das weinforum .de

also bevor ich jetzt mein Hinterzimmer auf Bauhaus trimme, mir einen Kunstledersessel anschaffe und den röhrenden Hirsch an die Wand pinne, nur um das Ganze mit einer schlechten Flasche Bordeaux von einem der den Namen "Wein-MACHER" quasi erfunden hat zu krönen, setze ich mich lieber auf meinen klapprigen Holzstuhl vors Fass, ziehe mir eine Probe vom 13er und sinniere ob ich den jetzt gut oder schlecht finden soll

Gerald hat geschrieben:Und wenn wir schon so schön beim Spekulieren sind - warum eigentlich hat auch P.E. Breitenfeld den Wein viel positiver als gesehen als es hier im Forum der Fall war?

Gerald, wenn diese Frage ernst gemeint ist, hoffe ich sie Dir auch ernsthaft beantworten zu können. Lies Dir diesen Therad durch und Du wirst sehen, dass dieses Phänomen "Gruppendynamik" heisst. Noch bevor die Flasche geöffnet wurde, war klar, dass dieser Wein nichts taugen KANN (allein schon das Etikett, bahh... und dann die schwere Flasche, igitt...). Wirklich, dieser Thread ist ein klassisches Beispiel für "crowd-feeling" in der digitalen Welt. Oder glaubt hier einer wirklich, dass das ein objektives virtuelles Verkostungstreffen war?

Dass dann noch der "Ritter der schwarzen Gestalt" 87 Punkte gegeben hat, hat den Wein endgültig abqualifiziert. Zähl einfach mal die grünen Männchen, die hier als Smiley gesetzt wurden. Das nennt man sich-selbst-auf-die-Schulter-klopfende Häme. Dann noch die Unterstellung, dass, auch wenn sie nicht im klassischen Sinne gekauft waren, die professionellen Verkoster ganz sicher "Interessen" hatten (Agentur, Edeka, Rolland etc.), lässt darauf schließen, dass NUR HIER bei uns tollen Forumianern objektiv verkostet wird... Nur, wenn Geschmack wirklich subjektiv ist, dann hätte es hier zumindest eine Diskussion über den Geschmack geben müssen. Und da hier keiner Interessen hat, aber trotzdem alles gleichgeschaltet wirkt, ist wohl Gruppendynamik der passendste Begriff.

Es sind diese Art Diskussionen, die mich langsam an dem Prinzip Forum zweifeln lassen. Liest man sich die Kommentare bei CC und FB durch, sieht man, dass auch eine gefächertere Stellungnahme möglich wäre. Warum bloss nicht hier, wo wir doch alle so wenig elitär und total voll objektiv sind?

Oder war Deine Frage wohl gar nicht ernst gemeint? Dann streich meine Antwort...

Hallo Markus,

Noch bevor die Flasche geöffnet wurde, war klar, dass dieser Wein nichts taugen KANN (allein schon das Etikett, bahh... und dann die schwere Flasche, igitt...). Wirklich, dieser Thread ist ein klassisches Beispiel für "crowd-feeling" in der digitalen Welt. Oder glaubt hier einer wirklich, dass das ein objektives virtuelles Verkostungstreffen war?

ich habe den Wein selbst ja nicht probiert (in Ö gibt es keinen EDEKA), kann daher die Sache nur als Beobachter beurteilen. Dass aber die Diskutanten hier im Forum sich derart von vorgefassten Meinungen beeinflussen lassen, halte ich für nicht sehr plausibel. Gerade wenn ich an susas Etikettentheorie denke ...

Umgekehrt glaube ich schon, dass ein persönliches Treffen mit M. Rolland für viele - mich bestimmt eingeschlossen - ein tolles Erlebnis und eine große Ehre wäre und man dann beim Bericht über den Wein vielleicht ein bisschen anders schreiben würde als jemand, der ihn "nur" im Supermarkt gekauft hat. Vielleicht so wie das Phänomen mit dem Urlaubswein auf der Terrasse bei Sonnenuntergang, der zu Hause dann nicht mehr so richtig schmeckt.

Deine Theorie, dass hier im Forum schon aus Prinzip alles niedergemacht wird, was von Weinprofis empfohlen bzw. für gut befunden wurde, kann ich jedenfalls nicht nachvollziehen ...

Grüße,
Gerald

Markus Vahlefeld hat geschrieben: Es sind diese Art Diskussionen, die mich langsam an dem Prinzip Forum zweifeln lassen. Liest man sich die Kommentare bei CC und FB durch, sieht man, dass auch eine gefächertere Stellungnahme möglich wäre. Warum bloss nicht hier, wo wir doch alle so wenig elitär und total voll objektiv sind?

Ähhh, vielleicht weil allen hier der Wein nicht sonderlich schmeckt?

Markus, wie fandest du denn den Michel Rolland Edeka Bordeaux? Denn wenn du ihn selbst nicht probiert hast, finde ich es etwas bizarr, wenn du hier mutmaßt, dass den Wein alle nur aus "Gruppendynamik"-Gründen schlecht fanden. Lies dir doch mal bitte den Kommentar von susa bei Captain Cork durch. Ich nehme es susa wirklich ab, dass sie liebend gerne diesen Wein gut gefunden hätte. Mir geht es übrigens genauso. Ich hätte wirklich gerne etwas Positives über den Wein geschrieben, einfach um noch eine andere Meinung mit in die Diskussion zu bringen. Aber glaub mir, jedenfalls bei mir persönlich war es nicht möglich. Der Wein schmeckt mir nicht.

Gerald hat geschrieben:Interessanterweise sieht MS nicht nur den Wein, sondern auch die Flasche viel positiver als die Teilnehmer hier im Forum:

Der ganze Auftritt signalisiert Wertigkeit: schwere Flasche mit Zinnkapsel, Glasgravour und einem geprägten Siegeletikett aus Metall. Der aufwendig gestaltete Flyer signalisiert dem Konsumenten einen “Premium Bordeaux par Excellence”, zitiert Testimonials von Parker, Andrew Jefford und Jancis Robinson. Da wurde wirklich nichts dem Zufall überlasssen. Zudem stimmen Preis und Qualität des Weins.

Gerald, ich lese diesen Absatz von Mario Scheuermann nicht wie eine Aussage, dass er die Flasche optisch wertig findet. Deswegen steht da "signalisiert Wertigkeit". Das ist wirklich nicht zu übersehen, dass mit der schwere Flasche und diesem gräuslichen Siegeletikett aus Metall sowie den Testimonials von Parker, usw. dem Kunden Wertigkeit signalisiert werden soll. Sonst hätten sie sich die Glaskosten auch sparen können.

Markus, ziehst Du denn gar nicht die Möglichkeit in Betracht, dass ein Massenwein, der für den Supermarkt (und dessen Klientel) produziert wurde, bei Weinverrückten (wie wir hier), welche überwiegend Weine der Oberklasse und darüber trinken, nur mäßig ankommen könnte?

Markus, ich bin ganz bei Dir und ich hab mir ehrlich gewünscht, der Wein wäre ein wenig gut gewesen. Ich wollte es so gerne, weil ich eben auch wollte, dass es nicht in den vorhersehbaren "dass nicht sein kann was nicht sein darf" Bahnen läuft. Ich hatte meine Notiz beginnend mit "siehste, geht doch" im Kopf schon fertig und dann hab ich den Wein aufgemacht. Aber ganz ehrlich, ich hab das Zeug irgendwann nicht mehr runterbekommen.

Hast Du den Wein mal getrunken?

Wobei die Grundlagen der sich ausbreitenden Gruppendynamik auf der einen wie der anderen Seite in etwa gleich sind .

lg
s

So. Heute haben wir die Flasche geleert. Zu Rosenkohl mit Mandeln und Pancetta. Das ging. Aber ich finde den Wein immer noch sehr simpel. Die Nase ist heute dumpf und von verwaschener Frucht geprägt. Am Gaumen ist der Wein immer noch süßlich-dick und hinten raus herb-tanninig, gepaart mit unreifer Säure.

Leider muss ich nochmal auf Markus' Einschub antworten. Es stimmt einfach nicht, dass hier im Thread nicht über den Wein an sich diskutiert wurde. Ein großer Teil der 12 Seiten dreht sich um den Wein und wie er schmeckt. Sicher hätte man sich die Diskussion sparen können, warum Mario Scheuermann oder P.E. Breitenfeld den Wein besser finden. Das ist ja auch unerheblich. Aber mit den immer wiederkehrenden Argumenten, dass der Wein aus Snobismus, einer generellen Abneigung gegen Supermarktweine, Gruppenzwang oder anderen sachfremden Gründen für schlecht erachtet wird, kann ich wirklich gar nichts anfangen. Und deshalb sage ich noch mal klar meine Meinung: die superschwere Flasche finde ich lächerlich und prollig, die komische Plakette finde ich ebenfalls lächerlich, und der Wein ist trinkbar, aber einfach nicht so dolle. Soll ich die schwere Flasche und das merkwürdige Etikett toll finden und den Wein ebenfalls, nur um hier eine abweichende Meinung als der Rest der Mittrinker zu vertreten? Dafür müsste ich mich wirklich verbiegen und sehe keinen Grund, dies zu tun. Unabhängig davon hat mir die gemeinsame Flasche großen Spaß bereitet, ebenso wie der Austausch mit Bernd, susa, Chris, Allegro, Robert, Jochen, Torsten und Martin. Danke euch fürs Mittrinken. Und Jochen, viel Spaß mit der zweiten Flasche .

Ich möchte die Unterstellung von gruppendynamischen Prozessen bei dieser gemeinsamen Flasche auch nicht für mich gelten lassen. Zum Einen habe ich vor meinem Urteil nichts über die deutlich besseren Bewertungen von MS und CC gewußt (zwar hat Susa irgendwas erwähnt, dass MS den Wein nicht schlecht sah, aber das habe ich nicht an der Quelle hinterfragt, sondern gleich wieder verdrängt), zum Anderen war auch ich neugierig auf den Wein nachdem Susa das Ding angeleiert hat und sogar noch regelrecht froh, ihn sogar bekommen zu haben. Irgendwas um 87/100 Th. hätte ich mir auch sogar im Mindesten gewünscht, dass ich davon weit entfernt war - und wie sich dann raus stellte, andere den Wein auch nicht klassenmäßig besser sahen - das habe ich auf den Wein an sich geschoben und nicht darauf, eine Meinung produzieren zu müsen, die konträr zu einem oder mehreren Profijournalisten steht. So wie mir wird es vielen gegangen sein, sie werden die deutlich jubilierenderen Gesänge dieser Profis im Vorfeld gar nicht wahrgenommen und /oder verinnerlicht haben.

Umsomehr interessiert mich natürlich nun auch, wie Du, Markus, den Wein siehst...

Mir geht es hier auch keinesfalls um ein Bashing von irgendjemand, der den Wein anders - sprich deutlich besser gesehen hat als ich oder viele andere hier aus dem Forum. Sicher aber sollte man auch darürber nachdenken dürfen, das ein Profijounalist nicht nur dem Erzeuger gegenüber "was schuldig" ist (nämlich eine ehrliche Meinung), sondern dass er vor allem auch seinen Lesern gegenüber ein gewisses Maß an Verantwortung gegenüber trägt. Der gemeine Konsument glaubt nämlich erst einmal der Empfehlung eines anerkannten Profis - so zumindest sollte es sein in einer funktionierenden Welt, in der jeder weiß, dass Werbung kritisch hinterfragt werden muss - und für das Hinterfragen sollten wir die Kritiker haben, egal of Profis oder Forumianer...

Im Übrigen habe ich den Wein nur in Reihe zu anderen Franzosen für gleiches Geld gestellt, um meine Aussage (überteuert, schlechtes PGV) zu treffen - dazu kenne ich viel zu viele Franzosen aus allen möglichen Regionen, die für gleiches Geld deutlich mehr bieten. Und das, was der Michel Rolland mir geboten hat, war für das Geld eindeutig zu wenig. Sorry, aber das muss man auch sagen dürfen, wir sind doch in keinem Laden, wo gekuscht werden muss... Was wäre das dann für ein Forum, wo Winkelemente und Honeckerbilder verteilt werden... (sorry für den etwas drastischen Vergleich...)

Und irgendwoanders wars mal gesagt worden von dir, wir wollen Emotionalität / Begeisterung - ich empfehle lieber und bin euphorisch als das ich ein Warnschild aufstelle. Die Freude über eine gemachte Entdeckung folgt eher meiner Natur.

Also mir es auch viel lieber gewesen, ich hätte den Wein mit halbwegs Genuss trinken können - denn aus genau diesem Grund und keinem anderen trinke ich überhaupt Wein !
Noch dazu, wo ich diese Riesen-Flasche mühsam heim schleppen musste, hatte ich mir wenigstens erhofft, dass es sich gelohnt hätte ...

Und auch ich kannte vor der Verkostung keine anderen Bewertungen außer die Eigenwerbung auf der Edeka-Seite !

Und im übrigen habe ich - als absolut unwissender Weintrinker - vor diesem Thread überhaupt noch nie was von Michel Rolland gehört und musste erst mal googeln, um zu erfahren, wer das überhaupt ist ...