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Re: Piemont - Diverse Weine

Verfasst: Di 22. Jul 2025, 19:26
von Udo2009
Vin d'Ova 2020 Cuvée von Merlot und Cabernet Franc von Tenuta Ova.

In der Nase und am Gaumen "fruchtig". vom Geschmack nach Rosenblättern, die er haben soll, finde ich nichts.

Aber ein "schöner" ausgewogener Wein, mit mittellangem Abgang.

Re: Piemont - Diverse Weine

Verfasst: Sa 30. Aug 2025, 22:21
von amateur des vins
Eine recht interesseante Beute jenseits meines üblichen Schemas ist dieser

La Spinetta, Derthona 2023
Colli Tortonesi  Timorasso


Ich hatte mal ein paar rote von La Spinetta, die zwar längst ausgetrunken sind, mir aber ziemlich gut gefielen. Dieser Derthona war da vergleichsweise günstig.

Goldene Robe.
Die Nase hellzitrisch-straff und doch dicht. Ganz, ganz leichter Reduktionsstinker, der mit etwas Zeit kaum mehr wahrnehmbar ist. Eine Spur Heu und Nashi. Leicht "stählern".
Am Gaumen kurz stoffiger und leicht cremiger Antrunk, aber alsbald folgt eine ziemlich knackige, reife zitronige Säure, wie ich sie bei italienischen Weinen kaum jemals antraf - überraschend, aber nicht übertrieben. Hier dann auch allerlei Steinfrucht, von weißem und gelbem Pfirsich bis hin zu (etwas) Nektarine.

Wirkt auf mich wie eine hypothetische Cuvée Riesling ⨯ Weißburgunder, mit einer nahe bei Kaltjahr-Riesling liegenden Säurestruktur. Wird jene Klientel vermutlich voll abholen. Ich selber bin ein wenig am Zweifeln, wie ich das finden soll, entscheide mich aber für "gut". Easy Drinking geht für mich allerdings anders.

Re: Piemont - Diverse Weine

Verfasst: So 31. Aug 2025, 00:42
von mixalhs
Ja, Timorasso ist definitiv kein easy drinking. Meine erste Begegnung hatte ich mit diesen Weinen 2011, nachdem MERUM über die Region, die Weingüter und die Weine berichtet hatte. Ich hab' dann die berühmt-berüchtigte Degubox geordert und bekam eine Auswahl von Weinen, die ich auf einer Skala von "hat sich sicher bemüht, aber leider ohne Erfolg" bis "schwierig, aber sehr spannend" eingeordnet habe. Der beste Wein war damals dieser:

Bild

Und von Walter Massa hatte ich auch später tolle Weine, vor allen Dingen zum Essen in Restaurants. Ein guter Timorasso kann - ähnlich wie ein feiner Chardonnay aus dem Burgund - ein ganzes Menü begleiten - wobei ich beim dunklen Fleisch, insbesondere beim Rind, dann doch eher zum Roten greifen würde.

Mein Fazit: Timorasso ist eine tolle Erweiterung des Spektrums und kann ein großartiger Essensbegleiter sein, aber als Wein für jeden Tag oder für die Terrasse im Sommer taugt er nicht so recht.

Viele Grüße, Michael

Re: Piemont - Diverse Weine

Verfasst: So 31. Aug 2025, 19:03
von amateur des vins
Michael, wenn ich Deine Notiz richtig deute, fällt dieser Spinetta deutlich anders als Dein Massa: bar jeder Oxidation, und auch nach Amphore schmeckt er mir nicht. Gefällt mir heute deutlich besser, weil ich die Säure als ein wenig moderater und somit à point empfinde (was wohl an meiner Tagesform liegen dürfte, nicht der des Weines).

Ich hatte 3 Flaschen gekauft. Wenn Du Interesse hast, machen wir mal eine zusammen auf.

Re: Piemont - Diverse Weine

Verfasst: So 12. Okt 2025, 17:31
von weinaffe
Das könnte auch in diesem Thread gut passen:

Hallo zusammen,

gestern hatte ich mal wieder die Gelegenheit, beim hiesigen Weinhändler (Rotweissrose) an einer hochklassigen Piemont-Weinprobe mit gereiften Exemplaren teilzunehmen. Der Inhaber Sebastian Schütz scheint das Glück gepachtet zu haben: sämtliche 11 Weine präsentierten sich in bester Verfassung und der "Korkteufel" blieb außen vor.


1990er Bricco dell' Uccellone (Braida di Giacomo Bologna)
Von der Papierform war ich doch etwas skeptisch. Ein 35 Jahre alter Barbera, der noch einen gewissen Trinkspass vermitteln soll ? Da hatte ich mich aber gewaltig geirrt. Sehr feine, durchaus lebendige und sogar komplexe Nase mit saftiger Kirschfrucht, würzigem Tabak, auch am Gaumen sehr saftig und noch voller Leben, sehr feinkörniger Gerbstoff, kein "fettes Teil", aber gerade soviel Fleisch wie notwendig, die zarte Säure marmoriert gekonnt und führt zu einem erstaunlich langem Abgang. Hat mit den heutigen, alkoholmächtigeren "Briccos" nicht mehr viel gemein. So macht Barbera auf wirklich hohem Niveau viel Spass.

Als Übergang zu den folgenden reinsortigen Nebbiolos wurde noch ein "Hybrid" aus Nebbiolo und Barbera eingestreut:

1997er "Arte" (Domenico Clerico)
hier wird es sehr geschliffen a la Clerico: zarte Kirschfrucht, ein Hauch Walderdbeere und Blaubeere, dezente Ätherik, kräutrig, etwas Tabak und Leder, von der Nase her schon ein wenig Bordeaux-Style,am Gaumen dann doch Nebbiolo-betont, Kirsche, ultrafeines Tannin, zarte Säure, etwas Extraktsüsse, wunderbar ausgeglichen und in bester Verfassung. Gute Länge. Ein geschliffener, moderner Piemonteser, der aber seine Ursprünge nicht verleugnet.

Ab jetzt gab es nur noch Nebbiolo pur:

1995er "Arborina" Langhe Rosso (Elio Altare)
schon die Nase verspricht Finesse und Eleganz, völlig in sich ruhend, spinnwebenzartes Tannin, passende Säure, elegante Dunkelfrucht, feine Sucrosite,Tabak, zartes Holz, selbstverständliche Länge. Ein Barolo, der bestimmt auch jedem Bordeaux-Freak schmecken dürfte. Fast zu elegant für einen Nebbiolo :lol: , aber ein toller Wein, der auch nach 30 Jahren noch wie eine Eins im Glas steht.

1997er Barbaresco Starderi (La Spinetta)
der Wein mit dem imposanten Rhinozeros-Etikett ! Nasal hatte ich zunächst aufgrund der zarten Liebstöckelnoten den Eindruck, dass der Wein schon über dem Punkt ist. Nach ein paar Minuten und kräftigem Schwenken des Glases verschwanden aber diese Reifenoten und der Wein blühte immer mehr auf, deutliche, aber nicht plakative Rotfrucht, Hauch Holz, wirkt schon in der Nase sehr kraftvoll, am Gaumen intakte Dunkelfrucht, kraftvoller Körper, enorme Extraktsüsse, viel Glyzerin, aber dank frischer Säure alles in der Spur, beeindruckende Länge. Für Liebhaber kraftvoller Nebbiolos eine echte Versuchung, zumal der Wein nicht zu den extrem teuren Piemontesern zählt.

Dann gab es hintereinander 2 hochwertige Barbarescos mit deutlich unterschiedlicher Stilistik:

1988er Barbaresco (Angelo Gaja)
schon in der Nase absolut zeitlos und voll auf der Höhe: sehr elegant schon in der Nase, fast wie gemeisselt, passender Mix aus feiner Kirschfrucht mit einem Hauch Zwetschge sowie nicht vordergründigem Holz, das Tabak und Ätherik beisteuert, ultrafeines Tannin, saftige Säure, perfekt gereift, ausgezeichnete Länge. Ein sehr hochwertiger "Weltwein", den man wahrscheinlich aus Dutzenden Barbarescos herausschmecken kann. Hat sogar noch Reifepotential ! Beeindruckend auch der "Monster-Kork" mit satten 6,5 cm Länge!!

1988er Barbaresco Gallina di Neive (Bruno Giacosa)
völlig anderer Stil als Gaja, aber sicherlich genauso beeindruckend: typische Kirschfrucht mit etwas Erdbeere, zart nussig, Jostabeere, etwas Piment, sehr komplex, extraktsüss, zarte Säure, tolle Länge. Hat die Eleganz des Gaia, aber auch aufgrund des etwas gröberen Tannins die größere Barbaresco-Typizität. Reine Geschmackssache, welchem Wein man den Vorzug gibt. Beide Weine haben große Klasse und eine perfekte Flaschenreife. Großes Kino!

1990er Barolo Bricco Bussia "Vigna Colonnello" (Aldo Conterno)

trotz relativ heller Farbe mit etwas Ziegelrot ist diese Schönheit absolut auf der Höhe: betörende Dunkelfrucht, aber weit weg von plakativ, schon in der Nase absolut harmonisch mit einiger Komplexität, Herzkirsche, ein Hauch Walderdbeere (Burlotto-Touch?), vermengt mit kräutrigen und tabakigen Noten, am Gaumen wunderbare Harmonie, zartbitteres Tannin mit Lakritznoten, reife Säure, wiederum erstaunlich viel Frucht, saftig, tolle Länge. Der Wein ist jetzt perfekt gereift, besser wird er vermutlich nicht mehr, wird sich aber aufgrund seiner Fruchtdichte noch einige Jahre halten. Aber was will man von einem 35 Jahre alten Rotwein noch mehr erwarten !! Toller Wein mit durchaus Grandezza !

1988er Barolo "Monprivato" (Giuseppe Mascarello)

So großartig der "Colonnello" von Aldo Conterno auch war, gegen dieses Monument haben wahrscheinlich nur wenige Weine weltweit eine Chance. Wow, ein absoluter Gänsehautwein, bei dem jedes Geruchs- und Geschmacksrädchen wie ein Schweizer Uhrwerk perfekt zusammenpasst!! Dabei schafft es dieser Ausnahmewein, ein Maximum an Fruchtdichte und Konzentration so zu verpacken, ohne trotz 14,5 Vol% an Eleganz und Finesse einzubüssen und erreicht so locker die Quadratur des Kreises. Dabei ruht der Wein komplett in sich und will absolut nichts beweisen.
Schon in der Nase merkt man die große Fülle und Eleganz, ein ganz feines Cocktail aus dunklen Beeren, vermengt mit zartwürzigen ätherischen Noten, schiere Perfektion. Am Gaumen geht das so weiter, enorme Extraktsüsse, perfekt tarierte Säure, sehr feinkörniges Tannin, enorme Länge, die minutenlang nacharbeitet. Ganz, ganz großes Kino. Ich hatte vor einiger Zeit bereits das Vergnügen, den "Monprivato" aus dem großen Jahrgang 1990 im Glas zu haben. Ein absolut perfekter 100-Punkte-Wein. Es spricht für die Konstanz dieses Weines, dass der 1988er dem 1990er -aus dem "geschmacklichen" Gedächtnis heraus - praktisch nicht nachsteht oder sogar ebenbürtig ist. Leider werde ich einen solchen direkten Vergleich wohl nicht mehr anstellen können, reizvoll wäre das aber durchaus. Alle 12 Proben-Teilnehmer, vom privaten Piemont-Geniesser bis hin zum fränkischen Nachwuchs-Winzer (Tobi Nagel vom Weingut Nagel in Dettelbach), waren unisono der Meinung, dass der "Monprivato" der Wein des Abends war. Besser geht es definitif nicht, vielleicht anders.

Der nächste Wein, der wohl aktuell vielleicht der teuerste Wein der Probe war, hielt auf andere Art und Weise mit, obwohl gegen den Vorgänger kein Kraut gewachsen war:

1985er Barolo (Bartolo Mascarello)

No Barrique, no Berlusconi ! Das war das Credo von Bartolo Mascarello.. und das musste auch auf das Flaschenetikett. 40 Jahre alt ist dieser Wein und kein bischen müde. Der Wein ist stilistisch deutlich anders als der Vorgänger. In der Nase schon zurückhaltender, wirkt weniger dicht, aber besticht mit großer Feinheit. Von der Nase her kann man das in diesem Alter ohne weiteres mit einem Pinot aus dem Burgund verwechseln. Die Farbe erinnert deutlich an einen Pinot mit seinen Ziegelrot-Reflexen, am Gaumen komplett trocken, zarte Sucrosite, zurückhaltende Dunkelfrucht, viel Würze (Tabak, Piment, etwas altes Leder) und deutlich sous-bois (herbstlicher Wald mit Pilzen), sehr komplex, saftige Säure, kein Gramm zu viel Speck, fast abgeschmolzenes Tannin, überzeugende Länge. Ein Old-school-Barolo vom Feinsten ! Er hat halt nur das Pech, hinter so einem Piemont-Monument ins Rennen geworfen zu werden.

Bei den letzten beiden Baroli aus den 70er-Jahren hatte ich von der "Papierform" her nicht allzuviel erwartet, wurde aber angenehm enttäuscht.

1976er Barolo Riserva Speciale (Accademia Torregiorgi, Neive)

Von diesem no-name-Produzenten hatte ich vorher noch nie gehört; es gibt ihn tatsächlich heute noch, allerdings ohne den Zusatz "Accademia".
Die kaum noch gebräuchliche Bezeichnung der Riserva Speciale verlangte früher ein langes Fasslager, was nicht alle Baroli gut vertragen haben.
Hier jedoch eine erstaunlich lebendige Farbe, in der Nase noch deutliche Kirschfrucht, auch ohne Alters-Bonus noch im gut trinkfähigen Alter. Dieser "einfache" Barolo hat immerhin 49 Jahre auf dem Buckel ! Auch am Gaumen komplett trocken mit angenehmer Dunkelfrucht, immer noch recht kernigem, etwas rustikalen Tannin und sehr kräftiger Säure, die einem Riesling-gestählten Gaumen und Magen auch nichts anhaben dürfte. Angenehmer Abgang, der gut durch Säure und Tannin getragen wird. Ich könnte mir vorstellen, dass dieser traditionelle Barolo in seiner Jugendphase wohl ein extrem harter Knochen war und erst einmal 20 Jahre gebraucht hat, um einigermaßen trinkfähig zu werden.

Zum Abschluss gab es noch einen Barolo aus dem großen Jahrgang 1971:

1971er Barolo Riserva (Franco Fiorina)

dieser Barolo ist jetzt 54 Jahre alt und hält sich noch ganz wacker: ganz zarte, aber unaufdringliche Alterungsnoten mit einem Hauch Liebstöckel, noch Fruchtreste, saftige Säure, hat noch Tanninstruktur, mittlere Länge. Der Wein macht durchaus noch Trinkfreude, vor 20 oder 25 Jahren wäre er aber besser entkorkt worden. Für dieses Alter aber alles andere als eine Enttäuschung.

Da ein Teilnehmer unbedingt noch etwas trinken wollte, opferte der Gastgeber noch die letzte Flasche des 1988er Capannelle, von dem ich auch noch einen Schluck probieren konnte. Obwohl Toskana und mit Sangiovese eine andere Rebsorte, ist dieser Wein ein absoluter Volltreffer und perfekt gereift. Der Wein glänzte schon bei der Toskana-Verkostung an gleicher Stelle und war für 53 EURO im Nachkauf ein Mega-Schnäppchen. Dieser Sangiovese wäre an diesem Abend im gut besetzten Nebbiolo-Ranking auch ziemlich weit vorne gelandet.

Wie immer ein Dank an den Gastgeber und die angenehmen Mitsteiter. Die fairen 190 EURO (incl. Sekt, reichlich Brot, Schinken und diverse Käsesorten, Wasser und Reparaturbierchen) waren jedenfalls gut angelegt.

LG
Bodo