Hallo Marko,sorgenbrecher hat geschrieben:ich glaube, es ist viel einfacher:
"mineralität" ist eine geschmacksassoziation der weinbeschreibung.
auch wenn man den mineraliengehalt eines weines analysieren kann, so findet der begriff aus meiner sicht nicht als objektivierbare, analytisch nachvollziehbare eigenschaft (wie beispielsweise alkoholgehalt, restzucker, säure, schwefelgehalt) verwendung, sondern als sensorischer geschmackseindruck, der der weinbeschreibung dient. (interessant wäre in diesem zusammenhang sicher einmal ein signifikanter abgleich der analytischen messwerte mit den sensorischen geschmackseindrücken einer blindprobe von diversen weinen.....).
in diesem zusammenhang finde ich es interessant, dass ja teilweise behauptet wird, dass bei besonders mineralstoffhaltigen fruchtbaren böden am meisten mineralien in den wein gelangen, während dies bei kargen böden nicht der fall sein soll. selbst wenn dies der fall sein sollte, so bezweifle ich eine signifikante korrelation mit dem wahrgenommenen geschmackseindruck "mineralität" doch erheblich. oder kann man in den weinen, die auf den kargen berghängen des priorats gewachsen sind etwa keine "mineralität" wahrnehmen ?
insofern ist der begriff meines erachtens eher in eine reihe zu stellen mit anderen sensorischen beschreibungen wie geschmack nach "apfel", "aprikose", "heidelbeere", "kirsche", "johannisbeere", "zitrone", "orangenschale", "tabak", "feuchtes laub", etc.....
ups, ist ja doch nicht so einfach....
Ich bin da ganz auf deiner Seite, dass der Eindruck "Mineralik" ein sensorischer ist. Grade das Priorat zeigt in seinen besten Weinen, dass sich Frucht und Mineralik nicht ausschließen, sondern dass sie sogar aneinander wachsen können. Karg sind die echten Steinbeißerweine im Priorat selten. Aber selbst das Priorat hat gänzlich unterschiedliche Ausprägungen bezüglich der Assoziation mit Schiefermineralik. Die Weine, die am meisten nach "Schiefer + Kirschen" schmecken, kommen oft aus Torroja, Poboleda oder Bellmunt. Und das sind beileibe keine kargen Tropfen, denen es an fruchtigen Eindrücken mangelt. Auch sind sie garantiert nicht wirklich "leicht", aber die Mineralik verleiht ihnen oft eine Frische, die wiederum Trinkfluß bedeutet...
Um MIneralik riechen oder auch schmecken zu können, hilft es natürlich auch, sich mit den Stoffen zu sensibilisieren. Das ist da nicht anders wie bei den diversen Fruchtassoziationen. Ich kann Mango, Sternfrucht, Grapefruit und wie sie alle heißen, nicht bewußt im Wein wahrnehmen, wenn ich mich nie mit dieser Frucht geruchlich wie auch geschmacklich auseinandergesetzt habe. Wer selten oder nie in freier Natur den Duft des Bodens aufnimmt, der kann diesen nicht wiederfinden, wenn er aus dem Glas entgegenströmt. Wer z.B. an verschiedenen Ecken der Welt zu unterschiedlicher Zeit mit diversem Gestein beim Klettern oder Krauchen durch enge Höhlen "hautnah" in Berührung kommt, der hat da sicher zweifelsohne einen Vorteil dem gegenüber, der noch nicht mal interessehalber an einem Stein geleckt hat...
Gerüche zu assoziieren heißt nichts anderes, als diese bewußt wahrzunehmen, irgendwo im Hirn abzuspeichern und gegebenenfalls dann im Glas wiederzufinden. Man muss sicher auch nicht jeden Duft analysieren können, aber die Nase kann einem schon signalisieren: "jetzt komme ich wieder nach Hause" - von daher sind Düfte, mit denen Kindheitserinnerungen verbunden sind, ebenso wichtig wie die Duftpalette wiederzuerkennen, die man sich aufgrund seiner Lebenswelt irgendwie verinnerlicht hat. Aber ich denke, dass auch die Beziehung an sich zum Duftstoff wesentlich ist...
Wer Erdgeruch nur verinnerlicht bekommen hat, weil der Offiziersstiefel einem das Gesicht in den Dreck getreten hat, der wird sagen "Dreck - bäh..." - wer dagegen freiwillig durch enge Höhlen gekrochen ist, der wird sagen "Lehmhöhle - hmmm..." Ähnlich verhält es sich ja auch mit animalischen Gerüchen ("Stallsch..ße - bäh..." / "frisch gesäuberter Kaninchenstall - hmmm" oder dem berüchtigten feuchten Herbstlaub... - ja und vielleicht sogar mit dem diversen Obstsorten. Wer schon nie gern Bananen aß, wird sich über einen Bananenton im Wein nicht freuen...
Will sagen, für mich ist Mineralik nicht die Frage, ob sich dahinter ein karger Tropfen "für wahre Kenner" verbirgt oder ob es ein Zeichen für Qualität ist, ich persönlich mag mineralische Noten, weil ich mit ihnen etwas anfangen kann, quasi nach Hause komme, wenn ich sie finde... Wer anders mag sie nicht und das ist dann auch gut so, ihm mangelnde Kennerschaft zu unterstellen, wäre bösartig. Und bösartig will ich nicht sein, wenn ich mit anderen über Wein rede, diskutiere oder gar streite.