Peter Jakob Kühn

Ollie
Beiträge: 2232
Registriert: Mo 6. Jun 2011, 12:54

Re: Peter Jakob Kühn

Beitrag von Ollie »

Meine einst große Liebe zu PJK ist schon seit fast einem Jahrzehnt erkaltet, aber gelegentlich überprüfe ich den Beziehungsstatus anhand des Hendelbergs, eine Erste Lage, deren trockene Weine zwar immer recht gut, aber nun auch schon in sehr, sehr ambitionierte Preisbereiche vorgestoßen sind. Zeit zu schauen also, was es an Süßem gibt.

2022 Hallgartener Hendelberg Riesling Kabinett
10 Vol% bei (laut Lobenberg) 25 g/l RZ, also gut für stark 11.5 Vol% potentiellen Alkohol - einwandfreies Kabinettgewicht für den Rheingau. Die ersten 15 Minuten im Glas eine fast essigsaure Nase, das berühmte PJK'sche Senfgurkenglas schlägt wieder zu. (Erstmals hatte ich das beim 2014er Doosberg GG.) Danach viele kleine, weiße Blüten und würzige Limette. Am Gaumen eine Mischung aus Zitronengras und grünem Tee, die wohl den "neuen" Hendelberg auszeichnet (zumindest finde ich sie konsistent). Intensiv, nicht nur wegen des Alkohols recht körperreich (Rheingau verpflichtet); zwar merklich süß, aber Dank einer schönen Frische eher feinherbes Geschmacksbild, was dem Wein sehr gut steht. Ordentliche Länge, noch unterkomplex, vielleicht schaue ich mir an, was der Wein nach 5, 10, 15 Jahren Flaschenreife kann. Insgesamt ein stilsicherer Rheingaukabinett alter Schule. 88/89. (Mit EUR 19.50 ist der Spaß recht teuer bezahlt, aber solche Weine gibt es kaum noch im Rheingau.)

Cheers,
Ollie
Yeah, well, you know, that’s just like, uh, your opinion, man.

Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.

"Souvent, l'élégance, c'est le refuge des faibles." (Florence Cathiard)
Lars Dragl
Beiträge: 718
Registriert: Mo 3. Okt 2016, 23:24

Re: Peter Jakob Kühn

Beitrag von Lars Dragl »

Hallo!

Nach den Festlichkeiten mit der Familie und ohne Wein, habe ich nun ein Sankt Nikolaus GG 2014 im Glas.

Der Wein kam erst mal in die Karaffe, um ein wenig Luft zu schnappen. Trotz des nicht mehr ganz dichten Korkens, war dies offensichtlich kein Fehler. Im Glas mittleres bis dunkles Goldgelb und ganz wenig CO2. In der Nase zunächst nicht so einladend, weil nach dem Einschenken eine deutliche Note nach Möbelpolitur aus dem Glas weht und der Wein so wirkt, als wäre er schon etwas drüber. Mit weiterer Luft und Wärme blüht der Wein dann aber sehr auf und die Möbelpolitur, die zunächst auch am Gaumen deutlich zu spüren ist, verschwindet in einem Amalgam aus feinsten Aromen. Diese sind alle weich, ruhig, rund und unaufgeregt, aber von schöner Tiefe und Komplexität, mit einer gleichzeitig wirklich zauberhaften Ausgewogenheit. Alles läuft verspielt ineinander und nichts drängt sich in den Vordergrund. Der Gaumen schmeichelnd und von schöner Länge. Umso wärmer der Wein im Glas wird, desto mehr Frucht ist zu riechen und umso mehr Raum für Assoziationen entsteht. Insgesamt schwer zu beschreiben, aber klar als erstklassiger Wein - wenn vielleicht nicht unbedingt als Riesling- zu erkennen. Hervorragend (aber zu kühl darf er nicht sein, denn dann zeigt er erstaunlich wenig und wirkt deutlich gereifter)! Trinken!!



Herzliche Grüße

Lars
Michl
Beiträge: 1240
Registriert: Di 22. Okt 2013, 19:04

Re: Peter Jakob Kühn

Beitrag von Michl »

Ich schätze ja den Stil der Weine von Kühn sehr, sie sind für mich mit die individuellsten deutschen Rieslinge und gefallen mir mit ihrer wild-natürlichen Art ungemein gut, auch wenn ich sie nicht allzu oft trinke. In letzter Zeit hat mir insbesondere der Jakobus gefallen, der in der Einstiegsklasse eine Charakterstärke an den Tag legt, die selten ist (und die er noch vor einigen Jahren so nicht hatte).
Heute habe ich den Riesling Sekt im Glas und bin wiederum sehr beeindruckt. Aromatisch kann ich das zwar nicht unbedingt mit Kühn in Verbindung bringen, aber der Sekt überzeugt mit seiner für einen Riesling-Sekt ungewöhnlich cremigen Strukur und einer hier wirklich sehr bereichernden Süße, die trotz brut nature dem Wein eine vollkommen runden Charakter verleiht. Blind hätte ich niemals auf Riesling getippt. Auf jeden Fall scheint Sekt im Weingut überhaupt kein bloßes "Pflichtprogramm" zu sein, das ist schon sehr gekonnt, amitioniert und auch individuell ausgebaut, auch wenn er nicht in der Oberklasse deutscher Sekte mitspielen kann. Für mich eine klare Bereicherung der deutschen Sektlandschaft.

Bild
Viele Grüße

Michl
Nora
Beiträge: 901
Registriert: So 28. Mär 2021, 11:20
Wohnort: Kühlungsborn
Kontaktdaten:

Re: Peter Jakob Kühn

Beitrag von Nora »

Seit ein paar Tagen im Glas:

Hallgartener Hendelberg Riesling Trocken EL 2018

Schon beim Einschenken gibt es einen Duft von Tabak und Rauch. Nach Schwenken im Glas und erneutem Riechen verschmelzen tabakige und rauchige Noten mit den hintergründigen Fruchtassoziationen von Birne und Pfirsich. Ingwer, Minze und eine dezente steinige Mineralik mit immer noch ein paar hefige Noten vervollständigen diese schöne Aroma-Gesamtkomposition.

Der Gaumen ist saftig-dicht und tiefgründig auch hier mit eher dezenter gelber Frucht und einem deutlichen süßen Kern (Analysedaten habe ich keine gefunden, ich tippe mal auf Restzucker bei ca. 8 g; sicherlich nichts für Puristen, aber mir gefällt das hier gut, da die Süße perfekt eingebunden, unterstützend ist und nicht als Zuckerschwänzchen auftritt). Dann wird der Wein wieder außerordentlich tabakig, rauchig und mineralisch mit dem typischen kühnschen grünen Tee, alles unterlegt mit einem feinen Säurenerv und mürben Gerbstoffen. Das langanhaltende, (wirklich!) salzige Finale ist äußerst bemerkenswert.

Ausgezeichneter Wein, der Trinkfreude mit Anspruch vereint und deutlich anders ist, als sein Vorgänger aus 2013, den ich weiter oben beschrieben habe.

Die 93 Punkte des recht defensiv bewertenden Hofschusters finde ich sehr angemessen.

Es gibt aus diesem Jahr noch einen Hendelberg Riesling "R“ EL, der aus einer speziellen Parzelle des Hendelbergs namens Kapelle stammt. Nach Öffnen des normalen Hendelbergs war ich auf die Unterschiede so gespannt, dass ich den Hendelberg R mal kaltgelegt habe und bald öffnen möchte.

VG, Nora
Bernd Schulz
Beiträge: 7144
Registriert: Sa 11. Dez 2010, 23:55
Kontaktdaten:

Re: Peter Jakob Kühn

Beitrag von Bernd Schulz »

Im Keller bin ich auf der Suche nach einem gereiften Riesling, der nicht zu schade dafür ist, von mir alleine getrunken zu werden, gerade über diese Einzelflasche gestolpert:

Bild

Wenn ich mir meine Notiz aus 2012 anschaue, muss ich jetzt nach weiteren 12 Jahren eine deutliche Verbesserung konstatieren. Hier greift alles schön ineinander, die Reifenoten ergeben in Kombination mit dem Restzucker, der eher weichen, aber trotzdem präsenten Säure und der erdigen Mineralität ein überzeugendes Gesamtbild. Moppern könnte man über den für eine süße Spätlese hohen Alkoholgehalt, aber richtig störend wirken die 11% eigentlich auch nicht. Insgesamt erinnert mich dieses Lenchen stark an hervorragende Rheingauer aus 1971 oder 1975.

Tja, wie man es macht, macht es falsch: Einen solch schön gereiften Riesling hätte ich doch nicht alleine trinken, sondern das Erlebnis mit Ralf teilen sollen.....

Herzliche Grüße

Bernd
Lars Dragl
Beiträge: 718
Registriert: Mo 3. Okt 2016, 23:24

Re: Peter Jakob Kühn

Beitrag von Lars Dragl »

Hallo!

Heute habe ich meine letzte Fl. Sankt Nikolaus 2014 aufgezogen. Farblich deutlich entwickelt. In der Nase zunächst der Eindruck, als wäre der Wein schon eher zu weit gereift. Mit der Zeit und mit Luft ziehen sich einige Reifenoten zurück und es zeigt sich etwas mehr (deutlich entwickelte) Frucht. Im Mund ist das sicherlich auch weit gediehen, aber wer reifen Riesling mit Noten, die auch etwas an Sauternes und Sherry erinnern, ab kann, dem wird hier schon auch was geboten. Entscheidend ist jedoch die Temperatur. Meine Fl. kam mit 16°C aus dem Keller und war nur unwesentlich zu warm. Diesbezüglich ist das eher ein leichter Rotwein.
Gefällt mir sehr gut. Vor drei Jahren hatte ich allerdings zwei Fl., die mir noch mehr zugesagt haben. Da war noch mehr Leben in der Bude. Unbedingt austrinken, groß Gläser nehmen und ja nicht zu kalt servieren.

Herzliche Grüße

Lars

P.S. Das Trinkfenster, das Hofschuster damals angegeben hat, ist völlig daneben, aber über die Bewertung kann man diskutieren.
Benutzeravatar
maha
Beiträge: 1298
Registriert: Di 18. Jun 2013, 15:56
Wohnort: FFM

Re: Peter Jakob Kühn

Beitrag von maha »

Wir hatten vor kurzem Doosberg und Nikolaus 14 nebeneinander und der Doosberg war der deutlich bessere Wein. Der Nikolaus war auch schon sehr weit. Doosberg war genial. Ich glaube mittlerweile an eine enorme Flaschenvarianz bei PJK...
Der schönste Sport ist der Weintransport!
Benutzeravatar
Elah
Beiträge: 122
Registriert: Mo 18. Okt 2021, 20:13
Wohnort: Berlin

Re: Peter Jakob Kühn

Beitrag von Elah »

maha hat geschrieben: Sa 9. Nov 2024, 21:04 Wir hatten vor kurzem Doosberg und Nikolaus 14 nebeneinander und der Doosberg war der deutlich bessere Wein. Der Nikolaus war auch schon sehr weit. Doosberg war genial. Ich glaube mittlerweile an eine enorme Flaschenvarianz bei PJK...
Ohne viel PJK getrunken zu haben, würde ich das von unseren Runden absolut bestätigen.
Im Vergleich zu anderen Winzern oft Oxidation etc.
Nora
Beiträge: 901
Registriert: So 28. Mär 2021, 11:20
Wohnort: Kühlungsborn
Kontaktdaten:

Re: Peter Jakob Kühn

Beitrag von Nora »

Seit 2 Tagen im Glas:

Oestricher Lenchen Riesling Großes Gewächs 2018

Sehr schöne Nase mit reifer Gelbfruchtigkeit und dezenten Zitrusnoten, dahinter gibt es Rauch/Feuerstein und ein paar letzte hefige Noten.

Am Gaumen ist der Wein substanzreich und sehr konzentriert, fast etwas ölig, mit einer schönen Ausgewogenheit zwischen reifer Frucht und einer tiefen, dunklen Würzigkeit mit grünem Tee. Die reife, runde Säure spielt nur im Untergrund. Der Wein hat eher das Mundgefühl eines kräftigen Chardonnays denn eines Rieslings. Die deutliche Gerbstoffgriffigkeit und die feine Bitternote am Ende machen den Wein letztendlich wunderbar ausgewogen. Der Abgang ist bemerkenswert lang.

Dies ist ein typischer kühnscher Riesling, der die Stilistik des Weinguts nicht ganz so auf die Spitze getrieben, mittlerweile seine reduktiven Noten sehr schön eingebunden hat und jetzt wunderbar zu trinken ist.

Gefällt mir gut und ist im Kontext der allgemein gestiegenen Preise für immer noch verfügbare 42 Euro angemessen bepreist.

VG Nora
Antworten

Zurück zu „Rheingau“