Martin Müllen

Kle
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Re: Martin Müllen

Beitrag von Kle »

Wenn zu viele Weine enttäuschen, kommen bei mir Zweifel an Geschmackssinn und Lagerbedingungen auf. So wegen zwei Kühn-Weinen aus 2015, die zufällig auch bei einem Freund ausgeschenkt wurden und dort viel besser als aus dem eigenen „Keller“ schmeckten. Oder beim Aldinger Chardonnay, den geschätzte Weinschmecker gut bis grandios fanden und der mich unberührt ließ. Ziemlich frustriert also Riesling Spätlese trocken Trarbacher Hühnerberg 3. Terrasse 2015 geöffnet und niedergeschlagen die hellbronzene Farbe und das karemellische Aroma wahrgenommen. Doch dann werden hurrah Reifenoten durch Frische, Würze und fruchtige Säure an den Rand gedrängt. Feinsinn und etwas erdschollig-Natürliches verbinden sich hier…. das Gefühl- und natürlich nur dieses – Pflanzen, Maische und Co stünden in direkter Verbindung mit dem Produkt in der Flasche. Einige meiner Worte gegen Aldinger waren allerdings „kein Resonanzboden, ästhetisch flach.“ Als außerordentlich komplex würde ich Müllen nun auch nicht bezeichnen. Es ist das Oberflächliche, was an diesem Riesling so reizvoll ist, charmant, fruchtplastisch und kontrastreich. Später auch eine ölig-geschmeidige Geschlossenheit. Wie gutes Olivenöl, nur aus Reben, und zarte Schärfe durch Säure ersetzend. Es hat außerordentlichen Spaß gemacht, diesen Wein zu trinken, seine Aromen haben mich über mein kleines Dasein angehoben, was mehr ist, als von einem Wein normalerweise zu erwarten. Gleichwohl habe ich stets Bernd Schulz :) im Kopf und denke, dass ein ähnliches Vergnügen auch mit einem weit günstigeren Wein möglich wäre. Aber es letztlich eben nicht die Theorie, die zählt. Bezüglich Aldinger wurde diskutiert, wie subjektiv die Einschätzung von Wein ist… Ich habe für den Wein „an sich“ plädiert, aber so trittfest kann mein Glaube nicht sein, wenn ich mir beim Probieren von Müllen ständig vorgestellt habe, er sei Aldinger.

Gruß, Kle
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Bernd Schulz
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Re: Martin Müllen

Beitrag von Bernd Schulz »

Kle hat geschrieben: So 16. Mär 2025, 21:43 Gleichwohl habe ich stets Bernd Schulz im Kopf und denke, dass ein ähnliches Vergnügen auch mit einem weit günstigeren Wein möglich wäre.
Puh, ich schäme mich schon dafür, dass ich mich hier andauernd als Geizhals gebärde.... :oops:

Bei dem Gespräch über das Thema "Wie viel Größe im Wein benötige ich wirklich für mein Glück" handelt es sich um ein richtig weites Feld mit vielen subjektiv unterschiedlichen Vorstellungen. Ich habe für mich entschieden, dass ich weder einen G-Max noch einen Chateau Latour noch einen d´Yquem benötige (nachdem ich alle diese Weine wenigstens einmal im Glas hatte :!:), aber natürlich halte ich es für völlig legitim, wenn andere Weinfreunde solche Sachen kaufen und trinken. Schwierigkeiten habe ich lediglich damit, wenn propagiert wird, dass wirklicher Genuss nur in dieser Liga stattfinden kann. Hier gibt es ja User, die mit ihren Beiträgen den Eindruck erwecken, dass sie außer Erzeugnissen von Keller, Wittmann, Dönnhoff und Breuer (plus/minus noch zwei, drei andere Namen) an deutschen Weinen nichts anderes trinken oder auch nur kennenlernen wollen.....
Kle hat geschrieben: So 16. Mär 2025, 21:43 Ziemlich frustriert also Riesling Spätlese trocken Trarbacher Hühnerberg 3. Terrasse 2015 geöffnet und niedergeschlagen die hellbronzene Farbe und das karemellische Aroma wahrgenommen. Doch dann werden hurrah Reifenoten durch Frische, Würze und fruchtige Säure an den Rand gedrängt. Feinsinn und etwas erdschollig-Natürliches verbinden sich hier…. das Gefühl- und natürlich nur dieses – Pflanzen, Maische und Co stünden in direkter Verbindung mit dem Produkt in der Flasche. Einige meiner Worte gegen Aldinger waren allerdings „kein Resonanzboden, ästhetisch flach.“ Als außerordentlich komplex würde ich Müllen nun auch nicht bezeichnen.
Jung getrunken fand ich diesen Wein durchaus außerordentlich komplex und außerordentlich fein, und zwar in einem so hohen Maße, dass ich mir entgegen meiner sonstigen Sparsamkeit ein paar Flaschen davon geleistet habe. Besser geworden ist er im Laufe der Jahre aber für meinen Geschmack nicht - und jetzt muss ich mir die Frage stellen, ob das ein spezielles Problem des einzelnen Weines ist oder generell mit dem Reifeverhalten von trockenen Rieslingen zusammenhängt? Und inzwischen tendiere ich dazu, zu meiner über zwanzig Jahre alten, zwischendurch revidierten Meinung zurückzukehren: Trockener Weißwein gewinnt in den seltensten Fällen durch lange Lagerung. Mit Glück schmeckt er nach 10 Jahren Lagerung anders, aber (fast ;) ) immer noch so eindrucksvoll wie im jugendlichen Stadium. Jedoch in der Mehrzahl der Fälle wirkt er einfach eine ganze Ecke spannungsärmer und damit flacher.... :twisted:

Eine Flasche von der 15er Hühnerberg-Spätlese trocken 3. Terrasse besitze ich noch. Ich denke, die werde ich noch in diesem Jahr im Hinblick auf hellbronzene Farbe und karamellische Aromen überprüfen - denn es kann sich bei deiner Pulle natürlich auch um ein Verschlussproblem gehandelt haben! Solange Martin Müllen an der unseligen Baumrinde festhält, ist das leider alles andere als ausgeschlossen.

Herzliche Grüße

Bernd
Kle
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Re: Martin Müllen

Beitrag von Kle »

Hallo Bernd,

es ist ein enorm lesenswertes Thema , das umgekehrt beschämt im Gefühl, viel zu übersehen, weil es kein preisliches Gütesiegel hat.
Bin gespannt, wie du den 15 er jetzt empfindest. Ich meine nicht, dass meiner schlecht gereift ist, deiner bestimmt aber besser.

Gruß, Kle
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Re: Martin Müllen

Beitrag von EThC »

Bernd Schulz hat geschrieben: So 16. Mär 2025, 22:28 Trockener Weißwein gewinnt in den seltensten Fällen durch lange Lagerung. Mit Glück schmeckt er nach 10 Jahren Lagerung anders, aber (fast ) immer noch so eindrucksvoll wie im jugendlichen Stadium. Jedoch in der Mehrzahl der Fälle wirkt er einfach eine ganze Ecke spannungsärmer und damit flacher....
...grundsätzlich kann ich dem -vor allem im klassischen Bereich- zustimmen! Trockene Weine verzeihen weniger; wenn da die Frucht schwindet und nix anderes nachkommt, fällt der Wein häufig in ein Loch, aus dem er ohne Zucker nicht mehr rauskommt. Bei süßeren Sachen hilft eine entsprechende Süße-Säure-Struktur schon, um über so manches Manko hinwegzubügeln und der Zucker scheint ja manche Aromen ganz gut zu konservieren. Für mich wirkt er aber in erster Linie übertünchend, weshalb ich mit dem Süßkram eher selten was anfangen kann, auch wenn ich ihm im Einzelfall eine objektive Qualität bescheiden kann. Deshalb insgesamt bei mir lieber trocken, zwar nicht unbedingt jung, aber vor allem nicht zuuu alt. Darüber hinaus macht's für mich eh keinen Sinn mehr, auf Weine zu setzen, die vielleicht erst in 20 Jahren soweit sind...
Viele Grüße
Erich

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Re: Martin Müllen

Beitrag von Bernd Schulz »

Nach längerer Zeit mal wieder etwas Edelsüßes:

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Drei (stehend gelagerte) kleine Flaschen dieser Auslese habe ich seit dem Februar 2022 aufgemacht. Bei keiner gab es Probleme mit dem Korken oder der Verfassung des Weins.

Herzliche Grüße

Bernd
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Re: Martin Müllen

Beitrag von Bernd Schulz »

Auch von dieser sehr schönen 09er Auslese habe ich drei Flaschen geöffnet, ohne dass es bei einer von den dreien ein Problem gegeben hätte:

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Herzliche Grüße

Bernd
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Re: Martin Müllen

Beitrag von EThC »

Bernd Schulz hat geschrieben: Di 18. Mär 2025, 21:54 Drei (stehend gelagerte) kleine Flaschen dieser Auslese habe ich seit dem Februar 2022 aufgemacht. Bei keiner gab es Probleme mit dem Korken oder der Verfassung des Weins.
Bernd Schulz hat geschrieben: Do 27. Mär 2025, 21:14 Auch von dieser sehr schönen 09er Auslese habe ich drei Flaschen geöffnet, ohne dass es bei einer von den dreien ein Problem gegeben hätte:
...die Korkprobleme bei mir und in meinem Freundeskreis konzentrierten sich mit einer Ausnahme auffällig auf den Jahrgang 2015...
Viele Grüße
Erich

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Re: Martin Müllen

Beitrag von Bernd Schulz »

EThC hat geschrieben: Do 27. Mär 2025, 21:51 ...die Korkprobleme bei mir und in meinem Freundeskreis konzentrierten sich mit einer Ausnahme auffällig auf den Jahrgang 2015...
Auch bei den 2015ern hatte ich diese Probleme nicht, aber damit will ich natürlich nicht in Abrede stellen, dass sie bei dir und in deinem Freundeskreis aufgetreten sind. Nun kann aber jeder Winzer in einem Jahrgang mal Pech mit der Korkcharge haben (wenn er sich denn unvernünftigerweise dazu entschlossen hat, seine Weine mit Naturkorken zu verschließen). Hier im Thread jedoch erfolgte von Usern, die ich ansonsten sehr schätze, die Darstellung, mit den Verschlüssen bei Martin Müllen gäbe es grundsätzlich und über diverse Jahrgänge hinweg so große Probleme, dass es sich beim Kauf seiner Weine um eine Art Korkroulette handeln würde. Dieser Darstellung widersprechen meine eigenen Erfahrungen immer wieder ganz massiv.

Herzliche Grüße

Bernd
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Re: Martin Müllen

Beitrag von EThC »

...ich weiß nicht, wieviele Flaschen MM jährlich so produziert, aber ein paar zig-Tausend werdens sicher mindestens sein. Da sind die überschaubaren Aussagen von uns paar Hanseln statistisch eher irrelevant...
Viele Grüße
Erich

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Re: Martin Müllen

Beitrag von Bernd Schulz »

EThC hat geschrieben: Do 27. Mär 2025, 22:32 Da sind die überschaubaren Aussagen von uns paar Hanseln statistisch eher irrelevant...
Das mag so sein, aber grundsätzlich halte ich mehr von meinen eigenen Erfahrungen als von irgendwelchen Statistiken. ;)

Wenn ich immerhin deutlich mehr als 300 Pullen (am Ende waren es wohl eher 500 Pullen) von einem einzigen Winzer aufgezogen habe, ohne dabei auf signifikant hohe Flaschenfehler/Verschlussprobleme gestoßen zu sein, besitzt das für mich schon eine recht hohe Aussagekraft jenseits aller Statistik.

Generell bin ich ein großer Freund von empirischen statt abstrakten Begründungen meiner Meinung. Jedenfalls dann, wenn es um konkrete sinnliche Wahrnehmungen geht.

Herzliche Grüße

Bernd
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