Van Volxem

Benutzeravatar
thvins
Administrator
Beiträge: 5109
Registriert: Mo 28. Jun 2010, 15:29
Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
Wohnort: Coswig /Anhalt, Sachsen-Anhalt
Kontaktdaten:

Re: Van Volxem

Beitrag von thvins »

sorgenbrecher hat geschrieben:ich glaube, es ist viel einfacher:

"mineralität" ist eine geschmacksassoziation der weinbeschreibung.
auch wenn man den mineraliengehalt eines weines analysieren kann, so findet der begriff aus meiner sicht nicht als objektivierbare, analytisch nachvollziehbare eigenschaft (wie beispielsweise alkoholgehalt, restzucker, säure, schwefelgehalt) verwendung, sondern als sensorischer geschmackseindruck, der der weinbeschreibung dient. (interessant wäre in diesem zusammenhang sicher einmal ein signifikanter abgleich der analytischen messwerte mit den sensorischen geschmackseindrücken einer blindprobe von diversen weinen.....).

in diesem zusammenhang finde ich es interessant, dass ja teilweise behauptet wird, dass bei besonders mineralstoffhaltigen fruchtbaren böden am meisten mineralien in den wein gelangen, während dies bei kargen böden nicht der fall sein soll. selbst wenn dies der fall sein sollte, so bezweifle ich eine signifikante korrelation mit dem wahrgenommenen geschmackseindruck "mineralität" doch erheblich. oder kann man in den weinen, die auf den kargen berghängen des priorats gewachsen sind etwa keine "mineralität" wahrnehmen ?

insofern ist der begriff meines erachtens eher in eine reihe zu stellen mit anderen sensorischen beschreibungen wie geschmack nach "apfel", "aprikose", "heidelbeere", "kirsche", "johannisbeere", "zitrone", "orangenschale", "tabak", "feuchtes laub", etc.....

ups, ist ja doch nicht so einfach.... ;)
Hallo Marko,

Ich bin da ganz auf deiner Seite, dass der Eindruck "Mineralik" ein sensorischer ist. Grade das Priorat zeigt in seinen besten Weinen, dass sich Frucht und Mineralik nicht ausschließen, sondern dass sie sogar aneinander wachsen können. Karg sind die echten Steinbeißerweine im Priorat selten. Aber selbst das Priorat hat gänzlich unterschiedliche Ausprägungen bezüglich der Assoziation mit Schiefermineralik. Die Weine, die am meisten nach "Schiefer + Kirschen" schmecken, kommen oft aus Torroja, Poboleda oder Bellmunt. Und das sind beileibe keine kargen Tropfen, denen es an fruchtigen Eindrücken mangelt. Auch sind sie garantiert nicht wirklich "leicht", aber die Mineralik verleiht ihnen oft eine Frische, die wiederum Trinkfluß bedeutet...

Um MIneralik riechen oder auch schmecken zu können, hilft es natürlich auch, sich mit den Stoffen zu sensibilisieren. Das ist da nicht anders wie bei den diversen Fruchtassoziationen. Ich kann Mango, Sternfrucht, Grapefruit und wie sie alle heißen, nicht bewußt im Wein wahrnehmen, wenn ich mich nie mit dieser Frucht geruchlich wie auch geschmacklich auseinandergesetzt habe. Wer selten oder nie in freier Natur den Duft des Bodens aufnimmt, der kann diesen nicht wiederfinden, wenn er aus dem Glas entgegenströmt. Wer z.B. an verschiedenen Ecken der Welt zu unterschiedlicher Zeit mit diversem Gestein beim Klettern oder Krauchen durch enge Höhlen "hautnah" in Berührung kommt, der hat da sicher zweifelsohne einen Vorteil dem gegenüber, der noch nicht mal interessehalber an einem Stein geleckt hat...

Gerüche zu assoziieren heißt nichts anderes, als diese bewußt wahrzunehmen, irgendwo im Hirn abzuspeichern und gegebenenfalls dann im Glas wiederzufinden. Man muss sicher auch nicht jeden Duft analysieren können, aber die Nase kann einem schon signalisieren: "jetzt komme ich wieder nach Hause" - von daher sind Düfte, mit denen Kindheitserinnerungen verbunden sind, ebenso wichtig wie die Duftpalette wiederzuerkennen, die man sich aufgrund seiner Lebenswelt irgendwie verinnerlicht hat. Aber ich denke, dass auch die Beziehung an sich zum Duftstoff wesentlich ist...

Wer Erdgeruch nur verinnerlicht bekommen hat, weil der Offiziersstiefel einem das Gesicht in den Dreck getreten hat, der wird sagen "Dreck - bäh..." - wer dagegen freiwillig durch enge Höhlen gekrochen ist, der wird sagen "Lehmhöhle - hmmm..." Ähnlich verhält es sich ja auch mit animalischen Gerüchen ("Stallsch..ße - bäh..." / "frisch gesäuberter Kaninchenstall - hmmm" oder dem berüchtigten feuchten Herbstlaub... - ja und vielleicht sogar mit dem diversen Obstsorten. Wer schon nie gern Bananen aß, wird sich über einen Bananenton im Wein nicht freuen...

Will sagen, für mich ist Mineralik nicht die Frage, ob sich dahinter ein karger Tropfen "für wahre Kenner" verbirgt oder ob es ein Zeichen für Qualität ist, ich persönlich mag mineralische Noten, weil ich mit ihnen etwas anfangen kann, quasi nach Hause komme, wenn ich sie finde... Wer anders mag sie nicht und das ist dann auch gut so, ihm mangelnde Kennerschaft zu unterstellen, wäre bösartig. Und bösartig will ich nicht sein, wenn ich mit anderen über Wein rede, diskutiere oder gar streite.
Beste Grüße

Torsten

http://www.torsten-hammer-priorat-guide.com
jetzt mit richtiger Startseite...
Benutzeravatar
Birte
Beiträge: 3125
Registriert: Di 25. Jan 2011, 21:28

Re: Van Volxem

Beitrag von Birte »

Für mich ist die Frage nicht, ob mineralisch wahrgenommene Noten mit Frucht daher kommen können, sondern mit welchen Früchten sie in Verbindung auftreten.
Ollie
Beiträge: 2238
Registriert: Mo 6. Jun 2011, 12:54

Re: Van Volxem

Beitrag von Ollie »

UlliB hat geschrieben:Für meinen persönlichen Geschmack (!) schließen sich Mineralität und üppige Frucht aus
Hmmm, Ulli, ich haette jetzt an HL gedacht, dessen Weine ja nun bestimmt nicht ausgemergelt daherkommen, aber dennoch deutlich nach Schiefer "stinken" und dabei ueppig gelbfruchtig sind. Dieser Bodenton ist es ja auch, der massgeblich die Mineralitaet ausmacht, wie sie heutzutage wohl verstanden wird.

Bei Rotweinen ist es doch aehnlich, oder nicht?

Cheers,
Ollie
Yeah, well, you know, that’s just like, uh, your opinion, man.

Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.

"Souvent, l'élégance, c'est le refuge des faibles." (Florence Cathiard)
Benutzeravatar
UlliB
Beiträge: 4961
Registriert: Mo 6. Dez 2010, 18:27

Re: Van Volxem

Beitrag von UlliB »

Ollie hat geschrieben:Hmmm, Ulli, ich haette jetzt an HL gedacht, dessen Weine ja nun bestimmt nicht ausgemergelt daherkommen, aber dennoch deutlich nach Schiefer "stinken" und dabei ueppig gelbfruchtig sind. Dieser Bodenton ist es ja auch, der massgeblich die Mineralitaet ausmacht, wie sie heutzutage wohl verstanden wird.

Bei Rotweinen ist es doch aehnlich, oder nicht?
Hallo Ollie,

die Weine von HL empfinde ich, wenn ich sie im Moselkontext betrachte, keineswegs als "üpig fruchtig". Die Sache mit dem Schieferton ist allerdings ein eigenes Thema, stimmt schon - den haben nämlich auch "üppig-exotisch-fruchtige" Vertreter wie z.B. die von Schloss Lieser oder dem St.Urbanshof.

Bei Rotweinen empfinde ich Mineralik übrigens grundsätzlich schwächer ausgeprägt als bei Weißweinen, bei Bordeaux z.B. detektiere ich sie so gut wie nie.

Aber wie schon gesagt: andere Leute werden das anders sehen. Der Begriff "Mineralik" ist rein subjektiv, insofern undefiniert und vermutlich auch nie zu definieren (und vielleicht gerade deswegen "angesagt" - ich kann gefahrlos etwas behaupten, was sich gut anhört und gleichzeitig nicht widerlegen lässt).

Gruß
Ulli
Benutzeravatar
sorgenbrecher
Beiträge: 1239
Registriert: Di 6. Sep 2011, 15:32
Wohnort: Ffm.

Re: Van Volxem

Beitrag von sorgenbrecher »

UlliB hat geschrieben: Die Sache mit dem Schieferton ist allerdings ein eigenes Thema, stimmt schon - den haben nämlich auch "üppig-exotisch-fruchtige" Vertreter wie z.B. die von Schloss Lieser oder dem St.Urbanshof.
das sehe ich ebenso. für mich ist dieser spezielle schieferton im übrigen nicht das, was ich für meinen geschmack mit "mineralik" verbinde. schiefer hat ja oft etwas öliges und schwefeliges und gerade bei rieslingen geht das meines erachtens recht häufig mit üppig-exotischen früchten einher...ein stil der meinem geschmack nicht entgegenkommt.
Gruß, Marko.
Benutzeravatar
UlliB
Beiträge: 4961
Registriert: Mo 6. Dez 2010, 18:27

Re: Van Volxem

Beitrag von UlliB »

sorgenbrecher hat geschrieben: für mich ist dieser spezielle schieferton im übrigen nicht das, was ich für meinen geschmack mit "mineralik" verbinde.
Interessant, das empfinde ich ganz genauso - wobei ich allerdings zugeben muss, dass das nicht sehr logisch ist. Schließlich hängt dieser Ton eindeutig mit dem Boden und insofern schon mit "Mineralik" zusammen. Nur verbinde ich ihn auch überhaupt nicht mit den Geruchskomponenten, die für mich "MineraliK" ausmachen - nasse Steine, Erde, gelöschter Kalk, frisch angerührter Gips, gerade eben gegossener Beton...

Gruß
Ulli
Ollie
Beiträge: 2238
Registriert: Mo 6. Jun 2011, 12:54

Re: Van Volxem

Beitrag von Ollie »

Na, es gibt doch genug Moselrieslinge, die nach Schiefer und gruenem Apfel riechen und schmecken. Das nur zur DIskussion "welche Frucht mit welchem Stein?". Viele Pfaelzer vom Kalk zeigen eine deutlich gelbe und ueppige Frucht (Weissburgunder auch gerne mal wieder gruenen Apfel) samt "Bauschuttnase"; alternativ gibt's sie auch mit dunklen Noten vom Basalt oder Schiefer (Siener als Beispiel) bei gleichem Fruchtspektrum.

Rotweine: Ulli, der bei rotem Bordeaux zu findene Graphit (frisch gespitzer Bleistift), ist der "mineralisch"?

Weine aus der Toskana haben manchmal eine Tonton 8-) , wo man meint, den schweren Lehmboden riechen zu koennen - nicht nur Sangioveses (Badia a Coltibuno, IMO), auch andere Sorten (Casanova die Neri macht einen Cabernet, der sogar nach Lehm schmeckt *g*).

Cheers,
Ollie
Yeah, well, you know, that’s just like, uh, your opinion, man.

Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.

"Souvent, l'élégance, c'est le refuge des faibles." (Florence Cathiard)
Benutzeravatar
Birte
Beiträge: 3125
Registriert: Di 25. Jan 2011, 21:28

Re: Van Volxem

Beitrag von Birte »

Grüner Apfel, Zitrone und Grapefruit, nicht die in rosa sondern die herbe Grapefruit, sind für mich Früchte die oft mit Kalk und Beton gepaart sind. Zum Schiefer kann ich nichts sagen, ich merke ihn nicht. Ist damit etwas Ähnliches wie Bleistift gemeint? Dann könnte ich nachvollziehen, worum es geht.
Bernd Schulz
Beiträge: 7162
Registriert: Sa 11. Dez 2010, 23:55
Kontaktdaten:

Re: Van Volxem

Beitrag von Bernd Schulz »

Zum Schiefer kann ich nichts sagen, ich merke ihn nicht. Ist damit etwas Ähnliches wie Bleistift gemeint?
Nein, Schiefer hat für mich außerhalb der Ebene "nasser Stein" nichts mit Bleistift zu tun, sondern vielmehr etwas mit petroligen Noten (besonders präsent in älteren Rieslingen vom Schiefer).

Beste Grüße

Bernd
Benutzeravatar
UlliB
Beiträge: 4961
Registriert: Mo 6. Dez 2010, 18:27

Re: Van Volxem

Beitrag von UlliB »

Ollie hat geschrieben: Rotweine: Ulli, der bei rotem Bordeaux zu findene Graphit (frisch gespitzer Bleistift), ist der "mineralisch"?
Nein, ganz bestimmt nicht. Graphit ist völlig geruchlos. Es handelt bei der Zuordnung dieses Geruchseindrucks zu Graphit schlicht um einen Irrtum: was man beim Bleistiftpitzen riecht, ist nicht Graphit, sondern das Bleistiftholz (Zeder, heute allerdings meistens nur Pinie). Und das ist nun ganz bestimmt nicht mineralisch :)

Was die anderen Punkte betrifft: "mineralisch" bedeutet nicht völlige Abwesenheit von Frucht, auch intensiv mineralisch schmeckende Weine wie z.B. die GGs von Battenfeld-Spanier haben immer noch deutlich erkennbare Fruchtnoten. Insofern gibt es für mich keinen absoluten Gegensatz zwischen Mineralität und Frucht. Bei intensiv auf Frucht abgestellten Weinen - die in Deutschland ja mal in Mode waren und damals sehr hoch bewertet wurden - ist die Mineralität jedoch meistens in den Hintergrund gedrängt.

Gruß
Ulli
Antworten

Zurück zu „Mosel“