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ChezMatze hat geschrieben: Ich habe notiert:
"Farbe Grüngoldgelb. Nase stark kräuterig, süße Quitte, gewisse Reife, Anis. Gaumen enorm saftig, Mirabelle, zurückhaltende Säure, fast easy drinking, hedonistisch, keine Mineralität, voll auf die Frucht, nichts Anspruchsvolles, für Anfänger und Leute, die Breuer nie verstehen werden."

Ich bin ehrlich gesagt kein großer Freund von Notizen, die neben einer Kritik des Weins (was ja völlig ok ist) die Leute, die ihn gerne trinken, als Einfaltspinsel darstellen.

Matze, ich möchte anregen, mal über verschiedene Riesling-Stile nachzudenken. Aus meiner Sicht haben trockene Rieslinge mit steinigen und anderen unfruchtigen Noten und Mineralität nicht den Alleinanspruch auf "Anspruch". Der am Gaumen vollfruchtige Stil des Halbstück Reserve ist eben ein völlig anderer als der Steinstil. Dass dies nur für "Anfänger und Leute, die Breuer nie verstehen werden" attraktiv sein soll, finde ich - mit Verlaub - etwas arrogant und von einem Scheuklappendenken zeugend.

Nichts für ungut,
Stephan

Sorry Stephan,

da bin ich wohl etwas über das Ziel hinausgeschossen. Vielleicht sollte man wirklich noch einmal darüber schlafen und nicht einfach das, was man im Eifer des Gefecht so zusammengekritzelt hat, in die Öffentlichkeit pusten. War nicht meine Absicht, hier in irgendeiner Weise irgendjemandes Geschmack zu diffamieren.

Was ich eigentlich sagen wollte: Genau wie der "Kalkmergel" Deinem persönlichen Geschmack nicht entspricht, entspricht die "Halbstück Spätlese" auch nicht wirklich meinem persönlichen Geschmack. Allerdings würde ich nicht so weit gehen, wenn ich denn Punkte geben sollte, hier in die unteren Regionen zu greifen, denn "schlecht" in dem Sinne von "qualitativ unzureichend" ist der Wein selbstverständlich nicht.

Was ihm meiner Meinung nach abgeht (und was ich mir stärker erhofft hatte), sind Persönlichkeit und Charakter, unabhängig von meinen geschmacklichen Präferenzen. Und auch weitgehend unabhängig von der Stilistik, aber - da stimme ich Dir völlig zu - darüber kann man natürlich trefflich streiten, wenn man denn möchte. Was "Anspruch" in Bezug auf den Charakter eines Weins bedeutet, beziehungsweise was unterschiedliche Menschen darunter verstehen, das wäre in der Tat eine Diskussion wert.

Viele Grüße, Matze

Hallo Matze,

ich war vielleicht auch etwas scharf in der Reaktion - pardon dafür. Ich wehre mich einfach gegen eine gewisse "Geschmacksmonopolisierung", die ich meine, beobachten zu können (das kann aber auch ein Hirngespinst sein). Mir kommt es nur so vor, als wären eher saftige und vollfruchtige Rieslinge (aus meiner Sicht durchaus ein Merkmal Pfälzer Rieslinge) aktuell zwar nicht bei den Konsumenten, aber in der öffentlichen Diskussion, eher aus der Mode, genauso wie viele Elsässer Rieslinge, sofern man diese denn überhaupt verallgemeinern kann.

Gerade der Knipser Halbstück Reserve ist aus meiner Sicht aber ein wirklich gut gelungenes Beispiel für diesen Stil, ein Wein, der am Gaumen mehr hält als er in der Nase verspricht und der vor allem durch Saftigkeit und pure Frucht überzeugt. Natürlich muss einem das nicht schmecken. Aber in dieser Stilistik gut gemacht ist der Wein finde ich auf jeden Fall.

Stephan,

das mit der "Geschmacksmonopolisierung" ist ein sehr interessantes Thema. Vor einiger Zeit habe ich auch von Stuart Piggott einen Artikel gelesen, in dem eine ganz ähnliche Tendenz vermutet wird, allerdings mit einer etwas, hm, extremeren Wortwahl.

Vielleicht sollten wir das unter einem anderen laufenden Thread weiterdiskutieren. Leider bin ich nächste Woche in Frankreich unterwegs und komme wahrscheinlich nicht regelmäßig ins Netz. Aber lass uns das mal nicht vergessen!

Viele Grüße, Matze

octopussy hat geschrieben:Gestern und heute im Glas ein ziemlich ernüchternder Spätburgunder aus dem Hause Knipser, der 2005 Spätburgunder Spätlese Trocken "Kalkmergel". Die Trauben stammen ganz überwiegend aus der Lage Großkarlbacher Burgweg.

An Tag zwei war er wenigstens einigermaßen trinkbar, an Tag eins machte er einfach nur einen total verholzten Eindruck. Mir ist der Wein irgendwie zu modern-beliebig. Mit der der Spätburgunder-Traube immanenten Eleganz hat dieser Wein nur wenig zu tun. Stattdessen scheint hier eher auf Power und dunkle Aromen gesetzt zu werden. Mein Fall ist das nicht.

Hallo Stephan,

also bisher war der Kalkmergel für mich so eine Art Referenzwein in der Klasse "15-20 EUR Spätburgunder". Ich würde in eigentlich nicht als beliebig bezeichnen, auch nicht als verholzt. Sowohl der 2003er als auch der 2005er waren mir bisher immer um die 90 Punkte wert (und dass waren in der Summe bestimmt 10-15 Flaschen - zuletzt im Februar 2011 mit sehr guten 92 Punkten).

Habe dann gestern eine Flasche geöffnet und in der Tat festgestellt, dass der Wein sich zu seinem Nachteil verändert hat. Ich würde allerdings eher auf Verschlussphase tippen, sehe ihn im Moment bei knapp 85 Punkten. Ich glaube 77-80 Punkte werden dem Wein nicht gerecht - vielleicht war's doch ein Flaschenfehler?

Gruß,
Jochen

Dilbert hat geschrieben:

octopussy hat geschrieben: Hallo Stephan,

also bisher war der Kalkmergel für mich so eine Art Referenzwein in der Klasse "15-20 EUR Spätburgunder". Ich würde in eigentlich nicht als beliebig bezeichnen, auch nicht als verholzt. Sowohl der 2003er als auch der 2005er waren mir bisher immer um die 90 Punkte wert (und dass waren in der Summe bestimmt 10-15 Flaschen - zuletzt im Februar 2011 mit sehr guten 92 Punkten).

Habe dann gestern eine Flasche geöffnet und in der Tat festgestellt, dass der Wein sich zu seinem Nachteil verändert hat. Ich würde allerdings eher auf Verschlussphase tippen, sehe ihn im Moment bei knapp 85 Punkten. Ich glaube 77-80 Punkte werden dem Wein nicht gerecht - vielleicht war's doch ein Flaschenfehler?

Hallo Jochen,

Anzeichen für einen Flaschenfehler habe ich nicht erkennen können. Dass mir der Wein überhaupt nicht gefallen hat, könnte schon eher daran liegen, dass ich ihn zum falschen Zeitpunkt aufgemacht habe. Dafür spricht, dass sich die Holznote nach einer Nacht offen in eine vanillige Note gewandelt hatte. Vielleicht hätte ich auch dekantieren sollen.

Trotzdem muss ich festhalten, dass mir der Wein wirklich überhaupt nicht geschmeckt hat (meine Freundin fand ihn sogar untrinkbar und hat mit Mühe ein Glas ausgetrunken), was zum einen an der unharmonischen Säure lag, zum anderen an Aromen, die ich mit einem feinen Pinot Noir nicht unmittelbar in Verbindung setze (likörige Noten, die Vanille-Kirschen, die Röstaromen). Daher kommt auch das "modern beliebig". Mit Ausnahme der Säure fehlte mir hier einfach die Rebsortentypizität.

Da die Notizen in der VKN-Datenbank und bei Cellartracker eigentlich alle sehr positiv sind, vermute ich, dass meine eher negative Bewertung des Weins neben dem evtl. falschen Öffnungszeitpunkt auch etwas mit meinen ganz persönlichen Vorlieben zu tun hat. Vielleicht sind 77-80 Punkte auch etwas tief gegriffen. Aber angesichts der Holzorgie am ersten Abend konnte ich mich zu mehr einfach nicht durchringen .

... und ich muss zugeben, dass mich der Wein gestern auch etwas beunruhigt hat - war ein klarer "Leistungsabfall" ggü. den letzten Flaschen!

Frage in die Runde: Gibt's hierzu noch weitere Beobachtungen?

Gruß,
Jochen

Am Samstag gab's zur Gänsekeule:

Grauburgunder *** 2004 von Kinpser
Der Wein erinnert sehr an einen gereiften Chardonnay; im Glas goldgelb und strahlend, das Barrique ist gut integriert aber in der Vanille-Note auch noch gut wahrnembar, harmoniert und ergänzt aber sehr gut die Quitten-Aromatik. Im Abgang lang und anhaltend. Ein außergewöhnlicher Grauburgunder, der zeigt, was hier möglich ist. Sicherlich polarisierend - von mir gab's 90 Punkte!

Gruß,
Jochen

Dilbert hat geschrieben:

octopussy hat geschrieben:Gestern und heute im Glas ein ziemlich ernüchternder Spätburgunder aus dem Hause Knipser, der 2005 Spätburgunder Spätlese Trocken "Kalkmergel". Die Trauben stammen ganz überwiegend aus der Lage Großkarlbacher Burgweg.

An Tag zwei war er wenigstens einigermaßen trinkbar, an Tag eins machte er einfach nur einen total verholzten Eindruck. Mir ist der Wein irgendwie zu modern-beliebig. Mit der der Spätburgunder-Traube immanenten Eleganz hat dieser Wein nur wenig zu tun. Stattdessen scheint hier eher auf Power und dunkle Aromen gesetzt zu werden. Mein Fall ist das nicht.

Hallo Stephan,

also bisher war der Kalkmergel für mich so eine Art Referenzwein in der Klasse "15-20 EUR Spätburgunder". Ich würde in eigentlich nicht als beliebig bezeichnen, auch nicht als verholzt. Sowohl der 2003er als auch der 2005er waren mir bisher immer um die 90 Punkte wert (und dass waren in der Summe bestimmt 10-15 Flaschen - zuletzt im Februar 2011 mit sehr guten 92 Punkten).

Habe dann gestern eine Flasche geöffnet und in der Tat festgestellt, dass der Wein sich zu seinem Nachteil verändert hat. Ich würde allerdings eher auf Verschlussphase tippen, sehe ihn im Moment bei knapp 85 Punkten. Ich glaube 77-80 Punkte werden dem Wein nicht gerecht - vielleicht war's doch ein Flaschenfehler?

Gruß,
Jochen

Am Wochenende gab's über zwei Tage wieder den Spätburgunder Kalkmergel aus 2005.
Diese Flasche deutlich besser als die letzte, wieder auf Kurs: sehe ihn momentan bei 90 Punkten!

Gruß,
Jochen

Hallo zusammen,

lange Zeit habe ich mich hier rarer gemacht als es mein Weinkonsum eigentlich zulässt. Jaja, der innere Schweinehund und die Telekom haben zusammen gewirkt. Den Wiedereinstand gehe ich stilecht mit:



93+ Punkte von mir dafür. Die nächste halbe Flasche gibt es in ein paar Jahren. By the way, die Riesling Halbstück Reserve aus 2007 ist im Verkauf und definitiv eine Sünde wert wenn auch noch viel zu jung (im Vergleich zur 2005er Reserve).