Bordeaux 2013

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
Benutzeravatar
UlliB
Beiträge: 4906
Registriert: Mo 6. Dez 2010, 18:27

Re: Bordeaux 2013

Beitrag von UlliB »

weinfex hat geschrieben: Wir sind in einer Phase, wo aber noch jede Menge 09/10/11/12 on Stock sind,
was irgendwie alles finanziert werden will/muss...
Da macht es keinen Sinn auch noch einen weiteren Jahrgang zu kaufen, welcher abermals
wie Blei in den Büchern liegen wird, dementsprechend hat man auch keine Lust, ausser
gewisse Ausnahmen, welche man auf irgendeine Art und Weise für zu wichtig erachtet
Andreas,

ich denke, du weisst sehr gut, dass der Händler bei einer Subskription rein gar nichts "in die Bücher nimmt". Der Kunde finanziert vor, der Händler reicht durch, da geht null komma nichts in die Bilanz. Der Wein ist ab Kaufabschluss bilanztechnisch gesehen das Eigentum des Kunden und somit zunächst einmal für den Händler eine Verbindlichkeit und eben kein asset. Insofern gilt für einen Händler in der Subs nach wie vor: etwas verkaufen zu können (und damit die Marge zu kassieren) ist rein wirtschaftlich betrachtet besser, als etwas nicht zu verkaufen.

Ich meine, dass Lobenberg hier tatsächlich langfristig denkt: nichts hypen, was sich in ein paar Jahren in einer Vertikale als das herausstellen wird, was es eben tatsächlich ist - mittelmäßig, bestenfalls. Einmal den Ruf ruiniert...

Gruß
Ulli
weinfex
Beiträge: 1210
Registriert: Do 5. Aug 2010, 22:00
Wohnort: Wiesbaden
Kontaktdaten:

Re: Bordeaux 2013

Beitrag von weinfex »

Moin Ulli,
UlliB hat geschrieben:
ich denke, du weisst sehr gut, dass der Händler bei einer Subskription rein gar nichts "in die Bücher nimmt". Der Kunde finanziert vor, der Händler reicht durch, da geht null komma nichts in die Bilanz. Der Wein ist ab Kaufabschluss bilanztechnisch gesehen das Eigentum des Kunden und somit zunächst einmal für den Händler eine Verbindlichkeit und eben kein asset.


das stimmt natürlich, hat allerdings einen entscheidenden Haken, der Händler kauft,
zumindest bei vielen Weinen, bevor er die Menge weiss, welche er verkaufen wird.
Die Zeitfenster der Chateaus während der Subs sind oft nur ein Tag, und sich darauf zu
verlassen, dass der Nego grundsätzlich auf Stock käuft ist definitiv auch Geschichte.
Er geht also praktisch immer ins Risiko wenn er Weine anbietet, ohne Sie vorher einzudecken.
Wohin das führt hat man ja in den vergangen Jahren an verschiedenen Beispielen gesehen,
und dass begann nicht etwa in einem grossen Jahr, sondern bei diesen Händlern mit dem Jahrgang 2008.
Die Konsequenz ist also einfach überhaupt nicht anzubieten und auf den letzten oder
vorletzten Jahrgang zu verweisen (um eben nicht noch mehr stock aufzubauen), wie geschehen...
Grüsse weinfex
Rotundweiss
Beiträge: 216
Registriert: Do 30. Dez 2010, 16:43
Wohnort: Niedersachsen

Re: Bordeaux 2013

Beitrag von Rotundweiss »

weinfex hat geschrieben: die 3 Punkte mehr gibt es aber nur dann, wenn man etwas verkaufen will ;)
Ohwei, bin selber im Vertrieb; nicht der beste Stil, das einem Mitbewerber zu unterstellen;
ich als Kunde würde es hingegen schon tun. ;)
weinfex hat geschrieben:Wir sind in einer Phase, wo aber noch jede Menge 09/10/11/12 on Stock sind,
was irgendwie alles finanziert werden will/muss...
Da macht es keinen Sinn auch noch einen weiteren Jahrgang zu kaufen, welcher abermals
wie Blei in den Büchern liegen wird, dementsprechend hat man auch keine Lust, ausser
gewisse Ausnahmen, welche man auf irgendeine Art und Weise für zu wichtig erachtet
(und da passen plötzlich auch wieder die Bewertungen),
seinen Kunden zum Kauf zu empfehlen... :)
Gibt´s noch einen Parallel-Bordeauxmarkt ? Verstehe ich nicht im Ansatz. :? Erklärung würde helfen.

Danke, sonnige Grüße,
Georg
weinfex
Beiträge: 1210
Registriert: Do 5. Aug 2010, 22:00
Wohnort: Wiesbaden
Kontaktdaten:

Re: Bordeaux 2013

Beitrag von weinfex »

Hallo Georg,

die 3 Punkte" habe ich nicht unterstellt (!), sondern lediglich aus Susas Statement übernommen
und interpretiert.

Wieso Parallel Bordeauxmarkt?
Grüsse weinfex
Benutzeravatar
harti
Beiträge: 2569
Registriert: Mo 9. Aug 2010, 15:49
Wohnort: Deutschland

Re: Bordeaux 2013

Beitrag von harti »

Hallo Andreas,

die Bewertungen einiger Händler werden absatzorientiert vergeben, was auch nicht verwundern kann. Ich finde, bei Lobenberg wird das in diesem Jahr ziemlich deutlich.

Grüße

Hartmut
Rotundweiss
Beiträge: 216
Registriert: Do 30. Dez 2010, 16:43
Wohnort: Niedersachsen

Re: Bordeaux 2013

Beitrag von Rotundweiss »

weinfex hat geschrieben: die 3 Punkte" habe ich nicht unterstellt (!), sondern lediglich aus Susas Statement übernommen
und interpretiert.
Hallo Andreas,

finde, du schreibst sehr viel Interessantes, Sinnvolles und Wissenswertes über den Markt Bordeaux und seine Weine. Als Händler geht man m.A. nach aber in einem Forum einen schmalen Grat, wenn man Mitbewerbern absatzorientiertes "Bepunkten" unterstellt oder Statements Anderer entsprechend interpretiert.
weinfex hat geschrieben: Wieso Parallel Bordeauxmarkt?
Ist verstanden, hast du ja erklärt; wieder was gelernt; danke.

Beste Grüße,
Georg
Créot
Beiträge: 387
Registriert: Fr 18. Mai 2012, 15:24

Re: Bordeaux 2013

Beitrag von Créot »

Sicherlich wird bei den Händlern die Erwartung mitspielen, ob man einen Jahrgang in großer Menge verkaufen kann. Lobenberg geht davon anscheinend nicht aus und verkauft lieber 2010 bis 2012 ab oder verweist auf sein umfangreiches anderes Programm (und schafft sich damit auch ein Stück Street-Credibility). Hilse (mehr auf Bordeaux konzentriert) will den Jahrgang an den Mann bringen (und versucht auf diesem umgekehrten Wege auch seine Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit unter Beweis zu stellen).
Man tut m.E. den Händlern aber auch unrecht, wenn man nur diesen Aspekt beurteilt. Ich gehe schon davon aus, dass Hilse meint, der Jahrgang lohnt bei mehreren Weinen und dass Lobenberg dies nur in einer deutlich begrenzteren Anzahl von Weinen sieht. Ich habe mich gerade bei der 2009er Subs auf diese beiden Händler verlassen (recht naiv damals - gerade die 47 Aromen pro Wein bei Lobenberg haben mich in einen Rausch versetzt :lol: - und heute würde ich es so auch nicht mehr machen) - aber das Ergebnis war zum größten Teil gut. Zwei Jahre später bei der Lieferung, etwas, aber auch nicht viel schlauer, habe ich erst mal gedacht: Was hast du dir da bestellt? Aber beim ersten Antesten war ich bei der Mehrzahl der Weine, die besonders durch Lobenberg oder Hilse gepusht wurden, eigentlich sehr zufrieden.
Insofern sind Einschätzungen von seriösen Händlern für mich schon ein Hilfsmittel (und ich gehe einfach davon aus, dass sie mich lange als Kunde behalten wollen). Aber zu glauben, dass kein Marketing dahinsteckt wäre sicherlich naiv.

Grüße
Stefan
Matthias Hilse
Beiträge: 410
Registriert: Di 30. Nov 2010, 18:12
Kontaktdaten:

Re: Bordeaux 2013

Beitrag von Matthias Hilse »

[/quote]
Andreas,

ich denke, du weisst sehr gut, dass der Händler bei einer Subskription rein gar nichts "in die Bücher nimmt". Der Kunde finanziert vor, der Händler reicht durch, da geht null komma nichts in die Bilanz. Der Wein ist ab Kaufabschluss bilanztechnisch gesehen das Eigentum des Kunden und somit zunächst einmal für den Händler eine Verbindlichkeit und eben kein asset. Insofern gilt für einen Händler in der Subs nach wie vor: etwas verkaufen zu können (und damit die Marge zu kassieren) ist rein wirtschaftlich betrachtet besser, als etwas nicht zu verkaufen.

Ich meine, dass Lobenberg hier tatsächlich langfristig denkt: nichts hypen, was sich in ein paar Jahren in einer Vertikale als das herausstellen wird, was es eben tatsächlich ist - mittelmäßig, bestenfalls. Einmal den Ruf ruiniert...

Gruß
Ulli[/quote]

Hallo,

ich erlaube mir hier als Nichtadressat etwas zu antworten. Um das Geschehen aus dem Dunst der Vermutung zu holen, gebe ich ein konkretes Beispiel, das stellvertretend für viele andere steht, in denen der Händler sehr wohl Position bezieht. Wenn Sie in meinem Subskriptionskatalog 2009 nachlesen, finden Sie eine sehr wohlwollende Kritik vom Clos du Jaugueyron Haut-Medoc 2009. Weil ich den Wein extrem gut fand, habe ich etwa 30% der Ernte gekauft - im Mai 2010, auf mein Risiko, EK waren EUR 9,60. Als dann später Rene Gabriel den Wein von ursprünglich 17 auf 19 Punkte "hochhievte", hatte ich noch über 2.000 Flaschen im Bestand und konnte sie auf einen Schwung verkaufen. Es ist nicht nur so, dass das Risiko bei mir lag, ich habe den Wein auch deshalb offensiv eingekauft, weil ich ihn einfach gut fand (und diejenigen, die ihn gekauft haben, werden das sicherlich in der Mehrheit nicht bereuen). Die Reihenfolge ist dabei wichtig: erst gutfinden, dann entsprechend kaufen. Und nicht: offensiv anbieten, weil viel im Bestand. Hier kann ich natürlich nur für mich reden.

Im Übrigen werden nicht wenige 2013er in späteren Vertikalen sehr wohl auffallen, aber eher nicht durch das, was ihnen insinuiert wird. Als Übung für in 2 Jahren: Roc de Cambes 2009, Roc de Cambes 2010, Roc de Cambes 2011, Roc de Cambes 2012 und Roc de Cambes 2013 blind verkosten. Wer hier einen Widerspruch in der Sache vermutet: einmal geht es um stilistische Disparität, einmal um erstaunliche Homogenität.

Herzliche Grüße,
Matthias Hilse
Matthias Hilse
Beiträge: 410
Registriert: Di 30. Nov 2010, 18:12
Kontaktdaten:

Re: Bordeaux 2013

Beitrag von Matthias Hilse »

Créot hat geschrieben:Sicherlich wird bei den Händlern die Erwartung mitspielen, ob man einen Jahrgang in großer Menge verkaufen kann. Lobenberg geht davon anscheinend nicht aus und verkauft lieber 2010 bis 2012 ab oder verweist auf sein umfangreiches anderes Programm (und schafft sich damit auch ein Stück Street-Credibility). Hilse (mehr auf Bordeaux konzentriert) will den Jahrgang an den Mann bringen (und versucht auf diesem umgekehrten Wege auch seine Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit unter Beweis zu stellen).
Man tut m.E. den Händlern aber auch unrecht, wenn man nur diesen Aspekt beurteilt. Ich gehe schon davon aus, dass Hilse meint, der Jahrgang lohnt bei mehreren Weinen und dass Lobenberg dies nur in einer deutlich begrenzteren Anzahl von Weinen sieht. Ich habe mich gerade bei der 2009er Subs auf diese beiden Händler verlassen (recht naiv damals - gerade die 47 Aromen pro Wein bei Lobenberg haben mich in einen Rausch versetzt :lol: - und heute würde ich es so auch nicht mehr machen) - aber das Ergebnis war zum größten Teil gut. Zwei Jahre später bei der Lieferung, etwas, aber auch nicht viel schlauer, habe ich erst mal gedacht: Was hast du dir da bestellt? Aber beim ersten Antesten war ich bei der Mehrzahl der Weine, die besonders durch Lobenberg oder Hilse gepusht wurden, eigentlich sehr zufrieden.
Insofern sind Einschätzungen von seriösen Händlern für mich schon ein Hilfsmittel (und ich gehe einfach davon aus, dass sie mich lange als Kunde behalten wollen). Aber zu glauben, dass kein Marketing dahinsteckt wäre sicherlich naiv.

Grüße
Stefan
Man darf bei der ganzen Diskussion um den Bordeauxjahrgang 2013 nicht vergessen, dass sie, zumindest was den Preisaspekt betrifft, überhaupt nur so möglich ist, weil es bei den Primeurpreisen negative Steigungen gibt. Und genau das setzt die Genese einer Erwartungshaltung in Gang, die heute, in Zeiten globaler Vernetzung, schnell eine früher so nicht gekannte Dynamik erfährt.

Es dürfte kein Kraut dagegen gewachsen sein, als Händler immer im Verdacht zu stehen, Dinge deshalb zu "pushen", weil man viel davon hat. Belächelt wird eher der kontinuierliche Hinweis, die "Promotion" sei doch wohl eher Folge der eigenen Begeisterung. Oder es spricht dafür, dass Weinhändler im Allgemeinen eben nicht als seriös angesehen werden.

Ob man nun als Verkoster den Jahrgang 2013 in der Spitze gut findet (vielleicht muss man aktuell besser, der allgemeinen Erwartungshaltung wegen, sagen "gar nicht so schlecht") oder nicht, hat zunächst noch nichts mit dem eigenen Einkaufsverhalten zu tun. Unsere Subskriptionen 2012 und 2011 und auch schon 2010 waren so gut, dass sich daraus kein Bedarf ableitet, 2013 schlecht zu reden.

Vielleicht entsinnt sich der ein- oder andere noch an die frühe Phase der Subskription 2008. Die allgemeine Stimmung war schlecht, die Weine wurden über die Maßen bekrittelt, als Verfasser positiver Rezensionen stand man damals ebenso im Verdacht, nicht redlich zu sein wie jetzt wieder- bis zu dem Zeitpunkt, als der Grossdegustator mit seiner Veröffentlichung die Mehrzahl der Verkoster zu einer Neukalibrierung zwang. Damit ich nicht falsch verstanden werde: 2013 liegt qualitativ hinter 2008. Den Weinen werden aber nicht selten Dinge angedichtet, die das allgemeine Verdikt immer wieder zu bestätigen scheinen. Wenn Schönheit nicht nur etwas mit opulenter Fülle, sondern eben auch mit Balance und Symmetrie in den einzelnen Kategorien zu tun hat, und wenn überdies eine weniger ausgeprägte Fruchtdominanz z.B. im Margaux Bouquets freilegt, die von feinster Distinktion zeugen, dann gibt es sehr schöne 2013er.

Keine Verkostungsnotiz kann übrigens das persönliche Gespräch ersetzen, denn sie ist ja monolateral. In einem Gespräch, besonders wenn es zuvor schon Erfahrungen über Verkostungserlebnisse gab, läßt sich gerade das für den jeweiligen Kunden Interessante (weil es eben Aspekte, die besonders geschätzt werden, viel besser am einzelnen Wein exemplifizieren kann) viel besser fokussieren.

Meine Semantik ist angewandtes Marketing, meine Einschätzungen sind es nicht.

Herzliche Grüße,
Matthias Hilse
Créot
Beiträge: 387
Registriert: Fr 18. Mai 2012, 15:24

Re: Bordeaux 2013

Beitrag von Créot »

Guten Abend Herr Hilse,

schön, dass Sie sich ins Gespräch mischen und einige Aspekte beitragen.

Aber:
Matthias Hilse hat geschrieben:Es dürfte kein Kraut dagegen gewachsen sein, als Händler immer im Verdacht zu stehen, Dinge deshalb zu "pushen", weil man viel davon hat. Belächelt wird eher der kontinuierliche Hinweis, die "Promotion" sei doch wohl eher Folge der eigenen Begeisterung. Oder es spricht dafür, dass Weinhändler im Allgemeinen eben nicht als seriös angesehen werden.
Das habe ich mit Bedacht nicht únterstellt. Es ging mir nicht um Händler-Bashing - eher im Gegenteil. Ich habe deshalb auch gesagt, dass ich auch mit Ihren Empfehlungen "sehr zufrieden" war (dazu gehört dann, nebenbei, auch der Clos du Jaugueyron) und zweifle nicht daran, dass Sie und andere Händler Weine deshalb pushen, weil sie von den Winzern grundsätzlich überzeugt sind. Dass ich nicht mehr im Blindflug, ohne bestimmte Chateaus zu kennen, in Kistenstärke etwas subskribieren würde, ist davon ja unbenommen. Also: Ich begrüße es sehr, wenn sich Händler positionieren und nicht nur mit Parkerbewertungen werben und ich habe davon profitiert und einiges gelernt.
Trotzdem bleibt natürlich der Zwiespalt, dass Händler jeden Jahrgang verkaufen wollen - wenn langfristige Bindungen zu Winzern ausgebaut werden wollen (da sind Händler dann meist treuer als die Kunden) - oder müssen - insbesondere wenn Allokationen nicht verloren werden sollen. Wie sie vielleicht sagen würden: Dass der zyklischen Primeurofferte eine unausweichliche Asynchronität inhäriert, insofern der Chronos auf der Angebotsseite auf die Kairoserwartung der Nachfrageseite trifft. Dies führt wohl unweigerlich zu einer Semantik, die die in ihr dargestellte Überzeugung notwendigerweise prägen muss...

Beste Grüße.
Stefan
Antworten

Zurück zu „Bordeaux und Umgebung“