BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
Benutzeravatar
dazino
Beiträge: 457
Registriert: Mo 6. Dez 2010, 11:08
Wohnort: Grossraum Winterthur, Schweiz
Kontaktdaten:

Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von dazino »

Habe ich Duhart verpasst oder kommt der am Schluss mit Rekordaufschlag?

Gruss
Benutzeravatar
innauen
Beiträge: 3507
Registriert: Mi 3. Nov 2010, 11:33
Wohnort: Berlin

Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von innauen »

Hallo,

stimmt der fehlt noch. Ich hatte nur die Big Shots im Blick. Aber der Preis wird sich an den für den 2009er im Sekundärmarkt zu erzielenden Preis orientieren.

Grüße,

wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
Benutzeravatar
UlliB
Beiträge: 4984
Registriert: Mo 6. Dez 2010, 18:27

Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von UlliB »

Wenn ich nicht ganz den Überblick verloren habe, fehlen rechts auch noch Angelus, Pavie, Pavie-Decesse. Außerdem natürlich Petrus und Le Pin - wenn es von denen denn überhaupt einen offiziellen Release gibt.

Gruß
Ulli
Benutzeravatar
innauen
Beiträge: 3507
Registriert: Mi 3. Nov 2010, 11:33
Wohnort: Berlin

Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von innauen »

Jetzt ist es glaube ich Zeit ein Resümee zur Kampagne zu bilden. Festhalten können wir:

- längste Kampagne 
- teuerste Kampagne
- Schwierigkeiten bei der Preisfindung, vor allem am rechten Ufer. 

Das kann man mit Blick auf seine persönliche Geldbörse als Chaos abtun, aber das erscheint mir zu selbstmitleidig. Wir müssen auch ein paar andere Fakten zur Kenntnis nehmen.

- es kommt weniger Wein auf den Markt. Die Zuteilungen sind fast überall geringer als die schon knappen Zuteilungen 2009 und sie liegen unter dem Rückgang, den man wegen der Ernteeinbußen erwarten durfte
- Zweitweine sind besser geworden und rangieren preislich jetzt auf dem Niveau der früheren Erstweine.
- Die Preisbildung bemisst sich stark an den Preisen im Sekundärmarkt von 2009 (Pontet Canet, Montrose).
- Chateaus bilden Porfolios aus, eine Sammlung an Weingütern mit gemeinsamen Markenimage. Überhaupt werden Marken immer wichtiger. La Mission Haut Brion rangiert qualitativ nicht so viel über anderen Superseconds. Der Preis ist allein durch den Namensbestandteil "Haut Brion" zu erklären. Deshalb wird auch La Fleur Petrus immer teurer. 
- Der Markt nimmt die Preise an, auch wenn hier niemand schreibt, er wolle einen Premier ernsthaft kaufen. 
- Die alte 1855er Hierarchie bildet sich wieder preislich viel deutlicher als früher ab. Man versucht Weine, die man auf einem Level sieht auch preislich aneinander anzunähern. Es gibt richtige Gruppenbildungen: Am augenfälligsten ist das bei den Premier Cru der Fall, die alle zum Einheitspreis von 600 Euro ex nego kommen, aber auch bei Lynch Bages, Pontet Canet, Haut Bailly. / Pichon Comtesse, Pichon Baron, Ducru Beaucaillou, Leoville Barton, Leovillle Poyferre, Malescot, Lascombes, Rauzan Segla ist das zu beobachten. Um diese Einheitlichkeit zu erreichen, werden einige Weine massiv teurer (Pichon Baron) oder lassen vom Preis des Vorjahres ab (Ducru B.). Das Spiel hat - ich habe das früher schon mal gesagt - einen klaren Kartellcharakter. Letztlich hat man die Hierarchie wieder hergestellt, die durch die Kampagne von 2008 durcheinandergekommen war. Die Preisbildung funktioniert auch deshalb so gut, weil sich - obwohl hier hunderte Chateau am Markt miteinander konkurrieren - alle an diese Vorgaben halten. Deshalb kann auch ein Batailley nichts anderes tun, als seine Preise zu erhöhen, weil alle anderen es auch tun. 

Diese neue schöne Preiswelt hat sich jetzt über zwei Kampagnen etabliert. Das Modell könnte sogar noch besser laufen, wenn es weniger Chateaus gäbe. Allein schon zur Preisstabilität werden deshalb überall Negociants aus dem Markt gedrängt und Güter aufgekauft. Wenn zB Cuvellier Clos Fourtet und Poujeaux innehat, dann nicht, um Poujeaux jetzt teurer zu machen, sondern, um möglicherweise sogar zu verhindern, dass weitere Güter versuchen, in den Kartellstufen höher zu steigen. Wenn Pontet Canet auch Senejac hütet, dann um zu sagen: "Seht her, da bekommt ihr einen Wein, der qualitativ großartig und besser als alles frühere ist und sogar noch zum alten Preis. Das ist eine schöne Alternative, wenn ihr mehr wollt, kauft unseren Zweitwein und wenn ihr die Spitze sehen möchtet, unseren Erstwein, der ist dann schon auf Premier Cru Niveau"; Gleiches Spiel bei GPL und Haut Batailley.

Wir vergessen gerne, dass der Markt Bordeaux nach diesen Regeln seit 160 Jahren funktioniert. Auch in den 80er Jahren haben die Premiers alle schon ungefähr das gleiche gekostet. Das System hat Angriffe abgewehrt, wie zB die Garagenweine in den 90er Jahren, die letztlich nur Nischen besetzen konnten oder die Teuerungswelle der St. Emilions bei der Kampagne 2000. Sie hat wirtschaftliche Verwerfungen überstanden, wie Anfang 1991, 2001 oder 2008. Und sie wird bei gleichen Rahmenbedingungen weiter bestehen. Es gibt eine gesellschaftliche Oberklasse, die sich diese Weine leisten kann. Ob sie ausreichend groß ist, um diese Massen an Flaschen dauerhaft zu absorbieren, wird man langfristig beobachten müssen, aber jetzt hat das Modell zwei Kamagnen lang gut funktioniert. Ich meine nach wie vor, dass diese Weine auch spekulativ gekauft werden. Deshalb ist dieses Preisniveau nicht unumkehrbar. Aber die Neigung der Chateaus die Preise in schlechten Jahren auch wieder einmal star zu senken ist gering (siehe 2007). Warten wir es ab. 

Wer bietet andere Erkenntnisse?

Grüße,

wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
Moulis
Beiträge: 1377
Registriert: Mo 9. Aug 2010, 12:22
Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von Moulis »

innauen hat geschrieben:Jetzt ist es glaube ich Zeit ein Resümee zur Kampagne zu bilden. Festhalten können wir:

- längste Kampagne 
- teuerste Kampagne
- Schwierigkeiten bei der Preisfindung, vor allem am rechten Ufer. 
Das kannst du schonmal für die Subs 2011 kopieren.
Aber ist doch wahnsinn. Beau. Duf. 250 €, dafür konnte man vor 2 Jahren noch 10 Flaschen 2001er kaufen.
Bx ist mir auch das liebste Gebiet, aber ich werde erst mal die Bestände leeren und für meine Verhältnisse in den nächsten Jahren wenig subsen. Obwohl es dieses Jahr schon wieder zuviel war. :oops:
Benutzeravatar
octopussy
Beiträge: 4405
Registriert: Do 23. Dez 2010, 10:23
Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
Wohnort: Hamburg

Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von octopussy »

innauen hat geschrieben:Wer bietet andere Erkenntnisse?
Aus meiner Sicht gibt es zu dieser unemotionalen und guten Zusammenfassung nichts hinzuzufügen. Die 137 Seiten Thread + weiteren 18 im Thread Bordeaux 2010 waren interessant mitzuverfolgen. Ich selbst hätte mir wahrscheinlich 90% meiner eigenen Postings sparen können. Aufregen, orakeln, die Bordelaiser verfluchen, etc. bringt am Ende doch nichts ;). Entgegen aller Vorsätze sind es am Ende übrigens doch ganze 6 Flaschen Bordeaux 2010 im niedrigpreisigen Bereich geworden.
Beste Grüße, Stephan
Benutzeravatar
dazino
Beiträge: 457
Registriert: Mo 6. Dez 2010, 11:08
Wohnort: Grossraum Winterthur, Schweiz
Kontaktdaten:

Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von dazino »

Tja, da ist es bei mir trotz allem Frust etwas mehr geworden. Wert- und mengenmässig aber nur noch einen Drittel der 2009er Sub.

Gruss
Benutzeravatar
Markus Vahlefeld
Beiträge: 1689
Registriert: Do 4. Nov 2010, 10:43

Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von Markus Vahlefeld »

innauen hat geschrieben:Wer bietet andere Erkenntnisse?
Nichts hinzuzufügen! Wirklich sehr stimmige Zusammenfassung, Kompliment.
Frankie Wilberforce
Beiträge: 812
Registriert: Do 30. Dez 2010, 22:18

Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von Frankie Wilberforce »

Die Kampagne BDX En Primeur 2010 ist noch nicht abgeschlossen, es fehlen noch ein paar glorreiche Highlights. :lol:
Keine einzige gesubste Flasche :| , weil die für mich interessanten Weine nach der Arrivage zum gleichen Preis erhältlich sein werden, und ich kann vorher auch noch einen Probeschluck nehmen.... ;)
Das ist doch was.
Grüße Armin

Sie fragen mich nach den besten Wein, den ich getrunken habe? Der ist wahrscheinlich im nächsten Glas ...
Benutzeravatar
UlliB
Beiträge: 4984
Registriert: Mo 6. Dez 2010, 18:27

Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von UlliB »

innauen hat geschrieben: Die alte 1855er Hierarchie bildet sich wieder preislich viel deutlicher als früher ab.
Sorry, aber diesen Punkt kann ich nicht einmal ansatzweise nachvollziehen. Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass die 09er und die 10er Kampagne zusammengenommen die finale Überwindung der 1855er-Hierarchie im Bezug auf Preisbildung bedeutet:

- LMHB positioniert sich preislich wie ein Premier, ist aber keiner
- der teuerste Super-Deuxieme ist ein 3. cru (Palmer) (zumindset so lange LLC ihn nicht noch überholt)
- zwei fünfte crus (Pontet-Canet und Lynch Bages) sind in die Riege der Super-Deuxiemes vorgestoßen und werden sich dort auch nicht mehr verdrängen lassen
- ein weiterer fünfter cru (GPL) positioniert sich in der Spitzengruppe der Verfolger
- gleichzeitig gibt es immer noch zweite crus, die eher im unteren Preisbereich rangieren (z.B. Durfort Vivens),
- der vierte cru Duhart Milon fällt durch Verfolgung einer Markenstrategie völlig aus jedem Raster
- von unten rollen die ersten CBs (Gloria !) preislich das Feld der GCCs auf und haben ein paar Niedrigpreis-GCCs bereits sehr deutlich hinter sich gelassen

Alles in allem löst sich hier die jahrzehntelang bewahrte 1855er-Hackordnung schlicht in Wohlgefallen auf.

Dass außerdem alles preislich dichter zusammenrückt, kann ich auch nicht unbedingt finden. Bei den Super-Deuxiemes liegt zwischen dem release-Preis von Palmer und Pontet-Canet immer noch ein Faktor zwei, zwischen Palmer und dem unteren Ende der GCCs ein Faktor 10. Beides ist historisch betrachtet sehr viel.

Gruß
Ulli
Antworten

Zurück zu „Bordeaux und Umgebung“