (streng genommen handelt es sich damit sogar um einen Lagenwein).

Herzliche Grüße

Bernd
Bernd Schulz
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von Bernd Schulz »

Heute wollte die 23er Scheurebe von Michael Melber ins Glas:

Bild

Der Wein bietet keine intellektuelle Herausforderung, sondern er ist schlicht und einfach verdammt lecker, ohne ins Banale abzugleiten. Und mit 11,5 Umdrehungen schlägt der Alkohol nicht so arg ins Kontor, was ich immer als Pluspunkt empfinde. Nach dem Rödelseer Silvaner trifft auch diese Scheurebe voll und ganz meinen Geschmack - zwei Weine, zwei Treffer! Das spricht auf jeden Fall stark für das mir noch vor kurzem völlig unbekannte Weingut.

Herzliche Grüße

Bernd
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UlliB
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von UlliB »

Nach dem 'normalen' Schlossberg von Philip Bernard gab es jetzt den "Fass 01", leider ohne brauchbares Ergebnis:

Klingenberg Schlossberg Fass 01 Spätburgunder 2022 (Philip Bernard) 13%Vol. Einer dieser Grenzfälle: der Korken riecht deutlich nach TCA, beim Wein kann ich das aber trotz konzentriertem Riechen und Schmecken nicht detektieren, aber eine verwaschene Frucht und vor allem ein stumpfer und leicht nachbitternder Abgang lassen vermuten, dass diese Flasche doch einen Schlag wegbekommen hat. Dabei gab es daneben durchaus ein paar gute Momente, aber eine Bewertung auf Basis des Gesamtbilds wäre vermutlich unfair.

Gruß
Ulli
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