out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekrise

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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sorgenbrecher
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Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr

Beitrag von sorgenbrecher »

ulli, tagesschau ist schon kritisch, aber der verlässlichste kontraindikator ist die bild-zeitung. ;)
Gruß, Marko.
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UlliB
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Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr

Beitrag von UlliB »

sorgenbrecher hat geschrieben: der verlässlichste kontraindikator ist die bild-zeitung. ;)
Oh je. Hat die Bild schon jemals etwas über Bordeaux geschrieben :?: :shock: :?

Gruß
Ulli
glycosid
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Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr

Beitrag von glycosid »

UlliB hat geschrieben:Die Preisschwankungen sind das eine. Die sehr viel interessantere Frage ist aber, was zu diesen Preisen denn tatsächlich verkauft wird. Und da werden Weine in dieser Kategorie im Abschwung einfach mitverhaftet, d.h. der bereits mit der Subskription 2010 einsetzende Absatzeinbruch, der dann 2011 und 2012 voll erfasst hat, hat eben nicht nur das Topsortiment erfasst, sondern auch diesen Bereich. Frag den Händler Deines Vertrauens, der wird's Dir vielleicht sagen, was er aus diesen Jahren noch verkauft hat.
Da muss man natürlich fragen, ob die 11-er und 12-er Bordeaux sich tatsächlich vor allem wegen eines etwaigen fundamentalen Image-Problems der Anbauregion so schlecht verkaufen oder eben doch ganz einfach nur wegen der z.T. deutlich schwächeren Qualität dieser Jahrgänge im Vergleich zu den beiden Vorläufern, die überdies immer noch im Handel zu nur wenig höheren Preisen erhältlich sind? Das Problem jahrgangsabhängiger Qualitäts- und damit auch Nachfrageschwankungen haben aber bekanntlich fast alle Weinbauregionen dieser Welt.
UlliB hat geschrieben:
glycosid hat geschrieben:[...] doch übersteigen solche (ja schon ganz ordentlichen) Preise die zur Herstellung dieser Weine erforderlichen Selbstkosten (inkl. Investitionsfinanzierung!) mitunter bereits beträchtlich.
Das Wörtchen "mitunter" ist hier das entscheidende. Weißt Du, was ein neuer Keller incl. Ausrüstung für die Verarbeitung von 20 oder mehr Hektar Rebfläche kostet, die viele dieser Betriebe haben? Oder ein paar zugekaufte Flächen, wenn dieser Zukauf noch in der Boomphase erfolgt ist? - Wenn da erhebliche Teile fremdfinanziert worden sind, reichen auch 35 Euro EVP (die beim Weingut nach Abzug der Steuern und üblicher Handelsmargen knapp über 20 Euro Nettoverkaufspreis sind) nicht unbedingt hin, wenn nur eine Teilmenge der Ernte verkauft wird.
Nach wie vor halte ich 20 € Nettoeinnahme pro Flasche für eine außerordentlich stattliche Vergütung! Zumindest aus Deutschland kenne ich eine ganze Menge Winzer seit langem persönlich. Da habe ich in etwa eine Vorstellung von den Investitionskosten im Weinbau. Und diese Betriebe sind in aller Regel deutlich kleiner als 20 ha, was die Bearbeitungs- und Investitionskosten pro Hektar und damit auch pro Flasche ja noch erhöht. Und von diesen Betrieben kommt mit dem Gros seiner Abfüllungen keiner auch nur in die Nähe von 35 € Verkaufspreis zum Kunden. Und trotzdem wird auch dort in neue und hochwertige Technik investiert.

Man kann es auch anders formulieren: Wenn ein Winzer Flächen zukauft oder in verschiedenster Weise in sein Weingut investiert und seine diesbezüglichen Kalkulationen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen auf die Voraussetzung gründet, dass er seine Weine unabhängig von jeglichen jahrgangsbedingten Qualitäten und Erträgen sowie allgemeinen konjukturellen Schwankungen in jedem Jahr vollständig und mindestens zu den Preisen von "Mega-In"-Jahrgängen absetzen wird, dann kann ein wirtschaftliches Scheitern - "Image-In" hin "Image-Out" her - ganz unmöglich ausbleiben. Nur kann ich nicht glauben, dass derart grobe weinbauliche bzw. betriebswirtschaftliche Unfähigkeiten im Bordelais verbreiteter sein sollen als andererorts...
Zuletzt geändert von glycosid am So 21. Sep 2014, 00:06, insgesamt 1-mal geändert.
glycosid
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Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr

Beitrag von glycosid »

Kle hat geschrieben:Viele der kleinen müssen vielleicht aufgeben, weil sie nur wegen der Cru Classé, deren Ruf auf die Etiketten ihrer „vin de bordeaux“ abfärbte, noch existieren.
Davon, dass sich der Image- und Preis-Trubel um die paar berühmten Châteaux auf die zahllosen "Kleinen" (wobei "klein" natürlich nicht die Betriebsgröße, sondern das Preis- und Qualitätslevel meint) überhaupt nennenswert auswirkt, bin ich nach wie vor nicht überzeugt, geschweige denn, dass dies die Hauptursache für "viele" Betriebsschließungen sei.
Kle hat geschrieben:Falls Mittelschichtler im internationalen Vergleich ein akzeptables Preis-Leistungs-Verhältnis aufweisen, sollte es doch für sie weitergehen.
Ganz genau das wird es auch, und zwar deshalb, weil eben mittlerweile sehr viele von ihnen ein absolut konkurrenzfähiges Preis-Leistungs-Verhältnis aufweisen. Und diejenigen, die ein solches vermissen lassen, haben's selbstverständlich schwer - wie überall auf der Welt.
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UlliB
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Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr

Beitrag von UlliB »

glycosid hat geschrieben: Man kann es auch anders formulieren: Wenn ein Winzer Flächen zukauft oder in verschiedenster Weise in sein Weingut investiert und seine diesbezüglichen Kalkulationen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen auf die Voraussetzung gründet, dass er seine Weine unabhängig von jeglichen jahrgangsbedingten Qualitäten und Erträgen sowie allgemeinen konjukturellen Schwankungen in jedem Jahr vollständig und mindestens zu den Preisen von "Mega-In"-Jahrgängen absetzen wird, dann kann ein wirtschaftliches Scheitern - "Image-In" hin "Image-Out" her - ganz unmöglich ausbleiben.
100% einverstanden. Nur scheint es in der menschlichen Natur zu liegen, längere Boomphasen einfach in die Zukunft zu extrapolieren und dabei Risiken auszublenden. Im Bordelais herrschten in Fortschreibung einer immerhin rund 25 Jahre lang anhaltenden Erfolgsgeschichte Erwartungen an die weitere Marktentwicklung, die sich als unrealistisch herausgestellt haben.
Nur kann ich nicht glauben, dass derart grobe weinbauliche bzw. betriebswirtschaftliche Unfähigkeiten im Bordelais verbreiteter sein sollen als andererorts...
Sind sie auch nicht. Hierzu muss man nur einen Blick nach Spanien werfen - auch hier wurde in gedanklicher Fortschreibung eines ungeheuren Booms, der Ende der 90er einsetzte, ganz massiv investiert. Das Ergebnis kannst Du jeden zweiten Tag in deiner Mailbox finden, wenn Du mal bei einem Versender für spanische Weine bestellt hast: ein Notverkauf nach dem anderen - nicht um Rendite zu erwirtschaften, sondern um das nackte Überleben (vielleicht) zu sichern. Krise ist ja nicht nur im Bordelais, sie hat durchaus große Teile des Qualitätsweinbaus weltweit erfasst.
Nach wie vor halte ich 20 € Nettoeinnahme pro Flasche für eine außerordentlich stattliche Vergütung! Zumindest aus Deutschland kenne ich eine ganze Menge Winzer seit langem persönlich. Da habe ich in etwa eine Vorstellung von den Investitionskosten im Weinbau. Und diese Betriebe sind in aller Regel deutlich kleiner als 20 ha, was die Bearbeitungs- und Investitionskosten pro Hektar und damit auch pro Flasche ja noch erhöht. Und von diesen Betrieben kommt mit dem Gros seiner Abfüllungen keiner auch nur in die Nähe von 35 € Verkaufspreis zum Kunden. Und trotzdem wird auch dort in neue und hochwertige Technik investiert.
Du vergleichst hier in vielerlei Hinsicht Äpfel mit Birnen. Ich werde hierzu irgendwann mal eine überschlägige Modellrechnung für einen typischen bordelaiser Betrieb in dieser Preisklasse aufmachen, aber nicht jetzt - jetzt gehe ich nämlich erst mal in Urlaub :D

Gruß
Ulli
Kle
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Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr

Beitrag von Kle »

glycosid hat geschrieben:
Davon, dass sich der Image- und Preis-Trubel um die paar berühmten Châteaux auf die zahllosen "Kleinen" (wobei "klein" natürlich nicht die Betriebsgröße, sondern das Preis- und Qualitätslevel meint) überhaupt nennenswert auswirkt, bin ich nach wie vor nicht überzeugt, geschweige denn, dass dies die Hauptursache für "viele" Betriebsschließungen sei.
Dann wäre es aber keine richtige Image-Krise. So stellen z.B. Discounter konträr zum normalen Billigangebot immer wieder "kleinere" Bordeaux für 10-20 Euro in die Regale. Warum wird kalkuliert, dass Kunden für diese Weine aus kuriosen Abfüllungen oder schlechten Jahrgängen viel mehr als üblich ausgeben? Einzig, weil „Cru Bourgeois“, "Médoc" oder gar „Cru Classé“ auf dem Etikett stehen. Ähnlich machen es andere größere Händler und letztlich ist der Supermarktwein „Mouton Cadet“ meines Wissens ebenfalls ein Imageprodukt aus Reben namenloser Güter. Wenn in diesen Beispielen allein der Markenname BDX Umatzerfolge für Weine zwischen 10 und 30 Euro verspricht, scheint mir wahrscheinlich, dass auch auf anderen Vertriebswegen davon bislang profitiert wurde.
Und wäre Bordeaux „out“ weil „Biodynamik“, „vin naturel“ oder kleiner Winzerhof mit angeschlossener Frühstückspension ebenso „in“ wie die Meinung ist, dass Médoc und Co. ein schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis aufweisen, müssten die „Kleineren“ dies doch zu spüren bekommen.


Das ist doch mal ein Wort zu den Mittelständlern:
glycosid hat geschrieben:weil eben mittlerweile sehr viele von ihnen ein absolut konkurrenzfähiges Preis-Leistungs-Verhältnis aufweisen.
Gruß, Kle
slowcook
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Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr

Beitrag von slowcook »

[quote="jetzt gehe ich nämlich erst mal in Urlaub :D

Gruß
Ulli[/quote]

... aber nicht etwa in dieses megaoute Weinbaugebiet in der Imagekrise - wie hiess es schon wieder?... :lol:

Gruss
Werner (am Öffnen einer Flasche Domaine de Chevalier 2004 :) )
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UlliB
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Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr

Beitrag von UlliB »

slowcook hat geschrieben:
jetzt gehe ich nämlich erst mal in Urlaub :D

Gruß
Ulli
... aber nicht etwa in dieses megaoute Weinbaugebiet in der Imagekrise - wie hiess es schon wieder?... :lol:

Gruss
Werner (am Öffnen einer Flasche Domaine de Chevalier 2004 :) )
Nö. Südtirol und danach ein paar Tage Piemont. Dieses Jahr ist das bezogen auf den Wein völlig unbeabsichtigt etwas Katastrophentourismus, gewissermaßen "schau dem Untergang der 2014er zu, live und in Farbe". Es dürfte aber nach dem ganzen Regen ein sehr gutes Pilzjahr sein, und vielleicht gibt es im Piemont schon die ersten weißen Trüffel. Man muss immer das Positive sehen ;)

Wie ist denn der DdC?

Gruß
Ulli
slowcook
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Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr

Beitrag von slowcook »

Hallo Ulli

Der Domaine de Chevalier 2004 ist genau so, wie ich es mir damals beim Subskauf der 12er-Kiste erhofft hatte: Eher florale Noten, Kräuter, Toasting zurückhaltend, Tannine feiner als erwartet, frisch und kühl im Abgang. Grosser Trinkfluss, nach dem Abendessen immer noch ein stimmiger Begleiter, Dessert überflüssig!

Schönen Urlaub!
Werner
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octopussy
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Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr

Beitrag von octopussy »

À propos Hightech im Bordelais: http://www.yoopress.com/de/weinnews/wei ... deaux.html

Ich muss schon sagen, dass solche News für mich das Image des Bordeaux beeinträchtigen. Wer will schon kleine Flugzeuge sehen, die über die Weinberge summen?
Beste Grüße, Stephan
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