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Re: Bordeaux 2003
Verfasst: Fr 23. Mär 2012, 19:53
von Erdener Prälat
So'n Thema ("Bewertungssysteme") hatten wir mal bei TAW. Das wurde aber wohl nicht hierhin mitgenommen. Bei Bedarf könnte man so etwas mal anlegen.
Re: Bordeaux 2003
Verfasst: Fr 6. Apr 2012, 16:40
von Trinkfreude
Hallo zusammen,
kurze Wasserstandsmeldung zu zwei 03ern vom nördlichen linken Ufer, die sicher der eine oder andere im Keller hat: Phelan Segur und Sociando Mallet. Damals in der Sub lagen die beiden ja preislich gar nicht so weit auseinander, aber aus meiner Sicht spielen sie in der Qualität in verschiedenen Ligen.
Der Phelan war anfangs (trotz 3stündiger Belüftungszeit in der Flasche) zwar offen wie ein Scheunentor, aber recht unverbunden. Reife bis erkennbar überreife Frucht einerseits, daneben stehend eine eher niedrige, aber irgendwie aggressiv wirkende Säure. Tannin wenig spürbar. Den Abend über ist das weitgehend so geblieben, die kompottigen bis rosinigen Noten nahmen noch etwas zu. Trotz der Säure wirkte der Wein eher stumpf und nicht frisch. Am zweiten Abend war die Säure besser eingebunden (was angenehmer war) und die überreifen Töne waren erstaunlicherweise stärker in den Hintergrund getreten, aber dafür hatte der Wein noch weiter an Biß verloren und wirkte etwas plump und breit. Für mich bei 87P. und ein Kandidat zum zügig wegtrinken. (Die letzte Flasche hatte ich vor ca. 1 1/2 Jahren, da wirkte der Wein bei gleicher Stilistik noch deutlich fester und lag für mich bei 89P.) Auf jeden Fall auch deutlich schwächer als Lafon Rochet aus dem gleichen Jahr.
Ganz anders dagegen der Sociando. Ebenso konzentriert und dicht, aber deutlich eleganter als der Phelan. Anfangs noch sehr kompakt, hat nach der ebenfalls 3stündigen Belüftung gerade erst angefangen, sich zu öffnen. Im Gegensatz zum Phelan aber frisch und saftig vom Anfang bis zum Schluss. Perfektes Gleichgewicht und nahtlose Integration zwischen reifer (aber eben kein bißchen überreifer) Frucht, deutlich spürbarem, kernigem aber reifem Tannin und gar nicht so niedriger, aber wunderbar "weicher" Säure. Deutlich mehr vom Cabernet geprägt als der Phelan (m. E. kommt dessen eher breite Wirkung auch vom höheren Merlotanteil, ohne daß ich das tatsächlich nachgeprüft hätte). Aromatik mit deutlichem Abstand spannender und vielschichtiger, neben der dunklen Frucht auch Bleistift, Minze, feines Holz, fast ein bißchen in Richtung Pauillac neigend. Auch am zweiten Abend steht er wie eine eins und hat in seiner inneren Spannung kein bißchen nachgelassen. 95P und Potenzial für ein langes Leben. Sofort ein Sixpack nachgekauft.
Der Vergleich ist sicher sehr sportlich, aber der Sociando hat mich etwas an den Montrose 90 erinnert. Der ist natürlich noch mehr sophisticated (ich hatte bisher zwei völlig brett-freie Flaschen, es soll ja auch andere geben, die dann rustikaler wirken) und noch üppiger, aber in der "Grundarchitektur" und der Balance der Komponenten kann ich im Sociando durchaus einen kleinen Bruder erkennen. Ich war jedenfalls begeistert, das ist genau mein Ding.
Schöne Ostern
Jürgen
Re: Bordeaux 2003
Verfasst: Sa 7. Apr 2012, 13:40
von sociando
Trinkfreude hat geschrieben:
das ist genau mein Ding.
Schöne Ostern
Jürgen

Re: Bordeaux 2003
Verfasst: Sa 14. Apr 2012, 22:12
von manubi
weinfex hat geschrieben:Bei mir gibt es heute Abend ein auf "Wiedervorlage" gelegener
2003 Lascombes. Ich gebe ja zu, dass mich die Gabrielbewertung
dieses Weines animiert hat, und zwar nachdem ich den 2004er
für "toll" befunden hatte. Bis jetzt bin ich mit dem 03er nicht
wirklich warm geworden, nun ist der Jahrgang wirklich extrem
speziell, und ich habe auch kein Problem, wenn ein Wein
eine extreme Blutaffinität zeigt, verbunden mit einer
Extremtoastnase, und das noch mit einer bis zum Abwinken
verbundener Extraktion. Nur in der Kombination bin ich mir nicht
so wirklich sicher, ob das wirklich zusammengeht, denn es ist mir
zuviel "bitter" im Spiel, die wahrscheinlich vom Holz herrührt,
ohne auszuschliessen, dass da jemand noch mit dem
Konzentrator herumgefuhrwerkt hat. Hört sich alles nicht so
wirklich positiv an, will aber nur sagen, dass man meines Erachtens
in diesem Jahrgang einfch nur zuviel des Guten getan hat, was man im Folgejahrgang
2004, zumindest für meinen Geschmack, deutlich besser gelöst hat...
Guten Abend allerseits,
mit sehr gemischen Gefühlen hatte ich diesen Bericht von @weinfex gelesen, habe ich doch zwei noch nicht angebrochene Kisten dieses Stoffes aus der Sub.
Gestern habe ich nun die erste aufgemacht und @weinfex' Bericht in großen Teilen bestätigt gefunden: die verbrannten Noten, die deutlichen Bittertöne im Abgang, aber auch einiges gefunden, das Hoffnung macht: insgesamt sehr reintönig, massive schwarze Frucht, Teer, feinster türkischer Mokka, Edelholz- und Feuersteinnoten.
Nach einem Glas habe ich ihn dann bis heute abend weggestellt. Welch eine Wandlung über Nacht! Die besonders störenden Bittertöne im Abgang sind vollständig verschwunden, alle positiven Eigenschaften haben sich verstärkt, rundes, seidiges Tannin stützt den Wein nachhaltig, im Geschmacksbild sind feine Gartenkräuter hinzugekommen und ein anhaltender Nachhall mit Waldpilzen im Rückaroma runden das sehr positive Gesamtbild ab. Auch keinerlei Spur mehr von Überextraktion (12,5 % alc. lassen ohnehin an einem übermäßigen Einsatz des Konzentrators zweifeln).
Am ersten Abend hätte ich ihm vielleicht 88+ mP gegeben, heute ohne wenn und aber deren 93.
In meiner Verzweiflung mit (noch) 23 Flaschen im Keller habe ich mal gleich drei davon in die Bucht abkommandiert; werde sie wohl selbst rücksteigern müssen
Beste Grüße
Manfred
Beste Grüße
Re: Lafite Rotschild 2003, Latour 2003
Verfasst: So 15. Apr 2012, 19:54
von chrgil888
Nachdem ich vor ein paar Wochen eine ganze Reihe von 2003ern beschrieben habe, mit überwiegend kritischem Fazit hier noch zwei Weine welche wie schon der Chateaux Margaux sensationell waren. Ich bin mir bewusst, dass diese Notitzen bei den heutigen Preisen der Premiers für fast alle unter uns nicht wirklich relevant sind. Ich selbst kaufe auch keine Premiers mehr besitze glücklicherweise jedoch noch grosse Bestände aus den Jahren 2000-2005 wo die Preise zwar schon hoch aber verglichen zu heute deutlich tiefer waren. Von beiden untenstehenden Weinen habe ich 5 12er-OHK gekauft weil ich auf 100Pt von RP spekuliert habe was auch eingetroffen ist - für einmal Glück gehabt.
Chateau Latour 2003 - 100Pt
Ich kenne Latour gut, da es mein Lieblingswein ist. Da der Les Forts 2003 schon ausgezeichnet ist, ist es wenig verwunderlich, dass dieser Wein sensationnel ist. Keine Spur von austrocknenden Tanninen oder zuviel Hitze. Einfach ein sehr kräftiger, dichter Latour der viel Frucht und das typische Latour Aroma hat (mir scheint da immer eine Note schwarzer Pfeffer bei Latour dabei zu sein). Der Wein ist aber bei weitem noch nicht ready ist. Ab 2018?
Chateau Lafite Rotschild 2003 - 99-100Pt
Die Überraschung des Abends. Nachdem ich kürzlich mit einem guten Freund mit einem sensationellen 96er (100Pt) auf einen Firmenverkauf angestossen habe, bin ich hier erneut positiv überrascht. Die meisten Lafites habe ich mittlerweile zu vierstelligen Preisen den Chinesen verkauft, aber jedes mal wenn ich einen trinke bereue ich es doch irgendwie. Der 2003er ist der erste Wein dieses Jahrgangs dem ich das Attribut "leichtfüssig und elegant" geben kann. Ein Wahnsinn dieser Wein! Klassisches Lafite Zedernholz-Aroma mit komplett ausbalanciertem Frucht/Alkohol/Tannin gerüst. Wie sie dass bei dem Wetter geschafft haben. Chapeau!
Re: Bordeaux 2003
Verfasst: Fr 20. Apr 2012, 16:14
von vanvelsen
djn-vienna hat geschrieben:harti hat geschrieben:djn-vienna hat geschrieben:Hallo zusammen,
hatte einer von euch in letzter Zeit den 03er Giscours im Glas?
Ich brauche etwas für den 2. Weihnachtsfeiertag und da habe ich an diesen Wein gedacht.
Viele Grüße
Daniel
Hallo Daniel,
seit der Ankunftsverkostung habe ich diesen Wein nicht mehr getrunken. Cellartracker gibt ein uneinheitliches Bild:
http://www.cellartracker.com/list.asp?O ... cours+2003
Er scheint sein Potenzial derzeit nicht voll auszuspielen.
Grüße
Hartmut
Hallo Hartmut,
habe wieder nicht an den cellartracker gedacht...Danke für die Info!
Viele Grüße
Daniel
Liebes Forum,
ich hatte gestern einen traumhaften Giscours 03 im Glas. Vor zwei Jahren präsentierte sich Giscours 03 noch ziemlich sperrig. Gestern aber zeigte er sich gleich nach dem Öffnen offen, zugänglich... Aus der Erinnerung, da keine Notizen gemacht:
Komplexer Aromafächer von roten und auch dunklen Beeren, blumigen Noten, etwas Leder und Zedernholz. Der Gaumen ist gut strukturiert, da ist nicht zu viel Alkohol, da sind feine, reife Gerbstoffe und die Säure ist nicht zu tief - sehr Margaux, sehr schön gelungen für diesen heissen Jahrgang. Macht jetzt schon Spass und dürfte das Niveau sicherlich für die nächsten 6-10 Jahre halten. 17.5 vvpunkte (92) - 2012 bis 2018+. Dekantieren nicht nötig.
Gruss,
Adrian
Re: Bordeaux 2003
Verfasst: Sa 21. Apr 2012, 14:46
von Subadubawein
Noch eine Überraschung: BB, Beau-Séjour Bécot, war gestern wirklich großes Kino. Erstes Glas noch undekantiert deutete schon die Richtung an, aber richtig entfaltet er sich nach ein, zwei Stunden im Decanter-Bad: Recht gut strukturiert, gewisse Opulenz paart sich mit viel Finesse und Liebreiz, gute Konzentration, Alkohol fällt nicht ins Gewicht, einfach nicht endenwollender Abgang. 94 R(einer)P. Jetzt ganz offenbar auf dem Punkt, und sollte noch nächste 2-4 Jahre vermutlich getrunken werden. Meine erste Erfahrung mit BB, leider ist die andere Flasche aus der Subs schon verkauft, was nun schmerzt...
Grüße Reiner
Re: Bordeaux 2003
Verfasst: Mi 16. Mai 2012, 23:15
von Frankie Wilberforce
Heute Abend einen
Chateau Aurilhac, CB, Ht.-Medoc, 2003,
ein undurchsichtiges Rot, fast schon schwarz, mit lilafarbenem Rand, Brombeeren, Cassis, dunkle Hölzer und Edelschokolade, etwas Pflaume und Rauch, saftig, fruchtig, rauchig, dabei immer noch tanninig und adstringierend, hat Schmelz, ist elegant und gut strukturiert, ein mittlerer Körper und sehr guter Stoff der Lust auf mehr macht, ein langer rauchiger, dunkelbeeriger Abgang mit immer noch körnigen Tanninen, hält sich noch viele Jahre.
Fazit: 89+ FW Punkte, kann noch 1-2 FW Punkte zulegen, wenn die Tannine weicher werden und dadurch die übrigen Aromen stärker zum Vorschein kommen.

Re: Bordeaux 2003
Verfasst: Fr 18. Mai 2012, 13:39
von nougat
Nachdem es kürzlich hier zwei unterschiedliche Meinungen zu
Phelan Segur 2003 gab, habe ich mal meine Kiste angebrochen, um mir selbst eine Meinung zu bilden. Ich tendiere stark zu u.a. Eindruck von Trinkfreude. Säurearm, wenig Frische, zu wenig Tiefe und Struktur, aromatisch für mich eher Napa als Bdx, geschweige denn St. Estephe.
Positiv: verführerische Fruchtsüße, gute natürliche Konzentration, die sich von der Nase über den sehr fleischigen Körper bis zum mittellangen Abgang sehr homogen durchzieht. Wer's süß und mollig liebt, kommt hier auf seine Kosten. Man könnte meinen, Michel Rolland hätte bei diesem Jahrgang schon seine Finger im Spiel gehabt
Trinkfreude hat geschrieben:
Der Phelan war anfangs (trotz 3stündiger Belüftungszeit in der Flasche) zwar offen wie ein Scheunentor, aber recht unverbunden. Reife bis erkennbar überreife Frucht einerseits, daneben stehend eine eher niedrige, aber irgendwie aggressiv wirkende Säure. Tannin wenig spürbar. Den Abend über ist das weitgehend so geblieben, die kompottigen bis rosinigen Noten nahmen noch etwas zu. Trotz der Säure wirkte der Wein eher stumpf und nicht frisch. Am zweiten Abend war die Säure besser eingebunden (was angenehmer war) und die überreifen Töne waren erstaunlicherweise stärker in den Hintergrund getreten, aber dafür hatte der Wein noch weiter an Biß verloren und wirkte etwas plump und breit. Für mich bei 87P. und ein Kandidat zum zügig wegtrinken. (Die letzte Flasche hatte ich vor ca. 1 1/2 Jahren, da wirkte der Wein bei gleicher Stilistik noch deutlich fester und lag für mich bei 89P.) Auf jeden Fall auch deutlich schwächer als Lafon Rochet aus dem gleichen Jahr.
Re: Bordeaux 2003
Verfasst: Di 5. Jun 2012, 16:20
von Weinbertl
gestern zu Besuch bei einem Freund, jedoch keine Notizen gemacht, deshalb Kurform:
2003 Ch. Clos Marsalette, Pessac-Leognan
zu Beginn "Neue Welt"-Bouquet, parfümiert, mit der Zeit rotfruchtiger (Merlot-Tendenz), recht nobles Holz. Am Gaumen eher einfach gestrickt. Wenig adstringierend, jedoch guter Trinkfluss. Vermutlich wäre der Wein vor 2-3 Jahren druckvoller gewesen, in der Mitte einfach zu mager. Abgang eher von kurzer Länge bis max. mittlerer Länge. 15,5 P.
Gruß
Robert