EngelWine hat geschrieben:Liebe Community,
es gibt Fragen, denen man sich über Tage, ..... weiterhin viel Spaß bei dieser facettenreichen Diskussion.
Viele Grüße aus Südtirol
Johannes
100% Sign
Du bringst es auf den Punkt.
Ich habe letztens aus Spass in einer moderierten Weinprobe mal einen 2007er Vino Nobile di Montepulciano von Poderi Boscarelli neben so eine "Fruchtbombe" aus Chile gestellt (Haras de Pirque, Character Cabernet Sauvignon - Carmenere, 2007) und dann den Leuten erklärt, warum der Boscarelli-Wein der eigentlich wesentlich spannendere Wein ist, auch wenn der chilenische Wein natürlich den momentanen Massengeschmack trifft.
Das Grund warum es diese Trends gibt ist einfach: Geld. Das braucht schließlich jeder von uns um zu leben. Auch der Winzer, die Kellerei oder der Abfüller. Wenn ich einen Wein mache den alle Leute gut finden, dann verkauft der sich auch gut. Deswegen schmecken ganz viele Weine einfach gleich. Meißtens haben sie auch die gleichen Parkerpunkte oder gamberogläser oder was auch immer. Auch wenn es nicht das Ziel der einflussreichen Juroren ist. Aber mit ihren Bewertungen setzen sie Geschmackstrends und der Markt reagiert darauf.
Schönes Beispiel: Anfang Januar las ich in der Weinzeitschrift „Wein. pur“ einen Artikel über die Renaissance der Spätlese in Deutschland. Natürlich Riesling und die bekannten Verdächtigen, allen voran Armin Diel, als Initiator. Die Spätlesen und die Winzer haben es verdient, dachte ich mir.
Prinzipiell ist es schön, das die Spätlesen entstaubt werden. Es aber zu verkaufen unter der Überschrift: „mit Zucker, Mineralität, Balance und Komplexität entsteht ein neuer, spannender Weintyp“, ist schlichtweg Unfug.
Denn einige Winzer, u.a. Reinhard Löwenstein, oder auch Clemens Busch bauen mit überwältigendem Erfolg seit Jahrzehnten ihre Weine genau mit eben dieser Finesse aus, und kreierten m.E. diesen Weintyp. Sie betrachteten das, was sie da machen aber eher als traditionell und nicht als neue Erfindung. Irgendjemand bezeichnete es mal als Grauzone in der sich beide bewegen, sei es drum. Auf alle Fälle ist es nicht neu.
Letztens auf einem Hoffest bei einem Winzer in Saale Unstrut (Pawis) beklagte eine nur trockenen Riesling trinkende Frau, dass auch bei ihrem Lieblingswinzer aus Rheinhessen, die Weine in letzter Zeit mehr ins halbtrockne gehen. Ja selbst wo trocken darauf steht, schmeckt es irgendwie anders als sonst. Dass eine solche Entwicklung, hin zum Zucker stattfindet, bemerkt der geneigte Weintrinker deutscher Weine seit geraumer Zeit. Die zur knochentrocken Fraktion gehörende Frau beim Hoffest stellt die Frage, "ja muss das denn sein?" Nein muss es nicht. Aber es bringt mehr ein. Zur Zeit.
Um nicht falsch verstanden zu werden, ich gönne den Winzern diesen Lohn. Denen die es schon immer so machen sowieso, und ein bisschen Abwechslung ist auch nicht schlecht, wenn sie schmeckt. Aber wir werden es erleben, wenn damit höhere Preise erzielt werden, wird es wieder ein Einheitsbrei.
Störend ist nicht nur die Tatsache, dass etwas für neu erklärt wird, was es schon gibt, sondern auch der Auslöser der als Grund für diese „Bewegung“ genannt wird, der Verbraucher. Der Weintrinker will dies und will das, und muss doch das trinken was es gibt. Hin und wieder entscheidet er sich gegen den Billigtrend für Spitzenklasse, die nun mal rar ist und ein wenig mehr kostet als der große Rest. Und genau darum geht es hier. Einer hat Erfolg und alle machen es nach. Ein Schelm der Böses dabei denkt. Es geht nur um Qualität nicht um Geld. Das der selbst ernannte Anführer der "Spätlese an die Macht! - Bewegung" Armin Diel heißt, ist dann nur konsequent macht aber misstrauisch.
In diesem Sinne Frohes Pfingsten euch allen