Kürzlich vier 2018er vom rechten Ufer. Wie bei jungen Bordeaux bei mir üblich,
pop & pour ins Glas. Die Reste, die am Abend in der Flasche verblieben - rund ein Drittel - wurden kühl gestellt und nach zwei Tagen nachverkostet.
Vorweg: alle vier Weine hatten deklarierte 14,5%Vol. Und bei allen vier Weinen machte sich der Alkohol weder in der Nase noch am Gaumen bemerkbar, auch fehlten die bei einem Hitzejahrgang eigentlich zu erwartenden gekochten oder marmeladigen Töne. Alle waren sehr klar Bordeaux - auch wenn mir weniger Alkohol besser gefallen würde, auch schon aus Gründen der Bekömmlichkeit.
Fonroque 2018 (St. Emilion GCC) Aus Neugier aus dem Markt gekauft, da Adrian van Velsen über diesen Wein so hellauf begeistert ist; zuletzt gab es bei ihm für den 2018er wieder 94 Punkte. Merlot-typische Dunkelfrucht, Pflaume, dicht, kaum Neuholz, kompakt, etwas monolithisch.
[+48h] Sehr schön aufgefächert, die Frucht ist deutlich komplexer und vielschichtiger geworden, gewise Eleganz. Immer noch wenig Holz, schlüssig, harmonisch.
Wirklich schöner Wein, aber die Euphorie teile ich dann doch nicht ganz, und auch die 94 Punkte sehe ich hier nicht, eher so zwei oder drei Punkte weniger. In der Gebietsspitze ist der ganz klar noch nicht angekommen, wie auch die drei nachfolgenden Weine gezeigt haben. Dennoch, für ca. 35 € ein guter Kauf.
Clos Fourtet 2018 (St. Emilion 1er GCC) Etwas dunkler als der Fonroque, zurückhaltend, aber aromatisch deutlich weiter gespannt - neben der dunklen Frucht florale Obertöne und ein sehr festes kalkiges Fundament. Auch mehr Säure.
[+48h] Hat sich fast ganz zurückgezogen.
Trotz des sehr defensiven Zustands ganz klar der feinere Wein als der Fonroque. Aber ok, kostet auch glatt das Dreifache
La Conseillante 2018 (Pomerol) Ganz genau das, was ich erwartet hatte: höchste Konzentration gepaart mit spielerischer Leichtigkeit. Das bekommen auch in Bordeaux so nur wenige Betriebe hin: hohe Dichte, frische Säure, subtile Vielschichtigkeit, komplex, ändert sich laufend im Glas, und dabei dann doch steiler Trinkfluss.
[+48h] Völlig stabil.
La Conseillante bleibt mein Favorit auf dem rechten Ufer, Beraterwechsel hin oder her, M. Rolland hat hier nichts vermurksen können. Leider ist der Wein inzwischen sehr, sehr teuer geworden. Es gibt wohl mehr Leute, die den mögen
Figeac 2018 (St. Emilion 1er GCC) Noch einmal M. Rolland... Wie erwartet, fällt der Wein mit seinem hohen Cabernet-Anteil aromatisch etwas aus dem Rahmen der Probe. Hier mal eher Cabernet franc als Cabernet sauvignon, ein paar kräuterige Töne, Loire-Anklänge; ansonsten sehr dicht, schwungvoll, feine Säure, stimmig.
[+48h] Auch hier völlig stabil, ein paar balsamische Töne sind hinzugekomen.
Ja, das ist wirklich ganz ausgezeichnet, qualitativ auf Augenhöhe mit der Conseillante, aber aromatisch völlig anders, eher linksufrig. 240 €
en primeur, und da denke ich, dass man als Freund der Stilistik so gut wie Gleichwertiges auf dem linken Ufer findet - aber das zu einem Drittel des hier geforderten Preises.
Gruß
Ulli