Hallo Hartmut,
danke für die NM-Notiz zum Giscours. Ich kannte sie bereits - aber tut mir leid, der Funke ist bei mir in der Form nicht übergesprungen. Der Wein ist zweifellos hervorragend und vermutlich wird er irgendwann die 96 reißen. "... erfordert eine lange Lagerzeit" ist aber etwas, was ich mir nicht leisten kann/will.
Viele Grüße,
Jochen
Bordeaux 2022
- Jochen R.
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Re: Bordeaux 2022
"Viele haben eine Meinung, aber keine Ahnung." (Franz Müntefering)
Re: Bordeaux 2022
Hallo zusammen, ich versuche mal, den gestrigen Nachmittag/Abend zusammenzufassen. Für einen Laien wie mich ist das nicht ganz leicht, da die Eindrücke einfach überwältigend sind und so viele hochwertige Weine vor Ort waren, die ich unbedingt probieren wollte. Darunter hat sicher die Verkostung der „breiten“ Masse gelitten, da ich nach 30 Weinen einfach nicht mehr so aufnahmefähig war.
Was ich aber sagen kann: Figeac, Haut-Bailly und LCHB haben mich umgehauen. Diese drei haben für mich die Comtesse, Conseillante oder Montrose hinter sich gelassen. Mit Letzterem werde ich sowieso nicht warm – ich mag den geschmacklich einfach nicht. Ich kann verstehen, wenn Profis ihn gut bewerten, den die grosse Qualität merkt man. Da bin ich aber einfach zu laienhaft, der Geschmack gefällt mir nicht (übrigens der einzige von den ganz „Grossen“, sonst habe ich das nur noch bei LP und Pape Clément). Die Comtesse war schwer zu verstehen – ich glaube, das braucht einige Zeit, bis man da sein Vergnügen hat.
Meine grösste persönliche Enttäuschung gestern war Lynch-Bages. Ich bin ein Fan von diesem Weingut, da es auch mein allererster 1986 war, den ich jemals getrunken habe (den/die erste vergisst man nie
). Da ist so viel Power drin, ich hatte ihn direkt nach LB und das war einfach too much. AvV hat, glaube ich, mal geschrieben: „Da wollte man zu viel.“ Das ist mir sofort in den Sinn gekommen – brutale Tannine, brutale Frische, brutale Frucht – einfach zu viel.
Pontet-Canet war wie der Pirat einer privaten Degustation – passte überhaupt nicht in diese Runde. Marmeladig, schwer – ich verstehe jetzt diese „nicht Bordeaux-typisch“-Kritik. Den 2019 fand ich noch gut, aber der hier war gar nichts für mich. Wenn man sich vor dem Stand ein bisschen umgehört hat, war es auch der Wein, der die Teilnehmer gespalten hat – von „absolute Katastrophe“ bis „absolut genial“ war alles zu hören.
Aus der Mittelklasse möchte ich Brane-Cantenac, DDC, Croix de Beausejour (hier war übrigens Frau Josephine Duffau-Lagarrosse persönlich vor Ort, sehr spannend) und die Reserve Comtesse hervorheben. Diese Weine haben bei mir den bleibendsten Eindruck hinterlassen. Ich gehe sogar so weit und sage, der DDC muss sich im Jahr 2022 nicht vor SHL verstecken. Die Reserve Comtesse war super – von allem ein bisschen weniger als der Große, dafür jetzt schon ungemein trinkfreudig. Für 45.- eine absolute Kaufempfehlung in diesem Preissegment. Ferrière und DV haben da klar das Nachsehen im Vergleich zu den oben genannten.
Ich bestelle mir jetzt mal die Reserve Comtesse und den Croix de Beausejour, denn die habe ich noch nicht.
Den Figeac kann/will ich mir leider nicht leisten 
Was ich aber sagen kann: Figeac, Haut-Bailly und LCHB haben mich umgehauen. Diese drei haben für mich die Comtesse, Conseillante oder Montrose hinter sich gelassen. Mit Letzterem werde ich sowieso nicht warm – ich mag den geschmacklich einfach nicht. Ich kann verstehen, wenn Profis ihn gut bewerten, den die grosse Qualität merkt man. Da bin ich aber einfach zu laienhaft, der Geschmack gefällt mir nicht (übrigens der einzige von den ganz „Grossen“, sonst habe ich das nur noch bei LP und Pape Clément). Die Comtesse war schwer zu verstehen – ich glaube, das braucht einige Zeit, bis man da sein Vergnügen hat.
Meine grösste persönliche Enttäuschung gestern war Lynch-Bages. Ich bin ein Fan von diesem Weingut, da es auch mein allererster 1986 war, den ich jemals getrunken habe (den/die erste vergisst man nie
Pontet-Canet war wie der Pirat einer privaten Degustation – passte überhaupt nicht in diese Runde. Marmeladig, schwer – ich verstehe jetzt diese „nicht Bordeaux-typisch“-Kritik. Den 2019 fand ich noch gut, aber der hier war gar nichts für mich. Wenn man sich vor dem Stand ein bisschen umgehört hat, war es auch der Wein, der die Teilnehmer gespalten hat – von „absolute Katastrophe“ bis „absolut genial“ war alles zu hören.
Aus der Mittelklasse möchte ich Brane-Cantenac, DDC, Croix de Beausejour (hier war übrigens Frau Josephine Duffau-Lagarrosse persönlich vor Ort, sehr spannend) und die Reserve Comtesse hervorheben. Diese Weine haben bei mir den bleibendsten Eindruck hinterlassen. Ich gehe sogar so weit und sage, der DDC muss sich im Jahr 2022 nicht vor SHL verstecken. Die Reserve Comtesse war super – von allem ein bisschen weniger als der Große, dafür jetzt schon ungemein trinkfreudig. Für 45.- eine absolute Kaufempfehlung in diesem Preissegment. Ferrière und DV haben da klar das Nachsehen im Vergleich zu den oben genannten.
Ich bestelle mir jetzt mal die Reserve Comtesse und den Croix de Beausejour, denn die habe ich noch nicht.

Zuletzt geändert von Zaccetti am Mi 9. Apr 2025, 09:52, insgesamt 1-mal geändert.
- Jochen R.
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Re: Bordeaux 2022
Zaccetti,
ganz tolle, erfrischende, Notizen. Vielen Dank!
Und wenn die Reserve de la Comtesse besonders hervorgehoben wird, werde ich hellhörig und muss das auch haben
Viele Grüße,
Jochen
ganz tolle, erfrischende, Notizen. Vielen Dank!
Und wenn die Reserve de la Comtesse besonders hervorgehoben wird, werde ich hellhörig und muss das auch haben

Viele Grüße,
Jochen
"Viele haben eine Meinung, aber keine Ahnung." (Franz Müntefering)
Re: Bordeaux 2022
Danke Jochen für die Rückmeldung.
Kleiner Tipp: Bei Millesima gibt es gerade 20% ab 2. Mischkisten, es gibt auch viele 2022er die damit unter Sub-Preis zuhaben sind (nicht alle! Bei gewissen wurden Aufschläge vorgenommen), es ist auch möglich 6x den gleichen Wein in eine Mischkiste zu packen, so kriegt man z.B die Comtesse Reserve für unter 40.-
Kleiner Tipp: Bei Millesima gibt es gerade 20% ab 2. Mischkisten, es gibt auch viele 2022er die damit unter Sub-Preis zuhaben sind (nicht alle! Bei gewissen wurden Aufschläge vorgenommen), es ist auch möglich 6x den gleichen Wein in eine Mischkiste zu packen, so kriegt man z.B die Comtesse Reserve für unter 40.-
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Re: Bordeaux 2022
Vor Kurzem sind meine nicht allzu zahlreichen 22er eingetrudelt. Als Pilot mußte dran glauben:
Brane-Cantenac 2022
Die Nase ist voll auf der Frucht, oder besser: auf der Blume, denn neben dunklen Beeren (Johannis~ und Brom~) sind da ganz ausgeprägte florale Noten (Richtung Veilchen). Ganz feine Gewürze, etwas Tropenholz. Eine Spur dunklen Kaffees.
Den Gaumen umhüllt sofort Samt und Seide. Dicht, aber "nur" mittelgewichtig. Die Tannine sind ultrafein, aber keineswegs zu knapp; die Säure ist frisch, ohne sich aufzudrängen. Das Aromenbild ist konsistent zur Nase; im Abgang kommt Zartbitterschokolade und etwas Bleistift hinzu.
Wow, ist das sexy - und richtig, richtig gut! Sehr zugänglich bereits, und kaum disjunkt. Zweifellos ein Wein, den Freunde des "klassischen" (a.k.a. kargen
) Bordeaux womöglich als zu opulent empfinden könnten. Ich sehe ihn allerdings ziemlich auf dem Punkt. Bei aller Zurückhaltung bei den 22ern, bin ich sehr froh, von diesem Wein noch ein paar Flaschen zu haben.
Übrigens las ich irgendwo (finde es leider nicht wieder), daß ein besonders schonendes Extraktionsverfahren zum Einsatz kam, das zu den extrem feinen Tanninen führen soll und zuvor bei Calon-Ségur eingesetzt wurde. Irgendwas mit durch die Maische geleiteter Luft iirc. Ob das wohl hauptverantwortlich für den großen Charme ist?
Brane-Cantenac 2022
Die Nase ist voll auf der Frucht, oder besser: auf der Blume, denn neben dunklen Beeren (Johannis~ und Brom~) sind da ganz ausgeprägte florale Noten (Richtung Veilchen). Ganz feine Gewürze, etwas Tropenholz. Eine Spur dunklen Kaffees.
Den Gaumen umhüllt sofort Samt und Seide. Dicht, aber "nur" mittelgewichtig. Die Tannine sind ultrafein, aber keineswegs zu knapp; die Säure ist frisch, ohne sich aufzudrängen. Das Aromenbild ist konsistent zur Nase; im Abgang kommt Zartbitterschokolade und etwas Bleistift hinzu.
Wow, ist das sexy - und richtig, richtig gut! Sehr zugänglich bereits, und kaum disjunkt. Zweifellos ein Wein, den Freunde des "klassischen" (a.k.a. kargen

Übrigens las ich irgendwo (finde es leider nicht wieder), daß ein besonders schonendes Extraktionsverfahren zum Einsatz kam, das zu den extrem feinen Tanninen führen soll und zuvor bei Calon-Ségur eingesetzt wurde. Irgendwas mit durch die Maische geleiteter Luft iirc. Ob das wohl hauptverantwortlich für den großen Charme ist?
Besten Gruß, Karsten
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Re: Bordeaux 2022
Danke, Karsten, für die Notiz zum BC 2022. Das macht viel Vorfreude. Ich werde gewiss nach Ankunft auch eine Flasche probieren und berichten. Übrigens erinnert mich deine VKN sehr an den kürzlich genossenen 15er BC - was mir persönlich durchaus genehm wäre.
Hast du keine Alkoholdominanz gespürt - der Wein soll ja 14.5% ABV haben - ein Prozent mehr als der 15er?
Gruß
Jean
Hast du keine Alkoholdominanz gespürt - der Wein soll ja 14.5% ABV haben - ein Prozent mehr als der 15er?
Gruß
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Re: Bordeaux 2022
Gerne, Jean!pessac-léognan hat geschrieben: ↑Fr 11. Apr 2025, 13:13 Danke, Karsten, für die Notiz zum BC 2022. Das macht viel Vorfreude. Ich werde gewiss nach Ankunft auch eine Flasche probieren und berichten. Übrigens erinnert mich deine VKN sehr an den kürzlich genossenen 15er BC - was mir persönlich durchaus genehm wäre.
Hast du keine Alkoholdominanz gespürt - der Wein soll ja 14.5% ABV haben - ein Prozent mehr als der 15er?
Den 15er hatte ich ja auch. Mir gefiel 2022 noch besser, denn er kratzt nicht an der Grenze zur Dünnheit

Besten Gruß, Karsten
Re: Bordeaux 2022
Ich glaube, ich hatte schon mal woanders geschrieben, daß wir beide mal gemeinsam den 2015er gegen den 2018er getrunken und letzteren für deutlich(!) besser gehalten hätten? Ich habe nämlich BC in Erinnerung als "seit 2015 deutlich und stetig besser werdend".amateur des vins hat geschrieben: ↑Fr 11. Apr 2025, 15:36 Den 15er [Brane Cantenac] hatte ich ja auch.
Zum technischen Aspekt: Die BC-Prop-Abteilung schreibt auf ihrer Webseite:
Cheers,Lorsque la fermentation démarre, il est important pour l'extraction de la couleur et des arômes que le jus de raisin reste en contact avec les peaux qui sinon flottent naturellement au sommet de la cuve et forment un « chapeau ». Un système appelé « R'Pulse » utilise de l’air injecté dans la cuve, mélangeant délicatement les peaux et les pépins de raisin avec le jus sans contact mécanique et en décompactant le chapeau de marc. Cette technique d'extraction extrêmement douce et homogène donne aux vins plus d'intensité et de profondeur sans introduire de tanins trop durs ou agressifs.
Ollie
Yeah, well, you know, that’s just like, uh, your opinion, man.
Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.
"Souvent, l'élégance, c'est le refuge des faibles." (Florence Cathiard)
Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.
"Souvent, l'élégance, c'est le refuge des faibles." (Florence Cathiard)
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Re: Bordeaux 2022
Danke, Ollie, für den Schwank aus der BC-Prop-Abteilung. Die Sprache ist eine andere, aber es ist das, was ich oben meinte.
Zu 15 vs. 18: Ja, könnte (und wird wohl) so sein. Bin gerade gedanklich etwas abgelenkt, wie Du weißt. Falls Du da was Niedergeschriebenes findest, bitte gerne teilen.
Zu 15 vs. 18: Ja, könnte (und wird wohl) so sein. Bin gerade gedanklich etwas abgelenkt, wie Du weißt. Falls Du da was Niedergeschriebenes findest, bitte gerne teilen.
Besten Gruß, Karsten
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Re: Bordeaux 2022
Château Sénéjac Haut-Médoc 2022. (14% ABV)
47% CS / 34% M / 13% CF / 6% PV
P&P bei 16°, ist der Wein sofort voll da. Feine Cabernetfrucht, Cassis, etwas Schwarzkirsche
Desgleichen am Gaumen: sehr üppige Frucht, hier auch sehr reife Heidelbeere, erst im Abgang auch etwas Holz und Stein, aber nur sehr dezent, in dieser Fruchtigkeit sehr zugänglich und trinkig, nur ganz leicht aufrauhende polierte Tannine, im Moment scheinbar gar keine (zumindest spürbare) Säure.
Ein Crowd pleaser, ob für die lange Dauer gemacht - da habe ich so meine Zweifel.
Merkwürdig: Der einzige Sénéjac, den ich bisher im Glas hatte, war der 2018er, vielleicht ein paar Monate später nach der Abfüllung, aber den habe ich als eher krautig, dünn und rustikal in Erinnerung. Der 2022er ist - zumindest aktuell - das pure Gegenteil. Jetzt trinken ist kein Fehler. Ich wäre in der Benotung irgendwo zwischen Jeff Leves 93 (m.E. zu hoch, da hat mir der Wein zu wenig Komplexität) und Adrian vV's 89, so bei 90(-91)
Mit Belüftung zeigt die Säure doch ein paar "Zähne" und die Frucht tendiert mehr in Richtung Wacholder. Außerdem: Zeder und Teer.
47% CS / 34% M / 13% CF / 6% PV
P&P bei 16°, ist der Wein sofort voll da. Feine Cabernetfrucht, Cassis, etwas Schwarzkirsche
Desgleichen am Gaumen: sehr üppige Frucht, hier auch sehr reife Heidelbeere, erst im Abgang auch etwas Holz und Stein, aber nur sehr dezent, in dieser Fruchtigkeit sehr zugänglich und trinkig, nur ganz leicht aufrauhende polierte Tannine, im Moment scheinbar gar keine (zumindest spürbare) Säure.
Ein Crowd pleaser, ob für die lange Dauer gemacht - da habe ich so meine Zweifel.
Merkwürdig: Der einzige Sénéjac, den ich bisher im Glas hatte, war der 2018er, vielleicht ein paar Monate später nach der Abfüllung, aber den habe ich als eher krautig, dünn und rustikal in Erinnerung. Der 2022er ist - zumindest aktuell - das pure Gegenteil. Jetzt trinken ist kein Fehler. Ich wäre in der Benotung irgendwo zwischen Jeff Leves 93 (m.E. zu hoch, da hat mir der Wein zu wenig Komplexität) und Adrian vV's 89, so bei 90(-91)
Mit Belüftung zeigt die Säure doch ein paar "Zähne" und die Frucht tendiert mehr in Richtung Wacholder. Außerdem: Zeder und Teer.